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Periphere T-Zell Lymphome

ICD-10 C84.-
Stand Juni 2021
Dies ist die aktuell gültige Version des Dokuments

1Zusammenfassung/Einführung

Periphere T-Zell Lymphome (PTCL) sind sehr oft aggressiv verlaufende Lymphome mit dem Phänotyp reifer post-thymischer T- und NK-Zellen und mit primär nodalen oder extranodalen Manifestationen. PTCL machen in Europa ca. 10% aller neu diagnostizierten Non-Hodgkin Lymphome aus. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Der Anspruch der systemischen Primärtherapie ist kurativ, bei den häufigeren Entitäten muss unter der typischen Erstlinientherapie in ca. 30% der Fälle mit einem primär refraktären Verlauf gerechnet werden. Das Ansprechen auf eine Folgetherapie ist meist schlecht, weswegen eine Behandlung in Studien zu empfehlen ist.

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformationen

Nach der aktuellen WHO-Klassifikation in ihrer 4. revidierten Auflage von 2017 werden die reifzelligen PTCL von unreifen T-Zell Neoplasien (lymphoblastisches T-NHL, T-ALL) sowie von den primär kutanen Formen (Mycosis fungoides u.a.) abgegrenzt [1]. Für die primär leukämisch verlaufende T-PLL liegt eine eigene Onkopedia-Leitlinie vor, siehe Onkopedia T-Zell Prolymphozytenleukämie [2]. Unter den PTCL können histologische Entitäten mit nach Lebensalter und Geographie wechselnder Inzidenz unterschieden werden, wobei in Europa das PTCL ohne weitere Spezifizierung (PTCL, NOS), das angioimmunoblastische T-Zell Lymphom (AITL), sowie großzellige anaplastische Lymphome (ALCL, ALK+ und ALK-) die häufigsten Erscheinungsformen darstellen [3]. Die PTCL entsprechend der WHO Klassifikation 2017, sind in Tabelle 1 dargestellt. Änderungen gegenüber der Version 2008 wurden mit * gekennzeichnet.

2.2Epidemiologie

PTCL machen weltweit <10% aller neu diagnostizierten NHL aus und stellen in Europa und Nordamerika mit Inzidenzen von insgesamt <1 in 100.000 Menschen pro Jahr sehr seltene Lymphome dar. Männer sind häufiger betroffen als Frauen (1,7:1), die Erkrankungswahrscheinlichkeit nimmt, mit Ausnahme des ALCL, ALK+, mit steigendem Lebensalter zu. Die Inzidenz der extranodalen NK/T-Zell Lymphome vom nasalen Typ (ENKTL) ist im asiatischen Raum am höchsten [1].

2.3Pathogenese und Änderungen in der WHO Klassifikation 2017

Das ALCL, ALK+ ist durch reziproke Translokation des Anaplastic Lymphoma Kinase (ALK) Gens auf Chromosom 2p23 und dem häufigsten Fusionspartner Nucleophosmin (NPM) auf Chromosom 5q35 entsprechend der Translokation t(2;5)(p23;q35) charakterisiert. Neu in der WHO Klassifikation von 2017 ist, dass das ALCL, ALK- nunmehr als eigenständige Entität anerkannt wird. Eine Subgruppe des ALCL, ALK- mit DUSP22/IRF4-Rearrangement auf Chromosom 6p25 ist durch einen nicht-zytotoxischen Immunphänotyp, ein definiertes Genexpressions- und Methylierungsprofil, sowie wiederkehrende Punktmutationen im MSC Gen charakterisiert [46]. Diese Entität, die ca. 30% aller Fälle von ALCL, ALK- ausmacht, scheint mit einer besseren Prognose, ähnlich der des ALCL, ALK+, einherzugehen [467]. In einer weiteren Studie konnte dies allerdings nicht bestätigt werden [8]. ALCL, ALK- mit einem Rearrangement von TP63 sind insgesamt seltener, jedoch mit einer schlechteren Prognose assoziiert [47]. Des Weiteren wurde das Brustimplantat-assoziierte anaplastische großzellige Lymphom (BIA-ALCL) als neue, provisorische Entität in die aktuelle Klassifikation aufgenommen. Das BIA-ALCL ist ALK-negativ und trägt nicht die für das systemische ALCL, ALK- typischen Gen-Rearrangements [910]. Sein genetischer Hintergrund umfasst charakteristische epigenetische Mutationen und Mutationen im JAK/STAT Signalweg sowie typische chromosomale Imbalancen [1113].

Die häufigste Gruppe nodaler T-Zelllymphome, die sich von CD4+ T-follikulären Helferzellen (TFH) ableiten (jetzt provisorische Gruppe), umfasst das AITL und andere Entitäten. Letztere sind das sehr seltene F-PTCL und nodale PTCL mit einem TFH Phänotyp, welche insgesamt einen beträchtlichen Anteil der Fälle ausmachen, die zuvor als PTCL, NOS klassifiziert wurden. Zusätzlich zu einem TFH Immunphänotyp und charakteristischen Genexpressionsprofilen zeichnen sich diese Lymphome durch Mutationen aus, die eine ihnen gemeinsame, Mehrschritt-Tumorgenese beschreiben [14]. Typisch sind eine epigenetische Dysregulation sowie Mutationen in TET2 mit oder ohne DNMT3A Mutationen, wie sie auch häufig in frühen hämatopoetischen Vorläuferzellen zu finden sind [1516]. Als second-hit Mutationen gelten hotspot RHOAG17V Mutationen, die in bis zu 80% der Fälle auftreten [1617] und andere gain-of-function Mutationen im T-Zell Rezeptor Signaltransduktionsweg (PLCG1, CD28, PIK3, CARD11) [1718]. Außerdem finden sich mit wechselnder Häufigkeit Fusionen, die jeweils SYK und ITK, CD28 und CTLA4, CD28 und ICOS, oder FYN und TRAF3IP1 betreffen [1819]. In etwa einem Drittel von AITL finden sich IDH2 Mutationen im Bereich R172, welche die Produktion eines Onkometaboliten 2HG bewirken und mit einer typischen Morphologie (clear cells) korrelieren [2021].

Unter PTCL, NOS werden sehr heterogene Fälle von T-Zelllymphomen subsumiert, wobei einige dieser Fälle Epstein-Barr Virus (EBV)-positiv sind und die Kriterien für eine der spezifischen Entitäten nicht erfüllen. Tumore mit einem TFH Phänotyp sind per definitionem ausgeschlossen und werden als nodale Lymphome, die von TFH Zellen abstammen, klassifiziert (s.o.). Mittels Genexpressionsanalysen können in der Gruppe der PTCL, NOS zwei molekulare Subgruppen unterschieden werden, die durch Überexpression der Transkriptionsfaktoren GATA3 und TBX21 gekennzeichnet sind; letztere Subgruppe exprimiert zum Teil zytotoxische Gene [22]. Patienten mit GATA3 Expression scheinen eine schlechtere Prognose zu haben [23]. Die Subgruppe der PTCL-GATA3 weist eine höhere genetische Komplexität auf. Häufig ist der Verlust oder eine Mutation von Tumorsuppressorgenen, die den CDKN2A/B-TP53 und PTEN/PI3K Signaltransduktionsweg betreffen. Die PTCL-TBX2 Subgruppe weist weniger Variationen der aberranten DNA-Kopienzahl auf; gehäuft finden sich Mutationen in Genen, welche die DNA Methylierung regulieren [24]. Der Verlust von CDKN2A geht bei allen PTCL, NOS (inklusive der GATA3 Subgruppe) mit einer schlechten Prognose einher [25].

In der Gruppe der Enteropathie-assoziierten T-Zell Lymphome (EATL) wird der Begriff EATL in der aktuellen Klassifikation nur noch für die früher als EATL, Typ I beschriebene Form verwendet. Nur diese Entität ist mit dem Vorliegen einer Gluten-sensitiven Enteropathie (Sprue, Zöliakie) assoziiert. Die früher als EATL, Typ II beschriebene Entität wird nunmehr als monomorphes epitheliotropes intestinales T-Zell Lymphom (MEITL) bezeichnet [1]. Auf genomischer Ebene ist MEITL durch häufige loss-of-function Mutationen im Methyltransferase SETD2 Gen charakterisiert [26]. Alterationen in SETD2 sind häufig auch bei hepatosplenischen T-Zell Lymphomen (HSTL) zu finden, einem anderen hochaggressiven Lymphom, das meist von gamma-delta T-Zellen abstammt [27]. Veränderungen im SETD2 Gen finden sich nur selten bei EATL [2628]. Bei EATL und MEITL finden sich Mutationen in Genen des JAK/STAT Signaltransduktionswegs. Veränderungen in STAT3 und JAK1 sind häufiger bei EATL, Veränderungen in STAT5B und JAK3 häufiger bei MEITL [262829].

Insgesamt gewinnen molekulare Veränderungen zunehmende Bedeutung für eine genauere Diagnostik von T-Zell Lymphomen. Einzelne Aberrationen scheinen auch prognostische Bedeutung zu haben. Dies muss allerdings in prospektiven Studien mit ausreichender Fallzahl geprüft werden.

2.4Risikofaktoren

Eine längerfristige Immunsuppression ist mit einer erhöhten Inzidenz von Non-Hodgkin Lymphomen, einschließlich PTCL, assoziiert. Ein Beispiel ist das HSTL, bei dessen Auftreten in ca. 20% der Fälle eine vorbestehende, sich oft über längere Zeiträume erstreckende (iatrogene) Immunsuppression gefunden wird. Für das Auftreten eines EATL stellt eine vorbestehende Zöliakie einen Risikofaktor dar. Spezifische genetische Polymorphismen als Risikofaktoren für PTCL wurden in genomweiten Assoziationsstudien bisher nicht beschrieben. Patient*innen mit adulter T-Zell-Leukämie/Lymphom (ATLL) sind typischerweise sero-positiv für HTLV-I, weswegen die Prävention der vertikalen Übertragung von HTLV-I die Inzidenz dieser Entität senken könnte. Im Gegensatz dazu ist der pathogenetische Mechanismus einer Assoziation von EBV-Infektion bzw. -Reaktivierung und dem Auftreten verschiedener Lymphome, wie z.B. den Extranodalen NK-/T-Zell Lymphomen, nasaler Typ (ENKTL), unklar [1].

3Vorbeugung und Früherkennung

Spezifische Empfehlungen zur Vorbeugung oder Früherkennung können aus den epidemiologischen Daten nicht abgeleitet werden.

4Klinisches Bild

4.1Symptome

Wie bei den aggressiven B-Zell Lymphomen treten als Initialmanifestationen zumeist progrediente schmerzlose Lymphknotenvergrößerungen und/oder extranodale Manifestationen auf. Die extranodalen Manifestationen finden sich bei den EATL und MEITL insbesondere im Gastrointestinaltrakt, bei ENKTL im HNO-Bereich, sowie bei den Panniculitis-like T-Zell Lymphomen als subkutane Indurationen in der Haut. Eine B-Symptomatik ist typisch. Eine Infektneigung, z.T. mit opportunistischen Erregern, findet sich gehäuft. Bei Patient*innen mit AITL können eine polyklonale Hypergammaglobulinämie, eine Coombs-positive hämolytische Anämie oder EBV+ klonale B-Zellproliferationen bis hin zum diffus großzelligen B-Zell Lymphom vorliegen [1].

5Diagnose

5.1[Kapitel nicht relevant]

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

Die Diagnose eines T-Zell Lymphoms sollte in jedem Fall von einem Hämatopathologen*in mit einschlägiger Expertise gestellt bzw. bestätigt werden [30]. PTCL sind nicht nur selten, sondern auch sehr heterogen, sodass viele Patholog*innen nur begrenzte Erfahrung mit der Diagnose derartiger Lymphome haben können. Besonders in Fällen, wo neoplastische Zellen selten und die Zerstörung der normalen Lymphknotenarchitektur diskret ist, kann es schwierig sein, die Malignität lymphoproliferativer Veränderungen zu beweisen. Ein weiteres Problem ist, dass bei PTCL Reed-Sternberg Zellen und/oder eine Expansion von B-Zellen gefunden werden können, die zur (Fehl-) Diagnose eines Hodgkin Lymphoms oder eines anderen B-Zell Lymphoms führen können. Die diagnostische Konkordanz zwischen Primär- und Referenzpathologie bei PTCLs ist gering (z. B. im französischen Netzwerk 47% bis 74% für die häufigsten Entitäten außer bei ALK+ ALCL (hier >80% Konkordanz)), was die Wichtigkeit einer Überprüfung der Diagnose durch einen qualifizierten Hämatopathologen*in unterstreicht [31].

Es wird dringend empfohlen, wenn immer möglich, einen Lymphknoten bzw. eine ausreichend große Gewebeprobe zu entnehmen, um neben einer umfassenden histopathologischen Begutachtung auch Immunhistochemie und molekulare Untersuchungen vornehmen zu können, die entscheidend für die Diagnose sein können. PTCL exprimieren in unterschiedlicher Stärke pan-T-Zell Antigene (CD2, CD3, CD7) T-Zell Rezeptor Strukturen (häufiger des alpha-beta, weniger häufig des gamma-delta Typs) sowie Antigene, die bei T-Zellen unterschiedlicher Funktion gefunden werden (CD4, CD8). Die Untersuchung von Markern zur Differenzierung von TFH PTCL (CD10, BCL6, PD1, ICOS, CXCL13) wird zunehmend wichtig in der Diagnostik nodaler nicht-anaplastischer PTCL, da ein TFH Phänotyp (Expression von mindestens zwei Markern) die Diagnose eines TFH Lymphoms triggert und ein PTCL, NOS ausschließt [32]. Der Verlust oder eine sehr schwache Expression von T-Zell Antigenen und/oder das Auftreten von pathologischen Phänotypen, z.B. Zellen mit doppelter Positivität oder Negativität für CD4 und CD8, sind relativ häufig und können die Diagnose einer malignen Erkrankung unterstützen. Ein Klonalitätsnachweis durch Analyse des Rearrangements von T-Zell Rezeptorgenen kann hilfreich sein. Weitere Methoden wie FISH, PCR für Fusionstranskripte und Panelsequenzierung sind inzwischen Teil der Untersuchungen [33]. Zum Nachweis von EBV bei ENKTL, aggressiver NK Zell Leukämie, einem Teil der PTCL, NOS, aber auch in Bystander-Zellen bei AITL und TFH Lymphomen, wird eine in situ Hybridisierung empfohlen.

Bei V.a. Vorliegen eines ALCL ist der Nachweis einer starken und homogenen Expression von CD30 sowie des Vorliegens einer ALK Translokation notwendig. Neben der häufigsten Translokation t(2;5) und dem resultierenden NPM-ALK Fusionsgen können auch andere Fusionspartner der ALK, wie z.B. TMP3, TFG, CLTCL oder TRAF gefunden werden. Die Immunhistochemie stellt eine sensitive Methode dar um die Expression des ALK Fusionsproteins nachzuweisen; der Typ der Translokation entscheidet über die subzelluläre Lokalisation von ALK bei entsprechender Färbung. Variante Translokationen haben keine nachgewiesene klinische Bedeutung oder Einfluss auf die Prognose der Erkrankung [32].

Die Ausbreitungsdiagnostik und Stadieneinteilung der T-Zell Lymphome erfolgt analog zu den aggressiven B-Zell Lymphomen. Eine Knochenmarkdiagnostik (Aspiration und Biopsie) inkl. nachfolgender Durchflusszytometrie und Histochemie zur Immunphänotypisierung ist obligat.

An bildgebender Diagnostik ist eine CT von Hals, Thorax und Abdomen erforderlich. Eine CT oder MRT-Untersuchung des Schädels oder eine Lumbalpunktion werden nur bei klinischem Verdacht empfohlen. Das PET/CT besitzt bei extranodalen nicht-kutanen Manifestationen, insbesondere im GI-Trakt, eine der CT überlegene Sensitivität. So können beim Staging von PTCL mittels FDG-PET häufig zusätzliche Manifestationen gefunden werden. Die diagnostische PET/CT-Untersuchung entspricht internationalem Standard bei aggressiven Lymphomen und hat hohe prognostische Bedeutung [34]. Für eine Risikostratifizierung und Abschätzung der Prognose sind gegenwärtig mehrere Risiko-Scores in Verwendung. Der „International Prognostic Index“ (IPI), beschreibt Alter über 60 Jahre, erhöhte Serum-Laktatdehydrogenase (LDH), ECOG Performance-Status (PS) 3-4, Ann-Arbor Stadium ≥III und mehr als einen extranodalen Befall als ungünstige Faktoren. Der „Prognostic Index for T-Cell Lymphoma“ (PIT) erfasst Alter, PS, LDH und Knochenmarkbefall (KM). Der Score des „International peripheral T-cell Lymphoma Project“ (IPTCLP) beschreibt Alter, PS und erniedrigte Thrombozytenzahl als relevant und der modifizierte Prognoseindex für T-Zell Lymphome (mPIT) beinhaltet Alter, PS, LDH und den Ki-67-basierten Proliferationsindex [35]. Weltweit wird überwiegend der IPI verwendet. Die Relevanz von IPI, PIT und IPTCLP für die nachfolgende Therapiestrategie ist bei T-Zell Lymphomen nicht gut belegt. Für NK/ T-Zell Lymphome wird häufig der PINK score (prognostisch ungünstig sind Alter >60 Jahre, regionale Lymphknoten, lokale Tumorinfiltration, erhöhte LDH, hohe Proliferationsrate, EBV-DNA ≥6,1 x 107 Kopien/ml) verwendet [36].

5.3Klassifikation

Tabelle 1: WHO-Klassifikation von 2017, 4. revidierte Auflage [1] 

T-Zell Prolymphozyten Leukämie (T-PLL)

T-Zell Leukämie der großen granulierten Lymphozyten (T-LGL)

Chronische lymphoproliferative Störung von NK-Zellen (CLPD-NK)

Aggressive NK-Zell Leukämie (ANKL) 

Systemisches EBV+ T-Zell Lymphom im Kindesalter * (EBVT)

Hydroa vacciniforme-like lymphoproliferative Störung * (HV-like LPDs)

Adulte(s) T-Zell Leukämie / Lymphom (ATLL)

Extranodales NK-/T-Zell Lymphom, nasaler Typ (ENKTL)

Enteropathie-assoziiertes T-Zell Lymphom (EATL)

Monomorphes epitheliotropes intestinales T-Zell Lymphom (MEITL) *

Indolente T-Zell lymphoproliferative Störung des GI-Trakts * (ITCLD-GT) 

Hepatosplenisches T-Zell Lymphom (HSTL)

Subkutanes Panniculitis-like T-Zell Lymphom (SPTCL)

Mycosis fungoides (MF)

Sézary-Syndrom (SS)

Primär kutane CD30+ T-Zell lymphoproliferative Störungen (PCTPD)

  • Lymphomatoide Papulose (LyP)

  • Primäres kutanes anaplastisches großzelliges Lymphom (PCALCL)

Primär kutanes γδ-T-Zell Lymphom (PCGDTCL)

Primär kutanes CD8+ aggressives epidermotropes zytotoxisches T-Zell Lymphom (PCACETL)

Primäre kutanes akrales CD8+ T-Zell Lymphom * (PCATCL)

Primär kutanes CD4+ kleine / mittelgroßzellige lymphoproliferative Störung der T-Zellen * (PCSM-LPD)

Peripheres T-Zell Lymphom, NOS(PTCL, NOS)

Angioimmunoblastisches T-Zell Lymphom (AITL)

Follikuläres T-Zell Lymphom * (FTCL)

Nodales peripheres T-Zell Lymphom mit TFH-Phänotyp * (PTCLTFH)

Anaplastisches großzelliges Lymphom, ALK+ (ALCL, ALK+)

Anaplastisches großzelliges Lymphom, ALK- * (ALCL, ALK-)

Brustimplantat-assoziiertes anaplastisches großzelliges Lymphom *(BIA-ALCL)

* Änderung gegenüber der WHO Klassifikation von 2008, Kursiv: provisorische Entität

6Therapie

6.1Therapiestruktur

PTCL sind ohne Behandlung in der Regel, abgesehen von T-LGL, MF oder LyP, rasch progredient; indolente Verlaufsformen des AITL stellen Ausnahmen dar [37]. Mittels systemischer Chemotherapie sind PTCL bei einem Teil der Patient*innen heilbar (5-Jahres Gesamtüberleben ca. 30% über alle Entitäten) [3]. Für Patient*innen, bei denen aufgrund eingeschränkter Verträglichkeit eine volldosierte Systemtherapie nicht durchgeführt werden kann, können individuell angepasste Therapien in palliativer Intention sinnvoll sein. Ein Therapiealgorithmus für die wesentlichen Entitäten, stratifiziert nach Histologie, erwarteter Therapietoleranz, sowie Sequenz (Erstlinientherapie, Zweitlinientherapie), ist in Abbildung 1 zusammengefasst.

Die Therapie der ENKTL (siehe Kapitel 6.1.1.3) unterscheidet sich grundsätzlich von der Therapie des PTCL, NOS, des ALCL oder des AITL (siehe Kapitel 6.1.1.1 und 6.1.1.2). Das HSTL bedarf auf Grund seines primär ungünstigen Verlaufs und der besonders häufigen Refraktärität gegenüber dem CHOP Protokoll besonders intensiver Therapie, wobei hier Induktionsregime wie ICE (Ifosfamid, Carboplatin, Etoposid), IVAC (Ifosfamid, Etoposid, Cytarabin) [38] oder ESHAP (Etoposid, Methylprednisolon, Cytarabin und Cisplatin) gefolgt von einer Hochdosistherapie mit autologer (ASZT) oder allogener Stammzelltransplantation (alloSZT) zum Einsatz kommen.

Generell ist wegen der begrenzten Datenlage und der unbefriedigenden Behandlungsergebnisse eine Therapie von Patient*innen mit PTCL innerhalb von klinischen Studien zu empfehlen.

Abbildung 1: Therapiealgorithmus 
kurative Therapie; palliative Therapie
1 HD (Hochdosistherapie): bei primärer Chemosensitivität (CR1 oder PR1) autologe Stammzelltransplantation (SZT) als Option;
2 Therapie-Eignung entsprechend lokaler Richtlinien;
3 NK/T Risiko Score [57] Low risk: Ann Arbor I, keine Tumorinvasion ≤60 Jahre, keine erhöhte LDH, ECOG PS: 0-1;
4 bei PD oder primär refraktärer Erkrankung wird bei Patienten, die für eine Hochdosistherapie geeignet erscheinen, eine intensive Chemotherapie empfohlen. Bei Patienten, die für keine Hochdosistherapie geeignet erscheinen, soll eine individuelle Therapie erwogen werden, da dazu keine ausreichenden Daten für eine Empfehlung existieren.
5 Für Patienten die für eine HD als geeignet eingestuft wurden, wird als primäre Therapie BV-CHP oder CHOEP empfohlen.
6 als HD Therapie in erster Remission (CR1 oder PR1) wird eine HD mit autologer SZT empfohlen, für eine allogene SZT gibt es in dieser Situation derzeit keine unterstützenden Daten. In CR2 oder PR2 sollte für Geeignete die allogener SZT angestrebt werden, die autologe SZT nur bei Chemotherapie-sensitiver Erkrankung.
7 involved field Bestrahlung: Einsatz nach individueller Entscheidung. Hinsichtlich der generellen Rolle und bzgl. des Zeitpunktes im Kontext einer autologen Transplantation gibt es keine gesicherten Evidenzen. Im Falle einer autologen Transplantation ist die Bestrahlung vor oder nach der Transplantation möglich (siehe auch Kapitel 6.1.1.1 und 6.1.1.2).
8 Chemotherapie-Strahlentherapie-Chemotherapie („Sandwich“).
BV: Brentuximab Vedotin.
Zusammensetzung der Chemotherapieschemata siehe Anhang Therapieprotokolle.

6.1.1Primärtherapie

6.1.1.1PTCL (AITL, PTCL, NOS, ALCL, ALK-)

Insgesamt sind in dieser Gruppe der häufigsten nodalen PTCL Stadien- bzw. IPI-abhängig 5-Jahres Gesamtüberlebensraten (OS) von 30% zu erwarten; etwa 30% der Patient*innen haben einen primär refraktären Verlauf. Diese Zahlen aus retrospektiven und prospektiven Analysen haben sich über die letzten 25 Jahre nicht wesentlich verbessert [339].

Für PTCL, NOS und AITL liegen zahlreiche Daten zur Behandlung mit dem Standard, einem CHOP-basierten Schema, vor. Bisher zeigte sich keine Überlegenheit anderer Regime. In einer randomisierten und vorzeitig abgebrochenen Studie zeigte sich z.B. kein Vorteil für eine Platin-basierte Chemotherapie (GEM-P: Gemcitabin, Cisplatin, Prednisolon) gegenüber CHOP in der Erstlinientherapie [40].

Basierend auf Phase-II Studien und retrospektiven Analysen wird in einigen Zentren bei geeigneten Patient*innen unter 60 Jahren CHOP um Etoposid ergänzt (CHOEP) [41]. Für Patient*innen, die auf die Primärtherapie gut ansprechen (CR bzw. gute PR), wird eine autologe Stammzelltransplantation (ASZT) empfohlen, wodurch in mehreren Phase-II Studien ein Gesamtüberleben nach 5 Jahren von ca. 50% gezeigt wurde. In einer prospektiven Studie wurden 83 Patient*innen zunächst mit 6 Zyklen CHOP behandelt, 71% der Patient*innen sprachen an (CR oder PR), 66% der Patient*innen konnten der geplanten ASZT zugeführt werden. Nach Mobilisierung entweder mit Dexa-BEAM (Dexamethason, BCNU, Etoposid, Cytarabin und Melphalan) oder ESHAP und Konditionierung mit hochdosiertem Cyclophosphamid und Ganzkörperbestrahlung wurde ein 3-Jahres DFS von 53% und 3-Jahres OS von 48% beobachtet [42]. In einer weiteren prospektiven Studie wurden 166 Patient*innen mit 6 Zyklen CHOEP-14 behandelt, wobei Patient*innen über 60 Jahre CHOP (ohne Etoposid) erhielten. Die ORR für die ganze Kohorte lag bei 82% [43]. Eine Subgruppenanalyse zeigte besonders bei Patient*innen mit ALK-negativem ALCL ein besseres 5-Jahres OS von 70% bzw. ein PFS von 61% verglichen mit AITL (OS 52%, PFS 49%) und mit PTCL, NOS (OS 47%, PFS 38%). Einschränkend ist zu erwähnen, dass in allen autologen Transplantationsstudien 20-30% der Patient*innen wegen eines primär refraktären Verlaufes einer solchen Therapie nicht zugeführt werden konnten. Neuere Analysen sehen die Rolle einer konsolidierenden ASZT kritisch [44]; randomisierte Studien, die ASZT mit Beobachtung oder einer anderen Therapie verglichen hätten, liegen nicht vor.

Um die Wirksamkeit der Erstlinientherapie zu verbessern, wurden außerdem Kombinationen von klassischer Chemotherapie wie CHOP oder DA-EPOCH mit einer weiteren Substanz untersucht. So wurde z.B. der anti-CD52 Antikörper Alemtuzumab in Kombination mit CHOP eingesetzt. In zwei randomisierten internationalen Phase-III Studien (ACT1 und ACT2) konnte allerdings kein Vorteil für diese Kombination gefunden werden. Bei 116 älteren (medianes Alter 69 Jahre, 61-80) Patient*innen (ACT-2 Studie) konnte zwar die Remissionsrate verbessert werden, allerdings schlug sich dies aufgrund erhöhter Toxizität nicht in einem verbesserten Gesamtüberleben nieder [45]. Auch bei jüngeren Patient*innen (medianes Alter 51 Jahre, 18-65), die nach Alemtuzumab-CHOP eine ASZT erhielten (ACT1-Studie), blieb ein Vorteil im Gesamtüberleben aus [46].

In einer weiteren Studie wurde CHOP mit dem Histon-Deacetylase Inhibitor Romidepsin kombiniert, wobei Romidepsin in einer Dosierung von 12 mg/m2 für den Phase-II Teil gewählt wurde, worunter vor allem eine hämatologische Toxizität beobachtet wurde [47]. In einer nachfolgenden randomisierten Phase III-Studie bei insgesamt 421 Patient*innen konnte durch die Zugabe von Romidepsin kein Vorteil im Gesamtansprechen (ORR Romidepsin-CHOP 63% vs. CHOP 60%) und PFS (12.0 vs. 10.2 Monate) beobachtet werden [48].

Auch die Kombination von CHOP mit dem Anti-Folat Pralatrexat zeigte in einer kleinen Studie bei 33 Patient*innen eine CR-Rate von 52% und damit im historischen Vergleich keine Verbesserung zu CHOP allein [49].

In einer großen randomisierten Phase-III Studie (ECHELON-2) wurden 452 Patient*innen mit CD30-positivem PTCL und einem Altersmedian von 58 Jahren (45-67 Jahre) zwischen Brentuximab Vedotin (BV) plus CHP (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Prednisolon) und einer CHOP-Therapie randomisiert [50]. Voraussetzung für den Studieneintritt war eine immunhistochemisch quantifizierte CD30 Expression in ≥10% der Zellen. Es zeigte sich ein signifikanter Vorteil in der CR-Rate für die BV-CHP Therapie (68%) gegenüber CHOP (56%). Ebenso wurde der primäre Endpunkt der Studie erreicht und das mediane Progressions-freie Überleben (PFS) mit 48,8 Monaten im BV-CHP-Arm gegenüber 20,8 Monaten im CHOP-Arm, sowie auch das OS in der BV-CHP-Gruppe signifikant verbessert. Einschränkend bleibt festzuhalten, dass ca. 75% der in die Studie eingeschossen Patient*innen eine ALCL-Histologie (69% ALK- und 31% ALK+) hatten und dass die kleinen Fallzahlen für PTCL, NOS und AITL nicht erlauben, den Stellenwert von BV in der Primärtherapie der CD30 positiven non-ALCL PTCL zu definieren. Gegenwärtig besteht eine EMA-Zulassung für BV in Kombination mit CHP in der Erstlinie für ALCL (ALK+ und ALK-), während die FDA diese für alle CD30-positiven PTCL, ohne Unterscheidung der Subgruppe, aussprach. Daten zum Vergleich mit dem in Deutschland für geeignete Patient*innen häufig eingesetzten CHOEP-Regime liegen nicht vor. Vorläufige Daten zu BV-CHEP zeigen dessen gute Verträglichkeit und hohe Effektivität. Unbeantwortet bleibt die Frage nach dem Vorteil von BV-CHP auch bei ALCL, ALK+ mit IPI <2 [51].

Insgesamt 50 der 226 (22%) Patient*innen mit ALK- ALCL bzw. PTCL, NOS, die in der ECHELON-2 Studie BV-CHP als Erstlinientherapie erhalten hatten, konnten nach Ermessen des Studienzentrums weiterführend eine konsolidierende ASZT erhalten. Es zeigte sich im PFS ein Vorteil für die konsolidierende ASZT, wobei einschränkend auch hier die kleine Fallzahl zu nennen ist [52].

Zur systematischen Beurteilung des Effektes der Transplantation wurde die randomisierte AATT-Studie durchgeführt, die den Stellenwert einer konsolidierenden ASZT versus einer allogenen Stammzelltransplantation (alloSZT) bei 18- bis 60-jährigen Patient*innen mit nodalen PTCL (ausgeschlossen AKL+ ALCL mit IPI <2) überprüfte. Patient*innen, die nach CHOP und DHAP eine CR, PR oder SD erreicht hatten, sollten randomisiert mit ASZT oder alloSZT weiterbehandelt werden. Es zeigte sich kein signifikanter Vorteil für eine alloSZT im primären Endpunkt Ereignis-freies Überleben (EFS) oder beim PFS oder Gesamtüberleben (OS). Ein relevanter Graft-Versus-Lymphoma Effekt der alloSZT wurde durch die höhere Transplantions-assoziierte Mortalität neutralisiert. Die alloSZT sollte somit primär refraktären und rezidivierenden Patient*innen vorbehalten bleiben [53].

Trotz Effektivität der Strahlentherapie im palliativen Setting liegen bezüglich einer konsolidierenden Strahlentherapie im Rahmen der Primärbehandlung von PTCL bisher nur Daten aus retrospektiven Analysen bzw. Phase-II Studienergebnisse vor [54]. Zur Vermeidung von Lokalrezidiven kann die konsolidierende Strahlentherapie von PTCL in frühen Stadien (z.B. bei initialem Bulk oder Vorliegen eines Extranodalbefalls) erwogen werden. Die Rolle der Strahlentherapie ist aufgrund fehlender Evidenzen aus kontrollierten Studien nicht definiert, weswegen der Einsatz eine auf den individuellen Fall angepasste Entscheidung darstellt.

6.1.1.2Anaplastisches großzelliges Lymphom ALK-positiv (ALCL, ALK+)

Die 5-Jahres Überlebensraten der in der Regel jüngeren Patient*innen mit ALCL, ALK+ liegen deutlich über denen des ALCL, ALK- Subtyps (70% vs. 49%). Für Patienten mit ALCL, ALK+ wurden mit 6 Kursen CHOEP in Studien der DSHNHL bzw. mit ACVBP-basierten Protokollen (Doxorubicin, Cyclophosphamid, Vindesin, Bleomycin, Prednison) in Studien der GELA für jüngere (<60 Jahre) Patient*innen Gesamtüberlebensraten nach 5 Jahren von 90% erreicht [55]. Allerdings zeigten Daten einer retrospektiven Analyse [56], dass ein hoher IPI auch bei ALCL, ALK+ mit einem ungünstigen Verlauf assoziiert ist. In einer weiteren Analyse waren ein erhöhtes Beta2-Mikroglobulin und ein Alter >45 Jahre mit einer schlechten Prognose assoziiert, wohingegen der ALK-Status keinen Einfluss hatte. Aus diesem Grunde kann bei Patient*innen mit ALCL, ALK+ mit IPI >2 eine konsolidierende ASZT in der Erstlinie erwogen werden.

Bezüglich der Resultate mit BV wird auf Abschnitt 6.1.1.1 verwiesen.

Da ALCL mit einem Anteil von 15% aller pädiatrischen Lymphome auch häufig bei Kindern und jungen Erwachsenen auftreten, wurden in der pädiatrischen Onkologie umfangreiche Erfahrungen zur Risiko-adaptierten Therapie des ALCL gesammelt, sodass bei entsprechend jungen Patient*innen das Vorgehen im Rahmen von AYA (Adolescent and Young Adult) Konzepten interdisziplinär festgelegt werden sollte.

Die Stellung der Strahlentherapie im Behandlungskonzept der ALCL, ALK+ ist unzureichend definiert. Die Indikation ist wie bei anderen PTCL dem Einzelfall anzupassen (siehe auch Kapitel 6.1.1.1 und Abbildung 1).

6.1.1.3Extranodale NK/T-Zell Lymphome vom nasalen Typ (ENKTL)

Erfahrungen in der Therapie der ENKTL liegen besonders aus asiatischen Registeranalysen und Studien vor. In den lokal begrenzten Stadien I und II ist die Bestrahlung das zentrale Modul der Therapie mit kurativem Anspruch. Im Stadium I ohne Risikofaktoren scheint die alleinige Strahlentherapie ausreichend zu sein. So führte bei Patient*innen mit geringem Risiko eine alleinige Strahlentherapie zu einem OS von 88,8%, eine zusätzliche Induktions- oder Konsolidierungs-Chemotherapie führte zu keinem zusätzlichen Nutzen (86,9% und 86,3%) [5759]. Einschränkend muss darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei um retrospektive Daten handelt, weswegen manche Autoren zumindest die Evaluation einer zusätzlichen Chemotherapie empfehlen. Bei Patient*innen im Stadium I mit Risikofaktoren (Alter >60 Jahre, regionale Lymphknoten, lokale Tumorinfiltration, erhöhte LDH, hohe Proliferationsrate, EBV-DNA ≥6,1 x 107 Kopien/ml) und im Stadium II ist die Evidenzlage besser. So konnte durch eine Kombination der Bestrahlung mit 50 Gy mit einer Platin-basierten Chemotherapie (3 x DeVIC) Gesamtüberlebensraten von 78%-86% mit 77% CR und ein 2-Jahres OS von 78% erreicht werden [60]. Andere Kombinationen von Bestrahlung und Chemotherapie (z.B. „Sandwich“ Chemotherapie-Strahlentherapie-Chemotherapie) sind LVP (L-Asparaginase, Vincristin, Prednisolon) oder P-GEMOX Peg-Asparaginase, Gemcitabin und Oxaliplatin) bzw. ein um ein Drittel reduziertes „Zwei-Drittel DeVIC“ (Dexamethason, Etoposid, Ifosfamid und Carboplatin) [61].

In den fortgeschrittenen Stadien der ENKTL sind die Ergebnisse der Systemtherapie durch CHOP mit 5-Jahres Überlebensraten um 20% unbefriedigend, so dass Anthrazyklin-haltige Schemata wegen „multidrug Resistenz“ nicht zur Anwendung kommen. Für geeignete Patient*innen haben sich Asparaginase-basierte intensive Protokolle wie SMILE (Asparaginase, Methotrexat, Ifosfamid, Dexamethason, Etoposid) [62] oder auch Asparaginase, Methotrexat Dexamethason als effektiv erwiesen. Für Patient*innen, die für eine intensive Therapie nicht geeignet erscheinen bzw. Patienten > 60 Jahre, werden reduzierte Protokolle wie P-GEMOX, dosis-reduziertes mSMILE oder DDPG (Dexamethason, Cisplatin, Gemcitabin, Peg-Asparaginase) empfohlen, eine Strahlentherapie kann bei Restlymphom erwogen werden [63].

Weiterhin können die Ergebnisse durch den Einsatz einer konsolidierenden ASZT deutlich verbessert werden. Nach einer SMILE Chemotherapie zeigte dieses Konzept bei Patient*innen mit ENKTL im Stadium IV in einer kleinen Studie eine Gesamtansprechrate von 59% (16/27) mit 9 CR. Das Gesamtüberleben war bei den Patienten, die einer ASZT zugeführt werden konnten signifikant besser, wobei das mediane Gesamtüberleben 10,6 Monate betrug [59].

6.1.2Rezidivtherapie

Im Rezidiv stehen für Patient*innen, die einer intensivierten Chemotherapie zugeführt werden können, Platin-haltige zytostatische Kombinationen wie ICE, DHAP oder Gemcitabin-haltige Kombinationen analog zum Vorgehen bei den DLBCL zur Verfügung.

Für drei Substanzen besteht eine FDA-Zulassung für rezidivierte/refraktäre (r/r) nicht primär kutane PTCL: den Thymidilatsynthese-Inhibitor Pralatrexat, den pan-HDACi Romidepsin und den Klasse I/II HDACi Belinostat. EMA Zulassungen bestehen für diese Substanzen nicht. Die CR Raten lagen bei etwa 25-30% [6468]. Mit diesen Substanzen vergleichbare Ansprechraten von 25-30% wiesen auch Gemcitabin, Lenalidomid oder Bendamustin in kleinen Phase-II Studien und Fallserien auf. Weitere Studien, z.B. mit dem Aurorakinaseinhibitor Alisertib, ergaben keine positiven Ergebnisse [69].

Unabhängig von der gewählten Zweitlinientherapie hat diese für den Großteil der Patient*innen lediglich palliativen Charakter, sofern kein konsolidierendes Hochdosiskonzept mit autologer oder allogener Blutstammzelltransplantation durchgeführt werden kann. Kürzlich wurde in mehreren kleinen Studien die Wirksamkeit von Substanzen geprüft, welche die durch TET2-, IDH2- oder RHOA-Mutationen gestörte DNA-Methylierung addressieren. In 10 von 19 (53%) Patient*innen mir r/r PTCL wurde mit 5-Azacitidin s.c. ein Ansprechen beobachtet, bei AITL lag das Ansprechen bei 75% und bei AITL mit TET2 Mutation bei 100% [70].

In zwei weiteren Studien mit oralem 5-Azacytidin und Romidepsin, konnte ein Gesamptansprechen von über 80% und eine CR von über 50% beobachtet werden [7172]. Es rekrutiert aktuell eine randomisierte Studie für AITL mit TET2 Mutation, welche orales 5-Azacytidin mit Therapie nach Wahl (Romidepsin oder Gemcitabin) vergleicht (NCT03703375).

Für Patient*innen mit ALCL (definiert durch uniforme CD30 Positivität) steht bei Refraktärität bzw. im Rezidiv BV als zugelassene Substanz zur Verfügung. In der Zulassungsstudie lag die Ansprechrate der 58 r/r Patient*innen bei 86%, mit einer CR Rate von 57% und einer mittleren Remissionsdauer von 12,6 Monaten. Die Hauptnebenwirkungen waren Myelosuppression und Polyneuropathie [73].

Die Durchführung einer ASZT in >CR1 zeigt meist keinen nachhaltigen Erfolg. Insbesondere bei Chemotherapie-refraktären Patient*innen findet sich lediglich bei 15% ein Langzeitüberleben. Eine ASZT kann bei chemosensiblen Tumoren erwogen werden. In einer Registerstudie wurden 241 Patient*innen mit PTCL nach ASZT (n=115) oder alloSZT (n=126) ausgewertet. Bei rezidivierten Patient*innen, die vor der ASZT erneut eine CR erreichten, war das 3-Jahres-Progressions-freie Überleben (PFS) (42%) und OS (53%) ermutigend [74]. Bei jenen Patient*innen, die eine alloSZT in >CR1 erhielten, waren nach 3 Jahren 31% trotz intensiverer Vortherapie progressionsfrei. Insgesamt erscheint bei rezidivierten Patient*innen ein dauerhaftes Überleben in aller Regel nur durch eine alloSZT erzielt werden zu können. In einer größeren retrospektiven Studie mit insgesamt 77 Patient*innen mit PTCL nach Rezidiv wurden 74% mit einem myeloablativen Konditionierungsschema (MAC) und 66% mit einem reduzierten Konditionierungsschema (RIC) vor alloSZT behandelt, wobei 25% bereits eine ASZT als Vortherapie erhalten hatten [75]. Die behandlungsbedingte Mortalität (TRM) war mit 33% hoch, das 5-Jahres-Gesamtüberleben lag bei 57%.

In einer weiteren retrospektiven Studie mit 52 Patient*innen konnte die Bedeutung der Remissions-Qualität vor Transplantation belegt werden. So war das Risiko für ein Rezidiv nach 5 Jahren bei erreichter CR gegenüber PR deutlich geringer (24% vs. 54%) [76]. In einer größeren retrospektiven Analyse, in die 284 Patient*innen eingeschlossen wurden, waren 62% in CR, 27% in PR und 11% in Progredienz. Das Konditionierungsschema war bei 52% ein RIC, bei 38% ein MAC und bei 10% eine nicht-myeloablative (NMA) Konditionierung. Das OS nach 2 Jahren lag bei 64%, das 2-Jahres EFS bei 59% [77]. In einer ähnlich großen retrospektiven US-amerikanischen Analyse zeigte sich bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 49 Monaten ein Gesamtüberleben von 60% und ein PFS von 48% nach 2 Jahren [78]. Der Stellenwert einer alloSZT nach RIC konnte in zwei prospektiven Studien bei r/r PTCL gezeigt werden, wobei in einer Serie mit 15 Patient*innen (8/15 nach ASZT) ein 3-Jahres-OS von 81% und 3-Jahres-PFS von 64% zu beobachten war [79]. In einer weiteren Studie bei wurden 10 Patient*innen (2/10 nach ASZT) mit allo HSCT nach RIC behandelt, wobei hier die Beobachtungszeit kürzer war. Es lebten noch 7/10 Patient*innen nach 7 Monaten (4–16) [80].

Zusammenfassend liegen für die alloSZT positive, sowohl retrospektive als auch prospektive Studien vor, in denen für Patient*innen mit r/r Erkrankung eine 3-Jahres-Gesamtüberlebensrate von 40-60% beschrieben ist, sodass diese Option für geeignete Patient*innen mit r/r PTCL unbedingt in Betracht gezogen werden sollte [74,76,81-84].

6.2[Kapitel nicht relevant]

6.3Besondere Situationen

6.3.1Enteropathie-assoziiertes T-Zell Lymphom (EATL)

Das EATL zeigt unter CHOP-basierter Therapie einen sehr ungünstigen Verlauf. Eine im historischen Vergleich deutliche Verbesserung mit einem 5-Jahres OS von 60% (n=26) wurde durch ein intensiviertes Protokoll mit Einsatz von einem Kurs CHOP, gefolgt von 3 Kursen IVE/MTX (Ifosfamid, Vincristin, Etoposid und Methotrexat) und anschließender ASZT erreicht [85]. Patient*innen mit MEITL werden wie PTCL, NOS behandelt.

6.3.2Brustimplantat-assoziiertes ALCL (BIA-ALCL)

Etwa ab dem Jahr 1997 wurde über das Auftreten von ALCL im Weichgewebe der Brust nach Einsetzen von Implantaten berichtet und unter dem Begriff Brustimplantat-assoziiertes ALCL (BIA-ALCL) beschrieben [86]. Diese Form des ALCL wurde überwiegend in der Kapsel des Implantats oder in perikapsulären Seromen ohne ausgedehnte Weichteilinfiltrationen der Brust gefunden. Die Inzidenz ist mit ca. 1 in 1 Million pro Jahr nach Einsetzen des Brustimplantats niedrig; die überwiegende Zahl der BIA-ALCL war ALK-negativ.

Zur Diagnostik und Therapie liegen aufgrund der Seltenheit der Erkrankung nur retrospektiven Daten vor. Bei Auftreten von Seromen >12 Monate nach Einsetzen von Implantaten, sollte eine Abklärung mittels Punktionszytologie/FACS, ggf. Biopsie und Bildgebung erfolgen. Bei Bestätigung sollten neben der operativen Entfernung des Implantates der betroffenen Brust auch kontralaterale Implantate entfernt werden [87]. Die Prognose ist bei Fehlen einer Kapselinfiltration mit einem OS über 90% gut. Bei Kapsel-überschreitenden Manifestationen ist bei lokaler Manifestation eine Strahlentherapie, bei nodalem Befall eine systemische Chemotherapie analog dem Vorgehen bei ALK-negativen ALCL zu erwägen. Bei nodalem Befall wird ein OS von 75% beobachtet, meist erfolgt in dieser Situation die Therapie mit CHOP oder CHOEP, bei Rezidiv wurde vereinzelt auch BV eingesetzt.

6.3.3Lymphom-assoziierte Hämophagozytische Lymphohistiozytose

Das Syndrom der Hämophagozytischen Lymphohistiozytose (HLH), klinisch gekennzeichnet durch Fieber, Splenomegalie, Zytopenien, erhöhtes Ferritin und mikroskopisch durch den Nachweis einer Hämophagozytose, wird durch eine schwere immunologische Dysregulation verursacht. Es kann neben einer familiären primären Form bei Kindern auch bei Erwachsenen sekundär, assoziiert mit Infekten, Autoimmun- oder Tumorerkrankungen auftreten. Die häufigste Ursache der sekundären HLH bei Erwachsenen sind Tumoren, insbesondere aggressive Lymphome und unter diesen die PTCL wie das primär kutane γδ-T-Zell Lymphom und andere. Für Details wird auf die Onkopedia-Leitlinie Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) verwiesen [88].

7Rehabilitation

Die Rehabilitation nach Therapie der PTCL folgt den Standards, die für die aggressiven B-Zell Lymphome etabliert sind.

8Verlaufskontrolle und Nachsorge

Üblicherweise erfolgt die Kontrolle des Therapieerfolges ca. 6 bis 8 Wochen nach Therapieende mittels konventioneller CT oder PET/CT, entsprechend dem internationalen Standard [8990]. Im Falle einer CR ist in der weiteren Nachsorge eine bildgebende Diagnostik mittel CT nur bei klinisch symptomatischen Patient*innen empfohlen. Klinische Kontrollen sollten alle 3 Monate im ersten Jahr, alle 6 Monate im zweiten Jahr und danach mindestens jährlich erfolgen. Ansonsten folgen die Evaluation des Therapieansprechens und die Nachsorge den Standards für die aggressiven B-Zell Lymphome.

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10[Kapitel nicht relevant]

11Therapieprotokolle

12Studienergebnisse

13Zulassungsstatus

15Anschriften der Experten

Prof. Dr. Laurence de Leval
Lausanne University Hospital and Lausanne University
Institute of Pathology
Department of Laboratory Medicine and Pathology
25 Rue du Bugnon
CH-1011 Lausanne
Univ.-Prof. Dr. med. Marco Herling
Universitätsklinikum Leipzig
Klinik und Poliklinik für Hämatologie,
Zelltherapie und Hämostaseologie
Liebigstr. 22 (Haus 7)
04103 Leipzig
PD Dr. med. Georg Hopfinger
Kaiser-Franz-Josef-Spital
Sozialmedizinisches Zentrum Süd
Zentrum für Onkologie und Hämatologie
Kundratstr. 3
A-1100 Wien
Dr. med. Fatime Krasniqi
Universitätsspital Basel
Onkologie
Petersgraben 4
CH-4031 Basel
Prof. Dr. med. Peter Reimer
KEM I Evangelische Kliniken Essen-Mitte
Klinik für Hämatologie, Internistische
Onkologie und Stammzelltransplantation
Pattbergstr. 1-3
45239 Essen
Prof. Dr. med. Norbert Schmitz
Universitätsklinikum Münster
Medizinische Klinik A
Domagkstr. 3
48149 Münster
Prof. Dr. Gerald Wulf
Universitätsklinikum Göttingen
Abteilung Hämatologie/Onkologie
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen

16Erklärungen zu möglichen Interessenkonflikten

nach den Regeln der tragenden Fachgesellschaften

Autor*in

Anstellung1

Beratung / Gutachten2

Aktien / Fonds3

Patent / Urheberrecht / Lizenz4

Honorare5

Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen6

Andere finanzielle Beziehungen7

Persönliche Beziehung zu Vertretungsberechtigten8

Hopfinger

Ja

Wiener Gesundheitsverbund

Klinik Favoriten

Nein

Nein

Nein

Ja

Abbvie, Takeda, Roche, Celgene, GlaxoSmithKline, Gilead, Janssen, Novartis

Ja

Gilead

Ja

Reisekostenerstattung Gilead, Daiichi Sankyo

Nein

Herling

Ja

Universitätsklinikum Leipzig

Nein

Nein

Nein

Ja

Takeda,

Jazz,

Stemline Therapeutics

Ja

Novartis, Mundipharma, Roche

Nein

Nein

Krasniqi

Ja

Universitätsspital Basel

Ja

Roche, Takeda

Nein

Nein

Nein

Nein

Ja

Reisekostenerstattung Roche Takeda, Pharmazia

Nein

de Leval

Ja

Lausanne University Hospital and Lausanne University

Institute of Pathology

Department of Laboratory Medicine and Pathology

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Reimer

Ja

Evangelische Kliniken Essen-Mitte Standort Essen-Werden

Ja

Takeda, BMS

Nein

Nein

Ja

Pfizer, Roche, Takeda, Celgene

Nein

Ja

Reisekostenerstattung Takeda, Celgene Abbvie

Nein

Schmitz

Nein

Ja

Riemser

Ja

Celgene

Nein

Ja

Riemser, Novartis, Janssen, Kite, Gilead

Ja

Janssen

Ja

Riemser, Novartis, Janssen, Kite, Gilead, Takeda

Nein

Wulf

Ja

Universitätsklinikum Göttingen

Ja

Gilead, Novartis

Nein

Nein

Ja

Takeda, Novartis

Nein

Nein

Nein

1Gegenwärtiger Arbeitgeber, relevante frühere Arbeitgeber der letzten 3 Jahre (Institution/Ort)
2Tätigkeit als Berater*in bzw. Gutachter*in oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat / Advisory Board eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung
3Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft
4Betrifft Arzneimittel und Medizinprodukte
5Honorare für Vortrags- und Schulungstätigkeiten oder bezahlte Autor*innen oder Koautor*innenschaften im Auftrag eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung
6Finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung von Mitarbeiter*innen der Einrichtung von Seiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftrags-instituts oder einer Versicherung
7Andere finanzielle Beziehungen, z. B. Geschenke, Reisekostenerstattungen, oder andere Zahlungen über 100 Euro außerhalb von Forschungsprojekten, wenn sie von einer Körperschaft gezahlt wurden, die eine Investition im Gegenstand der Untersuchung, eine Lizenz oder ein sonstiges kommerzielles Interesse am Gegenstand der Untersuchung hat
8Persönliche Beziehung zu einem/einer Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft

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