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Inhaltsverzeichnis

Magenkarzinom

ICD-10 C16.-
Stand März 2024
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0Änderungen gegenüber Vorversion

Inhaltlich relevante Änderungen gegenüber der Vorversion

  • Daten zur Relevanz der Helicobacter pylori-Eradikation wurden neu aufgenommen.

  • Empfehlungen für Individuen mit CDH1-Keimbahnmutation wurden modifiziert.

  • Bildgebende Verfahren und Biomarkerdiagnostik für die Erstdiagnose wurden erweitert.

  • Empfehlungen zum Vorgehen in der neoadjuvanten Therapie (HER2-gerichtete Therapie bei HER2-Positivität und Immuncheckpointblockade bei dMMR/MSI-H) wurden erweitert und aktualisiert.

  • Therapiealgorithmen für fortgeschrittene Magenkarzinome wurden aktualisiert (kombinierte HER2-gerichtete Therapie und Immuncheckpointblockade bei HER2+ und PD-L1+ in der Erstlinie, Pembrolizumab bei MSI-H in der Zweitlinie).

  • Differenzierte Empfehlungen zur Chemotherapie-Doublette oder -Triplette in der Erstlinien-Chemotherapie wurden neu aufgenommen.

  • Ausführungen zum Einsatz der HIPEC bei Peritonealkarzinose wurden aktualisiert.

  • Neue Literatur wurde bis zum Stichtag 1. März 2024 eingearbeitet.

 

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1Zusammenfassung

Das Magenkarzinom gehört zu den häufigen malignen Erkrankungen. Wie in anderen Teilen der westlichen Welt nimmt die altersstandardisierte Inzidenz auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich ab. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Eine Gruppe von Patientinnen und Patienten (Pat.) hat ein hereditäres Risiko. Zu den erworbenen Risikofaktoren gehört eine Helicobacter-pylori-Infektion der Magenschleimhaut. Ein bevölkerungsbezogenes endoskopisches Screening zum Nachweis von Magenfrühkarzinomen wird für Deutschland derzeit nicht empfohlen.

Die Prognose der Pat. wird vor allem vom Stadium, aber auch von Histologie, Allgemeinzustand und Komorbidität bestimmt. In frühen und lokal begrenzten Stadien ist der Therapieanspruch kurativ, im metastasierten Stadium palliativ. Therapiemodalitäten sind vor allem Operation und medikamentöse Tumortherapie. Trotz einiger Fortschritte in den letzten 10 Jahren ist die krebsspezifische Mortalität mit 70% sehr hoch.

Diese Leitlinie bezieht sich auf das Adenokarzinom des Magens. Empfehlungen zu den lokal begrenzten Tumoren des ösophago-gastralen Übergangs finden sich bei Onkopedia Ösophaguskarzinom. Die Empfehlungen zur Therapie der fortgeschrittenen Adenokarzinome des ösophago-gastralen Übergangs und Ösophagus entsprechen weitgehend denen des Magenkarzinoms. Empfehlungen zu selteneren, nicht-epithelialen Tumoren des Magens finden sich in Onkopedia Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) oder Onkopedia Extranodale Marginalzonenlymphome.

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformationen

Magenkarzinome entstehen in den proximalen Abschnitten des Magens (subkardial), im mittleren Drittel (Fundus und Korpus) sowie im distalen Magen (Antrum). Bei den subkardial entstehenden Magenkarzinomen besteht oftmals ein anatomischer Bezug zum ösophago-gastralen Übergang und sie werden dann auch als Adenokarzinome des ösophago-gastralen Übergangs Typ III (nach Siewert) bezeichnet.

Die hier vorgestellte Leitlinie bezieht sich auf Magenkarzinome nach der aktuell gültigen, 8. Edition der TNM/UICC-Klassifikation. Die Besonderheiten der Adenokarzinome des ösophago-gastralen Übergangs Typ I und Typ II nach Siewert, die nach aktueller TNM/UICC-Klassifikation als Ösophaguskarzinome kategorisiert werden, werden hier nur kursorisch angesprochen, soweit die klinischen Algorithmen vom Magenkarzinom abgegrenzt werden müssen.

2.2Epidemiologie

Jährlich werden ungefähr 9.500 Neuerkrankungsfälle bei Männern und ca. 6.000 Neuerkrankungsfälle bei Frauen in Deutschland diagnostiziert. Damit ist Magenkrebs die zehnthäufigste Krebslokalisation des Mannes mit einem Anteil von rund 3,5% an allen bösartigen Tumorerkrankungen und die neunthäufigste Tumorerkrankung der Frau mit einem Anteil von etwa 2,4%. Bezogen auf die Krebssterblichkeit ist die Relevanz des Magenkrebses noch höher. So entfallen etwa 3,5% aller Krebstodesfälle bei Frauen auf Magenkrebs, beim Mann sind es 4,2%. Das mittlere Erkrankungsalter liegt mit 71 bei Männern und 76 Jahren bei Frauen über dem von Krebs gesamt (70 Jahre bei Männern, 69 Jahre bei Frauen). Das mittlere Sterbealter liegt bei 74 Jahre (Männer) bzw. 78 Jahre (Frauen) (Krebs gesamt: 75 bzw. 77 Jahre). Man kann davon ausgehen, dass etwa 33.000 Pat. in Deutschland leben, deren Diagnose nicht länger als fünf Jahre zurückliegt bzw. 52.000 Pat. mit einer Diagnose in den letzten 10 Jahren.

Die altersstandardisierten Erkrankungsraten, ebenso wie die altersstandardisierten Sterberaten, sind seit Jahren bei beiden Geschlechtern rückläufig, siehe Abbildung 1. Die altersstandardisierte Inzidenzrate der Männer ist in den letzten 16 Jahren um durchschnittlich 2,2% pro Jahr gesunken – die Sterberate sogar um durchschnittlich 3,4% pro Jahr. Die Inzidenzrate der Frauen ist in den letzten 16 Jahren um durchschnittlich 2,7% pro Jahr gesunken – die Sterberate um durchschnittlich 3,7% pro Jahr. Fallzahlen und (rohe) Rate der Männer liegen etwa 60% höher als die der Frauen.

Der Rückgang der Inzidenzen wurde auch aus Daten des niederländischen Krebsregisters bestätigt. Hier sank zwischen 1989 und 2021 die Inzidenz von 20,3 auf 6,1 pro 100.000 bei gleichzeitiger Verbesserung der relativen Überlebensraten [143].

Abbildung 1: Geschätzte Inzidenz des Magenkrebses (ICD 10: C16) in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) [1] 
Geschätzte Inzidenz des Magenkrebses (ICD 10: C16) in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) 1

Während die altersstandardisierten Neuerkrankungsraten ein Maß für die Erkrankungswahrscheinlichkeit darstellen und weitgehend unabhängig vom Bevölkerungsaufbau sind, spiegelt sich in der Zahl der Neuerkrankungsfälle neben der Erkrankungswahrscheinlichkeit auch Altersstruktur und Bevölkerungsgröße wider. Aufgrund der Verschiebung der Altersstruktur zu einer älteren Gesellschaft und des Erreichens der erkrankungswahrscheinlichen Altersjahrgänge der geburtenstarken Jahrgänge unterscheiden sich die Verläufe der Neuerkrankungs- und Sterbefälle von den Verläufen der Raten. Diese Verschiebung zeigt sich insbesondere bei Männern. Die Zahl der Erkrankungsfälle sinkt zwar, aber nur um durchschnittlich 0,2% pro Jahr, trotz langfristig deutlich sinkenden Erkrankungsraten. Ähnlich sieht es bei der Zahl der Sterbefälle aus. Hier sinkt die Zahl bei Männern um durchschnittlich 1,2% pro Jahr, also auch geringer als der Rückgang der Sterberaten (3,4%). Auch bei Frauen ist der Rückgang der Zahl der Neuerkrankungsfälle (2,1% pro Jahr) bzw. der Sterbefälle (2,7% pro Jahr) geringer als der der entsprechenden Raten. Der Unterschied ist aber nicht ganz so groß (Abbildung 2).

Abbildung 2: Geschätzte Inzidenz des Magenkrebses (ICD 10: C16) in Deutschland – Fallzahlen [1] 
Geschätzte Inzidenz des Magenkrebses (ICD 10: C16) in Deutschland – Fallzahlen 1

Die meisten Erkrankungsfälle treten bei Männern zwischen 75 bis 79 Jahren auf, siehe Abbildung 3 (Balken). Ab dem 40. Lebensjahr bis zum 80. Lebensjahr steigt die Zahl der Neuerkrankungen stetig an. Danach sinkt sie deutlich ab. Bei Frauen steigt die Zahl quasi kontinuierlich bis in die höchste Altersgruppe an. Das höchste Erkrankungsrisiko – also die Erkrankungszahlen bezogen auf die zugrundeliegende Bevölkerung je Altersgruppe-, siehe Abbildung 3 (Linien), findet sich bei beiden Geschlechtern in der höchsten Altersgruppe 85 Jahre und älter. Fallzahlen und Inzidenzraten der Männer liegen in allen Altersgruppen über denen der Frauen.

Abbildung 3: Altersverteilung der Inzidenz des Magenkrebses (ICD 10: C16) – altersspezifische Fallzahlen und Raten [1] 
Altersverteilung der Inzidenz des Magenkrebses (ICD 10: C16) – altersspezifische Fallzahlen und Raten 1

Die Prognose beim Magenkrebs ist insbesondere in den beiden ersten Jahren nach Diagnose relativ ungünstig. Etwa 40% der Pat. versterben im ersten Jahr nach Diagnosestellung. Der geringe Unterschied zwischen der absoluten Überlebensrate – also dem prozentualen Anteil an Pat., die eine bestimmte Zeit überleben – und der relativen Überlebensrate – ergo dem Verhältnis aus absolutem Überleben und dem erwarteten Überleben in der Allgemeinbevölkerung – zeigt die Übersterblichkeit durch die Krebserkrankung. Ab dem fünften Jahr nach Diagnose vergrößert sich der Abstand zwischen absoluter und relativer Überlebensrate und gleichzeitig ist die relative Überlebensrate weitgehend konstant. Das bedeutet, dass nach etwa fünf Jahren kaum noch krebsbedingte zusätzliche Sterbefälle auftreten. Abbildung 4 stellt die absoluten und die relativen Überlebensraten für die ersten 10 Jahre nach Diagnose dar. Zwischen den Geschlechtern gibt es kaum Unterschiede hinsichtlich des Überlebens.

Abbildung 4: Absolute und relative Überlebensraten beim Magenkrebs (ICD 10: C16) [1] 
Absolute und relative Überlebensraten beim Magenkrebs (ICD 10: C16) 1

Legt man die aktuelle Erkrankungshäufigkeit und die 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (G2L2W2, moderate Entwicklung) zugrunde, dann kann in den nächsten 30 Jahren, allein aufgrund der Verschiebung der Altersstrukturen in der Bevölkerung, mit einem Anwachsen der Fallzahlen um rund 30% auf rund 20.000 Neuerkrankungen (2050) gerechnet werden. Tatsächlich dürfte der Anstieg wegen der sinkenden Erkrankungsraten aber geringer ausfallen.

2.3Pathogenese

Magenkarzinome entwickeln sich - in Analogie zu den Karzinomen des übrigen Verdauungstrakts - sequentiell in mehrstufigen Prozessen über präkanzeröse Zwischenstufen und histologisch definierte Läsionen [2]. Anders als für den diffusen Typ nach Laurén ist dieser Stufenprozess für den intestinalen Typ gut charakterisiert [3]. Die klinische Beobachtung, dass Magenkarzinome in bis zu 30% histologisch heterogen sind, d.h. sowohl intestinale als auch diffuse Anteile besitzen, unterstreicht die Bedeutung lokaler Faktoren der zellulären Mikroumgebung und der genetischen bzw. epigenetischen Heterogenität. Als allgemein akzeptierte, histologisch fassbare Bestandteile der sequentiellen Entstehung des Magenkarzinoms gelten: Helicobacter-pylori-Infektion, atrophische Gastritis, intestinale Metaplasie, intraepitheliale Neoplasie (low- und high-grade) und das in der westlichen Hemisphäre seltene Magenadenom.

2.4Risikofaktoren

Das Risiko, an einem Magenkarzinom zu erkranken, ist mit dem Vorliegen der folgenden Risikofaktoren assoziiert [4]:

  • genetisch

    • hereditäres kolorektales Karzinom ohne Polyposis (HNPCC, Lynch Syndrom [5].

    • hereditäres diffuses Magenkarzinom (HDGC) mit Mutationen im Cadherin 1- (CDH-1) oder im Catenin-alpha-1 (CTNNA1) Gen [67]

    • Peutz-Jeghers-Syndrom (Mutation im Serin-Threonin-Kinase-Gen [STK11])

    • Verwandte ersten Grades mit einem Magenkarzinom

    • männliches Geschlecht (Inzidenz Männer:Frauen etwa 2:1)

    • Blutgruppe A

  • erworben

    • Helicobacter-pylori-Infektion der Magenschleimhaut

    • Epstein-Barr-Virus-Infektion der Magenschleimhaut

    • inhalativer Tabakkonsum

    • atrophische Gastritis

    • partielle Gastrektomie

    • Morbus Ménétrier

Die Risikofaktoren unterscheiden sich für die unterschiedlichen anatomischen Lokalisationen. Distale Magenkarzinome finden sich häufig assoziiert mit Helicobacter-pylori-Infektion der Magenschleimhaut, salzreicher Ernährung und geringer Obst- und Gemüsezufuhr. Karzinome des ösophago-gastralen Übergangs hingegen sind häufiger assoziiert mit Adipositas und gastro-ösophagealem Säurereflux.

3Vorbeugung und Früherkennung

3.1Vorbeugung

Die Helicobacter-pylori-Eradikation mit dem Ziel der Magenkarzinomprophylaxe wird bei Risikopersonen empfohlen, siehe auch Kapitel 3.2.2. Derzeit wird angenommen, dass der Zeitpunkt der Behandlung entscheidend ist für die Effizienz der Helicobacter-pylori-Eradikation zur Prävention des Magenkarzinoms. Diese sollte im Erwachsenenalter zu einem Zeitpunkt geschehen, an dem noch keine präneoplastischen Veränderungen entstanden sind [8]. Daten aus Japan zeigen eine besonders hohe Rate H.pylori-assoziierter Magenkarzinome bei Individuen mit Keimbahnmutationen in Genen mit besonderer Relevanz für die homologe Rekombinationsfähigkeit (ATM, BRCA1, BRCA2 und PALB2), die ein 40-fach erhöhtes Risiko der Magenkarzinomentwicklung bei H.pylori-Besiedelung zeigten [141]. Ergebnisse prospektiver und kontrollierter Interventionsstudien liegen bislang nicht vor. In einer großen US-Population war die H. pylori-Eradikation im Vergleich zu keiner Behandlung mit einer signifikant niedrigeren Inzidenz von Magenkarzinom nach 8 Jahren verbunden. Nach einem Beobachtungszeitraum von 7 bis 10 Jahren war das Risiko bei den behandelten Personen geringer als in der Allgemeinbevölkerung. Die Ergebnisse zeigen, dass die Eradikation von H. pylori das Potenzial hat, das Risiko für Magenkrebs deutlich zu reduzieren [139].

Für eine Chemoprävention des Magenkarzinoms, zum Beispiel mit nicht-steroidalen Antirheumatika, selektiven Cyclooxygenase-2-Inhibitoren oder Acetylsalicylsäure, gibt es derzeit keine ausreichende Evidenz [9].

3.2Früherkennung

3.2.1Bevölkerung

Da Deutschland/Österreich/Schweiz keine Hochinzidenzregionen für das Magenkarzinom sind, erscheint es unwahrscheinlich, dass ein bevölkerungsbezogenes Screening kosteneffektiv wäre. Eine Studie, die die Kosteneffizienz explizit unter den Bedingungen im deutschsprachigen Mitteleuropa prüft, wurde allerdings bislang nicht durchgeführt. Ein bevölkerungsbezogenes endoskopisches Screening zum Nachweis von Magenfrühkarzinomen wird derzeit in den genannten Ländern nicht empfohlen.

3.2.2Risikopersonen

Ist mehr als ein Verwandter ersten Grades an einem Magenkarzinom erkrankt, so ist das Risiko etwa 10-fach erhöht [10]. Eine wissenschaftlich fundierte Empfehlung zur Screening-Endoskopie bei Personen mit positiver Familienanamnese kann dennoch nicht gegeben werden. Es existiert derzeit keine wissenschaftliche Evidenz für einen Nutzen spezieller vorsorgender Maßnahmen bei nahen Verwandten von Pat. mit Magenkarzinom [11]. Es wird allerdings empfohlen, bei Verwandten ersten Grades von Magenkarzinom-Pat. eine Eradikation von H. pylori durchzuführen [12].

Da bei Individuen mit einer pathogenen CDH1-Keimbahnmutation ein Lebenszeitrisiko der Entwicklung eines hereditären diffusen Magenkarzinoms von 50-80% besteht, ist hier eine sorgfältige Familienanamnese zu erheben und die regelmäßige Endoskopie und die prophylaktische Gastrektomie bei Nachweis von Siegelringzellen als Standard [131]. Die prophylaktische Gastrektomie soll ab dem 20. Lebensjahr angeboten werden.

Der Wissensstand zur Penetranz von pathogenen CTNNA1 Mutationen ist geringer, sodass eine eindeutige Empfehlung zur prophylaktischen Gastrektomie derzeit nicht gegeben werden kann. Mindestens ist zu einer engmaschigen endoskopischen Überwachung zu raten. Eine Beratung in einem spezialisierten Zentrum ist zu empfehlen [1314].

4Klinisches Bild

4.1Symptome

Magenfrühkarzinome sind in aller Regel symptomlos. Die folgenden Symptome treten häufig erst bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Karzinomen auf [15]:

  • Dysphagie

  • Dyspepsie

  • Rezidivierendes Erbrechen

  • Inappetenz

  • Frühes Sättigungsgefühl

  • Gewichtsverlust

  • Zeichen einer gastrointestinalen Blutung

  • Schmerzen im Epigastrium

  • Symptome metastatisch betroffener Organe (unter anderem Leberkapselschmerz, Ileussymptome bei Peritonealkarzinose, etc.)

Das Magenkarzinom kann mit unterschiedlichen paraneoplastischen Syndromen einhergehen, wobei kutane Erscheinungen häufiger als andere Paraneoplasien beobachtet werden [16].

5Diagnose

5.1[Kapitel nicht relevant]

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

Die Endoskopie ist als die sensitivste und spezifischste diagnostische Methode anzusehen. Mittels hochauflösender Videoendoskopie ist es möglich, auch diskrete Änderungen in Farbe, Relief und Architektur der Magenmukosa zu erkennen. Die endoskopische Entdeckung früher Läsionen kann durch Chromoendoskopie verbessert werden.

Ziele der weiteren Diagnostik sind die Festlegung des Krankheitsstadiums und die Therapievorbereitung, siehe Tabelle 1.

Tabelle 1: Diagnostik und Staging beim Magenkarzinom 

Untersuchung

Anmerkung

Körperliche Untersuchung

Labor (Blut)

Blutbild, Leber- und Nierenfunktionsparameter, Gerinnung

Endoskopie oberer Gastrointestinaltrakt

fakultativ Ergänzung durch Chromoendoskopie

Endoskopische Ultraschalluntersuchung (EUS) 1

zur Therapieplanung bei lokalisierter Erkrankung

Computertomographie Thorax inklusive der supra-claviculären Region, Abdomen und Becken mit oralem und intravenösem Kontrastmittel

zur Darstellung der lokoregionalen und distanten Tumorausbreitung

Sonographie Abdomen

ergänzend zur Computertomographie

Laparoskopie, ggf. mit Zytologie2

bei cT3/cT4 ohne Nachweis anderweitiger Fernmetastasen zum Nachweis/Ausschluss einer peritonealen Metastasierung

1 siehe Kapitel 5.2.3.1
2 Die Laparoskopie mit zytologischer Untersuchung des Lavageats hilft, eine klinisch okkulte Metastasierung des Peritoneums bei lokal resektablen Tumoren zu detektieren. Der Nachweis einer makroskopischen Peritonealmetastasierung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Therapieplanung [17]. Der zytologische Nachweis von malignen Zellen im Lavageat ist ein ungünstiger Prognosefaktor, hat - außerhalb klinischer Studien - bislang jedoch keinen sicheren Einfluss auf die Therapieempfehlung. Laparoskopisch auffällige Befunde werden häufiger bei T3/T4 klassifizierten Tumoren gefunden [18].

5.2.2Histologie und Subtypen

Die histologische Diagnose des Magenkarzinoms soll aus einer Biopsie erfolgen, welche durch zwei erfahrene Pathologen beurteilt wird [11].

Die Biomarker Diagnostik aus Tumorgewebe zählt zumindest bei Vorliegen eines Stadium IV Magenkarzinom heutzutage zum Standard. Immunhistochemisch bestimmt Biomarkerdiagnostik soll anhand von 5 Tumor-tragenden Biopsien erfolgen [51132].

Zur Standarddiagnostik soll aktuell die Befundung von HER2, PD-L1 Combined Positivity Score (CPS), Mismatch-Repair-Enzymen (bzw Microsatelliteninstabilität) und zukünftig auch Claudin 18.2 zählen.

Neben der Beschreibung der HER2-Positivität nach etablierten Kriterien [51] ist die genaue Angabe des Anteils HER2-positiver Tumorregionen [52] und die Beschreibung eines HER2-low Status eine Option mit möglichen therapeutischen Konsequenzen in der Zukunft. Die hohe Rate an Abweichungen in der Befundung zwischen unterschiedlichen Untersuchern von um die 25% ist weiterhin zu beachten [138142]. In Diskussion ist die routinemäßige Bestimmung von Epstein-Barr-Virus Assoziation mittels in-situ-Hybridisierung (EBER-FISH), da sie sehr selten auftritt [22].

5.2.2.1Laurén-Klassifikation

Histologisch zeichnet sich das Magenkarzinom durch eine starke Heterogenität aus, oft existieren in einem Tumor mehrere unterschiedliche histologische Elemente. Über die letzten Jahrzehnte basierte die histologische Einordnung auf der Laurén-Klassifikation [19]:

  • intestinaler Typ, ca. 54%

  • diffuser Typ, ca. 32%

  • unbestimmbar, ca. 15%

Der diffuse Subtyp wird mehr bei Frauen und Menschen jüngeren Lebensalters gefunden, während der intestinale Typ häufiger bei Männern und Menschen älteren Lebensalters anzutreffen ist und mit intestinaler Metaplasie und Helicobacter-pylori-Infektion einhergeht [20].

5.2.2.2World Health Organization (WHO)-Klassifikation

Die World Health Organization (WHO)-Klassifikation unterscheidet vier maßgebliche Typen des Magenkarzinoms [21].

  • tubulär

  • papillär

  • muzinös

  • gering kohäsiv (einschließlich des Siegelringzellkarzinoms)

Die Klassifikation basiert auf dem prädominant vorliegenden histologischen Muster des Karzinoms, welches oftmals mit weniger dominanten Elementen oder anderen histologischen Mustern koexistiert.

5.2.2.3The Cancer Genome Atlas (TCGA)-Klassifikation

Genetisch-molekulare Studien unterteilen das Magenkarzinom in molekulare Subtypen basierend auf Untersuchungen des Genoms, Transkriptoms, Epigenoms und Proteoms. Die molekulargenetische Heterogenität des Magenkarzinoms ist Gegenstand umfangreicher genomweiter Sequenzierungsstudien [133]. Die bekannteste molekulare Subtypisierung nach TCGA unterscheidet vier Subtypen [22].

  • chromosomal instabil – CIN

  • Epstein-Barr-Virus-assoziiert – EBV

  • Mikrosatelliten-instabil – MSI

  • genomisch stabil – GS

Diese Klassifikation hat derzeit nur begrenzte Auswirkungen auf die Auswahl der Behandlung.

5.2.3Stadien und Stadieneinteilung

5.2.3.1TNM-Staging

Die Klassifikation der Ausdehnung des Primärtumors und der Metastasierung erfolgt auf der Basis der UICC/AJCC-TNM-Kriterien [192123]. Seit dem 1. Januar 2017 wird in Europa die 8. Edition verwendet [21]. Die TNM-Kriterien sind in Tabelle 2, die Stadieneinteilung in Tabelle 3 zusammengefasst.

Tabelle 2: UICC-TNM Klassifikation – Magenkarzinom [21]  

Klassifikation

Tumor

T

Primärtumor

T1

Oberflächlich infiltrierender Tumor

T1a

Tumor infiltriert Lamina propria oder Muscularis mucosae

T1b

Tumor infiltriert Submucosa

T2

Tumor infiltriert Muscularis propria

T3

Tumor infiltriert Subserosa ohne Invasion des viszeralen Peritoneums

T4a

Tumor perforiert Subserosa (viszerales Peritoneum)

T4b

Tumor infiltriert benachbarte Strukturen

N

Regionale Lymphknoten

N0

Keine regionalen Lymphknotenmetastasen

N1

Metastase in 1 – 2 Lymphknoten

N2

Metastasen in 3 – 6 Lymphnoten

N3a

Metastasen in 7 – 15 Lymphknoten

N3b

Metastasen in 16 oder mehr Lymphknoten

M

Fernmetastasen

M0

Keine Fernmetastasen

M1

Fernmetastasen oder positive peritoneale Zytologie

Tabelle 3: Klassifikation der Tumorstadien [21] 

UICC-Stadium

Primärtumor

Lymphknoten

Fernmetastasen

0

Tis

N0

M0

IA

T1a

T1b

N0

N0

M0

M0

IB

T2

T1

N0

N1

M0

M0

IIA

T3

T2

T1

N0

N1

N2

M0

M0

M0

IIB

T4a

T3

T2

T1

N0

N1

N2

N3

M0

M0

M0

M0

IIIA

T4a

T3

T2

N1

N2

N3

M0

M0

M0

IIIB

T4b

T4a

T3

N0/1

N2

N3

M0

M0

M0

IIIC

T4b

T4a

N2/3

N3

M0

M0

IV

jedes T

jedes N

M1

Besonders geeignet zur Feststellung der klinischen T-Kategorie ist die Endosonographie (EUS), da sie am besten die unterschiedlichen Wandschichten des Magens darstellen kann. Der EUS sollte daher Bestandteil des Stagings des Primärtumors mit kurativer Therapieintention sein.

Zur Identifikation maligner Lymphknoten in der CT-Schnitt-Bildgebung dienen folgende Charakteristika [24]:

  • Diameter ≥6-8 mm (kürzere Achse) in perigastrischen Lymphknoten

  • runde Form

  • zentrale Nekrose

  • Verlust des Fetthilus

  • Heterogene oder verstärkte Kontrastmittelaufnahme

Die Sensitivität des CT für das Lymphknotenstaging wird mit 62,5% - 91,9% in systematischen Reviews variabel eingeschätzt [25].

Der EUS verbessert die akkurate Bestimmung der T- und N-Kategorie und kann dazu beitragen, das proximale und distale Ende des Tumors zu bestimmen. Bei Tumoren des Antrums ist der EUS weniger genau. Der EUS gilt als genauer als das CT bei der Diagnostik maligner Lymphknoten:

Anzeichen für Malignität im EUS beinhalten [26]:

  • Hypoechogenität

  • runde Form

  • unscharfe Abgrenzung zur Umgebung

  • Größe im längsten Durchmesser >1cm

6Therapie

6.1Therapiestruktur

Eine multidisziplinäre Planung ist für jede initiale Behandlungsempfehlung erforderlich. Sie soll in einem qualifizierten multidisziplinären Tumorboard erarbeitet werden.

Zu den Kernmitgliedern des multidisziplinären Boards zählen folgende Disziplinen: Viszeralchirurgie, Medizinische Onkologie, Radioonkologie, Gastroenterologie, Radiologie und Pathologie. Wenn immer möglich, sollen Pat. im Rahmen klinischer Studien behandelt werden.

Die Behandlung erfolgt Stadien-adaptiert. Ein Therapiealgorithmus für die Erstlinientherapie ist in Abbildung 5 dargestellt.

Abbildung 5: Algorithmus für die Primärtherapie 
kurativ intendierte Therapie; nicht-kurativ intendierte Therapie;
1siehe Tabelle 4
2 Best Supportive Care

6.1.1Stadium IA – T1a (Frühkarzinom)

Da die Wahrscheinlichkeit einer Lymphknotenmetastasierung beim mukosalen Magenkarzinom (T1a) sehr gering ist, wird eine endoskopische Resektion (ER) als ausreichend angesehen [27]. Falls die histopathologische Aufarbeitung nach endoskopischer Resektion ergibt, dass die Tumorinfiltration bis in die Submukosa reicht (T1b), soll eine chirurgische Resektion mit systematischer Lymphadenektomie erfolgen, da dann in bis zu 30% der Fälle bereits Lymphknotenmetastasen vorliegen.

Als pT1a cN0 cM0 klassifizierte Magenkarzinome sollten unter Berücksichtigung der adaptierten japanischen Kriterien mit einer endoskopischen Resektion behandelt werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind [1128], siehe Tabelle 4.

Tabelle 4: Kriterien für eine endoskopische Resektion im Stadium IA T1a [11107] 
  • Läsionen bis zu einer Größe von <2 cm in erhabenen Typen

  • Läsionen bis zu einer Größe von <1 cm in flachen Typen

  • Histologischer Differenzierungsgrad gut oder mäßig (G1/G2)

  • Keine makroskopische Ulzeration

  • Invasion begrenzt auf die Mukosa

  • Kein Residualtumor nach endoskopischer Resektion

Magenfrühkarzinome mit maximal einem „erweitertem Kriterium“ können ebenfalls endoskopisch kurativ reseziert werden [11]. Zur Resektion soll die ESD eingesetzt werden. Liegt mehr als ein erweitertes Kriterium vor, soll eine onkologisch-chirurgische Resektion erfolgen. Die erweiterten Kriterien sind wie folgt definiert:

  • Differenziertes Mukosakarzinom (G1/G2) ohne Ulceration und Größe >2cm

  • Differenziertes Mukosakarzinom (G1/G2) mit Ulceration und Größe <3cm

  • Gut differenzierte Karzinome (G1/G2) mit Submukosainvasion <500μm und Größe <3cm

  • Undifferenziertes Mukosakarzinom (G3/G4) <2cm Durchmesser (sofern bioptisch kein Nachweis von Tumorzellen im Abstand ≤1cm besteht [11])

Die ER von Magenfrühkarzinomen erfolgt als En-bloc-Resektion. Sie erlaubt eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder. Die empfohlenen endoskopischen Kontrollintervalle liegen bei 3 Monaten im ersten und 6 Monaten im zweiten Jahr. Danach sollten Kontrollen jährlich stattfinden. Lokalrezidive nach ER eines Frühkarzinoms des Magens können endoskopisch behandelt werden, wenn erneut ein rein mukosaler Befall (rT1a cN0 cM0) vorliegt. Ein (begrenztes) chirurgisches Vorgehen stellt eine Alternative dar.

6.1.2Stadium IA – T1b

Bei Magenkarzinomen im Stadium IA mit Infiltration der Submukosa liegt das Risiko von Lymphknotenmetastasen bei 25-28%. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt in der SEER-Datenbank für das gesamte Stadium IA bei 70,8% [29], die krebsspezifische Überlebensrate nach 10 Jahren in der italienischen IRGGC Analyse bei 93%. Therapie der Wahl im Stadium I (Kategorie T1b) ist die radikale chirurgische Resektion (subtotale, totale oder transhiatal erweiterte Gastrektomie). Limitierte Resektion können nur in Ausnahmefällen empfohlen werden auf Grund der ungenauen Treffsicherheit des prätherapeutischen Stagings.

Der Wert einer perioperativen oder einer adjuvanten Chemotherapie ist für Pat. im Stadium IA (T1b) nicht belegt.

6.1.3Stadium IB – III

Im Stadium IB – III soll die Resektion aus einer radikalen Resektion (subtotale, totale oder transhiatal erweiterte Gastrektomie) in Kombination mit einer D2- Lymphadenektomie bestehen. Eine subtotale Gastrektomie kann durchgeführt werden, wenn sichere freie Tumorränder erzielt werden können. Die vormals empfohlenen Absetzungsränder von 5 bzw. 8 cm bei intestinalem bzw. diffusem Tumorwachstumstyp werden mittlerweile nicht mehr anerkannt. Die wissenschaftliche Evidenz für gesicherte Empfehlungen ist gering. Entscheidend ist ein negativer oraler Schnittrand im intraoperativen Schnellschnitt.

Die perioperative Chemotherapie mit einem Platinderivat, einem Fluoropyrimidin und einem Anthrazyklin führte in der MAGIC-Studie bei Pat. mit resektablem Magenkarzinom zu einer deutlichen Verlängerung des Gesamtüberlebens [30]. In der französischen FNCLCC / FFCD Multicenterstudie zeigte eine perioperative Chemotherapie mit einem Platinderivat und einem Fluoropyrimidin ohne Anthrazyklin eine vergleichbare Effektstärke auf die Verbesserung des Überlebens [31]. Beide Chemotherape-Schemata sind heute nicht mehr die erste Wahl.

Die Behandlung nach dem FLOT-Schema (5-Fluorouracil/Folinsäure/Oxaliplatin/Docetaxel) führte bei Pat. im Stadium ≥cT2 und/oder cN+ zu einer weiteren Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (Hazard Ratio 0,75) und des Gesamtüberlebens (Hazard Ratio 0,77) gegenüber einer Therapie analog MAGIC; siehe auch Kapitel 6.2.3.1 Die relativ höhere Wirksamkeit von FLOT zeigte sich konsistent über relevante Subgruppenanalysen wie Alter, Histologie und Tumorlokalisation. Die Rate an perioperativen Komplikationen war vergleichbar [32].

Für Pat. mit einem Magenkarzinom ≥ Stadium IB, die eine Resektion ohne vorherige Chemotherapie erhielten (z.B. durch fehleingeschätztes Tumorstadium vor Chirurgie) kann eine adjuvante Chemotherapie empfohlen werden, siehe Kapitel 6.2.3.1.

Bei HER2—positiven Tumoren ist der Stellenwert einer Kombination der perioperativen Chemotherapie mit einem HER2-Antikörper im perioperativen Setting hinsichtlich des Gesamtüberlebens bisher nicht zweifelsfrei belegt. Die AIO-Petrarca Phase-2 Studie zeigt eine höhere histopathologische Remissionsrate, wenn FLOT-Chemotherapie mit Trastuzumab + Pertuzumab kombiniert wird und einen Trend zu Gunsten eines besseren progressions-freien und Gesamtüberlebens [121]. Die multinationale EORTC1203-INNOVATION-Studie zeigt vor allem bei der Kombination FLOT + Trastuzumab bei guter Machbarkeit des Regimes sehr vielversprechende Ansprechraten, während FLOT + Trastuzumab + Pertuzumab sich aus Gründen vermehrter Toxizität nicht bewährte [144]. Die Daten bedürfen der Validierung in größeren und unabhängigen Kohorten. In Einzelfällen und nach Diskussion im multidisziplinären Tumorboard kann jedoch auch heute schon bei fraglicher R0-Resektabilität im Falle lokal fortgeschrittener HER2-positiver Karzinome des Magens oder ösophago-gastralen Übergangs die primäre systemische Therapie mit FLOT plus Trastuzumab erwogen werden.

Bei Mikrosatelliten-instabilen lokalisierten Magenkarzinomen bestehen auf der Grundlage retrospektiver Datenanalysen Zweifel an der Wirksamkeit einer perioperativen Chemotherapie [35]. Aktuelle Daten aus der DANTE-Studie zeigen allerdings, dass mittels FLOT-Chemotherapie auch bei Magenkarzinomen vom MSI-Subtyp komplette und subtotale Tumorremissionen erreicht werden können [3536]. Somit bleibt nach aktuellem Stand auch für MSI-Magenkarzinome eine perioperative Chemotherapie mit dem FLOT-Schema indiziert, wenn eine Tumorverkleinerung erreicht werden soll. Mehrere Studien zeigen aber, dass die Hinzunahme eines Immuncheckpoint-Inhibitors zur neoadjuvanten Therapie beim Status der defizienten DNA Mismatch Repair / Mikrosatelliteninstabilität zu deutlich besseren Remissionsraten führt [34136]. Daneben ist in explorativen Subgruppenanalysen auch das ereignisfreie und das Gesamtüberleben deutlich verbessert, wenn bei MSI-high Magenkarzinomen die perioperative Chemotherapie durch einen Immuncheckpoint-Inhibitor ergänzt wird [140]. Die FFCD-NEONIPIGA Phase-2 Studie zeigt eine hohe histopathologische Remissionsrate nach 12 Wochen Therapie mit Nivolumab + Ipilimumab ohne Chemotherapie bei resektablen MSI-Karzinomen [122] Die Daten bedürfen zwar der Validierung in größeren und unabhängigen Kohorten. Trotzdem sollte schon heute die präoperative Immuntherapie – Stand heute am ehesten in Kombination mit FLOT-Chemotherapie wie in den randomisierten und kontrollierten Studien Dante, Keynote-585 und Matterhorn hinsichtlich der Sicherheit und Effizienz geprüft - bei gesichertem MSI-high-Status unabhängig vom Zulassungsstatus der Medikamente erwogen werden. Noch besser sind Pat. in Studien einzuschließen, die eine prä-/perioperative Immuntherapie anwenden.

Abbildung 6: Medikamentöse perioperative Therapie des Magenkarzinoms in den Stadien IB-III 
ICI: PD-1/PD-L1-Immuncheckpointinhibitor, FLOT: 5-Fluorouracil, Folinsäure, Oxaliplatin, Docetaxel; MSI-H: hohe Mikrosatelliteninstabilität; *off-label, vorherige Abklärung mit Kostenträger zu empfehlen

Nach R1-Resektion kann die Durchführung einer adjuvanten Radiochemotherapie erwogen werden, siehe Kapitel 6.2.2.1.

6.1.4Stadium IV

Die Zielsetzung der Therapie ist in der Regel nicht kurativ. An erster Stelle steht die systemische medikamentöse Therapie, in Einzelfällen ergänzt durch lokale Therapiemaßnahmen. Aktive Symptomkontrolle und supportive Maßnahmen wie Ernährungsberatung, psychosoziale Unterstützung, palliative Begleitung sind fester Bestandteil der Behandlung. Die Prognose von Pat. mit lokal fortgeschrittenem und nicht-resektablem oder metastasiertem (hier: „fortgeschrittenem“) Magenkarzinom ist ungünstig. Studien, die den Stellenwert von Chemotherapie evaluierten, zeigten in der Vergangenheit eine Überlebenszeit von weniger als einem Jahr [35]. Es ist allerdings belegt, dass Chemotherapie das Überleben von Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom im Vergleich zu alleiniger bester supportiver Therapie verlängern und die Lebensqualität länger erhalten kann [36].

6.1.4.1Medikamentöse Tumortherapie – Stadium IV

Die aktuell empfohlenen Algorithmen für die medikamentöse Tumortherapie von Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom zeigen Abbildung 6, Abbildung7 und Abbildung 8.

Abbildung 7: Algorithmus für die Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Magenkarzinoms 

1 Nivolumab in Europa zugelassen bei PD-L1 CPS ≥ 5 entsprechend Checkmate-649-Studie;
2 Pembrolizumab in Europa zugelassen bei Adenokarzinomen des Ösophagus bei PD-L1 CPS ≥ 10 entsprechend Keynote-590-Studie und bei HER2 negativen und HER2 positiven Adenokarzinomen des Magens und ösophagogastralen Übergangs bei PD-L1 CPS ≥ 1 entsprechend Keynote-859-Studie und Keynote 811-Studie.

 

Abbildung 8: Algorithmus für die Zweitlinientherapie des fortgeschrittenen Magenkarzinoms 
1 Da viele Tumoren ihre HER2-Überexpression nach Trastuzumab-Versagen verlieren, ist eine erneute Überprüfung des aktuellen HER2-Status anhand einer frischen Biopsie vor T-DXd-Therapie in der Zweitlinie zu empfehlen. 2 Auch 5-FU/Folinsäure-Irinotecan wird aufgrund höherer Ansprechraten als bei Irinotecan Monotherapie zum Teil eingesetzt. 3 Pembrolizumab in der zweiten Therapielinie nur, wenn kein PD-1/PD-L1 Inhibitor in der ersten Therapielinie verabreicht wurde

 

Abbildung 9: Algorithmus für die Drittlinientherapie des fortgeschrittenen Magenkarzinoms 
Gemäß der Destiny Gastric 01-Studie ist bei T-DXd-Therapie in der Drittlinie eine erneute Überprüfung des HER2-Status nicht zwingend notwendig
6.1.4.1.1Erstlinien-Chemotherapie, zielgerichtete Therapie und Immuntherapie
6.1.4.1.1.1Chemotherapie

Standard für die Erstlinienchemotherapie fortgeschrittener Magenkarzinome ist eine Platin–Fluoropyrimidin-Doublette. Oxaliplatin und Cisplatin sind vergleichbar wirksam, mit Vorteilen hinsichtlich des Nebenwirkungsprofils für Oxaliplatin. Dies kann gerade bei älteren Pat. (>65 Jahre) zu tendenziell besserer Wirksamkeit beitragen [3723]. Fluoropyrimidine können als Infusion (5-FU) oder oral (Capecitabine oder S-1) verabreicht werden. Orale Fluoropyrimidine sind vergleichbar wirksam wie infundiertes 5-FU [3841]. Capecitabin ist in Kombination mit einem Platinderivat zugelassen und wurde sowohl mit Cis- als auch mit Oxaliplatin bei Europäern geprüft. S-1 ist in Japan als Standard etabliert und in Europa für palliative Erstlinientherapie in Kombination mit Cisplatin zugelassen. Infundiertes 5-FU sollte bei Dysphagie oder anderen Ernährungsproblemen gegenüber oralen Medikamenten bevorzugt werden. Bei älteren oder gebrechlichen Pat. unterstützen die Ergebnisse der Phase-III-GO-2-Studie die von Beginn an Dosis-reduzierte Anwendung von Oxaliplatin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie auf 80% oder 60% der Standarddosis, womit eine vergleichbare Wirksamkeit bei weniger Nebenwirkungen erzielt werden konnte [42].

Die Hinzunahme von Docetaxel zur einer Platin-Fluoropyrimidin Kombination (dreiwöchentliches DCF-Schema) verbesserte die radiologische Ansprechraterate und verlängerte die Gesamtüberlebensdauer in einer älteren Phase III-Studie, führte aber gleichzeitig zu signifikant verstärkten Nebenwirkungen [43]. Weitere Phase II-Studien untersuchten modifizierte Docetaxel-Platin-Fluoropyrimidin Tripletten. Diese zeigten teils eine verminderte Toxizität im Vergleich zu DCF [4649]. In der Phase III JCOG1013-Studie erhielten Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom entweder Cisplatin–S-1 oder Cisplatin–S1–Docetaxel. Es zeigten sich keine Unterschiede im radiologischen Ansprechen, dem progressionsfreien und dem Gesamtüberleben [48] Die Subgruppe der Pat., die nach Gastrektomie bereits eine adjuvante Fluoropyrimidin-basierte Chemotherapie erhalten hatten, profitierte jedoch signifikant von der Hinzunahme des Taxans in der palliativen Therapie. Auch diskutieren die Autoren, dass 79% der Pat. eine second-line Therapie nach der Studie erhalten hatten, was Effekte auf das Gesamtüberleben beeinflussen kann. Eine jüngst präsentierte aber noch nicht voll publizierte französische Investigator-initiierte Phase-III-Studie zeigte für eine Platin-Fluoropyrimidin-Docetaxel-Triplette (modifiziertes FLOT, genannt T-FOX) gegenüber der Doublette FOLFOX ein signifikant verlängertes progressionsfreies Überleben und ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben. Das mediane Gesamtüberleben wurde von 12 auf 15 Monate verbessert (HR 0,76 95% KI 0,62-0,93; p=0,008) [145]. Zu beachten ist, dass alle Pat. Docetaxel-unvorbehandelt waren und dass diese Effekte bei Pat. jenseits des 65. Lebensjahres, bei Pat. mit einem ECOG-Performancestatus schlechter als 0 sowie bei Karzinomen vom intestinalen Typ nach Lauren nicht beobachtbar waren. Die Toxizitätsrate fand sich in zahlreichen Kategorien (hämatologisch, gastrointestinal, neurologisch) erhöht mit mFLOT/T-FOX). Dennoch war die Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität in der mFLOT/T-FOX Gruppe signifikant verlängert. Bei erhöhter Toxizität und unsicheren Effekten auf das Gesamtüberleben lässt sich daher keine generelle Empfehlung für eine Erstlinientherapie mit Docetaxel-Platin-Fluoropyrimidin aussprechen. mFLOT/TFOX Triplet Chemotherapie ist ein individuell nutzbares Schema für Pat. mit hohem Remissionsdruck, Docetaxel-unvorbehandelt und ohne Option auf Biomarker-gestützte zielgerichtete oder Immun-Therapie. Standard bleibt eine Platin-Fluoropyrimidin-Doublette.

Irinotecan–5-FU wurde mit Cisplatin–5-FU und mit Epirubicin-Cisplatin-Capecitabin in randomisierten Phase-III-Studien verglichen und zeigte vergleichbare Überlebenszeiten bei kontrollierbaren Nebenwirkungen [4950]. Irinotecan–5-FU (FOLFIRI) kann deshalb entsprechend der wissenschaftlichen Evidenz als eine Behandlungsalternative zu Platin-Fluoropyrimidin-Doubletten angesehen werden, auch wenn Irinotecan beim Magenkarzinom keine Zulassung in Europa hat.

6.1.4.1.1.2HER2-positives Magenkarzinom

HER2-Positivität wird beim Magenkarzinom definiert als Vorliegen einer Proteinexpression mit Immunhistochemie-Score [IHC] 3+ oder IHC 2+ und gleichzeitig Genamplifikation bei in-situ-Hybridisierung [ISH] HER2/CEP17 Ratio ≥2.0. Die HER2-Diagnostik soll qualitätskontrolliert erfolgen [5152]. Trastuzumab soll zur Chemotherapie bei Pat. mit HER2-positivem fortgeschrittenem Magenkarzinom hinzugefügt werden [3653]. Die Empfehlung basiert auf den Daten der Phase III ToGA-Studie, welche eine höhere Ansprechrate und ein verlängertes Überleben für Trastuzumab-Cisplatin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie versus Chemotherapie alleine bei oben genannten Selektionskriterien zeigte; die zusätzlichen Trastuzumab-Nebenwirkungen sind gering und kontrollierbar [53]. Kombinationen von Trastuzumb und Oxaliplatin plus Fluoropyrimidin führen zu vergleichbaren Ergebnissen wie das historische Cisplatin-haltige ToGA-Regime [5456]. Auf der Basis der randomisierten Phase-III-Studie Keynote-811 [137] hat die EMA im September 2023 die Kombination von Pembrolizumab plus Trastuzumab und Chemotherapie als Erstlinientherapie für HER2-positive fortgeschrittene Magen- oder ösophagogastrale (GEJ) Adenokarzinome mit einer PD-L1-Expression von CPS ≥ 1 zugelassen [134] (Abbildung 6). 698 Pat. mit HER-2 positiven fortgeschrittenen Karzinomen des Magens oder ösophago-gastralen Übergangs wurden zwischen Platin, Fluoropyrimidin, Trastuzumab mit Pembrolizumab oder Placebo randomisiert. Bei den 85% der Pat., deren Tumoren eine PD-L1 Überexpression zeigte (PD-L1 CPS ≥1) war das progressionsfreie Überleben im Pembrolizumab-Arm signifikant verlängert (HR 0,70; 95% CI 0,58-0,85). Die Analyse des Gesamtüberlebens ist noch nicht final. Pat. mit PD-L1 negativen Tumoren hatten keinen Vorteil durch die Hinzunahme vom Pembrolizumab. Bei HER2- und PD-L1-positiven Tumoren sollte Pembrolizumab daher nun zur Chemo-Trastuzumab Kombination hinzugefügt werden.

6.1.4.1.1.3Immuntherapie

Die Phase-III-CheckMate 649 Studie untersuchte die Hinzunahme von Nivolumab zu Chemotherapie (Capecitabin–Oxaliplatin oder 5-FU/Folinsäure–Oxaliplatin) bei Pat. mit nicht vorbehandeltem fortgeschrittenem Magen-, ösophago-gastralem Übergangs- oder ösophagealem Adenokarzinom [57]. Die Studie umfasste Pat. unabhängig vom Tumor-PD-L1-Status; die dualen primären Endpunkte waren das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben. Etwa 60% der Studienpopulation hatten Tumoren mit einem PD-L1 CPS ≥ 5. Nivolumab plus Chemotherapie erbrachte eine signifikante Verbesserung gegenüber alleiniger Chemotherapie im Gesamtüberleben (14,4 vs 11,1 Monate, HR 0,71 [98,4% KI 0,59–0,86]; p<0,0001) und im progressionsfreien Überleben (7,7 vs. 6,0 Monate, HR 0,68 [98% KI 0,56–0,81]; p<0,0001) bei Pat. mit einem PD-L1 CPS ≥ 5. Langzeitdaten bestätigen diese Ergebnisse [135].

Auch in der asiatischen Phase II/III-Studie ATTRACTION-04 wurde mit Nivolumab und Erstlinien-Chemotherapie eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens gezeigt [58].

Die multinationale randomisierte Phase-III-Keynote-859-Studie schloss 1589 Pat. mit fortgeschrittenem inkurablem Magenkarzinom ein. Die Pat. erhielten entweder Platin-Fluoropyrimidin und Pembrolizumab oder dieselbe Chemotherapie und Placebo alle 3 Wochen i.v. Das Gesamtüberleben war zu Gunsten der Pembrolizumab-Gruppe verlängert (HR 0,78 [95% KI 0,70-0,87], p<0,0001). Der Effekt war vor allem in der Subgruppe mit einem PD-L1 CPS ≥ 10 ausgeprägt (HR 0,64). Bei PD-L1 CPS ≥ 1 lag eine Senkung des Sterberisikos um 26% vor (HR 74 [95% KI 0,65 – 0,85], p < 0,0001) [123].

Die Ergebnisse ergänzen damit die positiven Studiendaten der Phase-III-Keynote-590-Studie, die zu einer EU-Zulassung von Pembrolizumab in Kombination mit Platin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie bei Adenokarzinomen des Ösophagus und einem CPS ≥ 10 führte [124]. Im Januar 2024 folgte nun auch die Zulassung von Pembrolizumab in Kombination mit einer Erstlinien-Platin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie bei einem PD-L1 CPS ≥ 1 (https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/keytruda-epar-product-information_en).

Auch zu zwei in Europa derzeit nicht zugelassenen Immuncheckpoint (PD-1)-Inhibitoren wurden positive Phase-III-Studiendaten präsentiert: Sintilimab in Kombination mit Oxaliplatin und Capecitabin verbesserte das Gesamtüberleben in der Phase-III-ORIENT-16-Studie [125].

Tislelizumab verlängerte in der Phase-III-Rationale-305-Studie das Gesamtüberleben in Kombination mit Platin-Fluoropyrimidin oder Platin-Investigator-Choice-Chemotherapie bei Pat. mit einem positiven PD-L1 Score. Dieser wurde nach einem bisher international nicht etablierten Scoring-System (sog. Tumor Area Proportion, TAP Score) evaluiert [126]. Rationale-305 ist bislang nicht voll publiziert, unterstützt aber die Gesamtbewertung, dass PD-1-Immuncheckpointinhibitoren die Wirksamkeit von Chemotherapie (abhängig von der PD-L1 Expression) verbessern können.

Mikrosatelliten-instabile Karzinome

Aufgrund der überzeugenden Effektivität von PD-1/PD-L1-Inhibitoren bei Karzinomen mit DNA-Mismatch-Repair-Defizienz (Mikrosatelliten-instabiler Typ), soll allen Pat. mit MSI-high diagnostizierten Magenkarzinomen oder Adenokarzinomen des ösophago-gastralen Übergangs bereits first-line einer der zugelassenen PD-1-Immuncheckpointinhibitoren verabreicht werden. Die Subgruppenanalysen sind in allen Zulassungs-relevanten Studien (CM-649, KN-859) und auch in den Studien, die nicht zur Zulassung herangezogen werden konnten (u.a. KN-062) überzeugend positiv für die Verabreichung eines Immuncheckpointinhibitors plus Chemotherapie. Ob in dieser Situation generell auf die zusätzliche Gabe von Chemotherapie verzichtet werden kann, ist nach aktueller Datenlage unsicher und sollte in Studien geprüft werden.

6.1.4.1.1.4Claudin 18.2

In 2023 wurden Daten aus der multinationalen-Phase-III-Spotlight-Studie vorgelegt. Diese zeigen, dass bei Pat. mit fortgeschrittenem irresektablem Magenkarzinom und einer Tumor-Claudin18.2 Expression in ≥ 75% der Tumorzellen Zolbetuximab, ein chimärer monoklonaler, gegen Claudin18.2 gerichteter IgG1 Antikörper in Kombination mit FOLFOX-Chemotherapie das Gesamtüberleben verlängert (median 18,23 vs. 15,54 Monate, HR 0,750, p = 0,0053). Die Hauptnebenwirkungen von Zolbetuximab sind Übelkeit und Erbrechen, vor allem im Zuge der ersten Anwendungen [127]. Die Ergebnisse der Phase-III-Spotlight-Studie werden in weiten Teilen durch die multinationale Phase-III-GLOW-Studie bestätigt, in welcher die Chemotherapie-Doublette als Kontrolltherapie bzw. Kombinationspartner für Zolbetuximab zur Anwendung kam [128]. Der Zulassungsantrag für Zolbetuximab bei Pat. mit Claudin 18.2-positiven metastasierten und bislang nicht behandelten Karzinomen des Magens wird derzeit (Stand: 23.3.2024) bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA geprüft.

6.1.4.1.2Zweit- und Drittlinientherapie
6.1.4.1.2.1Chemotherapie und anti-angiogene Therapie

Abbildung 8 und 9 zeigen den Algorithmus für Zweit- und Drittlinientherapie für Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom. Die Evidenz-basierten Chemotherapie-Optionen in dieser Situation sind Paclitaxel, Docetaxel und Irinotecan, die vergleichbare Wirksamkeit bei unterschiedlichen substanztypischen Toxizitäten aufweisen [5962]. Irinotecan kann bevorzugt bei vorbestehender Neuropathie eingesetzt werden, auch wenn weiterhin keine EU-Zulassung besteht. 5-FU/Folinsäure–Irinotecan (FOLFIRI) wird ebenfalls gelegentlich verwendet, die wissenschaftliche Evidenz dafür ist aber begrenzt [63]. Ramucirumab plus Paclitaxel ist die empfohlene Standardtherapie in der zweiten Therapielinie und ist in der EU zugelassen. Die Hinzunahme des anti-vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (VEGFR-2) Antikörpers Ramucirumab zu Paclitaxel erhöht die Tumoransprechrate und verlängert das progressionsfreie und das Gesamtüberleben entsprechend der Ergebnisse der Phase III-RAINBOW-Studie [64]. Bereits in der Phase-III-REGARD-Studie zeigte Ramucirumab-Monotherapie bei allerdings niedriger radiologischer Ansprechrate eine verlängerte Überlebenszeit gegenüber Placebo [65].

6.1.4.1.2.2Immuntherapie in der Zweit- und Drittlinientherapie

In der Phase III KEYNOTE-061-Studie zeigte eine Pembrolizumab Monotherapie kein verlängertes Gesamtüberleben im Vergleich zu Chemotherapie [64]. Eine explorative Subgruppenanalyse erkannte allerdings einen sehr deutlichen Benefit für die anti-PD-1-Immuntherapie bei Pat. mit MSI-H Magenkarzinomen [67]. Deshalb ist die PD-1-Inhibition bei fortgeschrittenen MSI-Karzinomen spätestens in der zweiten Behandlungslinie indiziert. Pembrolizumab hat auf der Grundlage der Keynote-061- und der Keynote-158-Studie [68] eine europäische Zulassung in dieser Indikation. Auch andere Biomarker, insbesondere EBV und Tumormutationslast werden als prädiktive Faktoren für eine Wirksamkeit von PD-1-Immuncheckpointinhibitoren diskutiert [6971]. Die Evidenz reicht aber bislang für eine positive Empfehlung zur Immuntherapie bei Vorliegen dieser Biomarker nicht aus.

6.1.4.1.2.3HER2-gerichtete Therapie

Studien, welche in der zweiten Behandlungslinie Trastuzumab, Lapatinib und Trastuzumab-Emtansin bei Pat. mit HER2-positiven Karzinomen untersuchten, fielen negativ aus [7275]. Diese Medikamente sollen daher beim Magenkarzinom außerhalb klinischer Studien nicht eingesetzt werden. Eine randomisierte Phase II-Studie zeigte für das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) im Vergleich zu einer Standard-Chemotherapie bei Pat. mit vorbehandeltem HER2-positivem fortgeschrittenem Magenkarzinom eine Verbesserung der Tumoransprechrate und des Gesamtüberlebens [76].

Voraussetzung für den Einschluss in die Destiny-GC-01-Studie waren mindestens zwei vorherige Therapielinien, vorherige Behandlung mit einem Platin-Derivat, einem Fluoropyrimidin und Trastuzumab sowie vormals bestätigte HER2-Positivität. Die Studie wurde ausschließlich in Ostasien rekrutiert. Die Ergebnisse der Destiny-GC-01 wurden in weiten Teilen in der nicht-randomisierten Phase-II-Destiny-GC-02-Studie bestätigt, die nicht-asiatische Pat. in der zweiten Therapielinie einschloss. Obligat war eine Platin-Fluoropyrimidin-Trastuzumab-Vorbehandlung und eine bestätigte HER2-Positivität des Tumors in einer aktuellen Re-Biopsie, bevor die T-DXd Therapie initiiert wurde [129].

Die EU-Zulassung sieht folgendes Einsatzgebiet von T-DXd vor: Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Pat. mit fortgeschrittenem HER2-positivem Adenokarzinom des Magens oder des ösophago-gastralen Übergangs, die bereits ein vorhergehendes Trastuzumab-basiertes Therapieschema erhalten haben.

Wir empfehlen, entsprechend der klassisch etablierten HER2-Diagnostik-Kriterien, den Her2-Status vor Therapie mit T-DXd zu überprüfen, insbesondere wenn ein Einsatz in der zweiten Therapielinie vorgesehen ist, wo eine valide Alternative mit Paclitaxel-Ramucirumab zur Verfügung steht. Grundlage dieser Empfehlung sind die Einschlusskriterien der Destiny-GC-02-Studie und die Kenntnis, dass bei ca. 30% der Magenkarzinome ein Verlust des positiven HER2-Status während Erstlinientherapie mit Trastuzumab eintritt [72].

Es gibt erste Hinweise zur Wirksamkeit von T-DXd bei niedriger HER2-Expression [130]. Diese sind bislang aber nicht ausreichend, um einen Einsatz zu empfehlen.

6.1.4.1.2.4Dritte Therapielinie

In der Behandlung von Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom in der dritten Linie und darüber hinaus besteht die beste Evidenz für Trifluridin–Tipiracil (FTD/TPI) basierend auf der Phase III TAGS-Studie. Das mediane Gesamtüberleben mit FTD/TPI versus Placebo war in der Gesamtgruppe, in der Drittlinien- und in der Viertlinienkohorte signifikant verbessert [7779]. Bei Durchführbarkeit einer oralen Therapie sollte daher Trifluridin–Tipiracil (FTD/TPI) zur Anwendung kommen, alternativ bei Präferenz für eine i.v. Therapie kann Irinotecan oder ein Taxan gegeben werden, wenn nicht bereits in einer früheren Therapielinie verwendet. Wie oben dargestellt, ist T-DXd eine sehr wirksame Drittlinientherapie bei HER2-positiven Karzinomen nach Trastuzumab-Vorbehandlung. Nivolumab erwies sich ebenfalls als wirksam; die Daten der ATTRACTION-03 Studie wurden aber ausschließlich bei asiatischen Pat. gewonnen [80], so dass Nivolumab in der dritten Behandlungslinie bei Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom keine Zulassung der EMA hat und daher nicht empfohlen werden kann.

Nach Empfehlung eines molekularen Tumorboards kann in begründeten Fällen auch eine nicht zugelassene Therapieoption zu bevorzugen sein, insbesondere dann, wenn der Empfehlung ein Evidenzgrad entsprechend ESMO Scale for Clinical Actionability of Molecular Targets (ESCAT) Level I oder II zugrunde gelegt werden kann [81].

6.1.4.1.3Chirurgie bei metastasiertem Magenkarzinom

Die randomisierte Phase III REGATTA-Studie zeigte, dass eine Gastrektomie zusätzlich zur Chemotherapie bei metastasierter Erkrankung keinen Überlebensvorteil im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie bringt [84]. Internationale Datenerhebungen zeigen, dass operative Therapie bei Oligometastasierung zunehmend als Behandlungsoption wahrgenommen werden [8385]. Die AIO-FLOT3 Phase II-Studie berichtete Ergebnisse zur Machbarkeit von Resektionen bei Stadium IV Magenkarzinom und Überlebenszeiten bei hoch selektionierten Pat. mit oligometastasierter Erkrankung, welche unter FLOT-Chemotherapie ohne primäre Progredienz war [86]. Der mögliche Prognosegewinn von Resektionen bei oligometastasiertem Magenkarzinom wird derzeit in randomisierten Phase III-Studien evaluiert (RENAISSANCE, NCT0257836) und SURGIGAST, NCT03042169.

In einem Delphi-Verfahren wurde eine Definition für Oligometastasierung in einer europäischen Expertengruppe (OMEC) ermittelt. Demnach kann von Oligometastasierung gesprochen worden bei folgenden Phänotypen: 1-2 Metastasen in entweder Leber, Lunge, retroperitonealen Lymphknoten, Nebennieren, Weichgewebe oder Knochen [85]. Bei Oligometastasierung kann in ausgewählten Fällen mit Konsens im Tumorboard das Konzept einer primären medikamentösen Tumortherapie und nachfolgender Resektion des Primärtumors mit Resektion oder Ablation Metastasen erfolgen, sofern alle Tumormanifestationen komplett entfernt werden können.

6.1.4.1.4Supportive Therapie und Ernährung

Es wird empfohlen, bei allen Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom ein Ernährungs- und Symptomscreening mit geeigneten Instrumenten regelmäßig durchzuführen, und entsprechende unterstützende Therapien daraus abzuleiten. Eine Studie aus China zeigte, dass die frühe Integration einer supportiv-palliativen Unterstützung effektiv ist und legt einen Überlebensvorteil bei Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom nahe [87].

Gewichtsverlust ist ein multifaktorielles Phänomen und kann auf eine Obstruktion der Verdauungswege, Malabsorption oder Hypermetabolismus zurückzuführen sein. In klinischen Datensätzen zeigt sich, dass Gewichtsverlust von ≥10% vor Chemotherapie oder ≥3% während des ersten Zyklus einer Chemotherapie mit reduzierten Überlebenszeiten verbunden ist [88]. Auch eine Veränderung der Körperzusammensetzung mit Reduktion der Muskelqualität erwies sich bei Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom als prognostisch ungünstig [79]. Mit dem modifizierten Glasgow Prognostic Score (Serum CRP und Albumin) lässt sich das Ausmaß der Sarkopenie und die Prognose der Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom einschätzen [90].

Daraus lässt sich ableiten, dass bei allen Pat. mit fortgeschrittenem Magenkarzinom ein Screening zum Ernährungszustand durchgeführt werden sollte (zum Beispiel mittels Nutritional Risk Screening, NRS) [91] und bei Hinweisen auf Ernährungsmangel eine fachgerechte ernährungsmedizinische Beratung und Mitbetreuung angeboten werden sollte.

Dysphagie bei proximalen Magenkarzinomen kann mittels Strahlentherapie oder Insertion eines Stents gebessert werden [92]. Einzeldosis-Brachytherapie ist an einigen Zentren die bevorzugte Option und führt zu einer länger anhaltenden Symptomkontrolle und weniger Komplikationen als eine Stent-Einlage. Stenting wird bei schwerer Dysphagie benötigt und insbesondere bei Pat. mit limitierter Lebenserwartung, da die Effekte des Stents unmittelbar eintreten, während sich die dysphagischen Beschwerden bei Strahlentherapie erst nach ca. 4-6 Wochen verbessern [93]. Wenn Strahlentherapie oder ein Stent nicht in Betracht kommen, kann eine enterale Ernährung mittels naso-gastrischer, naso-jejunaler oder perkutan gelegter Ernährungssonde Erleichterung verschaffen [94]. Die Indikation zur parenteralen Ernährung folgt den allgemein anerkannten Leitlinien.

6.2Therapiemodalitäten

6.2.1Resektion

6.2.1.1Endoskopische Resektion

Die endoskopische Resektion (ER) ist ein minimal-invasives Verfahren zur Resektion von Frühkarzinomen. Die Kriterien für die ER sind oben dargestellt (Kapitel 6.1.1). Methoden sind die endoskopische Mukosaresektion (EMR) und die endoskopische Submukosadissektion (ESD). Die EMR von Magenfrühkarzinomen erfolgt als En-bloc-Resektion. Sie erlaubt eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder. Die empfohlenen endoskopischen Kontrollintervalle liegen bei 3 Monaten im ersten und 6 Monaten im zweiten Jahr. Danach sollten Kontrollen jährlich stattfinden. Lokalrezidive nach ER eines Frühkarzinoms des Magens können endoskopisch behandelt werden, wenn erneut ein rein mukosaler Befall (rT1a cN0 cM0) vorliegt. Ein (begrenztes) chirurgisches Vorgehen stellt eine Alternative dar, siehe Tabelle 4.

6.2.1.1.1Gastrektomie und Lymphadenektomie

Die Operation des Primärtumors ist zentrales Element der kurativen Therapie. Ziel der Operation ist das Erreichen einer R0-Situation.

Betreffend der Lymphadenektomie wurde in der westlichen Welt ein Konsens erzielt, dass Pat. mit normalen operativen Risiken eine D2-Lymphadenektomie erhalten sollten. D1-Resektion beinhaltet die Entfernung der perigastrischen Lymphknoten; bei D2-Lymphadenektomie werden zusätzlich die Lymphknoten entlang der Arteria gastrica sinistra, Arteria hepatica communis, Arteria splenica und der zoeliakalen Achse entfernt [95]. Langzeitergebnisse einer randomisierten Studie aus den Niederlanden zeigten eine niedrigere lokale Rezidivrate und ein besseres Krebs-spezifisches Überleben nach D2- versus D1-Lymphadenektomie [96]. Die aktuelle UICC/AJCC TNM (8. Edition) Klassifikation empfiehlt die Entfernung und Untersuchung von mindestens 15 Lymphknoten für ein verlässliches Staging [21]. In der aktuellen S3 Leitlinie zum Magenkarzinom wird die Entfernung von mindestens 25 Lymphknoten als adäquat betrachtet [11].

Die Operation sollte an einem zertifizierten high-volume Zentrum mit ausreichender chirurgischer Expertise und perioperativer Betreuung durchgeführt werden [11].

Zahlreiche Studien belegen eine bessere kurzfristige und langfristige Überlebenschance für Pat., die an Zentren mit ausgewiesener Expertise behandelt werden [98100]. Die perioperative Morbidität und Letalität sollten nicht über 15% bzw. 3% liegen [101]. Das Konzept der „enhanced recovery“ wird in den Enhanced Recovery After Surgery (ERAS®) Society Guidelines dargestellt und umfasst alle Aspekte einer optimierten perioperativen Betreuung [102].

Bei Pat. nach Gastrektomie ist lebenslang eine regelmäßige parenterale Substitution von Vitamin B12 erforderlich. Nach Roux-Y-Rekonstruktion ist die Substitution von Pankreasenzymen indiziert.

6.2.2Strahlentherapie

6.2.2.1Adjuvante Radiochemotherapie

Die nordamerikanische Intergroup-0116 Studie zeigte, dass eine adjuvante Therapie mit 5- FU/Folinsäure plus konventionell fraktionierter Radiotherapie (45 Gy in 25 Fraktionen) das Gesamtüberleben gegenüber alleiniger Chirurgie verbessert (50% vs. 41% 3-Jahresüberleben [66103]). Diese Therapie wurde deshalb als ein Behandlungsstandard in Nordamerika empfohlen. In Deutschland und Europa fand sie keine Akzeptanz wegen der inadäquaten chirurgischen Qualität innerhalb der INT-0116-Studie. Diese Zurückhaltung wird gerechtfertigt durch die randomisierte kontrollierte Phase-III CRITICS-Studie, die nahelegte, dass eine adjuvante Radiochemotherapie die Lokalrezidivrate nach D1-Lymphadenektomie senkt, hingegen keinen Benefit nach D2-Lymphadenektomie aufweist [104].

Die präsentierten Ergebnisse der holländisch-skandinavischen CRITICS-Studie zeigen, dass eine adjuvante Radiochemotherapie nach neoadjuvanter Chemotherapie und qualitätsgesicherter Chirurgie keinen Überlebensvorteil bringt [105]. Auch die in Korea durchgeführte ARTIST-2-Studie konnte keinen Stellenwert für eine adjuvante Radiochemotherapie im Vergleich zur adjuvanten Chemotherapie mit einer Platin-Fluoropyrimidin-Doublette bei adäquat (D2-Lymphadenektomie) und kurativ (R0) resezierten Pat. mit Magenkarzinom und positivem nodalen Tumorstatus finden [106].

Bei Pat. mit R1-Resektion legen retrospektive Studien nahe, dass eine adjuvante Radiochemotherapie vielleicht eine Verbesserung der Prognose bringen könnte [100107]. Deshalb kann in Einzelfällen, nach Abwägung des Nutzens und der Risiken und Belastungen eine adjuvante Radiochemotherapie bei Vorliegen eines R1-Status erwogen werden.

6.2.3Medikamentöse Tumortherapie

6.2.3.1Medikamentöse Tumortherapie - Substanzen
6.2.3.1.1Capecitabin

Capecitabin ist ein orales Fluoropyrimidin, das zu 5-FU metabolisiert wird. In klinischen Vergleichsstudien ist es mindestens so effektiv wie 5-FU / Folinsäure. Es kann in der palliativen Therapie anstelle von 5-Fluorouracil eingesetzt werden. In Kombination mit Platinderivaten werden Remissionsraten bis zu 45% erreicht. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Pat. in den Zulassungsstudien auftreten, sind Diarrhoe und Hand-Fuß-Syndrom. Pat. mit funktionell relevanten Polymorphismen der Gene des 5-FU Abbaus haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen.

6.2.3.1.2Cisplatin

In Kombination mit anderen Zytostatika ist Cisplatin Bestandteil des medikamentösen Standards in der perioperativen und der palliativen Therapie. In der palliativen Therapie erreicht Cisplatin in Kombination mit Fluoropyrimidinen Remissionsraten von bis zu 30%. Spezifische schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4) sind Übelkeit und Erbrechen, Nephrotoxizität, Polyneuropathie, Ototoxizität, Hämatotoxizität, Elektrolytverschiebungen und Diarrhoe.

6.2.3.1.3Docetaxel

Docetaxel gehört zu den Taxanen. Docetaxel ist ein wirksamer Kombinationspartner von Fluoropyrimidinen und Platinderivaten in der perioperativen und der palliativen Therapie, und Bestandteil des FLOT-Schemas [3245111]. Schwere Nebenwirkungen im Grad 3/4 sind Infektionen, Nagelveränderungen, Stomatitis und Diarrhoe, zu den belastenden Nebenwirkungen im Grad 2 gehört die Alopezie. Besonders belastend ist eine z. T. irreversible Polyneuropathie. Häufige Nebenwirkungen wie Übelkeit/Erbrechen und allergische Reaktionen können durch adäquate supportive Therapie verhindert werden, siehe Onkopedia Antiemese.

6.2.3.1.4 5-Fluorouracil / Capecitabin / Tegafur/S-1

5-Fluorouracil kommt fast in allen Formen der medikamentösen Tumortherapie von Pat. mit Magenkarzinom vor. Die Wirksamkeit wird durch Kombination mit Folinsäure gesteigert. Schwere Nebenwirkungen sind Diarrhoe und Stomatitis. Pat. mit funktionell relevanten Polymorphismen der Gene des 5-FU Abbaus haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen.

Capecitabin ist ein orales Fluoropyrimidin, das zu 5-FU metabolisiert wird. In klinischen Vergleichsstudien ist es mindestens so effektiv wie 5-FU / Folinsäure. Es kann in der palliativen Therapie anstelle von 5-Fluorouracil eingesetzt werden. In Kombination mit Platinderivaten werden Remissionsraten bis zu 45% erreicht. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3 / 4), die bei mehr als 5% der Pat. in den Zulassungsstudien auftreten, sind Diarrhoe und Hand-Fuß-Syndrom. Pat. mit funktionell relevanten Polymorphismen der Gene des 5-FU Abbaus haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen.

Ein weiterer oral bioverfügbarer Fluoropyrimidin, bestehend aus Tegafur in Kombination mit zwei Modulatoren der Aktivität von 5-Fluoruracil (5-FU), 5-Chlor-2,4-dihydroxypyridin (CDHP) und Kaliumoxonat, in einem molaren Verhältnis von 1:0, 4:1 ist S-1. Tegafur ist ein Prodrug von 5-Fluorouracil, einem Antimetaboliten, der die Thymidylatsynthase, die DNA-Synthese und die Zellteilung hemmt und mit Uridintriphosphat konkurriert, wodurch die RNA- und Proteinsynthese gehemmt wird. CDHP ist ein reversibler Inhibitor der Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD), das für den schnellen Abbau von 5-FU zu inaktiven Metaboliten verantwortlich ist. Kaliumoxonat lokalisiert sich vorzugsweise im Darm und hemmt das Enzym Orotat-Phosphoribosyl-Transferase (OPRT), wodurch die Aktivierung von 5-FU im Darm und die mit 5-FU verbundene gastrointestinale Toxizität verringert werden.

Seit 2020 gilt alle genannten Fluoropyrimidine die Empfehlung der European Medicine Agency, dass Pat. vor Therapieeinleitung auf den Mangel des Enzyms Dihydropyrimidin Dehydrogenase (DPD) getestet werden sollen, um schwere Nebenwirkungen hervorgerufen durch 5-fluorouracil oder Capecitabin oder Tegafur zu verhindern (https://www.ema.europa.eu/en/news/ema-recommendations-dpd-testing-prior-treatment-fluorouracil-capecitabine-tegafur-flucytosine).

6.2.3.1.5Irinotecan

Irinotecan ist ein Topoisomerase I Inhibitor. In Kombination mit Fluoropyrimidinen betragen die Remissionsraten bis zu 40%. FOLFIRI ist bezüglich des progressionsfreien Überlebens und der Gesamtüberlebenszeit mindestens so wirksam wie Cisplatin-Fluoropyrimidin-basierte Therapien. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Pat. in den Zulassungsstudien auftraten, sind Diarrhoe, Übelkeit/Erbrechen, Neutropenie und neutropenisches Fieber. Die Substanz kann als Monotherapie wöchentlich, zwei- oder dreiwöchentlich appliziert werden.

6.2.3.1.6Oxaliplatin

Dieses Platinderivat ist wirksam in Kombination mit Fluoropyrimidinen (5-FU/Folinsäure, Capecitabin). In der Erstlinientherapie im Stadium IV steigert es die Remissionsraten auf 45%. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Pat. in den Zulassungsstudien auftraten, sind Übelkeit / Erbrechen, Diarrhoe, Mukositis und Polyneuropathie. Oxaliplatin ist Teil des perioperativ empfohlenen FLOT-Regimes.

6.2.3.1.7Paclitaxel

Paclitaxel gehört zu den Taxanen. Paclitaxel ist wirksam als Monotherapie in der palliativen Zweitlinientherapie. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4) sind Infektionen, Stomatitis und Diarrhoe und allergische Reaktionen auf das enthaltene Lösungsmittel Cremophor, zu den belastenden Nebenwirkungen im Grad 2 gehört die Alopezie. Besonders belastend ist eine z. T. irreversible Polyneuropathie. Häufige Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen können zum Teil durch adäquate supportive Therapie verhindert werden.

6.2.3.1.8Ramucirumab

Ramucirumab ist ein VEGF-Rezeptor2-Antikörper, der die Neoangiogenese hemmt. In Kombination mit Paclitaxel führt Ramucirumab gegenüber einer Paclitaxel-Monotherapie zur Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (HR 0,64; median 1,5 Monate), zur Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit (HR 0,81; median 2,2 Monate) sowie zu einer Steigerung der Remissionsrate. Bei Pat., die für eine Paclitaxel-Therapie nicht geeignet sind, führt die Monotherapie mit Ramucirumab gegenüber Placebo ebenfalls zur Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (HR 0,48; median 0,8 Monate) und der Gesamtüberlebenszeit (HR 0,78; median 1,4 Monate). Die einzige Nebenwirkung im CTCAE Grad 3/4, die bei mehr als 5% der Pat. in der Monotherapie mit Ramucirumab auftrat, war eine arterielle Hypertonie. Häufigere Nebenwirkungen in der Kombinationstherapie waren Fatigue (12%), Neuropathie (8%) und abdominelle Schmerzen (6%).

6.2.3.1.9Trastuzumab

Trastuzumab ist der erste monoklonale Antikörper, der spezifisch mit dem HER2/neu-Rezeptor interferiert und für die Behandlung von Pat. mit HER2-Überexpression oder –Genamplifikation zugelassen wurde. Er ist wirksam in der palliativen Situation. Bei HER2-positivem Magenkarzinom führt Trastuzumab in Kombination mit einem Fluoropyrimidin und Cisplatin gegenüber alleiniger Chemotherapie zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit (HR 0,74; Median 2,7 Monate). Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4) sind selten.

6.2.3.1.10Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd)

Trastuzumab-Deruxtecan ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, das einen humanisierten monoklonalen Anti-HER2-IgG1-Antikörper (mAb) mit der gleichen Aminosäuresequenz wie Trastuzumab enthält, welcher über einen Tetrapeptid-basierten spaltbaren Linker kovalent an DXd, ein Exatecan-Derivat und Topoisomerase-I-Inhibitor, gebunden ist. An jedes Antikörpermolekül sind ungefähr 8 DXd-Moleküle gebunden. T-DXd wird angewendet als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Pat. mit fortgeschrittenem HER2-positivem Adenokarzinom des Magens oder des ösophago-gastralen Übergangs, die bereits ein vorhergehendes Trastuzumab-basiertes Therapieschema erhalten haben. Pat., die mit T-DXd behandelt werden, müssen einen dokumentierten HER2-positiven Tumorstatus aufweisen, definiert entweder immunhistochemisch (IHC) durch einen Score von 3+ oder durch ein Genkopienzahlverhältnis in Relation zu CEP17 von ≥ 2 gemessen mittels In-situ-Hybridisierung (ISH).

Die empfohlene Dosis T-DXd beim Magenkarzinom (abweichend vom Mammakarzinom) beträgt 6,4 mg/kg und wird als intravenöse Infusion einmal alle 3 Wochen (21-tägiger Zyklus) bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Auftreten einer inakzeptablen Toxizität angewendet. Die Initialdosis ist als 90-minütige intravenöse Infusion zu geben. Wenn die vorausgegangene Infusion gut vertragen wurde, kann nachfolgend T-DXd als 30-minütige Infusion gegeben werden. Wenn der Pat. infusionsbedingte Symptome zeigt, muss die Infusionsgeschwindigkeit von T-DXd gesenkt oder die Infusion unterbrochen werden. Bei schweren Reaktionen auf die Infusion ist T-DXd dauerhaft abzusetzen. In besonderer Weise ist das mögliche Auftreten von Lungentoxizität in Form einer interstitiellen Lungenerkrankung oder Pneumonitis zu beachten. Außerdem ist zu beachten, dass Trastuzumab-Deruxtecan ein moderat bis hohes akutes und verzögertes emetogenes Potenzial hat. Wir empfehlen deshalb den Einsatz einer Prophylaxe mit 3 Antiemetika (Dexamethason, 5-HT3-Antagonist, NK-1-Antagonist).

6.2.3.1.11Trifluridin/Tipiracil (FTD/TPI; TAS-102)

Das Kombinationspräparat FTD/TPI besteht aus dem nukleosidischen Thymidinanalogon Trifluridin (FTD) und dem Thymidinphosphorylaseinhibitor Tipiracil (TPI). Das molare Mengenverhältnis Trifluridin/Tipiracil ist 1:0,5 (exaktes Massenverhältnis: 1:0,471). TF wird intrazellulär durch das Enzym Thymidinkinase zum Monophosphat (TF-MP) und durch das Enzym Thymidylatkinase nachfolgend zum Di- (TF-DP) und Triphosphat (TF-TP) phosphoryliert. TF-TP wird als falscher Baustein in die DNS eingebaut. Aus diesem falschen Einbau resultieren lang andauernde DNS-Schäden und DNS-Strangbrüche. TF-MP wiederum bindet kovalent an Thyrosin-146 im aktiven Zentrum des Enzyms Thymidilatsynthetase (TS, auch Thymidilat-Synthase) und inhibiert dessen Aktivität. TS ist für die Konversion von Uracil-Nukleotiden in die Thymidin-Nukleotide zuständig und ist somit durch die Aufrechterhaltung ausreichender Menge an Thymidin für die DNS-Synthese von vitaler Bedeutung. TAS-102 erwies sich in der dritten Behandlungslinie des metastasierten Magenkarzinoms gegenüber Placebo überlegen, verlängerte das Gesamtüberleben (HR 0,69; p<0,001) und wurde zufriedenstellend toleriert: Grad ≥3 unerwünschte Ereignisse traten bei 267 (80%) Pat. in der Trifluridin/Tipiracil Gruppe und bei 97 (58%) in der Placebo-Gruppe auf.

6.2.3.1.12Nivolumab

Nivolumab ist ein Immuncheckpoint-Inhibitor. Es handelt sich um einen vollständig humanen monoklonalen Antikörper der Immunoglobulin-G4-(IgG4) Klasse, der an den PD-1-Rezeptor auf T-Zellen bindet und die Wechselwirkung mit dem eigentlich hier bindenden PD1-Rezeptor-Ligand verhindert. Auf diese Weise wird das zelluläre Immunsystem indirekt stimuliert, indem der hemmende Einfluss der PD1-Ligand/PD1-Rezeptor-Interaktion unterdrückt wird. Nivolumab ist in Kombination mit fluoropyrimidin- und platinbasierter Kombinationschemotherapie für die Erstlinienbehandlung der HER2-negativen fortgeschrittenen oder metastasierten Adenokarzinome des Magens, des ösophago-gastralen Übergangs oder des Ösophagus bei Erwachsenen indiziert, deren Tumoren PD-L1 (Combined Positive Score [CPS] ≥ 5) exprimieren. Die empfohlene Dosis beträgt 360 mg Nivolumab intravenös über 30 Minuten in Kombination mit fluoropyrimidin- und platinbasierter Chemotherapie alle 3 Wochen oder 240 mg Nivolumab intravenös über 30 Minuten in Kombination mit fluoropyrimidin- und platinbasierter Chemotherapie alle 2 Wochen. Die Behandlung mit Nivolumab sollte bis zur Progression der Erkrankung, nicht akzeptabler Toxizität oder bis zu 24 Monate bei Pat. ohne Progression der Erkrankung fortgesetzt werden.

6.2.3.1.13Pembrolizumab

Pembrolizumab ist ein Immuncheckpoint-Inhibitor. Es handelt sich um einen vollständig humanen monoklonalen Antikörper der Immunoglobulin-G4-(IgG4) Klasse, der an den PD-1-Rezeptor auf T-Zellen bindet und die Wechselwirkung mit dem eigentlich hier bindenden PD1-Rezeptor-Ligand verhindert. Auf diese Weise wird das zelluläre Immunsystem indirekt stimuliert, indem der hemmende Einfluss der PD1-Ligand/PD1-Rezeptor-Interaktion unterdrückt wird. Pembrolizumab ist in Kombination mit einer Platin- und Fluoropyrimidin-basierten Chemotherapie zur Erstlinienbehandlung des lokal fortgeschrittenen nicht resezierbaren oder metastasierenden HER2-negativen Adenokarzinoms des ösophago-gastralen Übergangs Übergangs bei Erwachsenen mit PD-L1-exprimierenden Tumoren (CPS ≥ 10) angezeigt. Pembrolizumab ist außerdem als Monotherapie zur Behandlung von Magenkarzinomen mit MSI-H oder mit einer dMMR bei Erwachsenen nach mindestens einer Vortherapie angezeigt.

6.3Besondere Situationen

6.3.1Peritonealkarzinose

Mehrere kleinere randomisierte Studien aus Asien legen einen Überlebensvorteil für eine adjuvante hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) bei Pat. mit kurativ resezierten Magenkarzinomen mit hohem Rezidivrisiko nahe [109110]. Die laufende randomisierte GASTRICHIP Studie versucht, die Wirksamkeit dieses Ansatzes in einer europäischen Pat.population zu klären [111]. Für Pat. mit peritonealer Metastasierung existieren ebenfalls kleinere randomisierte Studien aus Asien, die einen Vorteil für zytoreduktive Chirurgie und HIPEC nahelegen [112]. Eine größere multizentrische Fallserie aus Frankreich zeigte ein medianes Überleben für Chirurgie plus HIPEC von 9,2 Monaten, mit einem 5-Jahres-Überleben von 13% für alle Pat. und 23% für Pat. mit vollständiger Zytoreduktion [113]. Der Ansatz der Peritonektomie plus HIPEC plus perioperative Chemotherapie wurde in Deutschland in der multizentrischen prospektiv-randomisierten GASTRIPEC-Studie mit einer Peritonektomie ohne HIPEC plus perioperative Chemotherapie verglichen. Die Studie musste wegen zögerlicher Rekrutierung nach 105 Pat. vorzeitig geschlossen werden und zeigte keinen Überlebensvorteil [114].

Auf dem aktuellen Wissensstand sind die adjuvante hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) und die Peritonektomie keine Standardtherapien.

6.3.2Siegelringzellkarzinom in lokal fortgeschrittenen Stadien

Magenkarzinome mit Siegelringzellen sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert. Diese geht zumindest teilweise auf eine spätere Diagnosestellung mit Auftreten höherer Tumorstadien bei Erstdiagnose zurück [115]. Retrospektive Fallserien legen nahe, dass Siegelringkarzinome schlechter auf Chemotherapie und Radiochemotherapie ansprechen [116117]. Eine retrospektive Studie aus einem nationalen französischen Register, allerdings ohne zentrales histopathologisches Review der Befunde, legt eine schlechtere Prognose für Pat. mit Siegelringkarzinomen nahe, die zusätzlich zur Resektion eine perioperative Chemotherapie erhalten [118]. Die Evidenz aus diesen Studien ist allerdings nicht ausreichend für konkrete Therapieempfehlungen. Eine französische Studie (PRODIGE 19 - FFCD1103 - DCI002, NCT01717924) adressierte die Frage der perioperativen Chemotherapie bei resektablen Siegelringkarzinomen des Magens und verglicht diesen Standard mit alleiniger adjuvanter Chemotherapie [119]. Eine als Abstract publizierte Auswertung erbrachte das Ergebnis einer ausreichenden Wirksamkeit der perioperativen Chemotherapie bei Pat. mit Siegelringkarzinom [120]. In der deutschen Studie FLOT-4 war die Remissionsrate unter FLOT und unter ECF/ECX gleich, allerdings war in einer Subgruppenanalyse die Gesamtüberlebenszeit im FLOT-Arm auch bei Pat. mit Siegelringzellkarzinom signifikant verlängert [32]. Deshalb gelten nach aktuellem Wissensstand für Pat. mit lokal fortgeschrittenem Siegelringzellkarzinom die gleichen perioperativen Behandlungsempfehlungen wie für Pat. mit nicht-siegelringzelligen Karzinomen.

7Rehabilitation

Die Magenkarzinomerkrankung sowie die Therapien, sowohl operativ als auch medikamentös, können zu erheblichen Folgestörungen wie Gewichtsabnahme bis zur Tumorkachexie, Maldigestion, und Neuropathie führen. Außerdem sind die Pat. häufig psychisch belastet und weisen ein Fatigue-Syndrom auf. Daher sind gezielte rehabilitative Maßnahmen erforderlich. Diesen sollten zügig nach Abschluss der Primärtherapie erfolgen.

Bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung ist die Zulassung der Klinik für Magenkarzinom-Pat. durch die Kostenträger (Rentenversicherung, Krankenversicherung) Voraussetzung, zusätzlich sollte dem Wunsch- und Wahlrecht des Pat. gemäß §9 SGB IX Rechnung getragen werden.

Während der Rehabilitation sollte eine umfassende Ernährungsberatung erfolgen, die Pat. in die Lehrküche einbezogen werden, die Möglichkeit bestehen, alle wissenschaftlich anerkannten Kostformen, von der normalen Vollkost bis zur kompletten parenteralen Ernährung, zu verabreichen. 

Allen Pat. sollte eine psychoonkologische Betreuung angeboten werden.

Rehabilitationseinrichtungen sollen in der Lage sein, laufende medikamentöse Therapien einschließlich Chemo- und Immuntherapien nach Maßgabe der vorbehandelnden Zentren fortzusetzen.

Pat., die das gesetzliche Rentenalter noch nicht erreicht haben, sollten im Rahmen der Medizinisch-Beruflich Orientierten Rehabilitation (MBOR) über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben informiert werden.

Sozialmedizinische Fragen sowie die eventuell erforderliche weitere Betreuung der Pat. sollten während der Rehabilitation geklärt werden.

8Verlaufskontrolle und Nachsorge

8.1Verlaufskontrolle

Während laufender Chemotherapie sollten das allgemeine Befinden des Pat. und vitale Körperfunktionen in der Regel einmal wöchentlich geprüft werden, bei Bedarf auch häufiger [11]. Bildmorphologische Verlaufsuntersuchungen, bevorzugt mittels Computertomographie, sind alle 6-12 Wochen indiziert, um negative Entwicklungen der Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und Pat. unwirksamen Therapien nicht unnötig lange auszusetzen, bzw. die Chance auf wirksamere Therapien zu eröffnen.

8.2Nachsorge

Es gibt keine prospektiven Daten, auf deren Grundlage ein bestimmtes Nachsorgeschema empfohlen werden kann. Die S3 Leitlinie empfiehlt, Pat. nach kurativer Therapie eine strukturierte Nachsorge anzubieten, welche die klinische Kontrolle, endoskopische Kontrolle und Kontrolle mittels Bildgebung einschließt. Die Intervalle sollten in den ersten zwei Jahren zumindest halbjährlich und danach bis zum 5. Jahr zumindest jährlich betragen. In vergangenen und laufenden Studien hat sich das Schema aus Tabelle 5 etabliert.

Tabelle 5: Strukturierte Verlaufskontrolle und Nachsorge bei kurativer Therapie 

Untersuchung

Monatsintervall seit Operation (fakultative Untersuchungsintervalle in Klammern)

(3)

6

(9)

12

(15)

18

(21)

24

(30)

36

(42)

48

54

60

Anamnese, körperliche Untersuchung

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Labor:

Blutbild und Serumroutine

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Endoskopie 1

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Bildgebung:

Abdomineller Ultraschall
oder ggf.
CT Thorax/

Abdomen/

Becken

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1 fakultativ bei Beschwerdefreiheit, zeitnah zu empfehlen bei Krankheitszeichen und Symptomen, die verdächtig auf Tumorrezidiv, postoperative Komplikationen oder andere endoskopisch erkennbare Pathologien sind.

9Literatur

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10[Kapitel nicht relevant]

12Therapieprotokolle

13Studienergebnisse

14Zulassungsstatus

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Salah-Eddin Al-Batran
UCT- Universitäres Centrum für
Tumorerkrankungen Frankfurt
Institut für klinisch-Onkologische Forschung (IKF)
Steinbacher Hohl 2-26
60488 Frankfurt
Prof. Dr. med. Dirk Arnold
Asklepios Tumorzentrum Hamburg
Asklepios Klinik Altona
Onkologie und Palliativmedizin, mit Sektionen
Hämatologie und Rheumatologie
Paul-Ehrlich-Str. 1
22763 Hamburg
Prof. Dr. med. Markus Borner
ONCOCARE am Engeriedspital
Riedweg 15
CH-3012 Bern
Univ. Prof. Dr. med. Christiane J. Bruns
Universitätsklinikum Köln (AöR)
Klinik und Poliklinik für
Allgemein-, Viszeral- & Tumorchirurgie
Kerpener Str. 62
50937 Köln
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Eisterer
Allgemein öffentliches Klinikum
Klagenfurt am Wörthersee
Innere Medizin 1
St. Veiter Str. 47
A-9020 Klagenfurt
Dipl.-Med. Gerhard Faber
Celenus Teufelsbad Fachklinik
Abteilung Onkologie
Michaelstein 18
38889 Blankenburg
Prof. Dr. med. Ines Gockel
Universitätsklinikum Leipzig
Klinik und Poliklinik für Viszeral-,
Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie
Liebigstr. 20
04103 Leipzig
Prof. Dr. med. Dieter Köberle
St. Claraspital
Medizinische Klinik, Onkologie
Kleinriehenstr. 30
CH-4016 Basel
Prof. Dr. med. Florian Lordick
Universitätsklinikum Leipzig Klinik und Poliklinik für Onkologie, Gastroenterologie, Hepatologie, und Pneumologie
Comprehensive Cancer Center Central Germany (CCCG)
Liebigstr. 22
04103 Leipzig
Prof. Dr. med. Sylvie Lorenzen
Technische Universität München
Klinikum Rechts der Isar
Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III
Ismaninger Straße 22
81675 München
Prof. Dr. med. Markus Möhler
Universitätsklinik Mainz
I. Medizinische Klinik und Poliklinik
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
Dr. Ron Pritzkuleit
Institut für Krebsepidemiologie
Krebsregister Schleswig-Holstein
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Michael Stahl
PD Dr. med. Peter Thuss-Patience
Vivantes Klinikum im Friedrichshain
Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin
Landsberger Allee 49
10249 Berlin
Prof. Dr. Ewald Wöll
Krankenhaus St. Vinzenz
Sanatoriumstr.
A-6511 Zams
Prof. Dr. med. Thomas Zander
Universitätsklinikum Köln
Klinik I für Innere Medizin
Kerpener Str. 62
50937 Köln

16Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten

Autor*in Anstellung1 Beratung / Gutachten2 Aktien / Fonds3 Patent / Urheberrecht / Lizenz4 Honorare5 Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen6 Andere finanzielle Beziehungen7 Persönliche Beziehung zu Vertretungsberechtigten8
Al-Batran, Salah-Eddin Eine Erklärung liegt noch nicht vor
Arnold, Dirk
Asklepios Kliniken Hamburg
Ja
Amgen, AstraZeneca, Boehringer Ingelheim, Boston Scientific, GlaxoSmythKline (GSK), Janssen Cilag, Merck Sharp and Dome, Pierre Fabre Pharma, Roche, Samsung, Seagen, Servier, Terumo
Nein
Nein
Ja
AstraZeneca, Boston Scientific, Bristol Myers Squibb, Ipsen, Janssen Cilag, Merck Sharp and Dome, Merck (Darmstadt) Novartis, Pierre Fabre Pharma, Roche, Sanofi, Seagen, Servier, Terumo Verschiedene CME-Provider
Ja
OncoLytics
Nein
Nein
Borner, Markus
Selbst
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Bruns, Christiane J.
Univ.-Prof. Dr. med. Christiane J. Bruns, FEBS, FACS (Hon.) Direktorin der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Tumor- und Transplantationschirurgie Universitätsklinikum Köln (AöR) Kerpener Str. 62 50937 Köln Tel: 0049-221-478 48 00 Tel: 0049-221-478 48 01 Fax: 0049-221-478 48 43 e-mail: christiane.bruns@uk-koeln.de http://viszeral-tumorchirurgie.uk-koeln.de/
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Eisterer, Wolfgang
Allgemein öffentliches Klinikum Klagenfurt am Wörthersee Innere Medizin 1 St. Veiter Str. 47 9020 Klagenfurt
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Faber, Gerhard
CELENUS Teufelsbad Fachklinik Michaelstein 18 38889 Blankenburg/Harz
Ja
Gutachter für die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland
Nein
Nein
Ja
Vortragshonorare für Vorträge für Bristol-Myers-Squibb
Nein
Nein
Nein
Gockel, Ines
Universitätsklinikum Leipzig AöR Liebigstraße 20 04103 Leipzig
Ja
onkowissen.de GmbH Roche GmbH
Nein
Nein
Ja
ETHICON Johnson & Johnson streamed-up! GmbH FALK Foundation GI-Oncology
Nein
Nein
Nein
Köberle, Dieter
St. Claraspital (Basel) Medizinische Klinik, Onkologie Kleinriehenstr. 30
Ja
Pierre Fabre
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Lordick, Florian
Universitätsklinikum Leipzig
Ja
Amgen, Astellas, Astra Zeneca, Bayer, Biontech, BMS, Daiichi Sankyo, MSD, Novartis, Page, Roche, Servier
Nein
Nein
Ja
AstraZeneca, Bayer, BMS, Eli Lilly, Elsevier, Incyte, MedUpdate GmbH, Merck, MSD, Novartis, Roche, Servier, StreamedUp!
Ja
BMS, Gilead, MSD (jeweils an Institution)
Ja
Daiichi Sankyo (travel grant)
Nein
Lorenzen, Sylvie
Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
Ja
Eli-Lilly, Servier, MSD, BMS, Daiichi-Sankyo, Astra Zeneca
Nein
Nein
Ja
Eli-Lilly, Servier, MSD, BMS, Daiichi-Sankyo, Astra Zeneca
Nein
Nein
Nein
Möhler, Markus
Leiter Gastrointestinale Onkologie, UCT, Universitätsmedizin Mainz
Ja
Beratungstätigkeit Bayer, MSD, Merck Serono, Amgen, Taiho Pharmaceutical, Pfizer, Roche, Lilly, SERVIER, BeiGene, BMS, AstraZeneca, Astellas, Dragonfly, Novartis
Nein
Nein
Ja
Amgen, Roche/Genentech, Merck Serono, MSD Oncology, Bristol-Myers Squibb, AstraZeneca/MedImmune, Servier, Pierre Fabre, Sanofi, Falk foundation, Transcenta , Daiichi, Astellas, Nordic
Ja
Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen Amgen, Leap Therapeutics, Merck Serono, MSD
Ja
Amgen, Merck Serono, Roche, Bayer, ASCO, German Cancer Society, MSD, ESMO, Beigene, EORTC
Nein
Pritzkuleit, Ron
Institut für Krebsepidemiologie an der Universität zu Lübeck Registerstelle des Krebsregisters Schleswig-Holstein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Stahl, Michael
Evang. Huyssens-Stiftung Kliniken Essen-Mitte Klinik für Intern. Onkologie und Hämatologie
Ja
Novartis, BMS, Lilly, Daiichy-Sankyo, MSD, Roche, Amgen
Nein
Nein
Ja
BMS, Lilly, Daiichy-Sankyo, Roche, Amgen, Merck, Servier
Nein
Nein
Nein
Thuss-Patience, Peter
Charité
Ja
Advisory Board bei den Firmen: Astellas, Amgen, AstraZeneca, Lilly, Merck, Roche, MSD, BMS, Daiichi, Novartis, Servier
Nein
Nein
Ja
Advisory Board bei den Firmen: Astellas, Amgen, AstraZeneca, Lilly, Merck, Roche, MSD, BMS, Daiichi, Novartis, Servier
Ja
Merck Serono
Nein
Nein
Wöll, Ewald
St. Vinzenz Krankenhaus Betriebs Ges.m.b.H
Ja
Astra Zeneca, Astella Pharma, BMS, Daiichi Sankyo Austria, Eli Lilly MSD, Merck, Novartis, Eisai, Roche, Servier
Nein
Nein
Ja
Amgen, Astra Zeneca, BMS, Celgen, Ebewe, Eli Lilly, Eisai, Janssen Cilag, Merck, MSD, Pierre Fabre, Pfizer,  Ratiopharm, Roche, Sanofi Aventis, Takeda, Daiichi Sankyo Austria
Nein
Nein
Nein
Zander, Thomas
Universitätsklinik Köln
Ja
Roche Novartis BMS MSD AstraZeneca
Nein
Nein
Ja
Roche Novartis BMS MSD AstraZeneca
Nein
Nein
Nein
1 - Gegenwärtiger Arbeitgeber, relevante frühere Arbeitgeber der letzten 3 Jahre (Institution/Ort)
2 - Tätigkeit als Berater*in bzw. Gutachter*in oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat / Advisory Board eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung
3 - Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft
4 - Betrifft Arzneimittel und Medizinprodukte
5 - Honorare für Vortrags- und Schulungstätigkeiten oder bezahlte Autor*innen oder Koautor*innenschaften im Auftrag eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung
6 - Finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung von Mitarbeiter*innen der Einrichtung von Seiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftrags-instituts oder einer Versicherung
7 - Andere finanzielle Beziehungen, z. B. Geschenke, Reisekostenerstattungen, oder andere Zahlungen über 100 Euro außerhalb von Forschungsprojekten, wenn sie von einer Körperschaft gezahlt wurden, die eine Investition im Gegenstand der Untersuchung, eine Lizenz oder ein sonstiges kommerzielles Interesse am Gegenstand der Untersuchung hat
8 - Persönliche Beziehung zu einem/einer Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft

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