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Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH)

Stand August 2024
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1Zusammenfassung/ Einführung

Die Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) und das Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS-HLH) sind hyperferritinämische Hyperinflammationssyndrome. Sie sind gekennzeichnet durch einen Zytokinsturm aberrant aktivierter Makrophagen und T-Zellen. Die namengebende Hämophagozytose in Knochenmark, Lymphknoten oder Milz ist nicht bei allen Patienten nachweisbar. Der primären (genetischen) Form, welche in der Regel bei Kindern anzutreffen ist, liegen Genmutationen zugrunde, welche zu einer verringerten Funktion zytotoxischer T- und NK-Zellen sowie einer gestörten Immunregulation führen. Erwachsene haben fast immer eine sekundäre (erworbene) HLH, die durch Infektionen, Malignome oder autoinflammatorische und autoimmunologische Krankheiten ausgelöst wird. Die Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie wurden systematisch in der Pädiatrie durch prospektive Studien entwickelt. Sie werden in angepasster Form auch bei erwachsenen HLH-Patienten angewendet, sind hier jedoch nur kasuistisch validiert. Die Erkrankung ist lebensbedrohlich und macht eine rasche Diagnosestellung und Therapieeinleitung erforderlich. Das klinische Bild unterscheidet sich häufig kaum von einer Sepsis, wobei die klinische Ausprägung und der Verlauf heterogen sind. Die vorliegende Leitlinie gibt einen Überblick über Grundlagen und klinische Phänotypen des Syndroms und beschreibt die notwendige Diagnostik und differenzierte Therapiealgorithmen.

2Definition und Basisinformationen

Die Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) und das Makrophagenaktvivierungssyndrom (MAS-HLH) sind hyperferritinämische Inflammationssyndrome aus dem Formenkreis der Histiozytosen [1]. Dabei handelt es sich um Zytokinsturmerkrankungen mit überschießender Makrophagenaktivierung als Folge unkontrollierter T-Zell-Aktivierung. Die MAS-HLH wird pathophysiologisch den Autoimmun-/Autoinflammationserkrankungen zugeordnet. Für Diagnostik und Therapie ist die Unterscheidung zwischen HLH und MAS-HLH bedeutsam. Da beide syndromale Krankheitsbilder jedoch letztlich in eine gemeinsame Endstrecke des hyperinflammatorischen Organversagens münden, wird im Folgenden der Einfachheit halber der Begriff HLH für HLH und MAS-HLH genannt. Die Hämophagozytose in Knochenmark, Lymphknoten oder Milz ist namensgebend, aber als isoliertes Kriterium zum Nachweis der HLH weder nötig noch hinreichend sensitiv oder spezifisch [2]. Die Erkrankung ist lebensbedrohlich. Das klinische Bild unterscheidet sich häufig kaum von einer Sepsis, wobei die klinische Ausprägung und der Verlauf heterogen sind. Die Trias Fieber, Bi- oder Panzytopenie und Splenomegalie ist nahezu immer nachweisbar. Daneben führt die pathologische Zytokinsekretion und Gewebsinfiltration durch aktivierte Lymphozyten und Makrophagen zu zerebraler, pulmonaler, hepatischer oder renaler Funktionseinschränkung mit Entwicklung eines Multiorganversagens. Da verzögerte Diagnosestellung eine der Ursachen der hohen Mortalität ist, sollte die HLH als Differenzialdiagnose bei unklaren inflammatorischen Prozessen mit bedacht werden.

Bei der hereditären, meist im frühen Kindesalter auftretenden „primären“ HLH finden sich Mutationen meist in Genen, die für die Bereitstellung und Funktion der zytotoxischen Granula der Immunsynapse wichtig sind. Folge ist eine gestörte Zytolyse durch NK-Zellen und zytotoxische T-Zellen [3]. Bei Patienten ohne eindeutig genetisch bedingte Dysfunktion führen komplexe, erworbene und angeborene Pathomechanismen, häufig vor dem Hintergrund einer vorbestehenden Immunsuppression oder als Paraneoplasie maligner Erkrankungen, zum Zytokinsturm der „sekundären“ HLH. Als Erstbeschreibung gilt eine Fallserie aus dem Jahre 1939, welche das Krankheitsbild „histiozytäre Knochenmarkretikulose“ nannte [4]. Die familiäre Form des Krankheitsbildes wurde erstmals im Jahre 1952 beschrieben und wird nach dem Erstbeschreiber auch als Morbus Farquhar bezeichnet [5].

2.1Häufigkeit

Die Häufigkeit der hereditären HLH wurde in Schweden auf 0,12/100.000 Kinder <15 Jahre geschätzt, entsprechend 1/50.000 Lebendgeborenen [6]. Hereditäre Fälle können allerdings als Erstmanifestation auch noch im Erwachsenenalter auftreten [7]. Die Inzidenz der erworbenen HLH im Erwachsenenalter nimmt stetig zu. Als Gründe hierfür sind die höhere diagnostische Vigilanz durch in den letzten Jahren publizierte nationale und internationale Leitlinien, besser standardisierte Diagnostik aber auch eine Zunahme der Therapie-assoziierten HLH durch Chronifizierung autoimmuner und maligner Erkrankungen zu nennen. Eine Deutschland-weite Analyse stationär behandelter Patienten von 2014-2020 ergab eine Alters-standardisierte Inzidenz von 0,52/100.000 mit einer jährlichen Steigerung der Inzidenz um 10% auf eine Rate von 0,97/100.000 im Jahr 2020 [58]. In einer epidemiologischen Erhebung in England war die Steigerung der HLH-Inzidenz am stärksten mit rheumatologischen und hämatologischen Erkrankungen in der Altersgruppe 15 – 54 Jahre und in der Altersgruppe > 55 Jahre führend mit hämatologischen Erkrankungen assoziiert [59].

2.2Ursachen und Risikofaktoren

Ursachen der HLH sind angeborene oder erworbene Fehlsteuerungen auf verschiedenen Ebenen des Immunsystems:

  • angeboren

    • autosomal rezessiv vererbte Immundefekte mit Störung der Zytotoxizität, bei denen die Prädisposition für die HLH die wesentliche klinische Manifestation ist, auch als Familiäre Hämophagozytische Lymphohistiozytose (FHL) bezeichnet, siehe Tabelle 1.

    • autosomal rezessiv vererbte Immundefekte mit partiellem Albinismus und Störung der Zytotoxizität, die zu unterschiedlichen Krankheitsmanifestationen einschließlich HLH prädisponieren, siehe Tabelle 1.

    • Immundefekte mit Störungen der Inflammasomaktivität. Hierzu gehören Erkrankungen mit Mutationen in NLRC4 oder XIAP [1011].

    • Immundefekte mit Häufung EBV-assoziierter HLH. Hierzu gehören vor allem die X-chromosomal vererbte XLP1 und XLP2, sowie die autosomal-rezessive itk-Defizienz und CD27-Defizienz.

    • Immundefekte mit gelegentlicher Assoziation einer HLH. Hierzu gehören vor allem die septische Granulomatose und kombinierte Immundefekte [12].

    • Immundefekt mit TIM3-mutierter HLH in Verbindung mit panniculitischem T-Zell-Lymphom [13].

    • angeborene Stoffwechselerkrankungen (u.a. lysinurische Proteinintoleranz, M. Wolman)

  • erworben (siehe Tabelle 2)

Im Gegensatz zur hereditären HLH sind bei der erworbenen HLH die Ursachen, die zu einer beeinträchtigten und unkontrollierten Immunantwort führen, multifaktoriell. Sie umfassen eine vorbestehende Autoinflammation wie beim M. Still oder sehr selten beim VEXAS-Syndrom, Immuninkompetenz nach immunsuppressiver oder zytostatischer Therapie und Zytokinausschüttung z.B. durch Tumoren. Infektionen können bei allen Formen der HLH eine auslösende Triggerfunktion haben. Bei immunkompetenten Patienten könnten mehrere Faktoren zusammenwirken, wie Polymorphismen in Genen, die für die Immunantwort wichtig sind, Hemmung der zytotoxischen Funktion durch Viren oder Zytokine, Störung pro-apoptotischer Signalwege durch Tumoren und Viren sowie ein Missverhältnis zwischen Erregerlast und Abwehrzellen [3].

Tabelle 1: Ausgewählte* genetische Alterationen bei hereditärer (primärer) HLH und verwandten Erkrankungen mit Immundysfunktion. 

Immundefekt

Gen

(locus)

Syndrom

Klinisches Bild

Laborbefund

Zytotoxische Granula

PRF1

(10q21-22)

FHL2

Verminderte/fehlende Perforin Expression (FACS)

Regulation der Zytotoxischen Exozytose

 

UNC13D

(17q2)

 

FHL3

 

gestörte CD107a Hochregulation

(Degranulations-Assay, FACS)

STX11

(6q24)

FHL4

niedrige CD107a Expression

(Degranulations-Assay, FACS)

STXBP2

(19p13)

FHL5

Colitis, Sensorineuraler Gehörverlust

niedrige CD107a Expression

(Degranulations-Assay, FACS)

RAB27A

(15q21)

Griscelli Typ 2

Hypopigmentation

Abnormale Granulation in Neutrophilen und Pigmentstörung in Haaren, niedrige CD107a Expression (FACS)

LYST

(1q42-43)

Chediak-Higashi

Hypopigmentation

Abnormale Granulation in Neutrophilen und Pigmentstörung in Haaren, niedrige CD107a Expression (FACS)

Zytotoxisches

T-Zell Signaling

SH2D1A

(Xq24-25)

XLP1

M. Duncan

EBV-Lymphoprolifera-tion

Reduzierte/fehlende SAP Expression, verminderte NK/T-Zellen (FACS), Hypogammaglobulinämie

Inflammasomregu-lation, überschießende Apoptose, NOD Signaling

Inflammasomaktivierung (konstitutiv)

XIAP

(Xq25)

XLP2

Refraktäre Colitis, EBV-Lymphoprolifera-tion

Verminderte/fehlende BIRC4 Proteinexpression (FACS) Reduzierte TNF-Produktion nach L18 MDP Stimulation (FACS)

NLRC4

(2p22 2p222p22.3)

 

Rekurrente Autoinflammation, Enterocolitis

 

hohes S-IL-18
(Zytokin-Assay)

EBV, Epstein-Barr Virus; FACS, Durchflusszytometrie; FHL, Familiäre hämophagozytische Lymphohistiozytose; NOD, nucleotide-binding oligomerization domain-like receptor; XIAP, X-linked IAP (Inhibitor of Apoptosis); XLP, X-linked lymphoproliferative syndrome
* Eine detailierte Übersicht zu HLH-assoziierten Genvarianten und ihrer pathophysiologischen Rolle bzgl. lymphozytärer Zytotoxizität, Metabolismus und Infektionskontrolle intrazellulärer Erreger sind in [60] zusammengefasst.

 

Tabelle 2: HLH-auslösende Trigger [1722] 

Erkrankung

Anmerkung

Infektionen

  • Viren: am häufigsten Herpesviren, v.a. EBV u. CMV; aber auch andere Viren wie HIV, Influenza, Sars-CoV2, Adeno, Parvo B19 u.a.

  • Bakterien, insbesondere intrazelluläre Erreger (z.B. Mykobakterien)

  • Protozoen, v.a. Leishmanien,

  • Pilze (Aspergillus, Histoplasma, u.a.)

Autoinflammatorische und autoimmunologische Erkrankungen

(MAS-HLH)

  • Systemische juvenile und adulte idiopathische Arthritis (M. Still)

  • Systemischer Lupus Erythematodes (SLE)

  • Kawasaki Syndrom

  • Rheumatoide Arthritis

  • Dermatomyositis

  • andere

Malignome

  • Maligne Lymphome, häufiger bei

    • γδ−T-Lymphom

    • NK/T Zell-Lymphom

    • Anaplastisch großzelliges Lymphom

    • peripheres T-Zell-Lymphom NOS

    • Hodgkin-Lymphom

    • Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom

  • Akute lymphatische Leukämie (B- und T- Linien ALL)

  • Keimzelltumor

  • Myelodysplastisches Syndrom und akute myeloische Leukämie

  • andere

Immunsuppression

  • medikamentös (z.B. Zytostatika)

  • Z. n. Stammzelltransplantation

  • Z. n. Organtransplantation

  • AIDS

Immun-aktivierende Therapie

  • Chimäre Antigenrezeptor T-Zell Therapie (CART), Checkpoint-Inhibitoren, Bispezifische Antikörper, Stammzelltransplantation

Stoffwechselerkrankungen

  • z.B. Lysinurische Proteinintoleranz

  • M. Wolman (lysosomale Speicherkrankheit)

3Vorbeugung und Früherkennung

Personen mit bekanntem genetischem Defekt oder mit Hinweis auf hereditäre Belastung wird eine genetische Beratung empfohlen. Bei Familien mit nachgewiesenem Gendefekt ist eine pränatale Diagnostik möglich. Bei den schweren FHL-Varianten sollte auch bei asymptomatischen Trägern von Krankheits-auslösenden Mutationen unmittelbar eine allogene Stammzelltransplantation angestrebt und eine Spendersuche initiiert werden. Bei Mutationen mit vollständigem Funktionsverlust im Prf1- oder UNC13D-Gen besteht immer eine Transplantationsindikation. Bei bestimmten Gendefekten (z.B. XIAP) oder Mutationen mit partiellem Funktionsverlust ist aus Geschwisterstudien bekannt, dass genetisch nachweisbare HLH-Prädisposition nicht obligatorisch zum klinischen Phänotyp führt und abwartendes Verhalten gerechtfertigt sein kann [23]. Hier muss die Entscheidung zur Transplantation je nach Verlauf der Erkrankung beim Familienmitglied und der Verfügbarkeit eines optimal passenden Spenders individuell getroffen werden. Die häufigste beim Erwachsenen gefundene Mutation in einem HLH-assoziierten Gen ist die heterozygote Perforin A91V-Mutation, welche eine Nachweiswahrscheinlichkeit von 4-9% in der gesunden kaukasischen Bevölkerung hat [24]. Eine erhöhte Lymphominzidenz und Neigung zu Immunpathologie wird bei A91V-Haplotyp diskutiert. Die Mutation ist funktionell relevant, aber ihr Nachweis hat auch im homozygoten Zustand keine prognostische oder therapeutische Konsequenz [3].

4Klinisches Bild

Das klinische Bild ist sehr variabel, bei erworbener HLH zeigt es Überlappung mit Symptomen der Grundkrankheit. Als hyperinflammatorisches Syndrom imponieren HLH und MAS-HLH wie eine Sepsis [25]; im Gegensatz zu Infektionen oder entzündlichen Prozessen ohne HLH sind die Symptome und Laborwerte bei Auftreten einer HLH jedoch wesentlich ausgeprägter und im Verlauf progredient.

Charakteristisch ist die Symptomentrias

  • prolongiertes Fieber

  • Hepatosplenomegalie

  • Bi- oder Panzytopenie

Weitere mögliche Krankheitszeichen sind neurologische Symptome bis zum Koma, Lymphadenopathie, Hepatitis, Gerinnungsstörungen, Hautveränderungen, Lungeninfiltrate, Pleuraerguss und Aszites, Diarrhoe u.a.

Im Kindesalter hat etwa ein Drittel der Patienten neurologische Symptome wie Krampfanfälle, meningitische Zeichen oder Ausfälle von Hirnnerven [26]. Auch eine isolierte ZNS-Präsentation ohne jegliche periphere Entzündungshinweise ist bei primärer HLH beschrieben.

5Diagnose

5.1Diagnostische Kriterien

Die HLH Study Group der Histiocyte Society hat 2007 ihre erstmals im Jahr 1991 publizierten diagnostischen Kriterien revidiert [27], siehe Tabelle 3.

Tabelle 3: HLH-2004: Diagnostische Kriterien der HLH gemäß der pädiatrischen HLH-Study Group der Histiocyte Society [27] 

Kategorie

Kriterium

Anmerkung

Klinische Symptome / Laborveränderungen**

(5/8 Kriterien sollen erfüllt sein)

  • Fieber

  • Splenomegalie

  • Zytopenie ≥2 Zellreihen

  • Hämoglobin < 90g/l (<100g/l bei Neugeborenen unter 4 Wochen)

  • Thrombozyten <100x109/l

  • Neutrophile Granulozyten < 1x109/l

  • Hypertriglyceridämie und / oder Hypofibrinogenämie

  • Triglyceride (nüchtern)
    ≥3 mmol/l (265mg/dl)

  • Fibrinogen <1,5g/l

  • Ferritin erhöht*

  • Ferritin ≥500 µg/l

  • Löslicher CD25§ erhöht

  • sCD25 ≥2.400 U/ml

  • NK Zellaktivität erniedrigt oder nicht nachweisbar

  • Hämophagozytose*** in Knochenmark, Liquor oder Lymphknoten

Bei Grunderkrankung mit per se inflammatorischer Aktivierung ist der dynamische Abfall der Zellzahlen im Blutbild und nicht ein Absolutwert entscheidend. Hier finden sich deutlich höhere Ferritinwerte und es gilt ein höherer Fibrinogengrenzwert (< 2,5g/l) [28].
* Ein Ferritinwert von >10.000 µg/l hat eine Spezifizität von 96% für die Diagnose einer HLH [29].
§ löslicher IL-2-Rezeptor (sIL-2R);
** Weitere Hinweise zur Unterstützung der Diagnose sind mittelgradig vermehrte Zellzahl und / oder erhöhtes Eiweiß im Liquor, sowie erhöhte Transaminasen, erhöhtes Bilirubin oder erhöhte LDH im Serum.
*** Hämophagozytose ist nicht per se beweisend für das Vorliegen einer HLH. Auch ist der Nachweis der Hämophagozytose für die Diagnose nicht notwendig, wenn bereits ausreichende Kriterien erfüllt sind.

Die pädiatrisch-diagnostischen HLH-2004 Kriterien bewähren sich mit gewissen Einschränkungen auch für die Identifikation der überwiegend sekundär erworbenen HLH Erwachsener, wobei sie in weiterentwickelte diagnostische Algorithmen integriert werden müssen, welche die Heterogenität und Überlappungen hyperinflammatorischer Erkrankungen mit Hyperferritinämie im Erwachsenenalter berücksichtigen [166162].

So sind sie nicht geeignet für Patienten mit MAS-HLH bei der juvenilen oder adulten Form des M. Still (sJIA, AOSD), da die Grundkrankheit bereits zu hohen Entzündungszeichen führt und dem dynamischen Abfall bestimmter Werte als Warnsymptom für ein MAS eine höhere Bedeutung zukommt [30]. Erst bei der schweren Form der MAS-HLH kommt es auch zu Zytopenie und Hypofibrinogenämie, während initial Leukozytose und hohes CRP mit Hyperfibrinogenämie und Hyperferritinämie einhergehen.

Die Diagnose einer HLH mit Hilfe der HLH-2004 Kriterien bedarf jeweils der Berücksichtigung des gesamten Spektrums der klinischen Ausprägung. Die Grenze zwischen einer normal verlaufenden schweren Infektion und der inadäquat überschießenden Hyperinflammation der HLH ist fließend. Auf die nachfolgenden Punkte ist besonders hinzuweisen:

  • Die zeitliche Assoziation zwischen einer Infektion und HLH schließt einen prädisponierenden Gendefekt nicht aus, vielmehr wird auch die genetisch bedingte HLH wahrscheinlich in den meisten Fällen durch eine Infektion ausgelöst.

  • Sekundäre Infektionen bei einer behandelten HLH können ein HLH-Rezidiv vortäuschen. Konsequente Infektionsdiagnostik und Nutzung von CRP, Procalcitonin, mikrobiologische und molekularbiologische Erregerdiagnostik sind essenziell.

  • Die französische HLH-Gruppe hat als ergänzendes Diagnose-Tool den HScore entwickelt, der als Online-Kalkulator genutzt werden kann (http://saintantoine.aphp.fr/score/). Hier wird im Gegensatz zu den pädiatrischen HLH-2004-Kriterien die diagnostische Wertigkeit des Schweregrads der pathologischen Laborparameter berücksichtigt und eine Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer HLH angegeben [31], jedoch verzichteten die französischen Kolleginnen und Kollegen auf den T-Zell-Aktivierungsmarker sIL2-R(CD25).

  • Überdurchschnittliche Ferritinerhöhung und/oder starke Dynamik des Serumferritins bei Fieber und Zytopenie sollte immer den diagnostischen HLH-Algorithmus auslösen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Hyperferritinämie für sich nicht ausreichend spezifisch ist. Hämolyse, Polytransfusion, chronische Dialyse oder Leberversagen können neben anderen Bedingungen Extremwerte des Ferritins verursachen [32].

  • Für Patienten mit hämatologischen Erkrankungen, welche sich mit unklarem Fieber als Erstmanifestation präsentieren, wurde der optimierte HLH-Index (OHI) mit früher Bestimmung von Ferritin und sIL2-Rin einer multizentrischen Kohortenstudie etabliert. Der OHI hat eine für erwachsene Pat. verbesserte diagnostische Aussagekraft durch modifizierte Grenzwerte für Ferritin (> 1000ng/ml) und sIL2-R (> 3900 U/ml) und ist im Kontext mit den HLH-2004-Kriterien sehr früh richtungsweisend für eine HLH [6163].

5.2Durchführung diagnostischer Maßnahmen.

Die in Tabelle 3 aufgeführten Kriterien erlauben, die Diagnose einer HLH zu stellen. Bei Patienten mit gesicherter Grundkrankheit wie Malignom, autoinflammatorischer oder autoimmunologischer Erkrankung, bekannter Immunsuppression, oder bei Erwachsenen ohne EBV-Infektion, ist zunächst keine HLH-spezifische funktionelle Diagnostik nötig.

Bei allen anderen Patienten müssen eine familiäre HLH, bzw. andere Gendefekte mit HLH-Prädisposition (Tabelle 1, Abbildung 2) von erworbenen Formen abgegrenzt werden, um die Indikation für eine kurative Konsolidierungstherapie (allogene Stammzelltransplantation) frühzeitig stellen zu können. Dazu stehen funktionelle immunologische Untersuchungen zur Verfügung (z.B. diagnostisches HLH-Referenzzentrum Freiburg https://www.uniklinik-freiburg.de) [33]. In der Durchflusszytometrie können mit dem Degranulationstest alle bekannten Gendefekte der familiären HLH außer dem Perforindefekt sowie Mutationen bei Griscelli Syndrom 2, Chédiak-Higashi Syndrom und Hermansky-Pudlak Syndrom 2 erkannt werden. Perforin sowie XIAP- und SAP-Expression können ebenfalls durchflusszytometrisch erfasst werden. Die Messung der NK/T-Zellfunktion kann ergänzend hinzugezogen werden; sie kann allerdings auch bei erworbenen Formen vermindert sein, dann aber nicht persistierend. Die Interpretation der funktionellen immunologischen Befunde erfordert Erfahrung und eine sinnvolle Einordnung in den klinischen Kontext.

Die Bestätigung einer genetischen HLH-Form erfolgt durch die Mutationsanalyse (https://www.uke.de), die Funktionstestung mit Ergebnissen in 48 Stunden erlaubt aber bereits eine rasche Anpassung der Therapiestrategie noch vor Vorliegen der genetischen Befunde. Die Indikationsstellung zur durchflusszytometrischen Untersuchung im Rahmen eines Screenings möglicher Gendefekte sollte primär mit einem Referenzzentrum abgesprochen werden.

Auch im Erwachsenenalter ist an eine late-onset familiäre HLH zu denken, so dass genetische Defekte nicht übersehen werden dürfen [734]. Für die gezielte genetische Diagnostik ist die vorherige Durchflusszytometrie im Rahmen des Screenings empfohlen. Systematische Analysen hierzu sind in der Pädiatrie bei primärer HLH erhoben worden [35].

Zur Diagnostik gehört auch die Messung der Immunglobuline, da eine Hypogammaglobulinämie bei familiärer HLH oder XLP möglich ist und eine sekundäre Hypogammaglobulinämie bei malignen Lymphomen richtungsweisend sein kann. Bei hereditärer HLH sollte immer und bei anderen Formen der HLH im Fall von ZNS-Symptomen eine Lumbalpunktion und eine MRT Untersuchung des Gehirns durchgeführt werden (siehe Abbildung 2).

Die morphologische Diagnostik des Knochenmarkes ist Standard. Ausschluss/Diagnose hämatologischer Systemerkrankungen, ggf. zusätzliche infektiologische Diagnostik (PCR Tuberkulose, Leishmanien) und Beurteilung der Hämophagozytose sind zentrale Fragestellungen. Die Einschätzung, ob eine signifikante Hämophagozytoseaktivität vorliegt, bedarf sorgfältiger Mikroskopie und wegen der geringen Spezifität der Einordnung des Befundes in das klinische Gesamtbild [2]. Gars & Kollegen haben einen quantitativen Score zur Erhöhung der Spezifität von Hämophagozytose vorgeschlagen und retrospektiv validiert. Durch intaktes Zytoplasma der Phagozyten klar abgrenzbare Zellgrenzen und neben der Phagozytose reifer Erythrozyten Nachweis kernhaltiger Zellen der Hämatopoese (Granulozyten, Erythoblasten, Lymphozyten) im Zytoplasma erhöhen die Spezifität signifikant. Aktivierte Makrophagen mit unspezifischem intrazellulären Debris sind unspezifisch und für die HLH-2004 Kriterien nicht heranzuziehen.

Abbildung 1: Hämophagozytose im Knochenmark (mit Genehmigung Abbildung aus Gars et al., 2018) [2] 
Hämophagozytose im Knochenmark (mit Genehmigung Abbildung aus Gars et al., 2018) 2
A: Histiozyt mit runder Zellform und zytoplasmatischen Einschlüssen ohne Hämophagozytose. B-D Hämophagozyten mit eingeschlossenen Einzelzellen.E-G: Eingeschlossene Erythrozyten mit kernhaltigen Zellen anderer hämatopoetischer Linienzugehörigkeit steigern die diagnostische Spezifität der Hämophagozytose für die HLH. H: Ein Phagozyt ohne erkennbar abgrenzbares Zytoplasma mit unspezifischem Debris gilt als nicht diagnostischer Makrophage.

Bei Patienten nach Chemotherapie mit infektionsgetriggerter HLH ist die Diagnostik wegen der Therapie-bedingten Zytopenie, der häufig Transfusions-bedingten Hyperferritinämie und des Infektions-abhängigen Fiebers erschwert. Bei Antibiotika-resistentem Fieber sollte durch Knochenmarkpunktion, durch die Bestimmung des Ferritins sowie des sIL2-R und einer Gerinnungsanalytik mit D-Dimer- und Fibrinogenanalyse nach einer HLH gefahndet werden. Bakteriämien, Pilz- und Virusinfektionen haben in einer französischen monozentrischen Serie von 343 konsekutiven AML-Patienten nach Standardinduktionstherapie eine HLH-Rate von 9% verursacht [36]. Hierbei konnte ein plötzlicher Ferritinanstieg mit einem Schwellenwert von >8000 µg/L die Diagnosegenauigkeit stützen.

Mit zunehmendem Alter steht die Lymphomdiagnostik im Vordergrund der Triggersuche. Entitäten wie das diffus-großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) mit den Subentitäten T-Zell-reiches DLBCL, histiozytenreiches DLBCL, intravaskuläres DLBCL, der Morbus Hodgkin, lymphoblastische und nicht-lymphoblastische T-Zell-Lymphome sowie NK-Zell-Lymphome sind häufig histologisch wegen der ausgeprägt entzündlichen Begleitkomponente schwierig zu identifizieren. Die frühzeitige Einbeziehung von Referenzpathologen ist empfohlen (https://lymphome.de). Um das Risiko der Diagnoseverschleppung unter der häufig vital notwendigen raschen Immunsuppression mit Kortikosteroiden zu minimieren, wird ein invasiver diagnostischer Ansatz mit Biopsie von Haut, Leber, ggf. Milz, Knochenmark, möglichst PET-CT gesteuert, empfohlen. Hierbei kann ein erheblicher Einsatz von gerinnungsaktiven Plasmaprodukten bei Hypofibrinogenämie und disseminierter intravasaler Koagulopathie notwendig sein. Bei signifikanter Splenomegalie und Lymphomverdacht (B-Symptomatik, Gewichtsverlust, prolongiertem HLH-Verlauf) ist auch eine diagnostisch-therapeutische Splenektomie in Betracht zu ziehen. Die chinesische HLH-Gruppe konnte zeigen, dass bei Patienten mit refraktärer HLH trotz PET-Negativität (a.e. wegen der notwendigen Immunsuppression) der histopathologische Lymphomnachweis aus der Milz gelingen kann [37]. Ähnliche Kasuistiken sind im Deutschen HLH-Register dokumentiert [38]. Diese radikale diagnostische Maßnahme ist vor dem Hintergrund der extrem schlechten Prognose der Lymphom-assoziierten HLH gut begründbar [9].

Die HLH in Assoziation mit T-Zell engagierender Therapie ist von dem häufigeren Therapie-vermittelten Cytokin-Release-Syndrom (CRS) und dem Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndrom (ICANS) abzugrenzen. Hier wurde der Begriff des Immuneffektorzell-assoziierten hämophagozytisch Lymphohistiozytose-ähnlichen Syndroms (IEC-HS) geprägt [64]. In einem internationalen Expertenkonsens wurde folgende Definition für das IEC-HS formuliert: „Die Entwicklung eines pathologischen und biochemischen hyperinflammatorischen Syndroms unabhängig von CRS und ICANS manifestiert sich mit dem Bild der Makrophagenaktivierung/HLH, kann der IEC-Therapie zugeordnet werden und ist assoziiert mit einer Progression oder der Entwicklung von Zytopenie, Hyperferritinämie, Koagulopathie mit Hypofibrinogenämie und/oder Transaminasenerhöhung.“

Die im Expertenkonsens formulierten IEC-HS Diagnosekriterien lauten:

  • Ferritin > 2 x ULN oder baseline (Zeitpunkt der CAR T-Infusion) und/oder rasch ansteigendes Ferritin

  • Auftreten nach abgeklungenem CRS oder progrediente Inflammation nach initialem Ansprechen auf CRS-gerichtete Therapie

  • Transaminasenerhöhung (> 5 x ULN bei normaler baseline bzw. > 5 x baseline bei abnormaler baseline).

  • Hypofibrinogenämie (< 150 mg/dl oder < LLN)

  • Hämophagozytose im Knochenmark oder anderem Gewebe

  • Zytopenie

 

Abbildung 2: Diagnostik der Hämophagozytischen Lymphohistiozytose (HLH; MAS-HLH) 
Diagnostik der Hämophagozytischen Lymphohistiozytose (HLH; MAS-HLH)
1 FUO – Fieber unklarer Genese (Fever of Unknown Origin);
2.SIRS – Systemisches Inflammatorisches Response-Syndrom;
3.MODS – multiples Organversagen (Multiple Organ Dysfunction Syndrome);
4.HScore: http://saintantoine.aphp.fr/score/;
5 sIL2-R / Ferritin Ratio > 2 erhöht die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines malignen Lymphoms [50];
6 BiTE: Bispecific T-cell engaging (z.B. Blinatumomab, CD3/CD19);
7 CART: Chimeric Antigenreceptor T-cell
Referenzzentren: Pädiatrie: https://www.uke.de; Erwachsene Patienten: www.hlh-registry.org;
Screening funktionelle Diagnostik: https://www.uniklinik-freiburg.de

6Therapie

Die Therapie der kindlich/jugendlichen HLH wurde in der HLH-Studiengruppe der Histiocyte Society systematisch im Rahmen der prospektiven HLH-1994 und HLH-2004-Studien entwickelt [3940]. Abbildung 3 zeigt das HLH-1994 Behandlungsprotokoll, das gegenwärtig der empfohlene Therapiealgorithmus bei hereditärer HLH ist [41].

Abbildung 3: Therapie der kindlichen/jugendlichen HLH (adaptiertes HLH-1994 Protokoll) 
Therapie der kindlichen/jugendlichen HLH (adaptiertes HLH-1994 Protokoll)

Je nach Schweregrad und klinischer Ausprägung ist auch bei der kindlichen/jugendlichen HLH die Therapiedauer und die Dosisintensität individuell anzupassen [41]. Mit Ausnahme der seltenen hereditären Form und der EBV-assoziierten HLH ist im Erwachsenenalter von der unkritischen Übernahme des pädiatrischen Protokolls zu warnen. Protrahierte iatrogene Immundefizienz führt zu folgenschweren Infektionen und ist in der Regel nicht in der Lage, die HLH-verursachende Grunderkrankung kurativ zu behandeln [1642].

Es wird empfohlen, die HLH-Therapie in Zentren mit ausreichend Erfahrung in der HLH-Therapie durchzuführen. Eine Beratung über www.hlh-registry.org wird angeboten.

Ein entscheidender Faktor für den Therapieerfolg ist ein frühestmöglicher Behandlungsbeginn [43]. Für die Therapie erwachsener Patienten mit HLH ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass in den meisten Fällen durch die Therapie der infektiologischen, autoimmunologischen oder malignen Grunderkrankung, ggf. unterstützt durch eine kurzfristige Immunsuppression, das Epiphänomen einer HLH erfolgreich behandelt werden kann.

6.1Therapie bei hereditärer HLH

Unbehandelt beträgt die mittlere Überlebenszeit von Patienten mit hereditärer HLH etwa 2 Monate. Die meisten Patienten versterben an Multiorganversagen, Neutropenie-bedingten Infektionskomplikationen, oder an Folgen der neurologischen Manifestationen.

Erstes Ziel der HLH Behandlung ist die Suppression der überschießenden, unkontrollierten Immunreaktion. Soweit bekannt und möglich, muss auch der infektiöse Auslöser der HLH behandelt werden. Deshalb ist eine intensive Erregersuche indiziert. Bei Patienten mit genetischen Defekten muss sich eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation anschließen, um das funktionsunfähige Immunsystem zu ersetzen.

6.1.1Immun-Chemotherapie

Ziel der Therapie ist die Unterdrückung der für den Patienten gefährlichen überschießenden Immunreaktion. Therapiestandard, welcher in der Pädiatrie für die familiäre HLH entwickelt wurde, ist eine intensive immunsuppressive Therapie mit hochdosiertem Dexamethason und intravenösem Etoposid, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Ciclosporin A und Stammzelltransplantation (Abbildung 3). Patienten mit persistierenden neurologischen Symptomen erhalten zusätzlich Methotrexat intrathekal. Die Studie HLH-94 rekrutierte 249 Patienten im Alter <15 Jahren. Das Überleben nach 5 Jahren betrug 54% [39].

In der Folgestudie, der HLH-2004 Studie, wurde Ciclosporin A bereits in der Induktionstherapie eingesetzt, um das Risiko einer frühen Krankheitsreaktivierung während des Ausschleichens von Dexamethason zu vermeiden [40]. 369 Kinder wurden eingeschlossen, die 5-Jahres Überlebenswahrscheinlichkeit betrug 62%, wobei hier aufgrund der langen Rekrutierungszeit auch die veränderten Bedingungen der Supportivtherapie und verbesserte Transplantationsergebnisse berücksichtigt werden müssen. Daher gilt wegen der erhöhten CSA-abhängigen Toxizität in der Induktionsphase des HLH-2004 Protokolls die Vorgehensweise nach HLH-1994 als empfohlener Standard (siehe Anlage Therapieprotokolle) [41].

6.1.2Zweitlinien-/Salvagetherapie

Zentrales pro-inflammatorisches Zytokin in murinen Modellen der hereditären HLH ist Interferon-γ [44]. Mit dem monoklonalen IFN-γ - Antikörper Emapalumab steht eine erstmals gezielt für die hereditäre HLH entwickelte Substanz als Salvage-Option zu Verfügung [45]. Die Substanz ist im Geltungsbereich der FDA zugelassen. In der pädiatrischen Zulassungsstudie wurden Kinder mit medianem Alter von 1 Jahr mit überwiegend hereditärer HLH mit Emapalumab kombiniert mit Dexamethason 3- bis 4-tägig behandelt. Im Median wurde ein Ansprechen nach 8 Tagen gesehen. Die Behandlungsdauer betrug 8 Wochen bzw. bis zur allogenen SZT. 26% der Patienten erreichten eine komplette Remission, die Gesamtansprechrate betrug 64,7%. Die FDA-Zulassung erstreckt sich von Kindern bis zu Erwachsenen mit refraktärer, rezidivierter oder progredienter primärer HLH. Auch Patienten mit Unverträglichkeit gegenüber der Standard-Immun-Chemotherapie können behandelt werden. Sorgfältige Infektionsprophylaxe sowie prätherapeutisches Tuberkulose-Screening sind obligat. Siehe auch 6.4. zur Therapie der refraktären/progredienten HLH des Erwachsen. Die EMA bewertete die Evidenz der Emapalumab-Zulassungsstudie als ungenügend für eine Marktzulassung in Europa. Eine Off-Label Therapie ist zu beantragen.

Ein ebenfalls zielgerichteter Therapieansatz ist die orale Therapie mit dem Tyrosinkinaseinhibitor Ruxolitinib (Rux), welcher in Kasuistiken primärer HLH erfolgreich in Dosen zwischen 2 x 2,5mg bis 2 x 15mg allein oder als Kombinationspartner von Corticosteroiden mit oder ohne Etoposid eingesetzt wird [6566]. Die hervorragenden Toxiztiätsdaten, die Jak1/2-gerichtete spezifische Hemmung des Zytokinsturms und die gute Verfügbarkeit in Europa machen Ruxolitinib zur Salvagetherapie der Wahl (off-label), wobei einige Gruppen bereits dazu übergegangen sind, Ruxolitinib zur Einsparung von Etoposid-Toxizität als Erstlinientherapie bei primärer HLH einzusetzen [66].

6.1.3Allogene Stammzelltransplantation

Die allogene Stammzelltransplantation ist eine kurative Option bei Patienten mit hereditärer HLH. Die Einführung von Konditionierungsregimen mit reduzierter Intensität und damit Toxizität haben die Überlebensraten insbesondere durch eine deutliche Reduktion der Therapie-assoziierten Mortalität auf zuletzt über 90% steigen lassen. Langzeitergebnisse sind vergleichbar bei verwandten und bei unverwandten Spendern [46].

Bei Patienten mit genetischer HLH sollte die Spendersuche unmittelbar nach Sicherung der Diagnose initiiert werden. Die allogene Stammzelltransplantation ist auch indiziert bei Patienten mit Rezidiv oder bei Nichtansprechen auf die immunsuppressive Therapie, wenn durch immunologische Untersuchungen ein genetischer Defekt wahrscheinlich ist, bzw. in Einzelfällen auch bei erworbener HLH mit unbekanntem Trigger und Rezidiv.

6.2Therapie bei erworbener HLH

Die Therapie bei erworbener HLH muss sich nach den sehr vielfältigen zu Grunde liegenden Erkrankungen richten (Tabelle 2) [16]. Im Kindesalter wird eine erworbene HLH meist durch infektiöse Erreger oder autoinflammatorische/autoimmunologische Erkrankungen ausgelöst. Insbesondere bei Erwachsenen mit HLH muss stets auch an eine maligne Erkrankung, insbesondere maligne Lymphome, als auslösende Ursache gedacht werden, die bei Kindern eher selten ist [19].

6.2.1HLH mit infektiösem Trigger

Sowohl angeborene als auch erworbene Formen der HLH können durch infektiöse Trigger ausgelöst werden, sodass der Nachweis eines Erregers keine klare Zuordnung erlaubt. Bei Jugendlichen und Erwachsenen sind genetische Formen aber weitaus seltener. Mit einer sog. late-onset hereditären HLH im Jugend-/Erwachsenenalter ist jedoch zu rechnen, so dass je nach Gesamtkonstellation (Hinweis auf Familienanamnese, junger Mann mit EBV-HLH, Albinismus) wegen der frühzeitig zu planenden Stammzelltransplantation eine funktionelle Diagnostik der Immunsynapse erfolgen sollte (siehe Tabelle 1).

Eine intensive Suche nach Erregern ist wichtig, da bei einer behandelbaren Ursache der Auslöser eliminiert werden kann und damit die Immunstimulation reduziert werden kann. HIV, EBV, CMV, Dengue und intrazelluläre Infektionen mit Rickettsien, Leishmanien oder Pilzen sind prominente Infektionskrankheiten mit assoziierter HLH [184767]. Eine alleinige anti-infektiöse Therapie ist aber nur in Ausnahmefällen ausreichend, wie z.B. bei der Leishmaniose, an die auch ohne einschlägige Reiseanamnese immer gedacht werden sollte, da ein Auslandsaufenthalt nicht unbedingt Voraussetzung dafür ist. Je nach Schwere der HLH kann eine immunmodulatorische Therapie mit Immunglobulinen und/oder Glucokortikoiden ausreichen, bzw. ist eine kombinierte Therapie mit Etoposid analog HLH-1994 Protokoll indiziert. Hierbei ist insbesondere in der Therapie Erwachsener eine individualisierte Dosisentscheidung zu treffen, um übermäßige Toxizität zu vermeiden. Ein Vorschlag zum adaptierten Einsatz von Etoposid/Dexamethason wurde zur Therapie der H5N1-induzierten erworbenen HLH Erwachsener gemacht, der dosisreduziertes Etoposid (50-100mg/m2 wöchentlich mit konsequentem Dexamethason-tapering propagiert [42] (Abbildung 4).

Abbildung 4: Etoposid/Dexamethason, adaptiert für erworbene HLH des Erwachsenen 
Etoposid/Dexamethason, adaptiert für erworbene HLH des Erwachsenen

Bei EBV-assoziierter HLH erscheint eine Viruslast-gesteuerte Therapie mit Rituximab sinnvoll und ist im Einzelfall zu empfehlen [48]. Da bei Patienten mit EBV-assoziierter HLH das Virus auch in den T-Zellen nachgewiesen werden kann, gelingt eine Viruselimination durch Rituximab allein häufig nicht. Eine zusätzliche T-Zell-gerichtete Immunsuppression ist in der Regel notwendig. Nach Unterdrückung der Hyperinflammation und Normalisierung der klinischen und laborchemischen Befunde sollte die Therapie zügig beendet werden, wenn kein Hinweis auf einen genetischen Defekt besteht. Durch protrahierte immunsuppressive Therapie wird die Bildung einer Immunität gegen den Erreger verhindert oder verzögert.

In der Covid-19 Pandemie wurde die Virus-assoziierte und die Vakzine-assoziierte Multisysteminflammation von Kindern (MIS-C) und Erwachsenen (MIS-A) auch im Zusammenhang mit einem sehr seltenen Übergang in eine Sars-CoV2- bzw. Sars-CoV2-Vakzine-getriggerte HLH diskutiert [6870]. Glucocorticoide und der Interkeukin-1 Rezeptor Antagonist Anakinra sind hier überwiegend eingesetzte Immunsuppressiva.

6.2.2HLH bei autoinflammatorischen/autoimmunologischen Erkrankungen (MAS-HLH)

In der aktuellen Klassifikation der Histiozytosen wurde die Terminologie in MAS-HLH umgewandelt, um der einheitlichen Endstrecke von HLH und MAS mit Endorgan-schädigendem Zytokinsturm Rechnung zu tragen [1]. Ebenfalls auf dieser Endstrecke finden sich Patienten mit Inflammasom-Erkrankungen wie dem Morbus Still (adult onset Still´s disease, AOSD) [21]. Hochdosiertes Methylprednisolon in einer Anfangsdosierung von 1 g/d über 3 bis 5 Tage, bei Versagen Ciclosporin A oder mit zunehmender Evidenzlage Anakinra in einer modifizierten Dosierung von 2 bis 6 mg/kg, eskaliert bis 10 mg/kg verteilt auf 2 Einzelgaben, zeigen das unterschiedliche Vorgehen. In Entwicklung befindet sich der Zytokin-spezifische Einsatz gegen IL-18 mit dem rekombinanten IL-18 bindenden Protein (IL-18BP) Tadekinig-α. Letztlich gilt jedoch auch hier Etoposid in einer Dosierung von 50 – 100mg/m2 als hochwirksame Salvage-Option [16].

6.2.3HLH bei malignen Erkrankungen

Bei der Erstmanifestation eines Malignoms mit HLH als Paraneoplasie steht die Therapie der zu Grunde liegenden malignen Erkrankung im Vordergrund. Glukokortikoide ermöglichen in der Regel eine partielle Remission des Zytokinsturms und eröffnen ein Zeitfenster für die notwendige (invasive) Diagnostik. Soweit indiziert, kann Etoposid als Teil der Vorphasetherapie, insbesondere bei malignen Lymphomen, in das therapeutische Konzept eingebaut werden.

Patienten, die unter einer zytostatischen Therapie einer malignen Erkrankung eine HLH entwickeln, sind bereits durch diese Behandlung immungeschwächt und haben meist eine schwere Neutropenie; die HLH ist hier häufig Ausdruck einer nicht bewältigten Infektion, wobei die Abgrenzung von der malignen Grunderkrankung als Trigger der HLH im Einzelfall schwierig sein kann [36]. Konsequentes Infektionsmonitoring, insbesondere die Suche nach einer Pilzinfektion, ist hier sehr wichtig. Falls bedrohliche HLH-Symptome wie beginnendes Organversagen bestehen, kann eine kurzfristige hochdosierte Kortikoidgabe versucht werden. Bei Patienten in post-zytostatischer Neutropenie muss der Einsatz von Etoposid vor dem Hintergrund des hohen Infektionsrisikos bei verlängerter Aplasiedauer kritisch geprüft und die Indikation sehr sorgfältig abgewogen werden. Entscheidend für den Verlauf ist die Erholungsfähigkeit des Knochenmarks. Von einer Granulocyte Colony-Stimulating Factor(G-CSF)-Therapie sollte aufgrund der hier proinflammatorischen Wirkung abgesehen werden. Die Prognose bei erwachsenen Patienten mit HLH bei Malignom ist ungünstig [19].

6.2.4HLH bei immunsupprimierten Patienten

Bei dieser Patientengruppe wird die HLH am häufigsten durch einen infektiösen Erreger getriggert. Es gelten die gleichen Überlegungen und Richtlinien, wie in Kapitel 6.2.1. beschrieben. Bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen und Z. n. Stammzelltransplantation mit nur partieller Immunrekonstitution ist es häufig schwierig, eine HLH von einem „Engraftment Syndrom“ abzugrenzen. Auch nach Organtransplantationen wurden mehrere HLH-Fälle berichtet [17].

6.2.5HLH nach Immuntherapie und IEC-HS

Immuntherapien wie bispezifische, T-Zell aktivierende Substanzen (BiTE, z.B. Blinatumumab) bzw. bispezifische Antikörper (z.B. Glofitamab, Epcoritamab), Antigen-spezifische, eine T-Zell-Antwort stimulierende Antikörper (z.B. Rituximab, Daratumumab), Checkpoint-Antikörper gegen CTLA-4 oder PD1/PDL1 (z.B. Ipilimumab, Durvalumab, Pembrolizumab, Nivolumab), chimäre Antigenrezeptor T-Zellen (CART, z.B. Tisagenlecleucel, Axicabtagene ciloleucel) oder auch Stammzelltransplantation schließen im Toxizitätsprofil einen erworbenen Zytokinsturm (CRS) mit Entwicklung einer iatrogenen HLH ein [204950]. Bei BiTE- (bispezifische Antikörper) oder CAR T-Zell-Therapie sind eine umgehende Zytokin-gerichtete Therapie mit 8 mg/kg Tocilizumab (+/- Kortikosteroid) bis zu 4 x in 8-stündigen Intervallen Standardrepertoire der CRS-Behandlung.

Die Therapie des IEC-HS wird gemäss Expertenkonsens der American Society for Transplantation and Cellular Therapy je nach Schweregrad zunächst mit Anakinra/Dexamethason eingeleitet, in der zweiten Linie mit Dosis-eskaliertem Anakinra und ggf. ergänzendem Jak1/2-Inhibitor Ruxolitinib gesteigert, sowie in der dritten Linie mit Ruxolitinib, dem Interferon-gamma Antikörper Emapalumab oder niedrig dosiertem Etoposid individuell gesteuert [64].

6.3HLH auf Intensivstation und MAS-ähnliche Sepsis

Die klinische Überlappung von HLH/MAS-HLH und Sepsis führt dazu, dass HLH-Patienten auf Intensivstationen mit der Diagnose „Sepsis“ unerkannt bleiben [51]. Der Arbeitskreis Intensivmedizin der DGHO/ÖGHO hat in seinem Konsensuspapier zu Intensivmedizin onkologischer Patienten daher auch empfohlen, bei onkologischen und immunsupprimierten Patienten das Routinelabor um Ferritin, Triglyzeride, Fibrinogen und sIL2-R zu ergänzen [52]. Je nach Gesamtsituation ist auch eine Knochenmarkbiopsie durchzuführen [71].

Rasche Immunsuppression, Gabe von IVIG in therapeutischer Dosierung und ggf. Notfalltherapie mit Etoposid bedürfen enger Abstimmung zwischen Intensivmediziner und Hämatologen. Ein Sonderfall stellt die noch unscharf definierte Entität der MAS-ähnlichen Sepsis dar. Diese ist durch eine Post-hoc Analyse einer interventionellen Sepsis-Studie zur Wirksamkeit der IL-1-gerichteten Therapie mit Anakinra (Interleukin-1-Rezeptorantagonist) definiert: Die Subgruppe von Sepsis-Patienten mit hepatobiliärer Dysfunktion und disseminierter intravasaler Koagulopathie als Gruppierungsmarker für einen MAS-ähnlichen Zytokinsturm zeigte einen Überlebensvorteil durch IL-1-Rezeptorblockade mit Anakinra [53]. Bei Unklarheit bezüglich der diagnostischen Zuordnung der Sepsis-ähnlichen Zytokinsturmerkrankung ist unter fortgesetzter Sepsistherapie ein Behandlungsversuch mit Anakinra, ggf. kombiniert mit Kortikosteroiden und polyvalenten Immunglobulinen gerechtfertigt. Patienten auf Intensivstation im Multiorganversagen profitieren auch von maschineller Zytokinelimination durch Adsorptionssäule oder Plasmapherese [54].

6.4Therapie der refraktären/progredienten HLH des Erwachsenen

Bei der Behandlung der Therapie-refraktären HLH ist neben der wiederholten Triggersuche ein individuelles Vorgehen nach Performance, Organfunktion und Komorbidität erforderlich.

Etwa 20% der Patienten mit familiärer HLH sprechen nur ungenügend auf die HLH-1994-basierte Therapie an. In Kapitel 6.1.2 wurde bereits der IFN-γ Antikörper Emapalumab für diese überwiegend pädiatrische Patientengruppe als Bridging-Option zur allogenen Stammzelltransplantation beschrieben [45].

Eine Salvage Chemotherapie mit liposomalem Doxorubicin, dosiseskaliertem Methylprednisolon und Etoposid (DEP) konnte in der chinesischen HLH-Studiengruppe eine Gesamtansprechrate von 76% erreichen [55].

Als breit wirksame Zytokin-blockierende off-label Therapie gilt der Tyrosinkinase Jak1/2-Inhibitor Ruxolitinib in einer Dosierung von 2 x 5 mg bis 2 x 15 mg [56]. In Fallberichten und ersten Studien zeigt er Krankheitskontrolle bei nur geringer Toxizität.

Der T-Zell-depletierende CD52-Antikörper Alemtuzumab ist eine weitere Behandlungsoption in der refraktären Situation [57]. Vereinzelt wurde ein Ansprechen auf Antagonisten gegen CD25 (Basiliximab), Tumor-Nekrose-Faktor α (Etanercept) oder auf verschiedene Zytostatika berichtet. Ein standardisiertes Protokoll existiert nicht.

Bei Patienten mit Still-Syndrom und refraktären HLH-Symptomen kann nach Versagen von Interleukin-1 Antagonisten der Einsatz des Antikörpers gegen Interleukin 6 (Tocilizumab) erwogen werden, falls die HLH durch die refraktäre Grundkrankheit bedingt ist. Auch hier gilt Etoposid als valide Salvage-Option. Darüber hinaus ist bei Multiorganversagen eine Zytokinelimination mit Zytokinadsorptionsäule in Erwägung zu ziehen [16].

Die komplexen Therapieoptionen bei HLH sind in Abbildung 5 zusammengefasst.

Abbildung 5: Therapiealgorithmus der HLH (adaptiert aus La Rosée et al.) [16] 
Therapiealgorithmus der HLH (adaptiert aus La Rosée et al.) 16
CS: Kortikosteroid; IVIG: Polyvalentes Immunglobulin; MPS: Methylprednisolon

6.5Supportive Therapie

Die KRINKO-Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts gruppieren HLH-Patienten in die Infektions-Risikoklasse 2 ein (wie Patienten mit sehr schwerer aplastischer Anämie oder nach allogener/autologer Stammzelltransplantation) (https://www.rki.de/de/content/infekt/krankenhaushygiene/kommission/downloads/infektionspraevention_immunsupprimierte_patienten). Entsprechende Unterbringung in luftfiltrierten Behandlungseinheiten (HEPA), sorgfältige antimikrobielle Prophylaxe (antiviral, antimykotisch, Pneumocystis-gerichtet, gemäß lokaler Richtlinien) und regelmäßige Diagnostik bzgl. atypischer Infektionen (CMV, EBV, Mykosen) werden empfohlen. Wenn anfänglich keine Immunglobuline therapeutisch zum Einsatz kamen, sind bei länger dauernder Kortikoidtherapie 4-wöchentliche Gaben zu empfehlen.

6.5.1Infektiöse Komplikationen

Bei aktiver HLH besteht häufig eine Neutropenie. Falls erneut Fieber auftritt, muss daran gedacht werden, dass eine Infektion bakterieller, mykotischer oder viraler Genese vorliegen könnte. Die Messung des C-reaktiven Proteins kann hier hilfreich sein, wobei hohe CRP-Werte auch für ein MAS typisch sind. Patienten sollten fortlaufend adäquat monitoriert werden (Screening auf Mykosen serologisch und bildgebend, ggf. Bronchoskopie mit BAL, repetitive Blutkulturen, CMV-Diagnostik, etc.). Nicht jeder Ferritinanstieg mit Fieber ist ein HLH-Rezidiv.

7Evaluation des Ansprechens der Therapie und Verlaufskontrolle

Nach Besserung von Fieber und der Erholung von ggf. bestehenden Organdysfunktionen zeigen Ferritin- sowie sIL2-R-Abfall ein Ansprechen auf die Therapie an. Ein Rückfall präsentiert sich oft mit Wiederauftreten von Fieber, Zytopenien und beständig ansteigendem Ferritin, wobei hier jeweils auch nach Sekundärinfektionen zu fahnden ist. Patienten mit familiärer HLH sollten bis zur Stammzelltransplantation und danach in spezialisierten Zentren betreut werden. Bei Patienten mit erworbener HLH sollten ambulante Kontrollen noch über einige Monate durchgeführt werden (Ferritin- und sIL2-R-Monitoring). Falls Symptome auftreten, die auf einen neuen HLH Schub hinweisen, ist umfangreiche Diagnostik wie zu Beginn der Erkrankung und – falls noch nicht erfolgt – gezielte Suche nach genetischen Ursachen des erneuten Zytokinsturms durchzuführen.

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9Aktive Studien

10Register

Eine Konsilhotline ist über www.hlh-registry.org eingerichtet. Ein Ethikvotum und Patienteninformation sind für die systematische Registrierung der Patienten abrufbar.

11Therapieprotokolle

12Studienergebnisse

13Zulassungsstatus

14Checkliste zur Diagnostik der HLH

Kategorie

Kriterium

Konsequenz

Link/Referenz

Anamnese

  • Familiäre Häufung oder

  • bekannter Gendefekt

Funktionelle immunologische Diagnostik; Zielgerichtete genetische Diagnostik zur Bestätigung§.

https://www.uke.de

https://www.uniklinik-freiburg.de

  • Auslandsaufenthalt

Infektiöser Trigger?
Cave: Auch ohne Auslandsaufenthalt an Leishmanien denken, PCR aus Knochenmark.

Bernhard-Nocht-Institut-für-Tropenmedizin, Hamburg

https://www.bnitm.de

  • Infektionen (de novo bzw. reaktiviert, z.B. EBV, CMV, Influenza, HIV)

Serologisches/molekulargenetisch-infektiologisches Screening

bei EBV-getriggerter HLH an late-onset genetische HLH denken (XLP1, XLP2). SAP- u. XIAP-Expressionsanalyse (Durchflusszytometrie) [29]

  • Immunsuppressive Therapie (IST)?

IST-getriggerte HLH erwägen?

[31]

  • HLH als Epiphänomen eines okkulten Malignoms bzw. Progress/Rezidiv der Grunderkrankung?

Diagnostik u. Therapie der Grunderkrankung

[19]

  • Autoinflammatorische Syndrome oder Autoimmunopathien

An Makrophagenaktivierungs-Syndrom (MAS) denken.

[21]

Diagnosekriterien** (5/8 Kriterien sollen erfüllt sein)

  • Fieber

 

 

  • Splenomegalie

 

 

  • Zytopenie ≥2 Zellreihen

  • Hämoglobin < 90 g/l (<100g/l bei Neugeborenen unter 4 Wochen)

  • Thrombozyten <100x109/l

  • Neutrophile Granulozyten < 1x109/l

 

  • Hypertriglyceridämie und / oder
    Hypofibrinogenämie

  • Triglyceride (nüchtern) ≥ 3mmol/l

  • Fibrinogen <1,5g/l

  • Ferritin erhöht*

  • Ferritin ≥500 µg/l

 

  • löslicher CD25& erhöht

  • sCD25 >2.400 U/ml

 

  • NK Zellaktivität erniedrigt oder nicht nachweisbar§

Rücksprache Referenzzentrum

https://www.uniklinik-freiburg.de

  • Hämophagozytose*** in Knochenmark, Liquor oder Lymphknoten

Funktionelle Diagnostik sowie genetische Diagnostik sollte immer zuvor mit einem Referenzzentrum besprochen werden (Prof. Dr. G. Janka 0172 5447780, Dr. K. Lehmberg 0152 22816726 (Hamburg), Prof. Dr. S. Ehl (Freiburg), 0761 270 77300;
& löslicher IL-2-Rezeptor (sIL-2R);
* Ein Ferritinwert von >10.000 g/dl hat bei Kindern eine Spezifizität von 96% für die Diagnose einer HLH [26];
** Weitere Hinweise zur Unterstützung der Diagnose sind mittelgradig vermehrte Zellzahl und / oder erhöhtes Eiweiß im Liquor, sowie erhöhte Transaminasen, erhöhtes Bilirubin oder erhöhte LDH im Serum.
*** Hämophagozytose ist nicht per se beweisend für Vorliegen einer HLH. Auch ist der Nachweis der Hämophagozytose für die Diagnose nicht notwendig, wenn bereits ausreichende Kriterien erfüllt sind.

16Anschriften der Verfasser

Dr. med. Karin Beutel
Pädiatrische Hämatologie und Onkologie
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
TUM School of Medicine and Health
Kölner Platz 1
80804 München
Dr. med. Sebastian Birndt
Universitätsklinikum Jena
Klinik für Innere Medizin II
Am Klinikum 1
07747 Jena
Prof. Dr. med. Stephan Ehl
Universitätsklinikum Freiburg
Institut für Immundefizienz und
Kinder- und Jugendklinik
Breisacher Str. 115
79106 Freiburg
Dr. med. Michael Girschikofsky
Ordensklinikum Linz GmbH Elisabethinen
I. Interne Abteilung
Zentrum für Hämatologie und Stammzelltransplantation
Hämostaseologie und medizinischer Onkologie
Fadingerstr. 1
A-4020 Linz
Prof. Dr. med. Gritta Janka
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Abteilung für pädiatrische Hämatologie und Onkologie
Martinistr. 52
20246 Hamburg
Prof. Dr. med. Paul Graf La Rosée
Schwarzwald Baar Klinikum
Klinik für Innere Medizin II
Hämatologie/Onkologie/Infektiologie
Klinikstr. 11
78052 Villingen-Schwenningen
PD Dr. med. Kai Lehmberg
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Klinik für pädiatrische Hämatologie und Onkologie
Sektion für pädiatrische Stammzelltransplantation und Immunologie
Martinistr. 52
20246 Hamburg
Prof. Dr. med. Georg Maschmeyer
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie
und Medizinische Onkologie (DGHO)
Onkopedia-Koordinator
Bauhofstr. 12
10117 Berlin
Prof. Dr. med. Dr. phil. nat. Jana Pachlopnik Schmid
Pädiatrische Immunologie der Universität Zürich
Universitäts-Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung
Steinwiesstr. 75
CH-8032 Zürich
Dr. med. Thomas Schenk
Praxis für Onkologie
Zentrum für ambulante Medizin II
Am Klinikum 1
07747 Jena Lobeda-Ost
PD Dr. med. Thomas Weber
Klinik für Innere Medizin IV,
Hämatologie und Onkologie
Universitätsmedizin Halle
Ernst-Grube-Str. 40
06120 Halle (Saale)

17Offenlegung potentieller Interessenkonflikte

Autor*in Anstellung1 Beratung / Gutachten2 Aktien / Fonds3 Patent / Urheberrecht / Lizenz4 Honorare5 Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen6 Andere finanzielle Beziehungen7 Persönliche Beziehung zu Vertretungsberechtigten8
Beutel, Karin
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin München Klinik Kölner Platz 1 80804 München
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Birndt, Sebastian
Universitätsklinikum Jena, Jena
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Ehl, Stephan
Uniklinik Freiburg
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Girschikofsky, Michael
Ordensklinikum Linz Elisabethinen, Österreich
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Janka, Gritta Eine Erklärung liegt noch nicht vor
La Rosée, Paul Graf
Schwarzwald-Baar-Klinikum gGmbH
Ja
Adboard Johnson & Johnson Adboard Incyte Adboard BMS Adboard Novartis Adboard AbbVie
Nein
Nein
Nein
Ja
Novartis, Forschungsunterstützung
Nein
Nein
Lehmberg, Kai
UKE Hamburg
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Maschmeyer, Georg
Charité Campus Benjamin Franklin, Med. Klin. m.S. Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie DGHO e.V. - freier Mitarbeiter
Nein
Nein
Nein
Ja
Gilead Sciences GmbH: Vortragshonorare Infektionen FOMF GmbH: Vortragshonorare Kopf-Hals-Tumoren
Nein
Nein
Nein
Pachlopnik Schmid, Jana
1. Universitäts Kinderspital Zürich, Schweiz 2. Universität Zürich, Schweiz
Nein
Nein
Nein
Ja
1. Vortrags-/oder Schulungstätigkeit im 2022: Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie, Honorar CHF 500.-, Empfänger: Institution 2. Vortrags-/oder Schulungstätigkeit im 2022: Kinderärzte Schweiz, Honorar CHF 1200.-, Empfänger: Institution
Ja
2022-2024: Swiss National Science Foundation, research grant: Human immune dysregulation in viral defense (N° 320030_205097), CHF: 474000.- 2022-2024:University Research Priority program (URPP) ITINERARE, multi-disciplinary collaboration and training on all aspects associated with basic research into rare diseases and the translation of cutting-edge therapies into clinical practice, comprising 36 members from 5 UZH faculties, CHF: 227300.- 2020-2022: Cancer Research Center (CRC) Research Grant: Loss of human virus immune control during immune checkpoint blockade or deficiency, CHF: 100000.- 2019-2024: Clinical Research Priority Program (CRPP) University Zurich, Klinische Forschungsschwerpunktprojekte (KFSP), “Zurich initiative on novel cytokine-directed treatments for immune dysregulation (CYTIMM-Z)”, CHF: 727000.- Empfänger: Institution
Ja
2024: Jeffrey Modell Foundation, CHF 21088.- Zweck. Für Awareness Aktivitäten im Bereich angeborener Immundefekte Empfänger: Institution
Nein
Schenk, Thomas
Uniklinikum Jena, MVZ Jena
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Weber, Thomas
Universitätsklinikum Halle (Saale), Halle (Saale)
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
Nein
1 - Gegenwärtiger Arbeitgeber, relevante frühere Arbeitgeber der letzten 3 Jahre (Institution/Ort)
2 - Tätigkeit als Berater*in bzw. Gutachter*in oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat / Advisory Board eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung
3 - Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft
4 - Betrifft Arzneimittel und Medizinprodukte
5 - Honorare für Vortrags- und Schulungstätigkeiten oder bezahlte Autor*innen oder Koautor*innenschaften im Auftrag eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung
6 - Finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung von Mitarbeiter*innen der Einrichtung von Seiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftrags-instituts oder einer Versicherung
7 - Andere finanzielle Beziehungen, z. B. Geschenke, Reisekostenerstattungen, oder andere Zahlungen über 100 Euro außerhalb von Forschungsprojekten, wenn sie von einer Körperschaft gezahlt wurden, die eine Investition im Gegenstand der Untersuchung, eine Lizenz oder ein sonstiges kommerzielles Interesse am Gegenstand der Untersuchung hat
8 - Persönliche Beziehung zu einem/einer Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft

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