ZVK Infektionen
Erstellung der Leitlinie
Stand: Januar 2012
1 Definition und Basisinformation
Zentrale Venenkatheter (ZVK) werden häufig für die kausale und für die supportive Behandlung von Patienten der Hämatologie und Onkologie angelegt. ZVK Infektionen stellen einen erheblichen Morbiditätsfaktor dar und sind eine der Differentialdiagnosen bei Fieber unklarer Genese. Zur Diagnostik und Therapie dieser Patienten wurde die Leitlinie von der Arbeitsgemeinschaft Infektionen der DGHO (AGIHO) erstellt.
Für die Bewertung von Studienergebnissen und für Empfehlungen wurden die folgenden Evidenzkategorien (Infectious Diseases Society of America, ISDA) verwendet, s. Tabelle 1.
Stärke der Empfehlung |
Definition |
A |
Gute Evidenz für den Einsatz |
B |
Moderate Evidenz für den Einsatz |
C |
Schwache Evidenz für den Einsatz |
D |
Moderate Evidenz gegen den Einsatz |
E |
Gute Evidenz gegen den Einsatz |
Qualität der Evidenz |
Kriterien |
I |
|
II |
|
III |
|
2 Vermeidung von Infektionen
Empfehlung |
Evidenzkategorie |
V. subclavia gegenüber der V. jugularis interna vorziehen |
A-I |
Strikte Einhaltung der Hygieneregeln bei der ZVK-Anlage und standardisierte aseptische Vorgehensweise bei der Katheterpflege |
AI |
Kolonisation des Katheters kann durch Verwendung imprägnierter ZVK‘s (Chlorhexidin/Silber-Sulfadiazin oder Minocyclin/Rifampicin) reduziert werden |
A-I |
Schulungsprogramme für Pflegekräfte und Ärzte |
A-II |
Ultraschall-geführte ZVK-Anlage |
B-I |
Verwendung alkoholischer Chlorhexidin-Lösung, alkoholischer PVP-Jodlösungen oder 70%er Propanolol-Lösung zur Desinfektion der Katheter-Einstichstelle |
A-I |
Kein routinemäßiger Austausch des Katheters |
D-I |
Keine systemische Antibiotikaprophylaxe vor ZVK-Anlage |
E-I |
Keine topischen Antibiotika an der Katheter-Einstichstelle |
E-I |
3 Diagnose
3.1 Diagnostische Kriterien
Die Diagnose ist nicht immer leicht zu stellen. Sie basiert auf der Wichtung von klinischen Symptomen und Laborresultaten. Kriterien sind in Tabelle 2 zusammengestellt.
Wahrscheinlichkeit |
Kriterien |
Gesichert |
und / oder
und / oder
|
wahrscheinlich |
und / oder
und / oder
|
Möglich |
und / oder
|
1 DTTP (Differential Time To Positivity) - Differenz in der Zeit zwischen einem positiven Laborergebnis der Blutentnahme aus einer peripheren Vene und der Blutentnahme aus dem ZVK;2 CFU Quotient - Quotient aus den Colony Forming Units der Blutentnahme aus dem ZVK und der Blutentnahme aus einer peripheren Vene;3 Resultat oberhalb des Normbereichs der jeweiligen Labormethode;
3.2 Diagnostik
Empfehlung |
Evidenzkategorie |
Abnahme von je einem Paar Blutkulturen aus peripherer Vene und aus dem ZVK |
A-II |
Bestimmung der DTTP1(Differential Time To Positivity) - Differenz in der Zeit zwischen einem positiven Laborergebnis der Blutentnahme aus einer peripheren Vene und der Blutentnahme aus dem ZVK |
AI |
Anlage semiquantitiver Kulturen aus dem entfernten Katheter |
A-II |
Quantitative Kulturen von der Katheterinnenfläche, Ablösung adhärierender Erreger durch ‚Vortexen‘ und Ultraschall |
A-II |
Bürstenabstrich aus dem Katheterlumen, wenn aus dem Katheter keine Blutkultur entnommen werden kann |
C-II |
Ultraschalldarstellung des Kathetertunnels |
C-III |
Separate Blutkulturen aus allen Katheterlumina |
C-III |
Keine Kulturen vom Katheterstutzen |
D-II |
Keine Hautabstriche |
D-II |
Kein Einbringen der ZVK Spitze in Nährlösung |
E-II |
1 DTTP1(Differential Time To Positivity) - Differenz in der Zeit zwischen einem positiven Laborergebnis der Blutentnahme aus einer peripheren Vene und der Blutentnahme aus dem ZVK
4 Therapie
Erstes Ziel der Behandlung ist die Beherrschung der Infektion durch medikamentöse, antimikrobielle Therapie. Zweites Ziel ist die Vermeidung einer Reinfektion unter Berücksichtigung der Belastung des Patienten durch Entfernung und Neuanlage eines ZVK.
4.1 Antimikrobielle Therapie
Empfehlung |
Evidenzkategorie |
Grundsätzlich gleiche Substanzauswahl wie bei neutropenen Patienten mit Fieber unklarer Ursache (FUO) |
|
Primäre empirische Gabe von Vancomycin nicht erforderlich |
A-II |
Dauer der antimikrobiellen Therapie mindestens 2 Wochen (bei anhaltender Immunsuppression) |
B-III |
Bei in-vitro empfindlichen Erregern: Penicillinase-feste Penicilline (z.B. Flucloxacillin) gegenüber Glykopeptid-Antibiotika (Vancomycin, Teicoplanin) vorziehen |
B-II |
„Antibiotic lock“ zusätzlich zur systemischen antimikrobiellen Therapie reduziert die Rate von Infektionsrezidiven |
C-III |
4.2 Umgang mit dem ZVK
Empfehlung |
Evidenzkategorie |
Primäre ZVK Entfernung bei o ZVK-Infektion durch Staphylococcus aureus o ZVK-Infektion durch Candida spp. o Tunnel- oder Tascheninfektion o Komplizierte ZVK-Infektion (z.B. septische Streuung oder schwere umgebende Weichteilinfektion) |
A-II B-II B-III B-II |
Versuch der Beibehaltung des ZVK vertretbar bei klinisch stabilen Patienten mit ZVK Infektion durch o Koagulase-negative Staphylokokken o Corynebacterium jeikeium o Acinetobacter baumannii o Stenotrophomonas maltophilia o Pseudomonas aeruginosa o Bacillus spp. (B-III) |
B-III |
5 Literatur
- Wolf H. H. al.: Central venous catheter-related infections in hematology and oncology. Ann Hematol 2008;87:863-876. DOI: 10.1007/s00277-002-0484-1
6 Aktive Studien
7 Links
www.dgho-infektionen.de/agiho/content
8 Anschrift des Koordinators und Institutionen der Autoren
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Reference:
Quellenangabe:
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Liebe Kolleginnen und Kollegen
Dies ist zwar kein Kommentar zu der Leitlinie, aber eine Frage zu einem möglicherweise verwandten und m.E. sehr interessanten Thema.
Es geht um die Spülung, bzw. das Blocken von Portkathetern.
Problemstellung: Die Benutzungsanweisung bei Portkathetern der Hersteller sieht ein Blocken mit Heparin vor.
Die Datenlage diesbezüglich ist recht spärlich, aber es gibt eine belgische nicht-unterlegenheits-Studie (Annals of Oncology 24: 1892–1899, 2013), die möglicherweise eine erhöhte Infektionsrate unter Heparin heraus gefunden hat. Das Portzentrum in Heidelberg blockt nur noch mit NaCl oder bei immunsupprimierten Patienten mit Taurolock und setzt sich über die Herstelleranweisungen hinweg. Unsere Rechtsabteilung tut sich damit sehr schwer.
Wie gehen sie mit dem Problem um? Gibt es ihrerseits Erfahrungen oder gute Vorschläge, wie man mit dem Problem weiter verfahren kann?
Für eine Antwort wäre ich ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Rottmann
Oberarzt Medizinische Klinik 5
Hämatologie/Onkologie
Klinikum Nürnberg