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Inhaltsverzeichnis

Weichgewebssarkome (maligne Weichgewebstumoren) des Erwachsenen

ICD-10 C48, C49
Stand November 2018

1Zusammenfassung

Unter dem Begriff ‚maligne Weichgewebstumoren‘ werden mehr als 100 verschiedene, histopathologisch definierte und zum Teil auch molekulargenetisch charakterisierbare Tumoren des Weich-/Stützgewebes subsummiert. Dabei kann es sich um Tumoren mit geringem Lokalrezidiv- und Metastasierungsrisiko, um Tumoren mit hohem Lokalrezidiv- aber geringem Metastasierungsrisiko oder um Tumoren mit hohem Metastasierungsrisiko handeln. Wegen ihrer Seltenheit werden Weichgewebstumoren für diagnostische und therapeutische Zwecke oft als eine Gruppe betrachtet. Dabei müssen die unterschiedliche Biologie und die häufig unterschiedliche Prognose der verschiedenen Entitäten angemessen berücksichtigt werden. Für einige Subentitäten wurden distinkte Therapiekonzepte erarbeitet, z. B. Rhabdomyosarkome, extraskelettale Knochensarkome (Osteosarkome, Tumoren der Ewing-Familie), gastrointestinale Stromatumoren und uterine Leiomyosarkome.

Die Vielfalt und Heterogenität der Subentitäten mit ihren teilweise sehr unterschiedlichen tumorbiologischen Charakteristika, ihre Seltenheit im Vergleich zu den epithelialen Tumoren und die sich hieraus ergebenden Herausforderungen der histo- und molekularpathologischen Differenzialdiagnostik erfordern bereits bei dem Verdacht auf das Vorliegen eines Weichgewebstumors die Einbindung spezialisierter Behandlungsteams.

Einige Entitäten werden in eigenen Onkopedia-Leitlinien abgehandelt, siehe Onkopedia Gastrointestinale Stromatumoren (GIST), Onkopedia Ewing-Sarkom und Onkopedia Kaposi-Sarkom.

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformation

Weichgewebstumoren repräsentieren eine Gruppe verschiedener Tumorentitäten mesenchymalen Ursprungs mit zum Teil charakteristischen molekulargenetischen Merkmalen.

2.2Epidemiologie

Im Jahr 2013 sind in Deutschland ca. 3.650 Neuerkrankungen aufgetreten [Institut für Krebsepidemiologie], siehe Abbildung 1. Die Fallzahlen sind in den letzten zehn Jahren (2004-2013) bei Männern um durchschnittlich 2,9% und bei den Frauen um 3,9% pro Jahr gestiegen.

Die altersstandardisierte Erkrankungsrate in Deutschland lag 2013 für Männer bei 3,6/100.000 und bei Frauen bei 2,7/100.000, siehe Abbildung 2. In den letzten 10 Jahren ist die Rate bei Frauen durchschnittlich um 1,5%, bei Männern um 1,2% gestiegen. Die Unterschiede in der zeitlichen Entwicklung zwischen der Erkrankungswahrscheinlichkeit (Raten) und den registrierten Fallzahlen sind mit der Veränderung des Altersaufbaus der Bevölkerung zu erklären.

Die Todesursachenstatistik des Bundes weist für das Jahr 2013 insgesamt 1.509 Sterbefälle für Weichteilsarkome aus (Männer 706, Frauen 803). Die Zahl der Sterbefälle ist in den letzten zehn Jahren (2004-2013) bei Männern um durchschnittlich 2,2% und bei Frauen um durchschnittlich 1% pro Jahr gestiegen.

Die altersstandardisierte Mortalitätsrate betrug bei Männern 1,3/100.000 und bei Frauen 1,1/100.000. Die Mortalitätsraten waren in den letzten zehn Jahren bei beiden Geschlechtern nahezu konstant (Männer durchschnittlich +0,1%, Frauen durchschnittlich +0,6% pro Jahr).

Abbildung 1: Inzidenz und Mortalität der Weichteilsarkome in Deutschland [59] 
Inzidenz und Mortalität der Weichteilsarkome in Deutschland [59]
Abbildung 2: Altersstandardisierte Inzidenz und Mortalität der Weichteilsarkome in Deutschland [59]  
Altersstandardisierte Inzidenz und Mortalität der Weichteilsarkome in Deutschland 59

Das mittlere (mediane) Erkrankungsalter beträgt für Frauen 71, für Männer 70 Jahre. Das mittlere (mediane) Sterbealter betrug für Frauen 74, für Männer 72 Jahre, siehe Abbildung 3.

Abbildung 3: Altersspezifische Inzidenzraten und Fallzahlen [59] 
Altersspezifische Inzidenzraten und Fallzahlen 59

Die Erkrankungsraten für Männer und Frauen sind etwa bis zum 70. Lebensjahr sehr ähnlich. Danach nimmt die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei Männern deutlich stärker zu als die der Frauen und liegt in der höchsten Altersgruppe bei Männern fast doppelt so hoch. In der untersten Altersgruppe (unter 5 Jahre) erkranken etwa 11 von 1.000.000 Kindern. Danach nimmt die Erkrankungswahrscheinlichkeit wieder ab. Bei den 5 bis 10-Jährigen liegt sie unter 4 pro 1.000.000, steigt aber ab dann kontinuierlich an. Obwohl die höchsten Erkrankungsraten bei den über 80-Jährigen vorliegen, treten die meisten Erkrankungsfälle bei beiden Geschlechtern in der Altersgruppe 70 bis 80 Jahre auf. Dieses ist mit der höheren Bevölkerungszahl in dieser Altersgruppe zu erklären.

Für die Gruppe des Weichteilgewebes inklusive des Kaposi-Sarkoms (ICD-10: C46) und der bösartigen Neubildungen der peripheren Nerven und des autonomen Nervensystems (ICD-10: C47; beide zusammen machen weniger als 10% der Gesamtgruppe C46-C49 aus) weist das Zentrum für Krebsregisterdaten relative 5-Jahres-Überlebensraten von 62% für Männer und 52% für Frauen aus; die absoluten 5-Jahre-Überlebensraten liegen bei 54% (Männer) und 46% (Frauen).

2.3Pathogenese

Bei etwa einem Drittel der Weichgewebstumoren lassen sich spezifische molekulare Aberrationen nachweisen. Bei einigen Tumorentitäten haben sich aus dem Verständnis der Pathogenese therapeutische Strategien entwickelt, die teilweise sehr erfolgreich sind, z.B. bei GIST, inflammatorischen myofibroblastären Tumoren, dem tenosynovialen Riesenzelltumor, dem PECom, dem Dermatofibrosarcoma protuberans und den hochdifferenzierten/dedifferenzierten Liposarkomen. Häufiger jedoch ist der Pathomechanismus spezifischer genetischer Alterationen noch nicht ausreichend verstanden, um den Nachweis therapeutisch nutzbar machen zu können.

2.4Risikofaktoren

Das Risiko, an einem Sarkom zu erkranken, wird durch folgende Faktoren erhöht:

  • hereditär

    • Li-Fraumeni-Syndrom mit Keimbahnmutation im TP53 Gen; bei ca. 10-20% der Betroffenen treten Weichgewebssarkome auf, meist Rhabdomyosarkome, Fibrosarkome oder undifferenzierte pleomorphe Sarkome

    • hereditäres Retinoblastom mit Keimbahnmutation im RB1-Gen; erhöhtes Risiko für das Auftreten von Leiomyosarkomen

    • Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP) mit Keimbahnmutationen innerhalb des APC Gens; ca. 7-16% der Betroffenen entwickeln Desmoid-Fibromatosen.

    • Neurofibromatose mit Keimbahnmutation im NF1-Gen; bei 5-10% der Betroffenen treten maligne periphere Nervenscheidentumoren (MPNST) und gastrointestinale Stromatumoren (GIST) bei 4-25% der NF-1 Patienten auf.

    • Carney-Stratakis-Syndrom mit erhöhtem Risiko für gastrointestinale Stromatumoren (GIST)

  • infektiös

    • Humanes Herpes Virus Typ 8 (Kaposi Sarcoma Herpes Virus) beim Kaposi-Sarkom

  • toxisch

    • Strahlentherapie vor allem bei Exposition im jüngeren Alter (<55 Jahre); am häufigsten sind undifferenzierte pleomorphe Sarkome und Angiosarkome [155165]

Die Mehrzahl der Sarkome entsteht sporadisch, ohne erkennbaren Hinweis auf spezifische Risikofaktoren.

3Vorbeugung und Früherkennung

Es gibt keine Evidenz für wirksame Maßnahmen zur Vorbeugung und Früherkennung in der Bevölkerung. Ausgenommen sind Personen mit bekannter hereditärer Disposition.

4Klinisches Bild

4.1Symptome

Sarkom-typische Symptome existieren nicht. Sicht- oder tastbare, umschriebene, progrediente Verhärtungen oder Raumforderungen der oberflächlichen Weich-/Stützgewebe sind als primär Sarkom-suspekt zu klassifizieren. Erst bei deutlicher Zunahme der Tumorgröße führen tief in den Extremitäten gelegene bzw. intrathorakal und vor allem intraabdominell lokalisierte Sarkome zu Symptomen durch Verdrängung und Kompression. Bei tiefer gelegenen Sarkomen der Extremitäten werden diese klinisch nicht selten zunächst fälschlich als ‚Hämatome‘ eingeordnet.

5Diagnose

5.1[Kapitel nicht relevant]

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

Das diagnostische Vorgehen bei klinischem Verdacht auf ein Weichgewebssarkom ist in Abbildung 4 dargestellt.

Abbildung 4: Algorithmus für die Diagnostik bei klinischem Verdacht auf ein Weichgewebssarkom  
1 MRT – Magnetresonanztomographie bei Lokalisation in den Extremitäten oder am Körperstamm; 2 CT – Computertomographie bei abdomineller oder retroperitonealer Lokalisation;
5.2.1.1Bildgebende Diagnostik

Bei Verdacht auf ein Weichgewebssarkom erfolgt die lokale Ausbreitungsdiagnostik vor Durchführung der Biopsie. Methode der Wahl ist die Magnetresonanztomographie (MRT) mit Kontrastmittel. Bei Kontraindikationen für ein MRT oder v.a. auf eine ossäre Beteiligung werden eine Computertomographie (CT), konventionelle Röntgen-Untersuchungen und eine Sonographie durchgeführt. In Einzelfällen kann eine ergänzende PET-CT Untersuchung sinnvoll sein.

Die systemische Ausbreitungsdiagnostik erfolgt nach histologischer Diagnosesicherung mittels einer CT-Untersuchung von Thorax, Abdomen/Becken. In Einzelfällen kann eine Ganzkörper-MRT-Untersuchung sinnvoll sein.

5.2.1.2Biopsie

Die Biopsie erfolgt bei Verdacht auf ein Weichgewebssarkom nach der bildgebenden Diagnostik, nicht vorher. Ziel ist es, ausreichend repräsentatives Tumorgewebe für die histopathologische, immunhistochemische und molekularpathologische Klassifikation zu erhalten. Die Biopsie sollte zweckmäßigerweise an der Institution erfolgen, an der auch die weitere interdisziplinäre Therapie vorgehalten wird. Sie soll mit dem Sarkom-erfahrenen Operateur geplant werden, der die definitive Tumorresektion durchführt. Mögliche Verfahren sind die offene Inzisionsbiopsie oder die bildgebend gestützte Stanzbiopsie. In onkologischen Zentren liegt die diagnostische Sicherheit der Stanzbiopsie bei 97%. Dementsprechend ist die Stanzbiopsie der Inzisionsbiopsie kaum unterlegen, sollte aber in interdisziplinärer Absprache mit dem späteren Operateur, den Strahlentherapeuten und mit dem Pathologen erfolgen [3133].

Im Falle einer Inzisionsbiopsie ist diese an den Extremitäten immer im Längsverlauf durchzuführen und die obligate Wunddrainage am Ende des Hautschnittes auszuleiten, um einem Hämatom, das zu einer Tumorzellkontamination unbeteiligter Kompartimente führen könnte, vorzubeugen.

Eine Feinnadelaspirationsbiopsie ist in der Sarkom-Diagnostik zumeist nicht ausreichend und daher nur in wenigen ausgewählten Fällen und nur an spezialisierten Zentren vertretbar.

Bei kleinen (< 3cm) und oberflächlich (kutan, subkutan) lokalisierten Weichgewebstumoren kann eine primäre Resektion erwogen werden, wenn kein funktionelles Defizit zu erwarten ist [36].

5.2.1.3Pathologie

Aufgrund der Seltenheit und der Vielfalt der Sarkome soll eine Begutachtung durch spezialisierte Referenzzentren erfolgen, wobei diese bislang formal nicht definiert sind. Die Typisierung von Weichgewebstumoren erfolgt gemäß phänotypischer Differenzierungsmerkmale des jeweils vorherrschenden Zelltyps, ergänzt durch immunhistochemische und molekularpathologische Untersuchungsmethoden zur Typisierung und zur Bestimmung der Subtypen [71].

5.3Klassifikation

5.3.1Subtypen

5.3.1.1Histologie

Die häufigsten Weichgewebstumoren des Erwachsenen sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Tabelle 1: Relative Häufigkeit verschiedener Subtypen von Weichgewebstumoren (ICD10 C48 und C49) des Erwachsenen in Deutschland* (%) 

Histologischer Subtyp

N

Anteil in %

Angiosarkome

135

5,7

Chondrosarkome

16

0,7

Chordome

6

0,3

Ewing-Familie

31

1,4

Fibrosarkome (außer pleomorphe Sarkome, Dermatofibrosarkome)

231

9,7

Dermatofibrosarkome

29

1,2

Pleomorphe Sarkome (früher maligne fibröse Histiozytome (MFH)

149

6,3

Gastrointestinale Stromatumoren (GIST)

11

0,5

Leiomyosarkome

352

14,8

Liposarkome

549

23,1

Maligne periphere Nervenscheidentumoren (MPNST)**

23

1,0

Osteosarkome

4

0,2

Rhabdomyosarkome

52

2,2

Synovialsarkome

108

4,5

Klarzellsarkome

18

0,8

Sarkome, nicht weiter spezifiziert

658

27,6

Epitheloide Sarkome

28

1,2

Komplexe Neoplasien (ohne Synovialsarkome)

27

1,2

Alveoläre Weichgewebssarkome

10

0,3

Riesenzellneoplasien

1

0,0

Gesamt

100

*ohne Baden-Württemberg, Diagnosejahr 2013, gepoolter Datensatz des Zentrums für Krebsregisterdaten, siehe: Ressing M, Wardelmann E, Hohenberger P et al.,Strengthening health data on a rare and heterogeneous disease: sarcoma incidence and histological subtypes in Germany, BMC Public Health. 2018 Feb 12;18(1):235. DOI:10.1186/s12889-018-5131-4.**inkl. eines bösartigen Neurinoms

Häufigkeiten in anderen Registern können durch unterschiedliche Erfassung von Patienten und abweichende, histologische Klassifikationen andere Verteilungen aufweisen [130].

5.3.1.2Histopathologisches Grading

Das in Europa üblicherweise verwendete Grading-System ist das von Coindre et al. entwickelte 3-gradige Klassifikationsschema der französischen Fédération Nationale des Centres de Lutte Contre le Cancer (FNCLCC) [22], siehe Tabelle 2.

Tabelle 2: Histopathologische Grading-Systeme [22149] 

zweistufig

dreistufig

niedriggradig

Grad 1

hochgradig

Grad 2

Grad 3

Das Ewing-Sarkom der Weichteile und der periphere primitive neuroektodermale Tumor (pPNET) werden als G4 klassifiziert.

Nicht allen Sarkomen wird ein Grading zugeordnet. Einige Entitäten, z. B. das Angiosarkom, gelten per se als „G3“.

5.3.2Stadien und Stadieneinteilung

Prognostisch sind neben dem histopathologischen Differenzierungsgrad (Grading) die Tumorgröße und die Tumorlokalisation (oberflächliche vs. tiefsitzende Tumoren) relevant; diese drei Prognosefaktoren bilden die Grundlage der Stadieneinteilung der UICC bzw. AJCC [149].

Die Stadieneinteilung betrifft Weichteiltumoren in diesen anatomischen Bezirken und Unterbezirken:

  • Bindegewebe, subkutanes und andere Weichgewebe (C49), periphere Nerven (C47)

  • Retroperitoneum (C48.0)

  • Mediastinum: vorderes (C38.1), hinteres (C38.2), ohne nähere Angaben (C38.3)

Für die folgenden histologischen Tumortypen gilt diese Klassifikation nicht:

  • Kaposi-Sarkom

  • Dermatofibrosarcoma (protuberans)

  • Fibromatose (Desmoid-Tumor)

  • Sarkome mit Ursprung in der Dura mater, im Gehirn, in parenchymatösen oder Hohlorganen (ausgenommen Sarkome der Brust)

  • Angiosarkome, deren schwer abschätzbarer klinischer Verlauf nicht durch die Klassifikation abgebildet wird.

Die kurzgefasste TNM-Klassifikation für Weichteiltumoren ist in Tabelle 3, die Stadieneinteilung in Tabelle 4 dargestellt.

Tabelle 3: Kurzgefasste TNM-Klassifikation für Weichteiltumoren (UICC/AJCC 2017, [149150])  

Klassifikation

Extremitäten und oberflächlicher Stamm

Retroperitoneum

Kopf-Hals-Bereich

Eingeweide des Thorax und Abdomens

TX

Primärtumor kann nicht beurteilt werden

T0

kein Anhalt für Primärtumor

T1

Tumor ≤5 cm

Tumor ≤5 cm

Tumor ≤2 cm

Tumor begrenzt auf ein Organ

T2a

 

T2

Tumor >5 ≤10 cm

T2

Tumor >5 ≤10 cm

T2

Tumor >2 ≤4 cm

Tumor infiltriert Serosa des viszeralen Peritoneums (kein Durchbruch)

T2b

Tumor mit mikroskopischer Ausbreitung jenseits der Serosa

T3

Tumor >10 ≤15 cm

Tumor >10 ≤15 cm

Tumor >4 cm

Tumor infiltriert ein zusätzliches Organ oder makroskopische Ausbreitung jenseits der Serosa

T4a

T4

Tumor >15 cm

T4

Tumor >15 cm

T4a

Tumor infiltriert die Orbita, Schädelbasis oder Dura, zentrale Eingeweide, Gesichtsknochen oder Musculi pterygoidei

Multifokaler Tumor mit Beteiligung von mehr als zwei Lokalisationen in einem Organ

T4b

T4b

Tumor infiltriert Gehirn, prävertebrale Muskulatur, umschließt die A. carotis oder Beteiligung des ZNS durch eine perineurale Ausbreitung

Multifokaler Tumor mit Beteiligung von mehr als zwei, aber nicht mehr als fünf Bezirken

T4c

Multifokaler Tumor mit Beteiligung von mehr als fünf Bezirken

NX*

regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden

N0*

keine regionäre Lymphknotenmetastasen

N1

regionäre Lymphknotenmetastasen

M0

keine Fernmetastasen

M1

Fernmetastasen

* Regionär sind diejenigen Lymphknoten, die der Lage des Primärtumors entsprechen. Regionäre Lymphknotenmetastasen sind selten. Fälle, bei denen der Nodalstatus weder klinisch noch pathologisch bestimmt wird, können als N0 anstelle von NX oder pNX klassifiziert werden.
Tabelle 4: Stadieneinteilung – Extremitäten und oberflächlicher Stamm, Retroperitoneum (UICC/AJCC 2017 [149]) 

Stadium

T

N

M

Grading

dreistufig

Grading

zweistufig

IA

T1

N0

M0

G1

niedriggradig

IB

T2, T3

N0

M0

G1, GX

niedriggradig

II

T1

N0

M0

G2, G3

hochgradig

IIIA

T2

N0

M0

G2, G3

hochgradig

IIIB

T3, T4

N0

M0

G2, G3

hochmaligne

IIIC

jedes T

N1

M0

jeder

IV

jedes T

jedes N

M1

jeder

Bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich sowie den Eingeweiden des Thorax und Abdomens werden derzeit keine Stadien empfohlen.

5.4Prognostische Faktoren

Die Prognose wird neben den in die o.g. Stadieneinteilung eingehenden Parametern Grading, Tumorgröße und Lokalisation (tief – oberflächlich) u.a. auch durch den histopathologischen Subtyp, den Resektionsstatus und die Körperlokalisation mitbestimmt, siehe Tabelle 5. Die Abhängigkeit von der Körperlokalisation ist durch 5-Jahresüberlebensraten von ca. 70-75% für Extremitätensarkome, 50% für retro-/intraperitoneale Sarkome und GIST sowie von ca. 30-40% für Sarkome der Kopf-Hals-Region erkennbar.

Die 5-Jahresüberlebensraten in Abhängigkeit vom UICC/AJCC-Stadium beträgt ca. 85-96% im Stadium I, 72-78% im Stadium II, 50% im Stadium III und ca. 10% im Stadium IV.

Tabelle 5: Prognose erwachsener Patienten mit Weichgewebssarkom entsprechend Malignitätsgrad, Stadium bzw. Risikofaktoren 

5-Jahres-Überlebensrate entspr. dem Malignitätsgrad

metastasenfreie 5-Jahres-Überlebensrate*

G1: 80-90 %

RF 1: 94%

G2: 65-77 %

RF 2: 79%

G3: 42-50 %

RF 3: 49%

* nur Extremitäten-WTS; Risikofaktoren (RF): (i) hoher Malignitätsgrad, (ii) Tumorgröße > 5 cm, (iii) tiefe Lokalisation

Zur Prognosebestimmung unter Berücksichtigung der Lokalisation (Extremität vs. Nicht-Extremität), Malignitätsgrad, Tumorgröße, Lage (tief vs. oberflächlich) und Histologie wurden verschiedene Nomogramme für Weichgewebssarkome entwickelt [1825]. Diese sind nicht prädiktiv für den Einsatz spezifischer Therapiemaßnahmen.

6Therapie

6.1Therapiestruktur

Eine optimale Behandlungsstrategie für Weichgewebssarkome erfordert die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachbereiche bereits bei Diagnosestellung. Sie hat zwei Ziele: die lokoregionale Tumorkontrolle und die Prävention/Therapie der Fernmetastasierung. Die Behandlungsstrategie wird vom Tumorstadium, Prognosefaktoren wie Histologie, Grading, Größe und Lokalisation sowie patientenindividuellen Faktoren bestimmt.

6.2Therapiemodalitäten

6.2.1Operation (Chirurgische Therapie)

Die chirurgische Therapie ist die Basis der lokalen Tumorkontrolle. Das definierte Ziel ist die Resektion des Weichgewebssarkoms im Gesunden, die R0-Resektion. Die weite Resektion erfolgt bei extrakompartimentaler Tumorresektion, eine kompartimentorientierte Resektion bei intrakompartimentaler Tumorlokalisation. Je nach Histologie, Größe und Lokalisation schließt sich eine adjuvante Radiotherapie bei hochmalignen Tumoren an. Marginale (R1-Resektionen) oder intraläsionale Resektionen (R2-Resektion) sind onkologisch nicht anzustreben, da sie das Ziel der lokalen Tumorkontrolle auch unter Berücksichtigung adjuvanter Therapieoptionen in der Regel nicht erreichen.

Ist nach der Komplettierung des Stagings eine R0-Resektion im Stadium I-III [149] ohne einen mutilierenden Eingriff zu realisieren, so ist die chirurgische Therapie im Erwachsenalter primär indiziert. Anderenfalls sind neoadjuvante Therapieoptionen (z.B. systemische Chemotherapie +/- Hyperthermie, Radiotherapie, isolierte hypertherme Extremitätenperfusion) in der Therapieplanung interdisziplinär zu berücksichtigen. Marginale Tumorresektionen (R1-Resektion) entlang der Pseudotumorkapsel gehen mit einem deutlich erhöhten Lokalrezidivrisiko einher. Diese Pseudotumorkapsel ist in der Regel die aktive Wachstumsfront des Weichgewebssarkoms und nicht seine eigentliche Begrenzung. Histologisch konnten im peritumoralen Ödem vitale Tumorzellen nachgewiesen werden [162]. Dieser Aspekt scheint für die hohe Lokalrezidivrate verantwortlich zu sein. Ein onkologisch sicherer, metrischer Resektionsabstand ist bislang nicht definiert.

6.2.1.1Ungeplante Resektionen

„Ungeplante Resektionen“ (whoops procedures) werden am häufigsten bei oberflächlichen (subkutanen) und kleinen (< 5cm) Weichgewebssarkomen unter der Verdachtsdiagnose einer benignen Läsion vorgenommen. Bei ungeplanter Resektion eines Weichgewebssarkoms ist eine Nachresektion stets anzustreben, um eine lokale Tumorkontrolle realisieren zu können. Anhand zweier aktueller Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Lokalrezidivrate trotz Nachresektion nach primär ungeplanten Resektionen signifikant gegenüber den primär R0-resezierten Tumoren erhöht ist und häufiger plastische Rekonstruktionen erforderlich sind, jedoch das Gesamtüberleben nicht beeinflusst wird [1739].

6.2.1.2Sarkome der Extremitäten

Die meisten Weichgewebssarkome sind im Bereich der Extremitäten lokalisiert, die untere Extremität ist häufiger betroffen als die obere. Die Tumorresektion erfolgt stets unter der Mitnahme des Biopsiekanals und der Drainageausleitung der Biopsie. Eine Kompartimentresektion, d.h. Resektion des Muskels / der Muskelgruppe vom Ursprung bis zum Ansatz ist nur bei einer Tumorkontamination des gesamten Kompartiments indiziert. Liegen Ursprung und Ansatz des Muskels weit vom Tumor entfernt, können sie erhalten bleiben und für die Rekonstruktion unter funktionellen Aspekten verwandt werden. Ein Vorteil der Kompartimentresektion im Vergleich zur kompartimentorientierten Resektion ist nicht belegt. Extrakompartimental lokalisierte Weichgewebssarkome werden weit reseziert, wobei eine exakte Definition des Begriffes „weit“ nicht besteht. Methoden der Erfassung sind die Resektionsrandbestimmung nach Enneking und metrische Angaben des Resektionsrandes. Unter Ausnutzung additiver Therapieverfahren kann durch die Mitresektion gesunder Hüllschichten (z.B. Muskelfaszie, Periost, Knochenlamelle, Epineurektomie, Gefäßadventitia etc.) eine R0-Resektion erreicht werden.

Plastisch-rekonstruktive Verfahren sind bei etwa 25% der Patienten mit einem Weichgewebssarkom erforderlich und gehen mit einer hohen Erfolgsquote einher. Bei freien Transplantaten dominieren freie anterolaterale Oberschenkel- (ALT) und M. latissimus dorsi-Flaps, bei denen es sich um myokutane bestrahlungsfähige Transplantate handelt. Die Komplikationen sind trotz der häufig applizierten prä- oder postoperativen Strahlentherapie sowie der systemischen Chemotherapie tolerabel und stellen keine Limitation dieses Vorgehens dar. Eine Verbesserung der Funktionalität resultiert nur selten.

Im Falle einer tumorösen Gefäßinfiltration muss nicht zwingend eine Amputation erforderlich werden. Nach der Tumorresektion inklusive der Gefäßstrukturen gibt es vielfältige Rekonstruktionsmöglichkeiten im Bereich der Extremitäten mittels autologer Interponate (z.B. Vena saphena magna, reversed) oder Gefäßprothesen [7883]. Die Verfahren gehen jedoch mit einer erhöhten Komplikationsrate einher. Wesentlich problematischer ist die Mitresektion funktionell wichtiger Nerven, wie z.B. des N. ischiadicus und N. femoralis [68]. Rekonstruktionen sind hier kaum möglich und selten erfolgversprechend. Insbesondere Spätkomplikationen wie ein erhöhtes Unfallrisiko, Frakturen oder trophische Ulzera, die zur Amputation führen können, sind zu berücksichtigen.

Die Indikation zur Amputation resultiert erst nach Ausschöpfung aller multimodalen Therapieoptionen. Sie kann gerechtfertigt sein bei einer Tumorinfiltration von funktionell wichtigen Nervensträngen, die nach einer Resektion eine funktionslose Extremität hinterlassen würde. Weitere Indikationen können Tumorexulzeration mit Superinfektion und Sepsis oder eine konservativ nicht zu kontrollierende Tumorblutung darstellen. Im metastasierten Stadium der Erkrankung kann sie auch mit dem Ziel der Optimierung der Betreuung indiziert sein. Die Einholung einer Zweitmeinung ist vor diesem Eingriff zu erwägen, wobei auch alle Optionen der präoperativen Chemo-/Strahlentherapie und der (palliativen) isolierten Extremitätenperfusion zu berücksichtigen sind [143].

6.2.1.3Sarkome des Körperstammes

Hinsichtlich der operativen Therapie gelten die gleichen Richtlinien wie bei den Extremitäten – Ziel ist die R0-Resektion. Ist dieses Ziel primär nicht zu realisieren, kommen die bereits aufgeführten neoadjuvanten Therapiekonzepte mit dem Ziel der lokalen Remission zum Tragen. Plastische Rekonstruktionen sind hier häufiger notwendig als bei Weichgewebssarkomen der Extremitäten. Sie setzen sich aus Thoraxwand- und Bauchwandrekonstruktionen mit verschiedenen Techniken und Implantaten (freie und lokale Lappenplastiken, Goretex-Patch, Prolene-Netzen etc.) zusammen.

6.2.1.4Sarkome des Retroperitoneums

Weichgewebssarkome des Retroperitoneums werden aufgrund der unspezifischen klinischen Symptomatik häufig erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Vor der operativen Therapie ist die histologische Sicherung erforderlich, um die nicht seltenen gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) oder maligne Lymphome auszuschließen, die eine grundsätzlich andere therapeutische Konsequenz nach sich ziehen würden. Für uterine Sarkome gibt es eigene Empfehlungen [5].

Auch bei den retroperitonealen Sarkomen ist die Heilung nur durch eine R0-Resektion zu erreichen. Diese ist in den meisten Fällen nur durch eine multiviszerale Resektion zu realisieren und stets individuell in Abhängigkeit von der Lokalisation zu planen [128]. Die Rate an R1-Resektionen ist im Vergleich zu den Extremitätensarkomen erhöht. Liegt primär keine Resektabilität vor, so sind neoadjuvante Therapiekonzepte indiziert. Bei der operativen Therapieplanung ist zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit einer adjuvanten Radiotherapie im Vergleich zu den Extremitätensarkomen deutlich eingeschränkt ist, da sich postoperativ häufig intestinale Organe im Bereich des ehemaligen Tumorbettes befinden. Die EORTC 62092-22092 STRASS-Studie zur Klärung der Rolle der neoadjuvanten Radiotherapie bei retroperitonealen Sarkomen ist noch nicht abgeschlossen.

6.2.1.5Metastasenchirurgie
6.2.1.5.1Lungenmetastasen

Die Lunge ist das häufigste Zielorgan der Metastasierung von Weichgewebssarkomen. Die Resektion von Lungenmetastasen ist etabliert und Bestandteil des Therapiekonzepts [112], obwohl es keine randomisierten Phase III-Studien zu dieser Fragestellung gibt. Es kann daher nur auf retrospektive Studien zurückgegriffen werden. Relevante Entscheidungskriterien sind u. a. vorheriges rezidivfreies Intervall, Histologie, Anzahl und Lokalisation der Metastasen. Für selektierte Patienten liegt das 5-Jahres-Überleben nach einer chirurgischen Therapie von Lungenmetastasen von Weichgewebssarkomen zwischen 25 und 37,6%. Nur eine komplette chirurgische Resektion der Lungenmetastasen stellt einen positiven prognostischen Faktor dar. Ob eine additive Chemotherapie und Metastasenresektionen einen prognostischen Einfluss auf das Überleben haben, ist nicht belegt. Weiterhin ist nicht erwiesen, ob minimal invasive Techniken, inklusive der Laser-gestützten Resektionen der offenen Thoraxchirurgie über- oder unterlegen sind.

6.2.1.5.2Lymphknotenmetastasen

Die generelle Indikation zur Lymphknotendissektion ist bei Weichgewebssarkomen aufgrund der geringen Inzidenz (<5%) obsolet. Nur bei Nachweis einer lymphogenen Metastasierung bei Patienten mit Klarzellsarkom, epitheloidem Sarkom oder Synovialsarkom wird sie in Erwägung gezogen, auch wenn es keine Daten für einen Überlebensvorteil gibt. Der Stellenwert der „Sentinel Node-Biopsie“ ist bei Weichgewebssarkomen noch nicht belegt [3]. Erste Studien zeigen, dass diese Methode wahrscheinlich keinen klinischen Stellenwert haben wird.

6.2.1.6Therapieoptionen bei Lokalrezidiven

Die chirurgische Therapie des Lokalrezidivs entspricht der des Primärtumors, die ausschließlich interdisziplinär und unter Berücksichtigung des Stagings, der Tumorentität, der Lokalisation, des Alters und des rezidivfreien Intervalls erfolgt.

6.2.2Strahlentherapie

Die Strahlentherapie hat im multimodalen Therapiekonzept einen wesentlichen Stellenwert. Sie erlaubt z.B. eine Extremitäten-erhaltende Operation, wobei mithilfe der Strahlentherapie in bis zu 90% der Fälle eine lokale Kontrolle zu erzielen ist. Auf diese Weise können radikalchirurgische Maßnahmen wie Amputation oder Kompartimentresektion, die in der Regel mit einer Funktionseinbuße bzw. Mutilation verbunden sind, vermieden werden. Standardverfahren ist die postoperative Strahlentherapie. Im Rahmen der Primär-/Rezidiv-Therapiestrategie können auch die prä- und die intraoperative Bestrahlung, die alleinige Strahlentherapie und die Hyperthermie zum Einsatz kommen.

6.2.2.1Präoperative Strahlentherapie

Eine Strahlentherapie kann im interdisziplinären Therapiekonzept prä- oder postoperativ durchgeführt werden. Beim präoperativen Einsatz wird die perkutane Bestrahlung mit 50 Gy am Linearbeschleuniger mit hochenergetischen Photonen (6-18 MV) appliziert, danach folgt ein Intervall von 4-6 Wochen bis zur Operation.

Bei nicht sicher zu erwartender R0-Resektion und/oder ausgedehnter Feldgröße kann einer präoperativen Bestrahlung der Vorzug gegenüber der postoperativen Bestrahlung gegeben werden. Bei lokal fortgeschrittenen, primär nicht R0-resektablen Tumoren sind dabei auch die Indikationen zu kombinierten, multimodalen Konzepten wie kombinierter Chemo- plus Strahlentherapie oder Chemotherapie plus regionale Hyperthermie zu prüfen. An der unteren Extremität ist eine präoperative Strahlentherapie mit einer höheren Rate von Wundkomplikationen assoziiert; dies erfordert häufig spezielle OP-Techniken des Wundverschlusses. Langfristig ist die präoperative Strahlentherapie – bei häufig geringerer Feldgröße und Strahlendosis – mit einer geringeren Morbidität assoziiert. Hinsichtlich Lokalrezidivrate und progressionsfreiem Überleben sind die prä- und postoperative Strahlentherapie von Extremitätensarkomen gleichwertig.

6.2.2.2Postoperative Strahlentherapie

Durch die postoperative perkutane Bestrahlung mit hochenergetischen Photonen (6-18 MV) eines Linearbeschleunigers werden bei R0-resezierten Tumoren 5-Jahres-Lokalkontrollraten von 72-90% erzielt. Indikationen sind in Tabelle 6 zusammengestellt.

Tabelle 6: Indikationen zur postoperativen Strahlentherapie 

Grading / Resektion

Indikation

Anmerkungen

G1-Tumoren

nach marginaler und intraläsionaler Resektion

falls keine R0-Nachresektion möglich ist

G2/G3-Tumoren

nach intraläsionaler Resektion

bei R2: vorherige Nachresektion erforderlich*

nach R1-Resektion

vorherige Nachresektion, falls möglich*

nach R0-Resektion bei tief infiltrativ wachsenden und großen Tumoren

in Abhängigkeit von Lokalisation, Histologie und individuellen Risikofaktoren

* Signifikant schlechtere lokale Kontrollraten nach R1/2-Resektion vs. R0-Resektion [17]

Bei G2/G3 Tumoren ist die Lokalrezidivrate nach weiter Exzision plus postoperativer Radiotherapie vergleichbar mit radikaler Resektion ohne postoperative Radiotherapie (≤ 15-20%).

Modalitäten der postoperativen Strahlentherapie sind

  • Beginn innerhalb von 6 Wochen postoperativ

  • Dosierung mit 60-66 Gy in konventioneller Fraktionierung

6.2.2.3Intraoperative Strahlentherapie (IORT)

Eine neuere Option der Radiatio ist die intraoperative Strahlentherapie (IORT). Mögliche Indikationen sind Tumorlokalisationen (z.B. Retroperitoneum), die keine weite Resektion erlauben und bei denen eine hochdosierte perkutane Bestrahlung wegen benachbarter Risikoorgane (z.B. Dünn- und Dickdarm) zu toxisch wäre. Die Einzeldosis liegt bei 15-20 Gy (kleinvolumiger Boost), eine Dosisaufsättigung kann durch prä- oder postoperative Strahlentherapie erfolgen. Der Vorteil der IORT hinsichtlich der langfristigen Gesamtüberlebensrate ist nicht gesichert, eine umfassende Bewertung auf der Basis randomisierter Studien auch unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen steht aus.

6.2.2.4Alleinige Strahlentherapie

Diese ist selten indiziert bei aus internistisch/anästhesiologischer Sicht inoperablen Tumoren, falls eine multimodale Therapie nicht durchführbar ist. Mit Photonen (≥70 Gy in konventioneller Fraktionierung) können in Abhängigkeit von der Tumorgröße lokale Kontrollraten von 33-88% erzielt werden.

6.2.2.5Regionale Hyperthermie (RHT)

Die Kombination von prä- und postoperativer Chemotherapie mit regionaler Hyperthermie (± Strahlentherapie) bei lokal fortgeschrittenen Hochrisiko-Weichgewebssarkomen (≥5cm, G2/3) führte in einer Phase III-Studie zur Verbesserung der lokalen Tumorkontrollrate [60] und nach längerer Nachbeobachtung auch zu einer Verlängerung der Überlebenszeit [61]. Die regionale Hyperthermie kann im Rahmen multimodaler Therapieansätze an geeigneten Zentren als zusätzliche Option erwogen werden.

6.2.3[Kapitel nicht relevant]

6.2.4Medikamentöse Tumortherapie

6.2.4.1Neoadjuvante (präoperative) / adjuvante Chemotherapie bei lokal begrenzten Sarkomen
6.2.4.1.1Klein-, blau-, rundzellige Sarkome

Hierzu zählen Rhabdomyosarkome, Ewing-Sarkome/PNET und desmoplastische Weichteilsarkome (desmoplastic small round cell tumor (DSRCT). Hier gelten (neo)adjuvante Therapieempfehlungen im Kontext laufender Studien / Leitlinien [243649].

6.2.4.1.2Weichgewebssarkome (mit Ausnahme der klein-, blau- und rundzelligen Sarkome)

Für die übrigen Weichgewebssarkome wird der Stellenwert der adjuvanten Chemotherapie mit Anthrazyklinen ± Ifosfamid international uneinheitlich bewertet und eine adjuvante Chemotherapie nicht generell empfohlen.

Die SMAC-Metaanalyse [121] fand signifikante Risikoreduktionen hinsichtlich der Raten eines lokalen Tumorrezidivs, einer Fernmetastasierung sowie des krankheitsfreien Überlebens. Bezüglich des Gesamtüberlebens zeigte sich eine nicht signifikante Verbesserung der Überlebensrate um 4% nach 10 Jahren. Hingegen fand sich in der Subgruppe der Patienten mit Extremitäten-WTS eine statistisch signifikante Verbesserung der Überlebensrate um 7%. In der Folgezeit dieser Analyse wurden nur noch wenige Studien publiziert. Unter Integration dieser Daten berichtete kürzlich eine kanadische Metaanalyse signifikante Vorteile durch eine adjuvante Chemotherapie für alle untersuchten Endpunkte: Lokalrezidivrate, Fernmetastasierungsrate und Gesamtüberleben [111]. Dabei beinhaltet die kanadische Metaanalyse nicht die Daten der EORTC-Studie 62931, in die 350 Patienten eingeschlossen wurden und die in keinem der Endpunkte einen Vorteil durch die Chemotherapie beschrieb, siehe Tabelle 7.

Tabelle 7: Metaanalysen prospektiver, randomisierter Studien zur adjuvanten Chemotherapie von Weichgewebssarkomen des Erwachsenen 

Fernmetastasen-freie Überlebensrate1

Gesamtüberlebensrate

N

absolut

p

absolut

P

SMAC [112]

Alle

10% ↑

0,0003

4% ↑

0,12

Extremitäten

886

-

-

7% ↑

0,029

Ontario [102]

Alle

10% ↑

0,03

11% ↑

0,03

O’Connor [97]

Alle

34% ↓2

0,000

5% ↑

0,02

Woll [150]

alle

k.A.3

k.A.

14%2

0,02

1 Fernmetastasen-freie Überlebensrate - distant disease-free survival rate (DDFS-rate); 2 Risikoreduktion; 3 k.A. – keine Angaben

In einer weiteren Metaanalyse unter Einschluss der EORTC-Studie wurden wie in der kanadischen Metaanalyse signifikante Vorteile in allen o.g. Endpunkten beschrieben, inkl. eines absoluten Überlebensvorteils von 4,8% (p=0,02) [97]. Einen vergleichbaren Effekt beschrieb eine andere Metaanalyse unter Einschluss der Daten der EORTC-Studie; hier betrug die Risikoreduktion hinsichtlich des Überlebens 14% (p=0,02) [163]

In einer kürzlich publizierten retrospektiven Studie der ‚French Sarcoma Group’ wurde der Effekt einer adjuvanten, anthrazyklinhaltigen Chemotherapie in Abhängigkeit vom histopathologischen Malignitätsgrad untersucht. Hierbei fanden sich signifikante Vorteile bzgl. des metastasenfreien Überlebens sowie des Gesamtüberlebens bei Patienten mit G3-, nicht jedoch bei G2-Sarkomen. So lagen das metastasenfreie Überleben und das Gesamtüberleben mit adjuvanter Chemotherapie bei G3-Sarkomen um 9% (p=0,01) bzw. 13% (p=0,0002) höher als in der chemotherapiefreien Kontrollgruppe [6263].

In einer weiteren retrospektiven Analyse wurden US-amerikanische Patienten im Stadium III untersucht, die in der ‚National Cancer Database‘ (NCDB) registriert waren und die im Zeitraum von 1998-2010 diagnostiziert und behandelt wurden [91]. Ausgeschlossen wurden Patienten mit eher chemotherapierefraktären Tumoren wie z.B. gut differenzierten Liposarkomen (WDLPS), Klarzellsarkomen (CSS), solitären fibrösen Tumoren (SFT), DFSP, alveolären WTS, GIST, ESS, DSRCT, Knochentumoren und epitheloiden Hämangioendotheliomen (EHE). Die Überlebensanalyse wurde begrenzt auf Patienten mit Diagnosestellung zwischen 2003 und 2007. Von insgesamt 16.370 Pat. mit Stadium III-WTS erhielten 27% eine adjuvante Chemotherapie. Häufigste Entitäten waren undifferenzierte pleomorphe Sarkome (UPS), Liposarkome und Leiomyosarkome. Für die Überlebensanalyse auswertbar waren 5.377 Patienten, von denen 1.494 eine Chemotherapie erhalten hatten. Die unkorrigierten medianen Überlebenszeiten betrugen 82,7 bzw. 51,3 Monate für die mit bzw. ohne Chemotherapie behandelten Patienten (p<0,001). Nach Korrektur für soziodemographische und tumorbezogene Faktoren war der Vorteil für die Chemotherapie weiterhin signifikant (Hazard ratio 0,85; p< 0,004; Median plus 12 Monate). Bei univariater Analyse ergaben sich Vorteile für Patienten mit UPS, Angiosarkom, DDLPS, LMS und Sarkomen, die als „andere Histologien“ bezeichnet wurden. In der multivariaten Analyse war der Vorteil signifikant für Patienten mit UPS (HR 0,11; p=0,02; Median plus 18,7 Monate). Die Vorteile zugunsten der Chemotherapie zeigten sich erst nach 2 Jahren und zwar vor allem bei Patienten mit UPS und Leiomyosarkomen.

Erste Daten der ISG-STS 1001-Studie zeigen, dass eine neoadjuvante Therapie mit drei Zyklen Epirubicin/Ifosfamid gegenüber jeweils drei Zyklen einer Histologie-adaptierten Therapie (myxoides Liposarkom: Trabectedin; Leiomyosarkom: Gemcitabin/DTIC; undifferenziertes pleomorphes Sarkom: Gemcitabin/Docetaxel; Synovialsarkom: hochdosiertes Ifosfamid, maligner peripherer Nervenscheidentumor: Ifosfamid/Etoposid; jeweils 3 Zyklen) nach 46 Monaten zu einer höheren rezidivfreien Überlebensrate (62 vs 38%, p=0,004) und Gesamtüberlebensrate (89 vs 64%, p=0,033) führt [50]. Unklar in der Interpretation der ISG-STS 1001-Studie ist, ob die Überlegenheit der neoadjuvanten Therapie mit Epirubicin/Ifosfamid oder eher die Unterlegenheit der Histologie-adaptierten Therapie gezeigt wurde. Auf der Basis der ISG-STS 1001-Studie kann eine neoadjuvante Chemotherapie bei Patienten mit hochmalignem, chemosensitivem Sarkom im Stadium III mit adäquater Herz- und Nierenfunktion erwogen werden, wobei die Entscheidung über eine (neo)adjuvante Chemotherapie interdisziplinär bzw. in Absprache mit einem Sarkomzentrum getroffen werden soll.

Zusammenfassend zeigen die Daten der beiden größten prospektiven, randomisierten (EORTC-)Studien keine Vorteile für eine adjuvante Chemotherapie im jeweiligen Studienkollektiv. Hingegen zeigen die Daten der Metaanalysen, retrospektiver Analysen, Analysen von Subgruppen sowie einer kleinen prospektiv randomisierten italienischen Studie Überlebensvorteile zugunsten der adjuvanten Chemotherapie im Bereich von 4-11%. Vorteile fanden sich dabei vorwiegend bei Patienten mit Hochrisikosarkomen (>5-10 cm, hoher Malignitätsgrad, tiefe Lokalisation, Extremitätensarkome), die eine ausreichend dosierte (Kombinations-)Chemotherapie erhielten. Eine vorläufige Bestätigung der Annahme, dass eine perioperative Chemotherapie mit Anthrazyklin/Ifosfamid zu einem prognostischen Vorteil bei Patienten im Stadium III führen kann, beruht auf den aktuellen Daten der ISG-STS 1001-Studie. Allerdings ist die mediane Beobachtungsdauer dieser Analyse mit einem Median von 1 Jahr noch recht kurz [50].

Gestützt wird die Empfehlung, Patienten mit hohem Rezidivrisiko eine adjuvante Therapie anzubieten, durch eine retrospektive, risikoadaptierte Subgruppenanalyse der EORTC-Studie 62931, die auf dem ASCO Meeting 2018 vorgestellt wurde. Für Patienten, die nach der „SARCULATOR“ Risikoanalyse eine Überlebenswahrscheinlichkeit von ≤51% haben, ergab sich ein signifikanter Vorteil durch die adjuvante Chemotherapie (HR 0.46, p=0.033; 8-Jahresüberleben 42% vs 21%). In diese Risikoanalyse gingen Patientenalter, Tumorgröße, Grading sowie der jeweilige histologische Subtyp ein (www.sarculator.com). Für alle anderen Patienten konnte kein Vorteil durch eine adjuvante Chemotherapie gezeigt werden [103].

Eine (neo)adjuvante Chemotherapie ist in der Regel nicht indiziert bei niedrigmalignen Sarkomen, einer Tumorgröße <5 cm sowie Chemotherapie-(Doxorubicin/Ifosfamid-) insensitiven Entitäten wie gut differenzierten Liposarkomen (WDLPS), Klarzellsarkomen (CSS), solitären fibrösen Tumoren (SFT), DFSP, alveolären WTS, GIST, ESS, DSRCT, Knochentumoren und epitheloiden Hämangioendotheliomen (EHE).

6.2.4.2Präoperative/neoadjuvante Therapiekonzepte bei lokal fortgeschrittenen Sarkomen in der Primär- oder Rezidivtherapie
6.2.4.2.1Systemische Therapie

Bei fortgeschrittenen Sarkomen der Stadien IIB und III (≥2 der Risikofaktoren: hoher Malignitätsgrad, Tumordurchmesser >5 cm, tiefe Lokalisation), bei denen nicht zuverlässig eine R0-Resektion mit ausreichendem Sicherheitsabstand erreicht werden kann, sind präoperative/neoadjuvante Therapieverfahren zu erwägen. Zu den präoperativen/neoadjuvanten Therapieverfahren zählen neben einer alleinigen Strahlentherapie vor allem Ansätze wie eine kombinierte Radiochemotherapie oder Chemotherapie mit regionaler Hyperthermie, ggfs. auch der Einsatz der isolierten Extremitätenperfusion mit TNF-alpha/Melphalan. Eine alleinige präoperative Chemotherapie kann bei bis ca. 30% der Patienten zu einer objektiven Remission führen, hatte bislang jedoch noch keinen klar definierten Stellenwert. Eine positive Neubewertung der alleinigen präoperativen Chemotherapie mit Anthrazyklin/Ifosfamid erfolgt derzeit durch die Ergebnisse der ISG-STS 1001-Studie, siehe Anhang Studienergebnisse. Die Entscheidung hinsichtlich der im Einzelfall geeigneten Therapie lokal fortgeschrittener und grenzwertig resektabler Sarkome sollte auf jeden Fall interdisziplinär mit/in einem Sarkomzentrum abgestimmt werden. Die Datenerfassung und Auswertung der Behandlungsergebnisse sollte in den Zentren – wenn möglich/vorhanden - prospektiv erfolgen.

6.2.4.2.2Isolierte Extremitätenperfusion (ILP) mit TNF-α und Melphalan

Dieses Therapieverfahren ist zu erwägen bei lokal fortgeschrittenen Extremitätensarkomen, die nicht im Gesunden und/oder nicht Extremitäten-erhaltend reseziert werden können [143]. Nach ILP und adäquater Resektion kann bei 78% der Patienten ein 5-Jahres-rezidivfreies Überleben erreicht werden. Hierbei kann durch eine Extremitätenperfusion im Vergleich zu einer Kombination aus Resektion und adjuvanter Strahlentherapie ein vergleichbares onkologisches Ergebnis mit häufigem Verzicht auf Bestrahlung erzielt werden [65]. Die ist z. B. für Patienten mit Li-Fraumeni-Syndrom relevant [67].

Auch in der Rezidivsituation und nach Vorbestrahlung kann hierdurch die lokale Tumorkontrolle verbessert, eine Resektion im Gesunden ermöglicht und eine potenziell mutilierende Operation vermieden werden. Als Palliativmaßnahme bei lokal irresektablem Tumor und bestehender Metastasierung kann die ILP ebenfalls in Einzelfällen indiziert sein [66].

6.2.4.3Chemotherapie bei metastasierter oder irresektabler Erkrankung

Ein Algorithmus für die Therapie fortgeschrittener Weichgewebssarkome ist in Abbildung 5 dargestellt.

Abbildung 5: Therapiealgorithmus für fortgeschrittene Weichgewebssarkome  
1 w & w – abwartendes Verhalten; 2für ältere Patienten in reduziertem Allgemeinzustand, siehe Kapitel 6.2.4.3.2 ; 3die Ergebnisse einer konfirmatorischen, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie stehen aus; 4 beim Leiomyosarkom auch Doxorubicin in Kombination mit Dacarbazin möglich;5 nur beim Liposarkom zugelassen 6nicht beim Liposarkom zugelassen; 7 Off-Label-Use
6.2.4.3.1Standardtherapien bei Weichgewebssarkomen
6.2.4.3.1.1Erstlinientherapie

Bisherige Standard-Erstlinientherapie ist eine Monotherapie mit Doxorubicin [27]. Für Patienten mit rasch progredienter, symptomatischer Erkrankung oder lokal fortgeschrittenem WTS ist eine Kombinationstherapie mit Doxorubicin/Ifosfamid (ADM/IFS) gegenüber ADM Monotherapie aufgrund der höheren Remissionswahrscheinlichkeit (26% vs. 13%) und des längeren progressionsfreien Überlebens (7,4 vs. 4,6 Monate) bei etlichen WTS-Entitäten zu erwägen [134151], beim Leiomyosarkom in Kombination mit Dacarbazin. Das Gesamtüberleben wird durch eine ADM/IFS-Kombinationstherapie gegenüber einer sequenziellen Monotherapie jedoch nicht verbessert (2-Jahres-Überlebensrate 31% vs. 28%). Sofern das Erreichen eines Tumorprogressionsarrests im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen steht, ist die sequenzielle Monotherapie ein sinnvolles und weniger nebenwirkungsreiches Vorgehen. Die Monotherapie mit Doxorubicin in einer Dosierung von 70-80 mg/m² stellt somit bisher für die Mehrzahl der Patienten die Erstlinientherapie der Wahl dar. Auch die britische GeDDiS Phase III Studie, in der bei Erstlinientherapie zwischen Doxorubicin und Gemcitabin/Docetaxel randomisiert wurde, ließ keinen Vorteil für die Kombination, wohl aber eine etwas höhere Toxizität erkennen [129], so dass Doxorubicin erneut als Erstlinientherapie der Wahl bestätigt wurde. Neu zugelassen in Kombination mit Doxorubicin für die Erstlinientherapie oder die Zweitlinientherapie, wenn zuvor kein Doxorubicin verabreicht wurde, ist der Anti-PDGFRα-Antikörper Olaratumab. Er führte in einer randomisierten Phase-2-Studie gegenüber Doxorubicin zu einer Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (Hazard Ratio 0,67; p=0,06; Median 2,5 Monate) und zur Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,46; Median 11,8 Monate) nicht jedoch zum Anstieg der Remissionsrate [145]. Die Ergebnisse einer konfirmatorischen, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie stehen aus.

6.2.4.3.1.2Zweit- und Drittlinientherapie

Für die Zweitlinientherapie kommt Ifosfamid in einer Dosierung von ca. 9-12g/m² (über 3-5 Tage) in Betracht [1021347695104127154]. Als Zweit-/Drittlinientherapie nach Versagen von Doxorubicin +/- Ifosfamid ist Trabectedin zugelassen, wobei die meisten Studienerfahrungen mit dieser Substanz für Leiomyo- und Liposarkome vorliegen [287778]. Trabectedin ist in dieser Situation einer Monotherapie mit DTIC überlegen. Auch bei anderen Entitäten, u. a. dem Synovialsarkom, kann Trabectedin wirksam sein [29120].

Eine weitere Therapieoption als Zweit-/Drittlinientherapie ist Pazopanib [133], das jedoch nicht für Liposarkome zugelassen ist [150]. Das Zytostatikum Eribulin ist zugelassen bei Liposarkom-Patienten als Zweitlinientherapie nach Anthrazyklinen oder bei Kontraindikationen gegen Anthrazykline. Es führt gegenüber DTIC zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,51; Median 7,2 Monate) [2829]. Für DTIC sind nach Versagen von Doxorubicin/Ifosfamid Ansprechraten von 8-17% in älteren Studien beschrieben. Eine etablierte (‚off-label‘) Therapieoption stellt auch Gemcitabin dar [54105126], ggfs. in Kombination mit Docetaxel (siehe auch weiter unten), die in einer Studie einer alleinigen Therapie mit Gemcitabin überlegen war [85]. Die Kombination von Gemcitabin+DTIC erwies sich in einer anderen Phase II-Studie gegenüber einer Therapie mit DTIC als überlegen [43].

Von den neueren Substanzen ist derzeit nur Imatinib bei rezidiviertem/nicht-resektablem Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP) zugelassen. Informationen zum Zulassungsstatus sind im Anhang Weichgewebssarkome Zulassung zusammengefasst.

6.2.4.3.2Ältere Patienten in reduziertem Allgemeinzustand

Auf dem ASCO-Kongress 2018 wurden 2 randomisierte Phase II-Studien der AIO vorgestellt, in denen bei Patienten > 60 Jahre eine Standard-Erstlinientherapie mit Doxorubicin mit Pazopanib bzw. Trofosfamid verglichen wurde.

In die EPAZ Studie (Pazopanib versus Doxorubicin) wurden nach 2:1 Randomisation 120 Patienten eingeschlossen. Primärer Endpunkt war eine Nicht-Unterlegenheit im progressionsfreien Überleben, für das sich kein statistisch signifikanter Unterschied zeigte (HR 1,00; 95%CI 0,65-1,53; p = 0,993) bei einem günstigeren Nebenwirkungsprofil in Bezug auf Neutropenie Grad 4 (Doxorubicin 56% versus Pazopanib 0%) und febrile Neutropenie (10% vs 0%) für Pazopanib. Auch für den sekundären Endpunkt Gesamtüberleben zeigten sich vergleichbare Ergebnisse zwischen den beiden Therapiegruppen (HR 1,083; 95%CI 0,68-1,72; p= 0,735) [52].

Für den Vergleich zwischen Doxorubicin und Trofosfamid wurde ebenfalls eine 2:1 Randomisation gewählt, primärer Endpunkt dieser Phase II Studie war das Erzielen einer PFS-Rate nach 6 Monaten von 20% für die mit Trofosfamid behandelten Patienten. Als Endpunkte berichtet wurden vergleichbare Ergebnisse in Bezug auf die overall response-Raten (Doxorubicin versus Trofosfamid 7,7% vs. 6,7%), disease control-Raten (53,8% vs 41,3% sowie das mediane PFS (4,3 Monate vs 2,8 Monate; p = 0,99) und mediane OS (9,6 Monate vs. 12,1 Monate; p = 0,59). Unter der Behandlung mit Trofosfamid traten seltener schwerwiegende Nebenwirkungen (Grad 3/4) auf (59% vs. 30,3%; p = 0,005) [55].

Auf der Basis dieser Daten kann bei Patienten > 60 Jahren mit einem reduzierten Allgemeinzustand eine Erstlinientherapie mit Pazopanib oder Trofosfamid unter Berücksichtigung des Nebenwirkungsprofils durchgeführt werden. Da weiterhin keine Ergebnisse aus einer Phase III-Studie vorliegen, bleibt Doxorubicin Erstlinientherapie der Wahl.

6.2.4.3.3Hochdosistherapie / dosisintensive Therapien

Ein relevanter klinischer Stellenwert einer hochdosierten, G-CSF- oder stammzellgestützten Therapie in der Behandlung irresektabler, lokal-fortgeschrittener oder metastasierter Weichgewebssarkome ist nicht belegt [154].

6.3Subtypenspezifische Therapieaspekte

Voraussetzung für differenzielle, subtypenorientierte Therapieansätze ist eine verlässliche histopathologische Diagnosestellung bzw. referenzpathologische Begutachtung. Sofern diese fehlt, sind differenzialtherapeutische Behandlungsansätze kritisch zu bewerten.

Informationen zum Zulassungsstatus sind im Anhang Zulassungsstatus zusammengefasst.

6.3.1Liposarkome

6.3.1.1Grundlagen

Liposarkome (LPS) zählen mit 10-15% aller Weichgewebssarkome zu den häufigsten Entitäten. Sie bilden die Gruppe der adipozytären Sarkome und werden zusammen mit den Leiomyosarkomen auch als L-Sarkome bezeichnet. Histopathologisch werden mehrere Subtypen unterschieden, siehe Kapitel 5. 2. 1. 3

Gut differenzierte (well differentiated) LPS (WDLPS) weisen ein geringes Metastasierungspotential von <10% auf. Dedifferenzierte LPS (DDLPS) repräsentieren eine Progressionsform der WDLPS oder einen primär dedifferenzierten Anteil. Sie weisen eine ungünstigere Prognose auf als die WDLPS. Genetisch sind WD/DD-LPS durch supernumerische Ringchromosomen oder Riesenstabchromosomen gekennzeichnet. Diese beinhalten amplifizierte Segmente der Chromosomenregion 12q13-15. In diesen enthalten sind verschiedene (Onko-)Gene, z.B. MDM2, CDK4, HMGA2, TSPAN31. Eine Koamplifikation von MDM2 und CDK4 findet sich bei >90% der WD/DD-LPS und kann z. B. durch entsprechende FISH-Analysen nachgewiesen werden. Dies erlaubt eine Abgrenzung gegenüber undifferenzierten pleomorphen Sarkomen, was rein histomorphologisch mitunter schwierig ist.

Myxoide LPS (MLPS) stellen ca. 20-30% der Liposarkome dar und sind in 95% der Fälle durch eine Translokation t(12;16) (q13;p11) und ein hieraus resultierendes FUS-DDIT3 (CHOP)-Fusionsprotein charakterisiert. Selten kann statt des FUS-Gens alternativ das EWSR1-Gen Translokationspartner von DDIT3 sein. Pathogenetische Relevanz haben vermutlich nachgeschaltete Tyrosinkinasen wie MET und RET sowie die PI3K/Akt Signaltransduktionskaskade. Eine Dedifferenzierung der myxoiden LPS äußert sich in zunehmenden, rundzelligen Tumorarealen (RCLPS; Rundzellanteil >5%) und erhöhter Zelldichte und geht mit einer schlechteren Prognose einher. Myxoide LPS metastasieren häufiger als andere WTS in Weichgewebe sowie Knochen und treten häufiger primär multifokal auf.

Pleomorphe LPS (PLPS) repräsentieren nur ca. 5% aller LPS, treten zumeist bei älteren Menschen auf und sind mit einer ungünstigeren Prognose assoziiert als andere LPS. Genetisch weisen PLPS zumeist vielfältige, komplexe Aberrationen auf.

Myxoide und pleomorphe LPS treten häufiger an den Extremitäten, WD-/DDLPS häufiger retroperitoneal und abdominell auf. Etwa 30-40% der Liposarkome weisen eine primär retroperitoneale/intraabdominelle Lokalisation auf; ca. 50-60% finden sich an den Extremitäten. Die Prognose ist abhängig vom LPS-Subtyp und der Lokalisation. Insgesamt ist die Prognose von Patienten mit LPS günstiger als bei anderen WTS-Subtypen. Die krankheitsspezifischen 5-/10-Jahresüberlebensraten liegen in zahlreichen Studien bei 70-90%. Für WDLPS und myxoide LPS wurden krankheitsspezifische 5-JÜR von >90%, für DDLPS und pleomorphe LPS in Höhe von 44-59% und für rundzellige LPS in Höhe von 74% beschrieben [40]. Auch im Stadium der Metastasierung ist die Prognose von LPS-Patienten in etlichen Studien günstiger als bei anderen WTS-Subtypen.

LPS weisen eine intermediäre Chemosensitivität gegenüber klassischen in der Sarkomtherapie eingesetzten Zytostatika auf [62]. Die höchste Sensitivität besitzen M-/RC-LPS, die geringste die PLPS. Neben Doxorubicin/Ifosfamid-haltigen Regimen mit Ansprechraten um ca. 50% scheint insbesondere Trabectedin bei M/RC-LPS infolge einer Interaktion mit FUS-DDIT3 eine hohe Wirksamkeit aufzuweisen.

6.3.1.2Medikamentöse Therapie

Anthrazykline und Ifosfamid stellen die wirksamsten Zytostatika bei Liposarkomen dar. In einer EORTC-Analyse wiesen Liposarkome eine signifikant höhere Remissionsrate auf anthrazyklinhaltige Chemotherapien auf als andere Entitäten. Vor allem die myxoiden LPS scheinen mit einer höheren Remissionsrate auf anthrazyklinhaltige Therapien assoziiert zu sein als gut differenzierte (WDLPS) /entdifferenzierte (DDLPS) und andere LPS (48% vs. 11% vs. 18%) [69]. Neben Doxorubicin und Ifosfamid sind Trabectedin und Eribulin als Zweit-/Drittlinientherapie zugelassen und einer Therapie mit DTIC überlegen [1551] führt gegenüber DTIC zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,51; Median 7,2 Monate), die Remissionsrate ist niedrig [125]. In Phase II-Studien mit Trabectedin wurden Remissionsraten von ca. 6-20% und ein Progressionsarrest bei 40% der Patienten beobachtet. Für myxoide LPS wurden mit Trabectedin Remissionsraten von bis zu ca. 50% beschrieben. Gemcitabin plus Docetaxel oder DTIC können bei LPS ebenfalls wirksam sein. Pazopanib ist für die Behandlung von Liposarkomen nicht zugelassen. Bei dedifferenzierten Liposarkomen kommt als potenzielle Folgetherapieoption, zumindest bei jüngeren Patienten in gutem Allgemeinzustand, eine hochdosierte, 14-tägige Dauerinfusion mit Ifosfamid in Betracht [98]. Hiermit wurden Remissionsraten von 23-27% bei medianen PFS-Zeiten von 4-7 Monaten beschrieben.

Ein Algorithmus für die Therapie des fortgeschrittenen Liposarkoms ist in Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung 6: Therapiealgorithmus beim fortgeschrittenen Liposarkom  
1 w & w – abwartendes Verhalten; 2für ältere Patienten in reduziertem Allgemeinzustand, siehe Kapitel 6.2.4.3.2 ; 3 die Ergebnisse einer konfirmatorischen, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie stehen aus; 4 Off-Label-Use; 5 hochdosiertes Ifosfamid als 14 Tage-Infusion beim dedifferenzierten Liposarkom;

6.3.2Leiomyosarkome (LMS)

6.3.2.1Grundlagen

Leiomyosarkome (LMS) gehören ebenfalls zu den sogenannten L-Sarkomen, und mit 10-25% zu den häufigsten Entitäten. LMS weisen phänotypisch glattmuskuläre Differenzierungsmerkmale auf und treten meist in mittlerem bis höherem Lebensalter auf. Anatomisch lassen sich folgende Lokalisationen unterscheiden: retroperitoneal, uterin, Extremitäten (tiefe Lokalisation), vaskulär und oberflächlich-kutan. LMS weisen komplexe chromosomale/genetische Aberrationen auf. Uterine LMS lassen sich von LMS anderer Lokalisation zytogenetisch und durch divergente Genexpressionsmuster unterscheiden. Die 5-Jahresüberlebensraten nach adäquater lokaler Therapie betragen 80-100% für oberflächliche, kutane und subkutane LMS, 20-60% für uterine LMS und 50-60% für retroperitoneale LMS. Vaskuläre LMS sind als prognostisch ungünstiger zu bewerten als andere LMS.

6.3.2.2Medikamentöse Therapie

Doxorubicin zeigt bei LMS eine zufriedenstellende Aktivität. Für die Kombination mit Ifosfamid zeigte sich in retrospektiven Analysen kein Vorteil gegenüber einer Doxorubicin-Monotherapie. Demgegenüber erwies sich die Kombination von Doxorubicin+DTIC einer Doxorubicin-Monotherapie in einer älteren Studie hinsichtlich der Remissionsrate als signifikant überlegen, so dass diese Kombination bei symptomatischen Patienten als Erstlinientherapie zu erwägen ist [14]. Als Zweit-/Drittlinientherapie kommt ebenso wie bei Liposarkomen u.a. Trabectedin in Betracht. Die 6-Monats-Progressionsarrestrate für Trabectedin liegt bei ca. 35-50%. Weitere Optionen beinhalten Pazopanib und DTIC. Ein Algorithmus für die Therapie des fortgeschrittenen Leiomyosarkoms ist in Abbildung 7 dargestellt.

Abbildung 7: Therapiealgorithmus beim fortgeschrittenen Leiomyosarkom  
1 w & w – abwartendes Verhalten; 2für ältere Patienten in reduziertem Allgemeinzustand, siehe Kapitel 6.2.4.3.2 ; 3 die Ergebnisse einer konfirmatorischen, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie stehen aus; 4 Off-Label-Use;

In zahlreichen Studien wurde beobachtet, dass LMS gegenüber anderen WTS eine höhere Ansprechrate auf Gemcitabin-haltige Therapien zu zeigen scheinen. Dies betrifft sowohl die Kombination Gemcitabin+DTIC [43] als auch die Kombination Gemcitabin+Docetaxel [129]. In zwei prospektiven, randomisierten Phase II-Studien wurde eine Monotherapie mit Gemcitabin (als ‚fixed-dose-rate’-Infusion) mit der Kombinationstherapie von Gemcitabin und Docetaxel verglichen. Während in der US-amerikanischen SARC-002 Studie, die neben LMS auch andere Entitäten beinhaltete, eine höhere Remissionsrate und ein verlängertes progressionsfreies Überleben für die Kombination beschrieben wurden [57], konnte dies in der Analyse der französichen TAXOGEM-Studie nicht beobachtet werden [107]. Auch in der GeDDis-Studie (ADM vs. GEM/DOC) ergaben sich keine Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen LMS und anderen Entitäten sowie zwischen uterinen und nicht uterinen LMS. In einer spanischen randomisierten Phase II-Studie war die Kombination von Gemcitabin+DTIC der Monotherapie mit DTIC überlegen. Das beste Ansprechen fand sich in der Gruppe der Leiomyosarkome.

6.3.2.3Uterine Leiomyosarkome

Uterine LMS zeigen ein Ansprechen auf die zugelassenen, genannten Einzelsubstanzen Doxorubicin, Ifosfamid, Trabectedin, DTIC, Pazopanib sowie auf die Kombinationen Doxorubicin+Dacarbazin und Doxorubicin+ Trabectedin [108]. Die in nicht randomisierten Phase II-Studien geprüfte Kombination von Gemcitabin+Docetaxel ist aufgrund der Ergebnisse der GeDDiS-Studie nicht mehr als Therapie der Wahl für die Erstlinienbehandlung zu betrachten. Ebenso wie die Kombination von Gemcitabin+DTIC stellt sie bei Kontraindikationen gegen Anthrazykline sowie in der Zweitlinientherapie eine mögliche Therapieoption dar. [293140141].

6.3.3Undifferenzierte pleomorphe Sarkome / nicht klassifizierbare Sarkome (früher Malignes Fibröses Histiozytom (MFH))

6.3.3.1Grundlagen

Undifferenzierte pleomorphe Sarkome (früher häufig als MFH klassifiziert) umfassen heute etwa 10-15% aller Weichgewebssarkome. Sie sind durch ein hohes Metastasierungsrisiko, eine zumeist rasche Progression und eine vergleichsweise schlechte Prognose gekennzeichnet. Der Altersgipfel des Auftretens liegt zwischen 50 und 60 Jahren. Undifferenzierte pleomorphe Sarkome treten an allen Körperlokalisationen auf, am häufigsten an Extremitäten und am Körperstamm. Molekulargenetisch weisen sie ein komplexes Aberrationsmuster auf.

6.3.3.2Medikamentöse Therapie

Es gelten die Standardindikationen für die zugelassenen Substanzen. Bei symptomatischer, rasch progredienter Erkrankung ist eine Kombinationstherapie bestehend aus ADM/IFS, bei Kontraindikation gegen Anthrazykline oder in der Zweitlinientherapie auch die Kombination von Gemcitabin/Docetaxel angezeigt. Für beide der genannten Kombinationen sind Remissionsraten um ca. 30% beschrieben. Trabectedin und Pazopanib sind weitere Optionen in der Folgetherapie. Der Stellenwert von DTIC bei pleomorphen WTS ist weitgehend unklar. Eribulin ist für diese Entität aufgrund fehlender Studiendaten nicht zugelassen. Ein Algorithmus für die Therapie des pleomorphen/undifferenzierten Sarkoms ist in Abbildung 8 dargestellt.

Abbildung 8: Therapiealgorithmus beim undifferenzierten pleomorphen / nicht klassifizierbaren Sarkom  
1 w & w– abwartendes Verhalten; 2für ältere Patienten in reduziertem Allgemeinzustand, siehe Kapitel 6.2.4.3.2 ; 3 die Ergebnisse einer konfirmatorischen, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie stehen aus; 4 Off-Label-Use;

6.3.4Synovialsarkome

6.3.4.1Grundlagen

Synovialsarkome repräsentieren ca. 5-10%% aller Weichgewebssarkome (WTS) des Erwachsenen und sind nach den Rhabdomyosarkomen die zweithäufigste Weichgewebssarkomentität bei Kindern/Jugendlichen. Sie können in allen Körperlokalisationen auftreten, finden sich jedoch am häufigsten an den unteren (60-70%) oder oberen (10-20%) Extremitäten. Das mediane Diagnosealter bei Erwachsenen beträgt 35-40 Jahre.

Histopathologisch werden mehrere Subtypen unterschieden, siehe Kapitel 5. 2. 1. 3

Mehr als 90% der Synovialsarkome weisen eine Translokation t(X;18)(p11.2; q11.2) auf, die in einer Fusion des SS18 (SYT)-Gens auf Chromosom 18 mit einem der Transkriptionsrepressorgene SSX1 (ca. 60%), SSX2 (ca. 38%) oder SSX4 (ca. 2%) auf dem X-Chromosom resultiert. Fusionstranskripte der Translokation SYT-SSX1 finden sich bei monophasischen und biphasischen Synovialsarkomen. Biphasische Synovialsarkome weisen mehrheitlich die SYT-SSX1-Translokation auf, während SYT-SSX2 Translokationen fast ausschließlich bei monophasischen Synovialsarkomen auftreten. Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass sich bei Synovialsarkomen mit SYT-SSX1-Translokation häufiger Fernmetastasen entwickeln. Die prognostische Relevanz der Translokationen konnte in anderen Studien allerdings nicht bestätigt werden, so dass diese bisher unklar bleibt. Die 5-Jahresüberlebensraten für Patienten mit lokalisiertem Synovialsarkom betragen 70-80%. Rezidive können nicht selten auch noch nach 5 Jahren und später auftreten. Verglichen mit anderen WTS weisen Patienten mit metastasiertem SS eine etwas günstigere Prognose auf [136].

6.3.4.2Medikamentöse Therapie

Synovialsarkome weisen eine vergleichsweise höhere Chemosensitivität auf klassische, in der Sarkomtherapie etablierte Zytostatika auf. Zu den wirksamsten Substanzen zählt neben Doxorubicin vor allem höher dosiertes Ifosfamid [118]. In einer retrospektiven Analyse des Royal Marsden Hospitals fand sich eine Remissionsrate von 58% für die Kombination von Doxorubicin+Ifosfamid. Neben den genannten Substanzen sind auch Trabectedin und Pazopanib mit Remissionsraten von ca. 15-20% wirksam und repräsentieren die zugelassenen und zu favorisierenden Zweit-/Drittlinientherapieoptionen [120]. Der Stellenwert von Olaratumab ist unklar, da in die zur Zulassung führenden Studie nur 3 Patienten mit Synovialsarkom eingeschlossen waren [145]. Synovialsarkome sind von der Zulassung erfasst, siehe auch Anhang Weichgewebssarkome Zulassung. Ein Algorithmus für die Therapie des fortgeschrittenen Synovialsarkoms ist in Abbildung 9 dargestellt.

Abbildung 9: Therapiealgorithmus beim fortgeschrittenen Synovialsarkom 
1 w & w – abwartendes Verhalten ; 2für ältere Patienten in reduziertem Allgemeinzustand, siehe Kapitel 6.2.4.3.2 ; 3 die Kombination mit Olaratumub ist zugelassen, der Stellenwert aber unklar, da nur 3 Patienten mit Synovialsarkom in die Phase II Studie eingeschlossen wurden; die Ergebnisse einer konfirmatorischen, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie stehen aus; 4 Off-Label-Use;

6.3.5Angiosarkome

6.3.5.1Grundlagen

Angiosarkome (AS) werden den malignen vaskulären Tumoren zugeordnet und repräsentieren ca. 2% aller Weichgewebssarkome. Auch die epitheloiden Hämangioendotheliome (EHE) werden in der aktuellen WHO-Klassifikation nun den malignen Tumoren zugerechnet, während andere Hämangioendotheliom-Subtypen und die Kaposi-Sarkome (KS) den vaskulären Tumoren intermediärer Malignität zugerechnet werden. Zytogenetisch finden sich komplexe Aberrationen. Mehrheitlich sind eine VEGF(-A) und eine VEGFR-Expression nachweisbar, ohne dass deren pathogenetische Relevanz geklärt ist. In ca. 10% der Fälle lassen sich Aberrationen des VEGFR2/KDR-Gens nachweisen. Strahleninduzierte AS der Brust weisen häufig eine MYC- und FLT4 (VEGFR-3)-Überexpression/Amplifikation auf. Vaskuläre Sarkome zeigen eine überdurchschnittlich häufige lymphatische und hämatogene (meist pulmonale) Metastasierung und können sich multifokal manifestieren. Ein Auftreten ist an sämtlichen Körperlokalisationen möglich (Kopf-Hals-Region: 25-30%; Brust 20%; Extremitäten 15%; Leber 6%; Herz (5%); andere Lokalisationen (18%). EHE finden sich häufig in Leber oder Lunge und sind durch spezifische Translokationen (WWTR1-CAMTA1 [35] oder YAP1-TFE3 [4]) charakterisiert. Die 5-Jahresüberlebensraten für Patienten mit Angiosarkom sind ungünstiger als bei anderen WTS-Subtypen und betragen in den meisten Analysen <40% [41].

6.3.5.2Medikamentöse Therapie

Anthrazykline und Taxane (getestet wurde vorwiegend Paclitaxel) weisen eine hohe Wirksamkeit mit Remissionsraten von 30-70% für Doxorubicin und ca. 20-80% für Taxane (Paclitaxel) [3710911124132] auf. Eine besonders hohe Ansprechrate weisen dabei Angiosarkome der Kopfhaut auf. In einer retrospektiven Analyse der EORTC-STBSG-Datenbank war eine Kombinationstherapie mit Adriamycin/Ifosfamid einer Monotherapie mit Adriamycin hinsichtlich PFS (HR 0,53; p=0.010) und Gesamtüberleben (HR 0,53; p=0.018) überlegen, so dass die Kombination für Patienten in gutem Allgemeinzustand und mit rasch progredienter, symptomatischer Erkrankung zu favorisieren ist [164].

Auch für Gemcitabin wurden in mehreren Phase II-Studien und Kasuistiken Patienten beschrieben, die ein teilweise langanhaltendes Therapieansprechen zeigten, so dass Gemcitabin neben Oxazophosphorinen als weitere Therapieoption in Betracht kommt [44]. Der VEGFR-Inhibitor Pazopanib stellt eine weitere Therapieoption dar. Mit anderen, vormals getesteten VEGF(R)-Inhibitoren (Sorafenib, Bevacizumab, Brivanib) wurden Remissionsraten von ca. 10-15% beschrieben [186115156]. Für Trabectedin liegen neben einzelnen Kasuistiken keine Daten vor, die eine vergleichende Wirksamkeitsbeurteilung erlauben. Der Stellenwert von Olaratumab ist unklar, da in die zur Zulassung führenden Studie nur 7 Patienten mit Angiosarkom eingeschlossen waren [145]. Angiosarkome sind aber von der Zulassung erfasst, siehe auch Anhang Weichgewebssarkome Zulassung. Ein Algorithmus für die Therapie des fortgeschrittenen Angiosarkoms ist in Abbildung 10 dargestellt.

Abbildung 10: Therapiealgorithmus beim fortgeschrittenen Angiosarkom  
1 w & w – abwartendes Verhalten; 2für ältere Patienten in reduziertem Allgemeinzustand, siehe Kapitel 6.2.4.3.2 ; 3 Off-Label-Use; 4Stellenwert unklar, da nur 7 Patienten mit Angiosarkom in die Phase II Studie eingeschlossen wurden; die Ergebnisse einer konfirmatorischen, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie stehen aus;

6.3.6Dermatofibrosarcoma protuberans (DFSP)

6.3.6.1Grundlagen

DFSP stellen lokal rezidivierende Weichgewebstumoren dar, die durch eine Translokation t(17;22) charakterisiert sind. Sie werden üblicherweise chirurgisch mit weitem Sicherheitsabstand >3 cm behandelt, gefolgt von adjuvanter Strahlentherapie. Strahlentherapie kann auch primär oder nach einem Rezidiv eingesetzt werden.

6.3.6.2Medikamentöse Therapie

Sofern die lokalen Therapiemaßnahmen ausgeschöpft sind oder aufgrund eines zu großen Resektionsausmaßes nicht in Betracht kommen, ist eine Therapie mit Imatinib indiziert, das als PDGFR-Inhibitor in mehreren kleinen Studien Ansprechraten von 36-100% zeigte [123]. Imatinib kann auch bei entdifferenzierten, metastasierten DFSP (fibrosarkomatöse DFSP; DFSP-FS) wirksam sein [30848788]. Die zugelassene Imatinib-Dosis bei DFSP beträgt 800 mg/Tag, wobei kürzlich ein Vergleich zwischen 400 mg und 800 mg – bei allerdings insgesamt kleinen Fallzahlen - keinen eindeutigen Unterschied zeigte [119]. Die Dauer einer präoperativen Imatinib-Therapie zur Reduktion des Resektionsausmaßes ist nicht geklärt und sollte nach vorliegenden Daten – je nach Ansprechen – ca. 3-4 Monate betragen.

6.3.7Desmoide / Aggressive Fibromatose (AF)

6.3.7.1Grundlagen

Desmoide/AF sind Weichgewebstumoren, die formal nicht zu den Sarkomen gehören. Betroffene Patienten werden aber häufig in Sarkomzentren betreut. Desmoide/AF können spontan (extra- und intraabdominell) auftreten und finden sich gehäuft bei Patienten mit familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) bzw. Gardner-Syndrom (APC-Genmutationen). In letztgenannten Situationen liegt meist eine intraabdominelle, mesenteriale Tumorlokalisation mit Ummauerung der Mesenterialgefäße vor. Sporadische AF weisen zumeist eine Mutation in den Kodons 35, 41 oder 45 des Exon 3 des ß-Catenin-Gens (CTNNB1) auf, sind meist am Körperstamm oder im Bereich der Extremitäten lokalisiert und sind lokalen Verfahren leichter zugänglich. Sowohl das CTNNB1- als auch das APC-Gen sind Teile des Wnt-Signalwegs; APC- bzw. CTNNB1-Mutationen führen zur Stabilisierung von ß-Catenin mit der Folge transkriptioneller Veränderungen, die an der Genese/Pathogenese von Desmoiden beteiligt sind.

6.3.7.2Therapiekonzept

Ein Algorithmus für die Therapie von sporadischen Desmoiden ist in Abbildung 11 dargestellt. Er orientiert sich am gemeinsamen europäischen Positionspapier von Sarcoma Patients EuroNet (SPAEN) und der EORTC Soft Tissue and Bone Sarcoma Group (STBSG) [72].

Abbildung 11: Therapiealgorithmus beim Desmoiden / Aggressiver Fibromatose (AF) [72]  
1 bis zu 3 konsekutive Kontrollen, wenn die klinische Symptomatik ein abwartendes Verhalten weiterhin erlaubt; 2 w & w– abwartendes Verhalten (watch & wait); 3 Op – Operation; 4AHT – antihormonelle Therapie; 5MT – medikamentöse Therapie; 6 RT – Bestrahlung (radiotherapy); 7 Operation, wenn die resultierende Morbidität begrenzt ist; 8ILP - Isolierte Extremitätenperfusion (isolated limp perfusion);

Bei asymptomatischen Patienten ohne nachweisbare Progression ist eine abwartende Strategie (watch & wait) mit aktiver Überwachung die Therapie der Wahl. Bei therapiebedürftigen Patienten sind Resektion und Strahlentherapie die bevorzugten Therapiemodalitäten bei diesen zu Lokalrezidiven neigenden, niedrigmalignen Weichgewebstumoren. Im Fall nicht-resektabler Desmoide im Bereich der Extremitäten ist auch eine isolierte Extremitätenperfusion mit TNF-alpha und Melphalan möglich.

6.3.7.3Medikamentöse Therapie

Zur medikamentösen Therapie der lokal rezidivierten, nicht resektablen oder nur mutilierend resektablen und nicht strahlentherapeutisch therapierbaren AF gibt es verschiedene Optionen. Hierzu zählen beispielsweise antihormonelle Therapien wie hochdosiertes Tamoxifen [6472]. Allerdings gilt sowohl für antihormonelle Maßnahmen als auch für nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID), dass die optimalen Dosierungen unbekannt sind und nur wenige Fallserien mit kleinen Patientenzahlen und heterogenen Patientenkollektiven (sporadische AF, FAP-assoziierte AF, Primär- oder Rezidivtherapie) existieren. Daher kann eine endgültige Empfehlung hinsichtlich dieser Therapiemöglichkeiten nicht gegeben werden, siehe Weichgewebssarkome Medikamentöse Tumortherapie. Die in kleinen Fallserien mit einer antihormonellen Therapie erzielten Ansprechraten betragen zwischen ca. 25-50% sowie in etwa 20-30% Tumorstabilisierungen. Mit NSAID/COX-2-Inhibitoren wie Indomethacin oder Sulindac wurden in kleinen Fallserien heterogener Patientenkollektive Ansprechraten von etwa 20-50% und Stabilisierungen bei ca. 20-30% beschrieben [53]. Hierbei ist unklar ist, inwieweit vor Behandlungsbeginn eine Tumorprogredienz vorlag. Als Tyrosinkinase-Inhibitoren wurden vor allem Imatinib und Sorafenib getestet. Mit Imatinib wurden im Fall lokal progredienter/rezidivierter AF bei teilweise ausgiebig vorbehandelten Patienten prospektiv Remissionsraten von 10-15% und 12-Monats-Progressionsarrestraten von 37-66% beschrieben [567382110].

Für Sorafenib liegen in dieser seltenen Entität erstmalig Daten aus einer US-amerikanischen Placebo-kontrollierten Phase III-Studie vor (NCT02066181). Durch die Therapie mit Sorafenib wurde bei Patienten mit einem chirurgisch nicht resezierbaren Desmoid, einem Größenwachstum von mindestens 10% nach RECIST innerhalb von 6 Monaten oder klinischen Beschwerden das mediane PFS signifikant verlängert (PFS 11,3 Monaten für Placebo, für Sorafenib nicht erreicht, HR 0,14; p < 0,0001), Sorafenib ist damit ein neuer Standard in der medikamentösen Therapie ausgewählter Desmoid-Patienten [48].

Eine randomisierte Phase II-Studie (DESMOPAZ) in Frankreich untersuchte den Einsatz von Pazopanib im Vergleich zu einer Chemotherapie mit Methotrexat plus Vinblastin bei progredienten Desmoid-Patienten (NCT01876082). Die „stable disease“ Rate nach 6 Monaten als primärer Endpunkt der Studie lag im Pazopanib-Arm bei 86 % und im Chemotherapie Arm bei 50 %. Pazopanib zeigt damit bedeutsame klinische Aktivität nach RECIST progredienten Desmoid Patienten und demonstriert Überlegenheit gegenüber einer chemotherapeutischen Behandlung mit MTX plus Vinblastin [148].

Bei aggressiveren Verläufen, bei symptomatischer oder gar lebensbedrohlicher Erkrankung kommt eine konventionelle Chemotherapie in Betracht [45106]. Dabei scheinen anthrazyklinhaltige Regime entsprechend retrospektiven Daten die höchsten Ansprechraten aufzuweisen [42], gefolgt von Methotrexat und Vinka-Alkaloid-haltigen Regimen [6131]. Auch Vinorelbin weist eine Aktivität auf und kann Vinblastin ersetzen [90159160]. Pegyliertes liposomales Doxorubicin zeigt in kleinen retrospektiven Fallserien signifikante Aktivität bei guter Verträglichkeit, und insbesondere bei weniger Kardiotoxizität in dieser jungen Patientenpopulation [2399].

6.3.8Maligne periphere Nervenscheidentumoren (MPNST)

6.3.8.1Grundlagen

Maligne periphere Nervenscheidentumoren (MPNST) stellen etwa 5-8% der malignen Weichgewebstumoren dar. Etwa 25-50% der Tumoren finden sich bei Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 (NF-1; M. von Recklinghausen), ansonsten treten MPNST sporadisch auf. Das lebenslange Risiko eines NF-1 Patienten für die Entstehung eines MPNST beträgt ca. 10%. Das mediane Alter bei Diagnosestellung eines MPNST beträgt ca. 25-30 Jahre bei NF-1 Patienten und ca. 40-50 Jahre bei sporadischem MPNST. Mehrheitlich (70-75%) handelt es sich um hochmaligne Sarkome mit histopathologischem Malignitätsgrad 3. Die Häufigkeitsverteilung der Lokalisationen ist wie folgt: Körperstamm 50-70%; Extremitäten 25-45%, Kopf-Hals-Region ca. 5%. Abgesehen von den Aberrationen des NF-1 Gens bei NF-1 Patienten zählen MPNST zu Weichgewebssarkomen mit einem komplexen genetischen/molekulargenetischen Profil.

6.3.8.2Medikamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie irresektabler/metastasierter MPNST orientiert sich an den allgemeinen Leitlinien zur Behandlung metastasierter WTS [3649]. Für Doxorubicin + Ifosfamid wurde in einer britischen Analyse eine Remissionsrate von 18% beschrieben. In einer EORTC-Analyse von 175 Patienten wurde eine Ansprechrate von 21% für Anthrazyklin-haltige Therapien beschrieben, wobei die Kombination von ADM/IFS die besten Ergebnisse zeigte (RR: ADM 11%; IFS 5%; ADM/IFS 46%; 6-Mo-PFS: ADM 21%, IFS 19%, ADM/IFS 50%) [74]. Auch über die Wirksamkeit platinhaltiger Therapien wurde in Einzelfällen berichtet. Für Gemcitabin bzw. Gemcitabin/Vinorelbin liegen ebenfalls Fallberichte vor mit einer partiellen Remission und einer Befundstabilität von >4 Monaten.

6.3.9Klarzellsarkome

6.3.9.1Grundlagen

Klarzellsarkome, früher als maligne Melanome der Weichteile bezeichnet, lassen sich heute durch RT-PCR oder FISH mit Nachweis spezifischer genetischer Aberrationen (EWSR1-ATF1; t(12;22), EWSR1-CREB1; t(2;22) oder FUS-ATF1 t (12;16)) von Melanomen differenzieren. Zumeist treten sie an Extremitäten jüngerer Patienten auf mit Beteiligung von Sehnen, Aponeurosen und/oder Faszien. Lymphknotenmetastasen sind bei bis zu 40% der Patienten nachweisbar.

6.3.9.2Medikamentöse Therapie

Klarzellsarkome sind durch eine hohe Chemotherapierefraktärität gekennzeichnet, so dass vorzugsweise chirurgische Therapiemaßnahmen (Metastasektomien; Lymphadenektomien) oder der Einschluss in Therapiestudien zu erwägen sind [138]. Prinzipiell kommen zwar für Sarkome zugelassene Substanzen/Regime in Betracht. Jedoch sind nicht nur die Ansprechraten, sondern vor allem auch das mediane progressionsfreie Intervall mit 2-3 Monaten selbst nach nebenwirkungsintensiveren Therapieregimen wie Doxorubicin/Ifosfamid sehr gering [70]. Vereinzelt wurde ein Ansprechen auf antiangiogenetische Substanzen beobachtet.

6.3.10Alveoläre Weichgewebssarkome

6.3.10.1Grundlagen

Alveoläre Weichgewebssarkome (alveolar soft-part sarcoma; ASPS) sind selten (≤ 1%). Sie treten überwiegend bei jüngeren Erwachsenen (Median: 20-30 Jahre) und etwas gehäuft bei Frauen (m/w: 40:60%) auf. ASPS können an diversen Körperlokalisationen entstehen; gehäuft finden sie sich im Bereich der Extremitäten (60-70% einschl. Gesäß-/Hüftregion), überwiegend an den unteren Extremitäten, sowie am Körperstamm, Kopf-Hals-Region und Retroperitoneum und selten im Urogenital- oder Gastrointestinaltrakt. Etwa 20-60% der Patienten weisen bei Diagnosestellung bereits eine Metastasierung auf. Neben Lungen-, Knochen- und seltener Lebermetastasen entwickeln 20-30% der Patienten eine ZNS-Metastasierung. Alveoläre Weichgewebssarkome sind charakterisiert durch eine Translokation der(17)t(X;17)(p11;p25). Diese Translokation resultiert in der Fusion eines Gens, ASPL (ASPSCR1), auf Chromosom 17 mit dem TFE3-Gen auf dem X-Chromosom. TFE3 gehört zu einer spezifischen Gruppe von Transkriptionsfaktoren, zu der auch MiTF, TFEB und TFEC gehören. Das ASPL-TFE3-Fusionsprotein aktiviert u.a. die Transkription des c-MET-Gens. Alveoläre Weichgewebssarkome zeigen meist eine langsame Progressionstendenz. Die krankheitsfreien 5- und 10-Jahresüberlebensraten von Patienten mit primär lokalisiertem ASPS betragen ca. 60-70% bzw. 40%. Im metastasierten Stadium werden langsam progrediente, oft indolente Verläufe mit medianen Überlebenszeiten von 36-40 Monaten, einer 5-Jahresübelebensrate von ca. 20%, aber auch Verläufen von bis zu 10 Jahren berichtet.

6.3.10.2Medikamentöse Therapie

Alveoläre Weichgewebssarkome gelten als refraktär gegenüber konventioneller Chemotherapie. Es wurden vereinzelt Remissionen mit den antiangiogenetisch wirksamen Substanzen Sunitinib, Cediranib, Pazopanib und Bevacizumab erzielt [137], siehe Anhang Weichgewebssarkome Zulassung. Für Trabectedin wurden Tumorstabilisierungen bei progredienten Alveolären Weichgewebssarkomen beschrieben, so dass auch diese Substanz bei Progress und Symptomatik als mögliche Therapie in Betracht kommt. Kürzlich konnten erste vielversprechende Hinweise für einen klinischen Nutzen von Check-Point-Inhibitoren nachgewiesen werden [80].

6.3.11Epitheloide Sarkome

6.3.11.1Grundlagen

Dieses klassischerweise bei jüngeren Patienten an den distalen Extremitäten auftretende Sarkom ist sehr selten und zeigt eine hohe Rezidivneigung aufgrund seiner lokalen Ausdehnung entlang von Faszien und Sehnen, teils mit „skip lesions“ und letztlich auftretender Metastasierung. Molekularpathologisch konnte bislang keine spezifische rekurrierende Translokation identifiziert werden, vielmehr finden sich zumeist komplexe Karyotypen. Recht häufig zeigen sich dabei auch auf Chromosom 22q11-12 Alterationen, wodurch es zumeist zu einem Verlust des Tumorsuppressorgens SMARCB1 (hSNF5, INI1) kommt. Die Alteration ähnelt dabei denen, die beim pädiatrischen Rhabdoidtumor der Niere und des ZNS (AT/RT) sowie verschiedenen anderen Tumoren beschrieben sind. Durch inaktivierende Mutationen fällt der Switch/Sucrose nonfermenting (SWI/SNF) Komplex, ein ATPase-abhängiger, aus multiplen Komponenten bestehender Komplex aus, was Auswirkungen auf das Chromatin-Remodeling und die transkriptionelle Regulation hat. Neben der Möglichkeit einer Deletion von SMARCB1 kommen pathogenetisch auch epigenetische Mechanismen der Inaktivierung von INI1 in Betracht. Diagnostisch ist diese Aberration hilfreich, da die Tumoren regelhaft einen immunhistochemisch nachweisbaren Verlust von INI1 aufweisen. Die sarkomgerechte Operation, Strahlentherapie und gelegentlich die isolierte Extremitätenperfusion stellen die Grundlagen der lokalen Therapie dar.

6.3.11.2Medikamentöse Therapie

Systematische Daten zur Chemotherapie liegen infolge der Seltenheit dieser Entität kaum vor. In der Sarkomtherapie etablierte Therapieregime wie Doxorubicin und Ifosfamid können in Einzelfällen eine gute Wirksamkeit aufweisen und auch im Kontext multimodaler Therapiekonzepte eingesetzt werden. Eine neue Arbeit zeigt die Wirksamkeit von Gemcitabin + Docetaxel [113].

6.3.12Solitäre fibröse Tumoren (SFT)

6.3.12.1Grundlagen

Solitäre fibröse Tumoren (SFT) und Hämangioperizytome (HPC) werden heute als unterschiedliche Formen eines Spektrums mesenchymaler Tumoren mit fibroblastischer oder myofibroblastischer Differenzierung betrachtet [WHO] und unter dem Begriff der Solitären Fibrösen Tumoren zusammengefasst. SFT wird eine intermediäre Dignität (selten metastasierend) zugeordnet, wobei das biologische Verhalten im Einzelfall rein morphologisch oft nicht vorhersagbar ist. SFT können ubiquitär auftreten und wurden zunächst - besonders häufig - in der Pleura beschrieben. Heute ist klar, dass alle Körperregionen betroffen sein können. Auszunehmen von dieser Gruppe sind die sinunasalen Hämangioperizytome, die eine andere Pathogenese mit CTNNB1-Mutationen aufweisen und eine eigenständige Entität darstellen. Die Häufigkeiten der SFT-Lokalisationen werden wie folgt beschrieben: pleuropulmonal 20-30%, ZNS 20-30%, viszeral/intraabdominell 25-35%, Extremitäten/Körperstamm ca. 15-25%. Der Anteil maligner Formen beträgt 0-30% und scheint u.a. mit der Lokalisation assoziiert zu sein, mit einem höheren Anteil bei extrapulmonalen Tumoren. Das mediane Erkrankungsalter bei Diagnosestellung liegt bei etwa 50-60 Jahren.

Solitäre fibröse Tumoren sind in ca. 5-10% der Fälle mit einem paraneoplastischen Syndrom assoziiert. Am häufigsten beschrieben sind Hypoglykämien (Doege-Potter-Syndrom) infolge vermehrter Sekretion einer unprozessierten bzw. hochmolekularen Form des ‚insulin-like growth factor II’ (IGF-II), der zu einer Aktivierung des Insulinrezeptors und hierdurch zur Hypoglykämie führen kann. Ebenfalls beschrieben sind hypertrophe Osteoarthropathien i.S. von Trommelschlegelfingern (Pierre-Marie-Bamberg Syndrom).

Solitäre fibröse Tumoren weisen spezifische Fusionen von NAB2 und STAT6 auf, die durch eine Inversion auf Chromosom 12 (inv12(q13q13)) bedingt sind. Erste Arbeiten weisen darauf hin, dass die verschiedenen Fusionstranskripte mit unterschiedlichen Subtypen von SFT assoziiert sind. Die nukleäre Überexpression von STAT6 (und NAB2) kann auch immunhistochemisch nachgewiesen werden, was sich diagnostisch als sehr hilfreich erweist, insbesondere bei CD34-negativen SFT und dedifferenzierten Formen. Lediglich bei dedifferenzierten Liposarkomen kann es ebenfalls zu einer solchen Expression kommen, weshalb bei entsprechendem Verdacht eine für DDLPS charakteristische MDM2-Amplifikation ausgeschlossen werden sollte. Aufgrund des überwiegenden Anteils wenig aggressiver SFT ist die Prognose für die Mehrzahl der Patienten mit SFT/HPC günstig, ein kleiner Teil entwickelt allerdings Metastasen. Es werden mediane Überlebenszeiten von 13-15 Jahren und 5-Jahresüberlebensraten (5-JÜR) >80% beschrieben. Die 5-JÜR der Patienten mit malignen SFT beträgt hingegen nur etwa 50-60%.

6.3.12.2Medikamentöse Therapie

Solitäre fibröse Tumoren sind als mehrheitlich Chemotherapie-insensitive WTS anzusehen. Eine ‚Standardtherapie‘ für diese Tumoren existiert derzeit nicht. Nach Ausschöpfen lokaler Therapiemaßnahmen durch Resektion und Strahlentherapie und bei Metastasierung können klassische Zytostatika - in Einzelfällen - wirksam sein. In Betracht kommen Doxorubicin-haltige Regime (ggf. in Kombination mit DTIC oder Ifosfamid [9]) sowie Gemcitabin+Docetaxel [102]. Tumorstabilisierungen wurden für eine Therapie mit Interferon-alpha beschrieben [75]. Eine Kasuistik beschreibt ein ca. 8-monatiges Tumoransprechen auf Trabectedin [20].

Neuere Ansätze beinhalten antiangiogenetisch wirksame Substanzen. Für Sunitinib wurden Tumorstabilisierungen (nach RECIST) und vereinzelt partielle Remissionen nach Choi-Kriterien mit einer medianen PFS-Dauer von 6 Monaten beschrieben [92]. Beschrieben wurde ein Tumoransprechen nach Choi-Kriterien (entspr. stable disease nach RECIST) bei 4/5 Patienten im kurzfristigen Verlauf. In einer Phase II-Studie mit Sunitinib wurde bei 2 von 3 Patienten eine Tumorstabilisierung beschrieben. Für die Kombination von Temozolomid/Bevacizumab wurden bei 14 Patienten 11 Remissionen (n. Choi) und 2 Tumorstabilisierungen beschrieben mit einer medianen PFS-Dauer von 10 Monaten [102].

6.3.13Chordome

Chordome gehören zu den malignen Knochentumoren. Aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie sind in einem internationalen Positionspapier zusammengefasst [139].

6.3.14Rhabdomyosarkome (RMS)

6.3.14.1Grundlagen

Der Anteil von RMS bei Erwachsenen beträgt ca. 2% aller Sarkome. Die Prognose ist mit 5-Jahresüberlebensraten von ca. 20-40% schlechter als bei Kindern/Jugendlichen (5-JÜR: 60-75%) [26388189]. Während bei Kindern embryonale und alveoläre Rhabdomyosarkome dominieren, stehen bei Erwachsenen die pleomorphen Rhabdomyosarkome ganz im Vordergrund [5896157]. Der alveoläre Subtyp kann im Zweifel durch das Fehlen einer FKHR-Translokation mit Beteiligung von PAX 3 oder 7 ausgeschlossen werden.

6.3.14.2Medikamentöse Therapie

Patienten mit embryonalem oder alveolärem Rhabdomyosarkom sollten bis zu einem Alter von 40 Jahren im Kontext der pädiatrisch-onkologischen Therapieregisterprotokolle (CWS-Register / CWS-SoTiSaR, Stuttgart; cws@olgahospital-stuttgart.de; www.cws.olgahospital-stuttgart.de) behandelt werden. Pleomorphe Rhabdomyosarkome, für die aus den pädiatrischen Therapiestudien kaum Erfahrungen vorliegen, sind am ehesten mit in der Sarkomtherapie der Erwachsenen etablierten Therapieprotokollen zu behandeln. Topoisomerase I-Inhibitoren (Topotecan, Irinotecan) können bei jungen Patienten mit rezidiviertem embryonalen und alveolären RMS wirksam sein [100117152158].

6.3.15Endometriale Stromasarkome

6.3.15.1Grundlagen

Endometriale Stromasarkome (ESS) gehören zu den uterinen Sarkomen, zu denen darüber hinaus die Leiomyosarkome (Kapitel 6.3.2) und die pleomorphen Sarkome (Kapitel 6.3.3) zählen. ESS kommen als niedrig maligne Sarkome vor, die Hormonrezeptoren (ER/PR) exprimieren, darüber hinaus gehören hierzu auch high grade Sarkome, die durch differente molekulare Aberrationen charakterisiert und das Fehlen von Hormonrezeptoren gekennzeichnet sind.

Aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie sind in einer S2k-Leitlinie der AWMF zusammengefasst [5].

6.3.15.2Medikamentöse Therapie

Bei nachgewiesener Estrogen- und/oder Progesteronrezeptorexpression kommt am ehesten eine Therapie mit Aromataseinhibitoren, Gestagenen und GnRH-Analoga [162279135] in Betracht, womit oft lang anhaltende Remissionen beobachtet werden können [135]. Der Einsatz von Tamoxifen ist aufgrund potenziell agonistischer Wirksamkeit kontraindiziert. Hormonrefraktäre/rezidivierte Stromasarkome werden wie pleomorphe Sarkome (Kapitel 6.3.3) behandelt.

6.3.16Tenosynoviale Riesenzelltumoren/ Pigmentierte villonoduläre Synovitis

6.3.16.1Grundlagen

Tenosynoviale Riesenzelltumoren sind meist benigne Neoplasien, die in der diffusen Form allerdings lokal destruktiv sind und in wenigen Einzelfällen auch metastasieren können. Patienten, insbesondere solche mit der diffusen Form, sollten in Sarkomzentren betreut werden, da das Risiko sowohl einer Untertherapie als auch einer Übertherapie hoch ist. Die meist bei jungen Erwachsenen von der Synovia ausgehenden Tumoren sind durch eine t(1;2)-Translokation gekennzeichnet, die zu einer Fusion des Collagen 6A3-Gens und des colony-stimulating factor 1’ (CSF1)-Gens führt. Die daraus resultierende Überexpression von CSF1 stimuliert autokrin sowie v.a. parakrin die umgebenden CSFR-exprimierenden Makrophagen. Die Hauptmasse der Tumoren bilden daher nicht die Tumorzellen selbst sondern aktivierte Makrophagen, was die Detektion der Translokation per FISH-Analyse erheblich erschwert [161].

6.3.16.2Medikamentöse Therapie

Nach Versagen lokaler Therapieverfahren oder bei metastasierter Erkrankung konnte für verschiedene niedermolekulare Inhibitoren mit Aktivität gegen den CSF-Rezeptor ein klinischer Nutzen beobachtet werden. Mit Imatinib (400 mg/Tag) fanden sich in einer retrospektiven Analyse teilweise lang anhaltende Remissionen (CR+PR: 19%), eine Tumorkontrollrate (CR+PR+SD) von 70-80% und ein medianes progressionsfreies Intervall von 21 Monaten [1219116]. Eine symptomatische Verbesserung konnte bei 74% der Patienten erzielt werden.

Im Rahmen einer Phase II-Studie zu Nilotinib fand sich eine PFS-Rate von 77% nach 1 Jahr und von 57% nach 4 Jahren, wobei das mediane Progressions-freie Überleben noch nicht erreicht wurde. Die objektive Remissionsrate lag bei 6% [46].

Für Pexidartinib, einem spezifischen Inhibitor gegen den CSF-Rezeptor [144], konnte im Rahmen einer randomisierten Phase III-Studie mit 39% (CR+PR) die bislang höchste Remissionsrate bei tenosynovialen Riesenzelltumoren nachgewiesen werden (Placebo: 0%). Die Behandlung führte auch zu einer signifikanten Verbesserung der Beweglichkeit, Funktion und der Steifheit der betroffenen Gelenke [146].

Da es sich in der Regel um eine Langzeitbehandlung handelt, sind die Nebenwirkungen einer TKI-Therapie besonders zu berücksichtigen. Die Indikationsstellung sollte nur durch erfahrene, interdisziplinäre Behandlungsteams gestellt werden.

Insbesondere für Pexidartinib ist hierbei das zwar geringe Risiko einer allerdings schweren Hepatotoxizität gegenüber dem klinischen Nutzen abzuwägen, sofern eine Zulassung erfolgen sollte.

6.3.17Inflammatorische myofibroblastische Tumoren

6.3.17.1Grundlagen

Inflammatorische myofibroblastische Tumoren (IMT) sind seltene Weichgewebstumoren meist peritonealer, retroperitonealer oder pulmonaler Lokalisation bei Kindern und jüngeren Erwachsenen. Die Tumoren wachsen oft lokal invasiv. Eine Metastasierung findet sich nur bei ca. 5% der Fälle. Bei etwa 50-60% der IMT ist eine Translokation des ALK-Gens (Chromosom 2p.23.13) nachweisbar, ein weiterer Teil der Tumoren weist alternativ ROS1-Translokationen auf. Inflammatorische myofibroblastische Tumoren ohne ALK-Translokation haben eine schlechtere Prognose.

6.3.17.2Medikamentöse Therapie

Bei ALK-positiven IMT können ALK-/MET-Inhibitoren zu ausgeprägten und lang anhaltenden Remissionen führen, ebenso bei ROS1-transloziertem IMT. Bei Metastasierung und Refraktärität auf ALK-Inhibitoren und bei ALK/ROS1-negativen IMT kommen etablierte, in der Sarkombehandlung eingesetzte Therapieregime in Betracht.

6.3.18PECome

6.3.18.1Grundlagen

Die Familie der Tumoren der perivaskulären epitheloiden Zellen (PEC) –Tumoren (PECome) umfasst eine Gruppe mesenchymaler Tumoren mit myomelanozytärem Phänotyp, gekennzeichnet durch Expression melanozytischer (HMB-45 und/oder Melan A) und glattmuskulärer Marker (Aktin und/oder Desmin). Die Gruppe der PECome beinhaltet die Lymphangioleiomyomatose (LAM) mit pulmonaler Manifestation meist bei jüngeren Frauen; ferner die Angiomyolipome (AML), die sich meist renal manifestieren; die pulmonalen ‚clear cell sugar tumors‘ (CCST) sowie eine Gruppe von PEComen (not otherwise specified; PECOMA-NOS), die im Gastrointestinaltrakt, Retroperitoneum, Uterus oder anderen Organen oder Weichgeweben auftreten. LAM und AML finden sich häufig bei Patienten mit tuberöser Sklerose, einer genetisch bedingten, autosomal dominanten Erkrankung mit Inaktivierung des TSC1 oder TSC2-Gens. Meist treten PECome sporadisch/spontan auf, weisen jedoch auch in diesen Fällen häufig Inaktivierungen des TSC1 oder TSC2 Gens und/oder eine Aktivierung des mTOR Signaltransduktionswegs auf. In einigen Fällen lassen sich alternativ Translokationen des TFE3-Gens nachweisen.

PECome finden sich häufiger bei Frauen (ca. 70-80%). Meist handelt es sich um benigne Tumoren. Lymphknotenmetastasen sind selten. Eine Metastasierung findet sich bei Diagnosestellung bei ca 7% der Patienten. Merkmale einer ungünstigen Tumorzellbiologie/eines ‚malignen‘ Phänotyps [122] finden sich bei ca. 50%-70% der Fälle mit Metastasierung oder Rezidiven nach vorheriger Lokalbehandlung. Im Fall einer Metastasierung find sich Metastasen häufig pulmonal, hepatisch, zerebral und/oder ossär.

6.3.18.2Medikamentöse Therapie

Eine medikamentöse Therapie kommt bei LAM im Fall einer zunehmenden Verschlechterung der Lungenfunktion und bei den übrigen Fällen in Situationen eines lokal invasiven oder verdrängenden, nicht resektablen Tumorwachstums sowie bei Metastasierung in Betracht. Konventionelle, in der Sarkomtherapie etablierte Chemotherapien sind üblicherweise erfolglos. Es existieren nur wenige Kasuistiken, in denen über ein Ansprechen auf klassische Chemotherapien berichtet wird. mTOR-Aktivierungen lassen sich nicht nur typischerweise bei TSC-assoziierten PEComen (meist AML und LAM) sondern auch häufig bei sporadischen PEComen (meist PECOMA-NOS) nachweisen (z. B durch immunhistochemischen Expressionsnachweis des ‚phospho-ribosomalen Proteins S6/phospho-p70S6K). In diesen Fällen kommt eine Therapie mit einem mTOR-Antagonisten, z.B. Sirolimus, Temsirolimus oder Everolimus, in Betracht [11]. Die Ansprechrate (PR+CR) berechnet auf der Basis kleiner Fallzahlen liegt bei ca. 50-60% mit zum Teil lang anhaltenden Tumorremissionen. Die Resistenzmechanismen sind bislang weitgehend unbekannt. Zum einen mögen dies Fälle ohne TSC1/-2 Inaktivierung und/oder ohne mTOR-Aktivierung, Autophagie-Mechanismen durch alleinige mTORC-1 Inhibition durch die bekannten, o.g. mTOR-Antagonisten (ohne parallele Inhibition von mTORC2), zum anderen beispielsweise Fälle mit TFE3-Translokation sein. Experimentelle Daten deuten darauf hin, dass eine Antiöstrogentherapie (z. B. Fulvestrant bei hormonrezeptorpositiven LAM), eine VEGFR-Inhibition und/oder eine simultane mTORC2-Inhibition zusätzlich zu einer mTORC1-Inhibition evaluiert werden könnte. Der CRP-Wert korreliert mit der Krankheitsaktivität.

7Rehabilitation

8Verlaufskontrolle / Nachsorge

8.1[Kapitel nicht relevant]

8.2Nachsorge

Valide, evidenzbasierte Daten zur Tumornachsorge bei Patienten mit Weichgewebssarkomen sind selten [114]. Eine strukturierte Nachsorge erscheint jedoch sinnvoll, da Lokalrezidive und auch eine resektable Mono- oder Oligometastasierung häufig noch mit kurativer oder langfristiger Prognoseperspektive lokal behandelbar sind. Die Nachsorgeempfehlungen nach kurativer Therapie lokal begrenzter Weichgewebssarkome orientieren sich an der Art und Qualität der Lokaltherapie, dem Malignitätsgrad, der Primärtumorlokalisation, dem histopathologischen Subtyp, den medianen Latenzzeiten für Lokal- und Fernrezidive sowie den im Einzelfall ggfs. vorhandenen Therapieoptionen. Die nachfolgenden Tabellen 8, 9, 10 und 11 geben Orientierungspunkte für eine individuelle, risikoadaptierte Nachsorge in Anlehnung an die NCCN-Leitlinien [94].

Tabelle 8: Nachsorge nach kurativer Therapie – hochmaligne: Extremitäten / Körperstamm 

Zeitpunkt (Monate)

3

6

9

12

15

18

21

24

27

30

33

36

42

48

54

60

>5 Jahre

Anamnese, körperliche Untersuchung, Beratung

(X)1

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

X

X

X

CT2 Thorax (Röntgen Thorax)

(X)1

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

X

X

X

Lokale Kontrolle: MRT3, CT oder Sonographie

X

X

X

X

X

X

X

X

X

1 Intervall entsprechend vermutetem Rezidivrisiko; 2 CT – Computertomographie; 3 MRT – Magnetresonanztomographie;
Tabelle 9: Nachsorge nach kurativer Therapie – niedrigmaligne: Extremitäten / Körperstamm 

Zeitpunkt (Monate)

3

6

9

12

15

18

21

24

27

30

33

36

42

48

54

60

>5 Jahre

Anamnese, körperliche Untersuchung, Beratung

(X)1

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

X

X

X

CT1 Thorax (Röntgen Thorax)

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

(X)

Lokale Kontrolle: MRT3, CT oder Sonographie

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

(X)

1 Intervall entsprechend vermutetem Rezidivrisiko; 2 CT – Computertomographie; 3 MRT – Magnetresonanztomographie;
Tabelle 10: Nachsorge nach kurativer Therapie – hochmaligne: intra-/retroperitoneal 

Zeitpunkt (Monate)

3

6

9

12

15

18

21

24

27

30

33

36

42

48

54

60

>5 Jahre

Anamnese, körperliche Untersuchung, Beratung

(X)1

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

X

X

X

CT1 Abdomen/Becken

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

X

X

X

Röntgen Thorax (CT Thorax)

X

X

X

X

X

X

X

X

X

1 Intervall entsprechend vermutetem Rezidivrisiko; 2 CT – Computertomographie;
Tabelle 11: Nachsorge nach kurativer Therapie – niedrigmaligne: intra-/retroperitoneal 

Zeitpunkt (Monate)

3

6

9

12

15

18

21

24

27

30

33

36

42

48

54

60

>5 Jahre

Anamnese, körperliche Untersuchung, Beratung

(X)1

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

X

CT1 Abdomen/Becken

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

(X)

X

X

X

X

Röntgen Thorax (CT Thorax)

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

1 Intervall entsprechend vermutetem Rezidivrisiko; 2 CT – Computertomographie, 3 MRT – Magnetresonanztomographie;

9Literatur

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10Aktive Studien

11Medikamentöse Tumortherapie – Protokolle

12Studienergebnisse

13Zulassungsstatus

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. Sebastian Bauer
Universitätsklinikum Essen
Innere Klinik (Tumorforschung)
Westdeutsches Tumorzentrum
Hufelandstr. 55
45122 Essen
Prof. Dr. med. Thomas Brodowicz
Medizinische Universität Wien
Klinik f. Onkologie
Währinger Gürtel 18 - 20
A-1090 Wien
Prof. Dr. med. Viktor Grünwald
Universitätsklinikum Essen
Innere Klinik
Tumorforschung
Hufelandstr. 55
45147 Essen
Dr. med. Silvia Hofer
UniversitätsSpital Zürich
Klinik für Neurologie
Rämistr. 100
CH-8091 Zürich
Univ.-Prof. Dr. Peter Hohenberger
Universitätsmedizin Mannheim
Chirurgische Klinik
Theodor-Kutzer-Ufer 1-3
68167 Mannheim
Dr. med. Lorenz Jost
Prof. Dr. med. Bernd Kasper
Universitätsmedizin Mannheim
Interdisziplinäres Tumorzentrum
Mannheim (ITM)
Theodor-Kutzer-Ufer 1-3
68167 Mannheim
Prof. Dr. Lars H. Lindner
Ludwig-Maximilians-Universität
Campus Großhadern
Medizinische Klinik und Poliklinik III
Marchioninistr.15
81377 München
Dr. Ron Pritzkuleit
Institut für Krebsepidemiologie
Krebsregister Schleswig-Holstein
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Peter Reichardt
HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Klinik für Interdisziplinäre Onkologie
Sarkomzentrum Berlin-Brandenburg
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Dr. med. Meike Ressing
Krebsregister Rheinland-Pfalz gGmbH
Am Pulverturm 13
55131 Mainz
Dr. med. Christian Rothermundt
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
CH-9007 St.Gallen
Prof. Dr. med. Jochen Schütte
Universitätsklinikum Essen
Innere Klinik (Tumorforschung)
WTZ Ambulanz
Hufelandstr. 55
45147 Essen
PD Dr. med. Marianne Sinn
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
II. Medizinische Klinik und Poliklinik
Onkologie, Hämatologie, KMT mit Sektion Pneumologie
Martinistr. 52
20246 Hamburg
Dr. med. Per Ulf Tunn
Helios-Klinikum Berlin-Buch
Klinik für Tumororthopädie
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Prof. Dr. Eva Wardelmann
Universitätsklinikum Münster
Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie
Albert-Schweitzer-Campus 1
48149 Münster
Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann
Amb. Gesundheitszentrum der Charité
Campus Virchow-Klinikum
Med. Klinik m.S. Hämatologie & Onkologie
Augustenburger Platz 1
13344 Berlin

16Erklärungen zu möglichen Interessenkonflikten

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Reference:

Quellenangabe:

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