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Sphärozytose, hereditär (Kugelzellenanämie)

Stand Februar 2012
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1Definition und Basisinformationen

Bei der Hereditären Sphärozytose handelt es sich um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen der Erythrozyten. Gemeinsamer Nenner sind strukturelle Membrandefekte, die zu einer Störung der erythrozytären Verformbarkeit führen. Die sehr variable klinische Ausprägung ist bedingt durch die verschiedenen Mutationen der Membranprotein-Gene, die unterschiedlichen funktionellen Auswirkungen und den jeweiligen Erbgang.

Das Krankheitsbild wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals beschrieben. Im Jahre 1900 publizierte Oskar Minkowski seine Beobachtungen zur familiären Häufung [1]. Die Hereditäre Sphärozytose gehört zu den angeborenen hämolytischen Anämien, namensgebend war der mikroskopische Aspekt von Kugelzellen im Blutausstrich.

1.1Häufigkeit

Die Prävalenz wird in Deutschland auf etwa 1:2000-2500 geschätzt [2]. Die Hereditäre Sphärozytose ist bei weitem die häufigste angeborene hämolytische Anämie bei Personen mit einem nord- oder mitteleuropäischen Hintergrund.

1.2Ursache

Gemeinsame Ursachen der verschiedenen Formen der Hereditären Sphärozytose sind Membrandefekte. Dadurch ist die Verformbarkeit der Erythrozyten vermindert und sie werden beschleunigt in der Milz abgebaut. Am häufigsten sind die Gene für die Membranproteine Ankyrin, Bande 3 und Spektrin betroffen [3]. Seltener sind Veränderungen der Gene von Protein 4.2, des Rh Komplex und Fälle, bei denen der Proteindefekte nicht definierbar ist [4]. Bei etwa 70% der Betroffenen wird die Erkrankung autosomal dominant, nur bei etwa 15% autosomal rezessiv vererbt. Die übrigen Patienten erkranken aufgrund von Neumutationen. Eine Klassifikation auf der Basis der molekularen Grundlagen ist in Tabelle 1 dargestellt [36].

Tabelle 1: Molekulare Klassifikation der Hereditären Sphärozytose [4] 

Typ

Defekt

Häufigkeit1

Vererbung2

Proteine

Verlaufsform3

OMIM4

1

Ankyrin-1

USA & Europa: 40-65%

Japan: 5-10%

autos. dom., autos. rez.,

Ankyrin-1 und Spektrin

meist mittelschwer; selten leicht oder schwer

#182900

2

Beta-Spektrin

15-30%

autos. dom.,

Beta-Spektrin

leicht bis mittelschwer

#182870

3

Alpha-Spektrin

< 5%

autos. rez.

Alpha-Spektrin

meist schwer

#270970

4

Bande 3

20-35%

autos. dom.

Bande 3

leicht bis mittelschwer;

sehr selten schwere rezessive Form

#109270

5

Protein 4.2

USA & Europa: < 5%

Japan: 45-50%

autos. rez.

Protein 4.2

leicht bis mittelschwer

#612690

1Häufigkeit - relative Häufigkeit in Mitteleuropa;2 autos. - autosomal, dom. - dominant, rez. - rezessiv;3 Verlaufsform - s. Tabelle 2;4 OMIM - Online Mendelian Inheritance in Man [5]

2Klinisches Bild

2.1Symptome

Das klinische Spektrum der Hereditären Sphärozytose reicht von schweren Verläufen mit Transfusionsbedarf bereits im Kindesalter bis zu asymptomatischen Patienten mit zufälliger Diagnose anlässlich einer Laboruntersuchung aus anderer Indikation. Die charakteristischen Befunde und typische Komplikationen sind in Tabelle 2 und 3 zusammengefasst.

Tabelle 2: Charakteristische Befunde bei Hereditärer Sphärozytose 

Symptom

Anmerkung

Anämie

Coombs negativ

Ikterus

meist indirektes Bilirubin erhöht

Splenomegalie

variables Ausmaß

Familienanamnese

meist positiv

Tabelle 3: Typische Komplikationen bei Hereditärer Spärozytose 

Symptom

Anmerkung

Cholelithias

Folge der chronischen Hämolyse

aplastische Krise

am häufigsten nach Erstinfektion mit Parvovirus B19

hämolytische Krise

nach interkurrenten Infekten

megaloblastäre Krise

bei Folsäuremangel

Hämolytische Krisen treten wiederholt vor allem im Rahmen interkurrenter Infekte auf. Der Verlauf ist bei jungen Erwachsenen meist milde und eine Bluttransfusion nicht erforderlich. Die aplastische Krise ist meistens einmalig. Sie kann zu einem starken Abfall der Hämoglobinkonzentration führen, so dass eine Bluttransfusion notwendig wird. Selten sind kardiovaskuläre Komplikationen, extramedulläre Hämatopoese oder sekundäre Hämochromatose [4]. Hämolytische Krisen treten wiederholt vor allem im Rahmen interkurrenter Infekte auf. Der Verlauf ist bei jungen Erwachsenen meist milde und eine Bluttransfusion nicht erforderlich.

Die chronisch gesteigerte Hämolyse kann auch bei Patienten mit leichter Verlaufsform - die nicht splenektomiert wurden - nach jahrzehntelangem Verlauf zu extramedullärer Hämatopoese mit dem klinischen Bild von intrathorakalen, paravertebralen Tumoren führen. Bei älteren Patienten können Ulcera cruris auftreten. Ob die in seltenen Fällen beschriebene Assoziation von Hereditärer Sphärozytose und spinozerebellärer Ataxie auf denselben Gendefekt zurückzuführen ist, ist bisher nicht bewiesen.

Eine Einteilung der Hereditären Sphärozytose auf der Basis der klinischen Schweregrade findet sich in Tabelle 4 [2][710].

Tabelle 4: Klinische Klassifikation der Hereditären Sphärozytose [4] 

Träger

leicht

mittelschwer

schwer

sehr schwer

Patienten (%)1

25-30

60-70

10

3-5

Hämoglobin (g/L)

normal

11-15

8-11

6-8

< 6

Retikulozyten (%)

1-4

< 6

≥ 6

> 10

> 10

Bilirubin (mg / dL)

< 1

1-2

≥ 2

≥ 2-3

≥ 3

peripherer Blutausstrich

normal, gelegentlich vereinzelte Sphärozyten

vereinzelte Sphärozyten

Sphärozyten nachweisbar

Sphärozyten nachweisbar

Mikrosphärozyte Poikilozytose

Transfusionsbedarf

nein

0-1

0-2

≥ 3

regelmäßig

1relative Häufigkeit (%);2 osmotische Fragilität

2.2Asymptomatische Personen mit auffälligen Laborparametern

Eine besondere Gruppe sind Anlageträger (Erwachsene ohne klinische Symptome und ohne positive Familienanamnese), bei denen zufällig veränderte Laborparameter gefunden wurden. Hinweise auf eine Hereditäre Sphärozytose sind in Tabelle 5 zusammengefasst [9]:

Tabelle 5: Labor-Hinweise auf eine Hereditäre Spärozytose 

Parameter

Kommentare

  • MCHC oberhalb der Normgrenze (35 oder 36 g / dl)*

eine hohe Spezifität hat die Kombination von MCHC oberhalb der Normgrenze und RDW > 15%;

bei abortiv milden Formen sind die RDW Werte aber nur selten erhöht

  • Retikulozyten erhöht

kann intermittierend auftreten

  • Sphärozyten

einzelne

  • LDH erhöht

  • indirektes Bilirubin erhöht

selten

  • Haptoglobin erniedrigt

gelegentlich auch normal bei asymptomatischen Personen

  • Vermehrung hyperchromer, hyperdenser Erythrozyten

  • leichte Erhöhung der osmotischen Fragilität

in den besonders empfindlichen Testverfahren (AGLT)

* siehe Kapitel 2.3 für eine ausführlichere Darstellung des Parameters MCHC

Die Kombination mehrerer Parameter erhärtet den Verdacht auf die Anlagediagnose. Wenn keine Sphärozyten nachweisbar sind, keine Veränderungen der Indizes vorliegen und die Retikulozyten normwertig sind, ist zwar eine Hereditäre Sphärozytose nicht ausgeschlossen, es ist aber unwahrscheinlich, dass diese Person symptomatisch wird. Die Abgrenzung zwischen einer klinisch asymptomatischen Anlage und einer leichten Form der Sphärozytose kann schwierig sein. Gelegentlich können leichte Formen exazerbieren bei Splenomegalie anderer Genese (z. B. Lymphome) oder bei Virusinfekten (EBV, Parvovirus).

2.3MCHC als Indikator einer Membranerkrankung der Erythrozyten

Der erhöhte MCHC-Wert (Mean Cellular Hemoglobin Concentration) hat eine besondere Bedeutung in der Identifikation von Sphärozytose-Patienten. Er gibt die Hämoglobin-Konzentration in Hämoglobin pro 100 ml Erythrozyten an.

Erhöhte MCHC-Werte werden gefunden bei

  • Situationen mit zu hoch bestimmtem Hämoglobinwert bei Plasmatrübungen jedweder Art

  • Situationen mit zu niedrig bestimmter Erythrozytenzahl, z. B. bei angeronnenem Blut

  • hochtitrigen Kälteagglutininen

  • hereditären Membranerkrankungen der Erythrozyten wie bei Sphärozytose und Varianten wie z. B. der Xerozytose

  • Hämoglobin CC-Anomalie

  • homozygoter Sichelzellkrankheit (gelegentlich)

  • Hämochromatose-Patienten mit massiver Eisen-Überladung [11], auch in Abhängigkeit vom Genotyp

3Diagnose

3.1Diagnostik bei Verdacht auf Hereditäre Sphärozytose

Sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung sind Grundlage rationeller Diagnostik. Die weiteren diagnostischen Schritte bei Erwachsenen sind in den Tabellen 6 und 7 sowie als Algorithmus in Abbildung 1 dargestellt.

Tabelle 6: Basisdiagnostik bei Verdacht auf Hereditäre Sphärozytose und Bewertung diagnostischer Kriterien 

Parameter

(obligate Bestimmung)

Spezifizierung

Bewertung

(als diagnostisches Kriterium)

Familienanamnese

  • autosomal dominant oder rezessiv

fakultativ

Splenomegalie

  • körperliche Untersuchung

  • Sonographie

fakultativ

Blutbild automatisch

  • Anämie

  • MCHC1 > 35 g/dl

  • Anisozytose (RDW2)

fakultativ

fakultativ

fakultativ

Blutbild mikroskopisch

  • Sphärozyten

  • Anisozytose

variabel3, 4

fakultativ

gesteigerte Hämolyse

  • Retikulozyten normal oder erhöht

  • indirektes Bilirubin erhöht

  • LDH5 erhöht

  • Haptoglobin nicht nachweisbar

mindestens 2 Parameter obligatorisch

Coombs Test

  • negativ

obligatorisch

1MCHC - mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration;2 RDW- Größenverteilung von Erythrozyten im automatischen Blutbild;3 nur in einwandfreien Ausstrichen zu erkennen;4 das mikroskopische Bild kann bei Erwachsenen uncharakteristisch sein; bei leichten Formen können nur wenige oder keine Sphärozyten nachweisbar sein, während Polychromasie und Anisozytose fast immer zu beobachten sind;5 LDH - Laktatdehydrogenase
Tabelle 7: Weiterführende Diagnostik bei Verdacht auf Hereditäre Sphärozytose 

Parameter

Spezifizierung

osmotische Fragilität

Acidified Glycerol Lysis Time (AGLT)

Durchflusszytometrie

Eosin-5-Maleimid Bindung

Membran-Analyse

SDS PAGE

Gen-Analyse

Sequenzierung der Kandidatengene: Linkage Analyse

Es gibt keinen Einzeltest, der alle Formen der Hereditären Sphärozytose erkennt. Deshalb wird die Untersuchung mit zwei Testverfahren empfohlen. In einer aktuellen Studie an 150 Patienten wurde in der Kombination von AGLT und EMA Test sogar eine Sensitivität von 100% erreicht [12]. Die Untersuchung der osmotischen Resistenz mit hypotonen Salzlösungen hat eine deutlich geringere Sensitivität als AGLT und EMA Test.

Acidified Glycerol Lysis Time (AGLT)

Die Bestimmung der Hämolysezeit mit der Acidified Glycerol Lysis Time (AGLT) hat eine hohe Spezifität, die Sensitivität liegt zwischen 80 und 95% [13]. Der Test muss innerhalb von Stunden nach Blutabnahme oder an per Eilboten versandten Proben (je nach Jahreszeit gekühlt) vorgenommen werden!

Durchflusszytometrie (EMA-Test)

Die durchflusszytometrische Methode (EMA-Test) wurde im Jahre 2000 eingeführt [14]. Sie beruht auf der verminderten Bindung des Fluoreszenzfarbstoffs Eosin-5-Maleimid bei Patienten mit Hereditärer Sphärozytose im Vergleich zu Normalpersonen. Die Sensitivität liegt bei 90-95%, die Spezifität bei 95-99%. Das Ergebnis ist nur bei einer maximalen Verzugszeit von 48 Stunden zwischen Blutabnahme und Testdurchführung valide. Bei der Hereditären Pyropoikilozytose wird der Fluoreszenzfarbstoff noch geringer als bei der Hereditären Sphärozytose gebunden, bei der Stomatozytose ist die Bindung erhöht [15].

Ektazytometrie

Eine genaue Bestimmung der osmotischen Fragilität (und eine Unterscheidung zwischen Sphärozytose und makrozytären Stomatozytose) ist mittels der osmotischen Gradienten-Ektazytometrie möglich; dieses Verfahren ist derzeit jedoch nur in Zürich (Labor Dr. J. Goede, Klinik für Hämatologie, Universitäts-Spital Zürich, Rämistrasse 100, 8091 CH Zürich: Tel.: +41 (0)44 255 95 97; Fax: +41 (0)44 255 89 68) und in Paris, Hopital Kremlin Bicetre, verfügbar. Da die Untersuchung nur in frischen, am Untersuchungsort abgenommenen Blutproben gemacht werden kann, bleibt die Ektazytometrie wenigen Ausnahmefällen vorbehalten, in denen die Diagnose anders nicht geklärt werden kann.

Membran-Analyse

Die biochemische Analyse mittels Gel-Elektrophorese kann quantitativ zum Nachweis der verminderten Membranproteine und qualitativ zur Identifikation der betroffenen Proteine eingesetzt werden. Sie trägt nur selten zur Diagnostik bei.

Gen-Analyse

Die molekulargenetische Diagnostik identifiziert den Patienten- bzw. familienspezifischen genetischen Defekt [35]. Sie bleibt aufgrund der zahlreichen Zielgene mit der Heterogenität möglicher Mutationen sowie den daraus resultierenden erheblichen Kosten Spezialfällen vorbehalten.

Bei allen diagnostischen Verfahren gibt es falsch positive und / oder falsch negative Ergebnisse. Deshalb sollte die Diagnose bei Personen ohne positive Familienanamnese grundsätzlich nicht auf einer Methode (z.B. nur osmotische Resistenz, nur EMA, nur biochemische Membrandiagnostik) beruhen. Als Screening sollten mindestens 2 verschiedene Verfahren eingesetzt werden, am ehesten EMA-Test und AGLT. Auch zukünftige, diagnostische Tests werden in ihrer Spezifität und Sensibilität mit diesen Laborverfahren verglichen werden müssen.

Abbildung 1: Diagnostischer Algorithmus bei V. a. Hereditäre Sphärozytose 
1charakteristische Symptome - Anämie, Ikterus, Splenomegalie, hämolytische oder aplastische Krise nach Virusinfekt;2 auffällige Laborbefunde - MCHC > 35 und RDW > 15 %; Retikulozyten erhöht,Hämolyseparameter positiv;3 Basisdiagnostik - körperliche Untersuchung; großes Blutbild mit mikroskopischer Differenzierung der Erythrozyten, Retikulozyten, LDH, Bilirubin, Haptoglobin, Coombs Test;4 AGLT - Acidified Glycerol Lysis Time, Test zur Bestimmung der osmotischen Fragilität, EMA - Eosin-5-Maleimid, durchflusszytometrischer Test zur Farbstoffbindung;5 Ektazytometrie - siehe Text Kapitel 3.1.

3.2Differenzialdiagnose

Zur Differenzialdiagnose bei erwachsenen Patienten mit hyperregeneratorischer, normochromer Anämie und Sphärozyten gehören:

Angeboren

Hereditäre Elliptozytose : Die Befunde der Basisdiagnostik sind weitgehend identisch mit denen der Hereditären Sphärozytose, allerdings ist die osmotische Fragilität der Erythrozyten meist nur bei mittelschwerem bis schwerem Verlauf erhöht. Entscheidend ist die mikrokopische Analyse des Blutausstrichs. Diese trifft auch auf die sphärozytische Elliptozytose zu, bei der sich neben den Elliptozyten auch Sphärozyten finden.

Hereditäre Pyropoikilozytose: Ursache ist die Homozygotie für Spektrinanomalien mit einer positiven Familienanamnese für die Hereditäre Elliptozytose. Die durchflusszytometrische Analyse (EMA Test) zeigt ebenso wie bei HS eine eindeutig verminderte Bindung des Farbstoffs. Entscheidend sind der Blutausstrich und eine im Gegensatz zu anderen Membranopathien ausgeprägte Verminderung des MCV auf Werte unter 70 fl.

Hereditäre Defekte der Kationendurchlässigkeit der Erythrozytenmembran: Die Differenzialdiagnose ist in Tabelle 8 zusammengefasst [16].

Tabelle 8: Hereditäre Defekte der Kationendurchlässigkeit der Erythrozytenmembran [16] 

Stomatozytose mit zellulärer Überwässerung

Kryohydrozytose

Familiäre Pseudohyperkaliämie

Xerozytose

Hämolyse

mittel bis schwer

mild bis mittel

mild bis normal

mild bis mittel

MCV (80-100 fl)

110-150

90-105

82-104

84-122

MCHC (32-36 g/dl)

24-30

34-38

33-39

34-38

Erythrozytäres

K+und Na+

(95-110 mmol/L Ery)

110-140

75-105

87-109

75-99

osmotische Fragilität

stark erhöht

normal bis leicht erhöht

leicht erniedrigt

erniedrigt

intrauterin Aszites

nein

nein

nein

gering bis stark

Ansprechen auf Splenektomie

gut

schlecht

Splenektomie nicht erforderlich

schlecht

MCV - mittleres korpuskuläres Volumen; MCHC - mittlere Hämoglobinkonzentration

Hereditäre Stomatozytose: Entscheidend ist bei diesem sehr seltenen Krankheitsbild der Blutausstrich. Die Abgrenzung ist wichtig, da die Splenektomie oft nicht effektiv ist und mit einem erhöhten Thrombembolierisiko belastet ist. Nach Lagerung der Blutprobe bei 4°C über 2 Stunden steigen Serumkalium und MCV an, MCHC normalisiert sich.

Hereditäre Xerozytose (früher auch dehydrierte Hereditäre Stomatozytose): Weitgehend unauffälliges Blutbild, nur selten Stomatozyten und Echinozyten (vor allem im Phasenkontrastmikroskop). Die osmotische Fragilität ist leicht erniedrigt. Anamnestisch findet sich gehäuft intrauteriner Hydrops mit Aszites. Die Splenektormie ist nicht effektiv und aufgrund eines erhöhten Thrombose-Risikos kontraindiziert.

Kongenitale dyserythropoetische Anämie Typ II: Obwohl auch hier einzelne Sphärozyten im Ausstrich nachweisbar sind, zeigt dieser eine ausgeprägte Poikilozytose, fast immer mit basophiler Tüpfelung. Die Retikulozytenzahl ist oft normal, im Verhältnis zur Anämie aber immer nicht adäquat erhöht. Zur eindeutigen Abgrenzung ist im Zweifelsfall der Nachweis der Dyserythropoese im Knochenmarkaspirat erforderlich. Die Verschiebung (Shift) von Bande 3 in der SDS PAGE kann zur Diagnose beitragen. Nachgewiesen wird die Erkrankung durch den Nachweis der Mutation des SEC23B-Gens.

Andere Formen der kongenitalen hämolytischen Anämie: Auch Hereditäre Enzymdefekte oder Strukturdefekte der Hämoglobin-Gene verursachen hämolytische Anämien. Oft kann das mikroskopische Differenzialblutbild die weitere Diagnostik leiten.

Erworben

  • Autoimmunhämolytische Anämie, vor allem die seltenen Formen mit negativem Coombs-Test

  • Mikroangiopathische hämolytische Anämie

  • Hämolytisch - urämisches Syndrom

  • Hypophosphatämie

  • (verzögerte) hämolytische Transfusionsreaktion

  • Hämolyse toxischer oder infektiöser Genese

4Therapie

Eine kausale Therapie des genetischen Defektes gibt es nicht. Die effektivste symptomatische Therapie ist die Splenektomie. Bei symptomatischer Cholelithiasis ist die Cholezystektomie indiziert [17].

4.1Splenektomie

Die Splenektomie führt oft zu einer Beseitigung der Anämie und zu einer Rückbildung der erhöhten Hämolyse-Parameter. Die Veränderungen im Ausstrich werden dagegen meist deutlicher als vorher. Die Indikation zur Splenektomie wird meist im Kindesalter gestellt, aber wenn möglich nicht vor dem Schulalter vorgenommen. Sie muss aber auch im Erwachsenenalter abhängig von dem klinischen Befund geprüft werden. Auch bei Erwachsenen mit extramedullärer Blutbildung ist die Splenektomie eine Option. Ob sich die extramedulläre Blutbildung danach zurückbildet, ist offen.

Bei persistierender Hämolyse nach Splenektomie müssen die Diagnose nochmals hinterfragt, nach Nebenmilzen gesucht und diese ggfs. entfernt werden. Die Indikation zur Splenektomie richtet sich nach dem klinischen Schweregrad, s. Tabelle 9 [2].

Tabelle 9: Indikationen zur Splenektomie 

Schweregrad

Empfehlung

leicht

in der Regel nicht erforderlich

mittelschwer

bei mehreren hämolytischen Krisen

bei > 2 Transfusionen jenseits der Neugeborenenzeit

bei ausgeprägter Leistungsminderung

schwer und sehr schwer

alle Patienten

Das Risiko der Splenektomie liegt in der Operation und der lebenslang erhöhten Rate schwerer Infektionen, vor allem durch Pneumokokken mit einer Mortalität von 0,1-0,4 % [218]. Dieses Risiko wird vermindert durch eine nahezu vollständige statt einer kompletten Splenektomie [1920], so dass das erstere Verfahren bevorzugt eingesetzt werden sollte. Bei Patienten mit schwerer Verlaufsform, vor allem bei Spektrindefekten, kann eine leichte Hämolyse mit Anämie persistieren. Bei der Splenektomie müssen die Empfehlungen zur Impfung und / oder Antibiotikaprophylaxe beachtet werden [2122].

5Kontrollen bei asymptomatischen Patienten

Studien zur Effektivität regelmäßiger Kontrollen gibt es nicht. Blutbildanalysen sollten bedarfsorientiert erfolgen, vor allem bei Anämie-Symptomen im zeitlichen Zusammenhang mit Infekten. Wegen der seltenen Eisenüberladung bei mittelschweren und schweren Formen wird eine Kontrolle des Serumferritins in jährlichen Abständen empfohlen. Anlässlich dieser Kontrollen sollten aufgrund des erhöhten Bedarfs auch der Vitamin B12- und der Folsäurespiegel kontrolliert werden. Eine Sonographie der Gallenwege sowie der Milzgröße wird in mindestens dreijährigen Abständen empfohlen.

6Kinderwunsch

Bei Kinderwunsch wird eine familiäre Beratung mit Untersuchung der Lebenspartnerin / des Lebenspartners auf eine erythrozytäre Membranopathie empfohlen.

7[Kapitel nicht relevant]

8[Kapitel nicht relevant]

9Literatur

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10[Kapitel nicht relevant]

11[Kapitel nicht relevant]

12[Kapitel nicht relevant]

13[Kapitel nicht relevant]

14[Kapitel nicht relevant]

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Stefan Eber
Schwerpunktpraxis Pädiatrische
Hämatologie/Onkologie und
Kinderklinik der TU München
Waldfriedhofstr. 738
81377 München
Prof. Dr. med. Gerhard Ehninger
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden
Medizinische Klinik und Poliklinik I
Fetscherstr. 74
01307 Dresden
Prof. Dr. med. Winfried Gassmann
St. Marien-Krankenhaus Siegen
Medizinische Klinik III
Kampenstr. 51
57072 Siegen
PD Dr.med. Jeroen Goede
Medizinische Onkologie und Hämatologie
Kantonsspital Winterthur
Brauerstr. 15
CH-8401 Winterthur
Prof. Dr. med. Hubert Schrezenmeier
Universitätsklinikum Ulm
Institut für klinische Transfusionsmedizin
Helmholtzstr. 10
89081 Ulm
Univ.-Prof. Dr. Christian Sillaber
Allgemeines Krankenhaus Wien
Klinik für Innere Medizin I
Klinische Abt. für Hämatologie
und Hämostaseologie
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann
Amb. Gesundheitszentrum der Charité
Campus Virchow-Klinikum
Med. Klinik m.S. Hämatologie & Onkologie
Augustenburger Platz 1
13344 Berlin

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Reference:

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