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Ozontherapie

Die Inhalte der Leitlinie wurden von CAM Cancer und dem Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON) erarbeitet, begutachtet und freigegeben. Sie liegen auf Onkopedia in deutscher und auf dem Informationsportal von CAM Cancer in englischer Sprache vor.

Stand November 2021
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1Zusammenfassung

Ozon (O3) ist ein instabiles Gas, das als Bestandteil der Atmosphäre vor der Strahlung der Sonne schützt. Zur therapeutischen Anwendung wird es mit speziellen Generatoren hergestellt.

Die Ozontherapie kann über Körpersaunen, Gasinsufflation in Körperhöhlen (nicht in die Lungen), durch Applikation auf Gelenke und Läsionen und die Vermischung mit dem Eigenblut des Patienten sowie anschließender Reinjektion (Autohämotherapie) erfolgen. Auch als Desinfektionsmittel wird Ozon eingesetzt. Die Ozontherapie soll immunmodulierende und immunstimulierende Eigenschaften besitzen und eine sog. Tumorhypoxie, die von einigen Krebszellen benötigt wird, korrigieren können.

Es gibt nur wenige klinische Studien zur Ozontherapie. Die mit Krebspatient*innen durchgeführten sind bisher entweder nur als Abstrakt oder in asiatischen Sprachen veröffentlicht.

Die Ergebnisse der klinischen Studien zur Wirksamkeit der Ozontherapie bei Krebserkrankungen sind mit so hoher Unsicherheit behaftet, dass sie weder eine Aussage über die antitumoröse noch über die supportive Wirksamkeit zulassen.

Ozon hat nachweislich eine toxische Wirkung auf die Lungen und ist gefährlich, wenn es direkt intravenös injiziert wird. Über die Sicherheit anderer Verabreichungsmethoden liegen nur unzureichende zuverlässige Informationen vor.

2Beschreibung des Verfahrens

2.1Begriffsklärung und Definition

Ozon ist ein instabiles, farbloses Gas. Ein Ozonmolekül besteht aus drei Sauerstoffatomen in einer gewinkelten Anordnung [5]. Es ist dichter und stärker wasserlöslich als Sauerstoff in Form von O2. Es ist auch instabiler, da jedes Molekül aus drei Sauerstoffatomen besteht, während Sauerstoff in elementarem Zustand überwiegend Moleküle aus zwei Atomen bildet (O2) [5]. Ozon kommt in geringen Mengen in der Atmosphäre vor und bietet Schutz vor ultravioletten Strahlen (UV-Strahlen), zerfällt aber, insbesondere in niedrigeren Atmosphärenschichten, rasch in ein Sauerstoffmolekül und ein einzelnes, reaktives Sauerstoffatom. Es ist ein starkes Oxidationsmittel und kann Produkte bilden, die für die Atemwege toxisch sind [5; 32]. In der Natur entsteht Ozon aus Sauerstoff durch die Wirkung von ultraviolettem Licht bzw. elektrischer Ladung z.B. bei Gewittern. In Bodennähe wird Ozon nicht direkt in die Luft abgegeben, sondern durch chemische Reaktionen zwischen Stickoxiden und volatilen organischen Verbindungen unter dem Einfluss von Sonnenstrahlung in der Luft gebildet [32]. Zu starke Ozonkonzentrationen können für lebende Organismen toxisch sein [32]. Für die medizinische Anwendung wird Ozon in Generatoren produziert, in denen Sauerstoff durch einen Spannungsgradienten mit hoher Spannung geleitet wird. Das entstehende Gas ist eine Mischung aus Sauerstoff und Ozon [5].

Andere Bezeichnungen: O3, medizinisches Ozon, therapeutisches Ozon, Ozonautohämotherapie, ozonisiertes Wasser, Trisauerstoff (Ozontherapie wird auch unter dem weiter gefassten Begriff der Hyperoxygenierung bzw. Sauerstofftherapien geführt) [26; 7].

Die Ozontherapie sollte nicht mit hyperbarem Sauerstoff oder anderen konventionellen Formen der Sauerstofftherapie verwechselt werden (im Abschnitt „Anwendung und Dosierung“ finden Sie weitere Informationen zur genauen Therapie, auf die in dieser Zusammenfassung Bezug genommen wird).

2.2Herkunft und Verbreitung

In Europa hat die Anwendung von Ozon, insbesondere in der Naturheilkunde, seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert Tradition [12]. Größere Verbreitung fand sie, seit der deutsche Arzt Wolff, der Ozon in seiner Praxis anwendete, andere Ärzte darin schulte, doch ist die medizinische Anwendung weiterhin umstritten [3]. Die Ozontherapie wird in einer Reihe von Ländern angeboten. Zudem wurde eine europäische Zusammenarbeit unter Beteiligung medizinischer Ozongesellschaften aus zehn Ländern ins Leben gerufen, darunter Österreich, Deutschland, Spanien, die Schweiz und Italien [22].

2.3Anwendungsgebiete

Die Ozontherapie soll wie andere sogenannte Sauerstofftherapien bei vielen Erkrankungen, darunter auch Tumorerkrankungen, verschiedene günstige Auswirkungen haben, z.B. die Zerstörung von Tumorzellen und Krankheitserregern, sowie die Anregung des Stoffwechsels [7]. Allgemeiner wird behauptet, dass die Ozontherapie eine Immunmodulation und Immunaktivierung bewirkt [22].

2.4Wirkprinzipien

Zum Wirkmechanismus wurden verschiedene Theorien vorgestellt. [30] So wurde vorgeschlagen, dass die wahrgenommenen therapeutischen Effekte der Ozontherapie teilweise auf den „kontrollierten und moderaten“ oxidativen Stress zurückzuführen sind, der von der Reaktion des Ozons mit mehreren biologischen Komponenten hervorgerufen wird [30]. Bei starkem oxidativem Stress soll der Transkriptionsfaktor NF-κB aktiviert werden, der eine Entzündungsreaktion und eine Verletzung des Gewebes verursacht, während bei moderatem oxidativem Stress NFE2L2 aktiviert werden soll, der die Transkription von Elementen der antioxidativen Reaktion induziert. Diese bewirken die Produktion verschiedener antioxidativer Enzyme, die gemeinsam mit freien Antioxidantien die Zellen vor Oxidation und Entzündung schützen und möglicherweise auch die Auswirkungen von chronischem oxidativem Stress neutralisieren können.

Bei Krebs beruhen die Theorien über den Wirkmechanismus der Ozontherapie auf der Idee, dass eine Erhöhung des Sauerstoffgehalts in der Nähe von Krebszellen diese negativ beeinflusst und möglicherweise eine Apoptose verursacht [4]

2.5Art der Anwendung und Anbieterqualifikation

Die Ozontherapie kann auf verschiedene Arten eingesetzt werden, z.B. wird Ozon intranasal, -aurikulär, oral, rektal, vaginal oder topisch auf die Haut appliziert [26]. Ozon wird sowohl als Gas als auch in Form von ozonisiertem Wasser zur Behandlung von Karies eingesetzt [6]. Ozonisiertes Wasser wird zudem bei Arthritiden in Gelenke injiziert oder zur Wundbehandlung auf der Haut appliziert [26]. Bei der Ozonsauna wird der Körper (mit Ausnahme des Kopfs) mit Ozon umgeben oder bei der Beutelbegasung ein Körperteil darin „eingetaucht“. Mit Ozon angereichertes Trinkwasser wird ebenfalls kommerziell vertrieben [6;26].

Die spezifisch mit Tumorerkrankungen in Verbindung gebrachte Applikationsform ist die Ozonautohämotherapie. Bei diesem Verfahren wird dem Patienten venöses Blut entnommen, mit Ozon angereichert und intravenös reinfundiert bzw. intramuskulär injiziert [7].

Das rektale Einblasen wurde bei der Behandlung lokaler, durch Strahlentherapien entstandener Entzündungsreaktionen wie z. B. Proktitis eingesetzt [22].

Es wurde keine typische Dosis erfasst [26]. Von einer deutschen medizinischen Ozongesellschaft wurden Richtlinien für die Verwendung von Ozon in der Medizin erstellt, doch die Grundlage für die darin enthaltenen Empfehlungen wird nicht angegeben [22]. Medizinern, die auf Ozontherapien setzen, steht ein globales Konsensdokument (die Madrider Erklärung zur Ozontherapie) zur Verfügung [17].

3Klinische Wirksamkeit

Es gibt nur wenige klinische Studien zur Ozontherapie. Die mit Krebspatient*innen durchgeführten Studien sind bisher entweder nur als Abstrakt oder in asiatischen Sprachen veröffentlicht.

  • Die Ergebnisse der klinischen Studien zur Wirksamkeit der Ozontherapie bei Krebserkrankungen sind mit so hoher Unsicherheit behaftet, dass sie weder eine Aussage über die antitumoröse noch über die supportive Wirksamkeit zulassen.

3.1Antineoplastische Therapie

3.1.1Leitlinien

-

3.1.2Klinische Studien

Es liegen keine RCTs zur Wirkung von Ozontherapie auf das Überleben vor.

Eine kleine kontrollierte Studie (n=19) untersuchte gezielt Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren im Kopf- und Halsbereich, die eine Strahlentherapie erhielten [11]. Die neunzehn Patienten wurden über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet. Zusätzlich zur Strahlentherapie erhielten zwölf Patienten eine Chemotherapie, sieben eine Ozontherapie. Die beiden Gruppen waren allerdings nur bedingt vergleichbar, da die Ozontherapie-Gruppe älter war und einen stärkeren Befall der Lymphknoten aufwies. Dennoch wurde kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf das Gesamtüberleben zwischen den beiden Gruppen festgestellt. Aufgrund der sehr niedrigen Ergebnissicherheit der Studie kann zur Wirksamkeit der Ozontherapie keine Schlussfolgerung gezogen werden.

3.2Supportive/palliative Therapie

3.2.1Leitlinien

-

3.2.2Klinische Studien

3.2.2.1Orale Mukositis

Eine RCT untersuchte die Wirkung der Ozontherapie auf orale Mukositis, wurde jedoch nur als Konferenzabstrakt veröffentlicht. Insgesamt 102 pädiatrische Krebspatienten im Alter von 3 bis 14 Jahren mit chemotherapiebedingter oraler Mukositis wurden ab dem Tag der Diagnose an vier aufeinander folgenden Tagen mit einer Ozontherapie oder Placebo behandelt [1]. In beiden Gruppen wurde nach sieben Tagen eine Verbesserung festgestellt; der einzige Parameter bei dem sich jedoch ein signifikanter Unterschied zeigte war Schmerz (p<0,005) in der Ozon-Gruppe; da es sich dabei um einen subjektiven Zielparameter handelt, ist der Einfluss des Verzerrungsrisikos unklar. Es wurde kein signifikanter Unterschied in der Reduktion des Grades festgestellt. Weitere Einzelheiten zu den Methoden sind dem Konferenzabstrakt nicht zu entnehmen, so dass keine verlässliche Aussage zur Wirksamkeit möglich ist.

3.2.2.2Lebensqualität

Zwei kontrollierte Studien haben positive Auswirkungen auf die Lebensqualität durch Ozon-Akupunkturpunkt-Injektionen als Zusatztherapie zur Chemotherapie vermeldet [14; 8]. Weitere Einzelheiten zu den Methoden sind nicht zugänglich, da die Publikationen in chinesischer Sprache verfasst wurden. Fehlende Verblindung und subjektive Zielparameter lassen jedoch auf das Verzerrungsrisiko (risk of bias) vermuten, sodass die Ergebnissicherheit sehr gering ist.

4Sicherheit

4.1Unerwünschte Wirkungen

Ein Großteil der Forschungsarbeiten zur Sicherheit von Ozon beschäftigt sich mit dessen Effekten in der Atmosphäre, die sich nicht auf die therapeutische Situation übertragen lassen. [19].

Im Hinblick auf den therapeutischen Einsatz von Ozon zitieren Webseiten, auf denen Ozontherapie angeboten wird, die Ergebnisse einer großen „Beobachtungsstudie“ mit angeblich 384.775 Patient*innen und 5,5 Mio Anwendungen, durchgeführt durch die Ärztliche Gesellschaft für Ozontherapie (ÄGO 1980). Da keine vollständige Veröffentlichung der zitierten Erfahrungen auffindbar war, sind valide Schlussfolgerungen nicht möglich.

In einer Evidenz Review von Forschern, von denen zwei der „Ärztlichen Gesellschaft für Ozonanwendung in Prävention und Therapie“ angehören, wurden die Ergebnisse verschiedener Studienarten (darunter Fallberichte) zusammengetragen [34]. Die Studien umfassten 11.000 systemische Ozonbehandlungen in Form der Major Ozone Autohemotherapy (MAH) an 577 Patient*innen und ≥47.000 Rektalinsufflationen an 716 Patient*innen. Auf der Grundlage ihrer Übersichtsarbeit behaupteten die Autoren, dass diese Behandlungen sicher sind; jedoch wurden keine standardisierten systematische Review Methoden angewandt, sodass die Zuverlässigkeit der Schlussfolgerungen unklar ist.

In Italien wurde über ein Cluster von Hepatitis-C-Infektionen im Zusammenhang mit Ozon-angereicherten Eigenbluttransfusionen berichtet [13].

Es gibt Fallberichte, dass die direkte intravenöse Infusion von Ozon zu Lungenembolie und Tod geführt hat [5]. Folglich ist diese Art der Verabreichung in Deutschland seit 1984 verboten und generell kontraindiziert [5; 26].

Eine Gesamtbewertung der Sicherheit von Ozon kam zu dem Schluss, dass intravenös verwendetes Ozon „wahrscheinlich unsicher“ ist, dass es möglicherweise unsicher ist, wenn es in den Wirbelsäulenbereich injiziert oder eingeatmet wird, und dass unzureichende zuverlässige Informationen über die Sicherheit anderer Verabreichungsmethoden vorliegen [26].

4.2Kontraindikationen

Die Ozongesellschaften geben folgende Kontraindikationen an [26; 27; 26]:

  • Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel (Favismus, akute hämolytische Anämie), Hyperthyreose, Leukämie, fortgeschrittene Stadien von HIV.

  • Direkte Gasinjektionen und intraarterielle Injektionen sind aufgrund ihres Potenzials Lungenembolien mit Todesfolge zu verursachen, kontraindiziert.

  • Hyperbare medizinische Ozoninfusionen sind ebenfalls kontraindiziert.

  • Zur Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine ausreichenden Erkenntnisse vor.

4.3Interaktionen

Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, Arzneipflanzen oder Therapien werden in der Natural Medicines Database (NMD) nicht berichtet [26].

4.4Weitere Aspekte/Warnungen

-

5Literatur

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6 [Kapitel nicht relevant]

7[Kapitel nicht relevant]

8[Kapitel nicht relevant]

9[Kapitel nicht relevant]

10Anschriften der Experten

CAM-Cancer Consortium
NAFKAM - The National Research Center
in Complementary and Alternative Medicine
UiT The Arctic University of Norway
NO 9037 Tromsø
Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie - KOKON
Klinik für Innere Medizin 5, Schwerpunkt Onkologie/Hämatologie
Universitätsklinik der Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Klinikum Nürnberg
Prof.-Ernst-Nathan-Str. 1
90419 Nürnberg

11Erklärungen zu möglichen Interessenskonflikten

KOKON wurde gefördert durch die Deutsche Krebshilfe und wird gefördert durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)

CAM-Cancer erhält finanzielle Unterstützung von der Krebsliga Schweiz und der Stiftung Krebsforschung Schweiz für die deutschen Übersetzungen.

12Mitwirkung

Dieser Fachtext wurde auf der Basis einer übersetzten Monographie des europäischen Projektes CAM Cancer erstellt. Die Monographien von CAM Cancer fassen den aktuellen Kenntnisstand zu Grundlagen, klinischer Wirksamkeit und Sicherheit von Verfahren aus dem Bereich der Komplementärmedizin in der Onkologie zusammen. Sie werden von Expertinnen und Experten des Fachbereichs erstellt, sind systematisch recherchiert, folgen den Kriterien der evidenzbasierten Medizin und werden fachlich begutachtet (Peer Review). Die Bearbeitung der Übersetzungen erfolgte in Abstimmung mit den Schriftleitungen von CAM-Cancer und des Kompetenznetzes Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON).

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