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Inhaltsverzeichnis

Maligne biliäre Tumoren

Karzinome der Gallengänge und Gallenblase
ICD-10 C22.1, C23, C24.-
Stand Mai 2019
Dies ist nicht die aktuelle Version. Siehe: Biliäre Karzinome

1Zusammenfassung

Die vorliegende Leitlinie befasst sich mit den „malignen biliären Tumoren“ (mBT). Dieser Begriff wird in Analogie zum englischen Begriff „biliary tract cancer“ (BTC) als Oberbegriff für die Karzinome der intra- und extrahepatischen (perihiläre/Klatskin-Tumoren und distale) Gallengänge und der Gallenblase verwendet (siehe Abbildung 1). In der internationalen Nomenklatur werden mBT auch als Cholangiokarzinome (cholangiocarcinoma, CCA) zusammengefasst.

Maligne biliäre Tumoren sind selten und machen weniger als 1% der malignen Tumoren aus.

In lokal begrenzten Stadien ist die komplette chirurgische Resektion die Therapie der Wahl. Die 5-Jahres-Überlebensraten liegen dann in Abhängigkeit vom Stadium, der Patientenselektion sowie dem Resektionsergebnis bei 20-50%. Bei lokal fortgeschrittenen Stadien sollte die Therapie in der Regel multimodal erfolgen (insbesondere bei intrahepatischer Tumorlokalisation), im metastasierten Stadium ist die systemische Therapie indiziert. Neben den tumorspezifischen Therapien ist die Behandlung der tumorbedingten Cholestase wesentlicher Bestandteil der interdisziplinären Versorgung und entscheidend zur Vermeidung lebensbedrohlicher Komplikationen (Cholangiosepsis).

Karzinome der Ampulla vateri (Papillenkarzinome) stellen eine eigene Entität dar, weisen aber einige Gemeinsamkeiten zu den distalen extrahepatischen mBT auf und sind ebenfalls Inhalt dieser Leitlinie (siehe Kapitel 6.3.1)

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformationen

Maligne biliäre Tumoren sind mit weniger als 1% aller malignen Tumoren eine seltene und inhomogene Tumorentität. Auch die Nomenklatur ist vielfach uneinheitlich. So wird der veraltete Begriff „cholangiozelluläres Karzinom“ oder der Begriff „Cholangiokarzinom“ teilweise als Überbegriff für alle mBT, von vielen Autoren aber nur für die Karzinome der Gallengänge bzw. die intrahepatischen mBT verwendet. Der Begriff des „cholangiozellulären Karzinoms“ ist zu vermeiden, da der rein cholangiozelluläre Ursprung dieser Tumoren nicht ausreichend belegt ist.

Aufgrund dieser Konstellation stehen bei mangelnden prospektiven und vergleichenden Studien wenig evidenzbildende Daten für die Behandlung von mBT zur Verfügung. Viele Therapieentscheidungen insbesondere auch zu lokalen Therapieverfahren bei lokal fortgeschrittenen inoperablen Tumoren werden weiterhin im Rahmen individualisierter Therapiekonzepte getroffen [1].

In Deutschland haben 36% der diagnostizierten mBT eine intrahepatische, 41% eine extrahepatische Lokalisation, 23% sind Gallenblasenkarzinome. Hierbei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: bei Männern sind 42% intrahepatische mBT, 45% extrahepatische und 13% Gallenblasenkarzinome, bei Frauen liegt mit 31% intrahepatischen mBT, 37% extrahepatischen und 32% Gallenblasenkarzinomen nahezu eine Gleichverteilung zwischen den drei Lokalisationen vor.

Männer sind bei den Karzinomen der Gallengänge etwas häufiger betroffen (1,5-2:1), Frauen erkranken deutlich häufiger an Gallenblasenkarzinomen (4:1). Das mediane Erkrankungsalter liegt bei 70 Jahren, d.h. ein höheres Lebensalter ist der Hautrisikofaktor, um an einem mBT zu erkranken.

Einen Überblick über eine mögliche Nomenklatur gibt Abbildung 1.

Abbildung 1: Nomenklatur maligner biliärer Tumoren  

2.2[Kapitel nicht relevant]

2.3Epidemiologie

Es bestehen deutliche geographische Unterschiede in der allgemeinen Inzidenz von Karzinomen der Gallengänge, die in Europa, Australien und den USA sehr selten mit einer Inzidenz von 0,3-3,5/100000 Einwohner auftreten. In Ländern mit häufigen Trematodeninfektionen der Leber ist die Inzidenz deutlich höher, die höchsten Raten finden sich für die intrahepatischen mBT in Nordost-Thailand mit 90/100.000 Einwohner, was dazu führt das Karzinome der Gallengänge dort ca. 80% der primären Lebertumoren ausmachen [2]. Beim extrahepatischen mBT sind die regionalen Unterschiede nur gering, die Inzidenz liegt zwischen 0,5 (Großbritannien) und 1,1 (Manitoba, Kanada) pro 100000 Einwohner. In westlichen Ländern zeigt sich in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende Inzidenz der intrahepatischen mBT, bei abnehmender Inzidenz der extrahepatischen. In asiatischen Ländern erscheint die Inzidenz im Wesentlichen unverändert.

Gallenblasenkarzinome sind in Westeuropa und den USA ebenfalls selten mit einer Inzidenz von 1,6-2/100.000 Einwohner. In Chile, Indien, Osteuropa deutlich häufiger mit Inzidenzen bis zu 35/100.000. Frauen sind ca. 4-fach häufiger betroffen als Männer.

Karzinome der Gallenblase gelten laut Autopsiestudien als die häufigsten mBT und als 5.-6. häufigste Tumoren des Gastrointestinaltrakts [3].

In Deutschland treten jährlich ungefähr 8.000 mBT auf. Dies entspricht ungefähr 1,7% aller invasiven Krebsneuerkrankungen (ohne sonstige Tumoren der Haut), wobei der Anteil bei Männern bei 1,6% und der bei Frauen bei 1,9% liegt.

Nachfolgend wird unterschieden zwischen:

  • intrahepatischen Gallengangskarzinomen: ICD-10: C22.1 zusammen mit sonstigen näher bezeichneten Karzinomen der Leber C22.7 und Malignomen der Leber, nicht näher bezeichnet C22.9

  • bösartigen Neubildungen der Gallenblase: ICD-10: C23

  • extrahepatischen Gallengangskarzinomen: ICD-10: C24 – Extrahepatischer Gallengang, Ampulla hepatopancreatica, Gallenwege, mehrere Teilbereiche überlappend sowie Gallenwege, nicht näher bezeichnet

Hinsichtlich der altersstandardisierten Erkrankungsraten unterscheiden sich die drei Entitäten. Es zeigen sich steigende Raten bei den intrahepatischen Gallengängen, sinkende Raten bei Malignomen der Gallenblase und ein konstanter Verlauf bei den extrahepatischen Gallengängen, Abbildung 2, 3 und 4. Die altersstandardisierten Mortalitätsraten zeigen bei den intra- und extrahepatischen mBT bei beiden Geschlechtern einen konstanten Verlauf. Die Mortalitätsraten der Malignome der Gallenblase hingegen sinken deutlich – bei Männern um durchschnittlich mehr als 3% pro Jahr, bei Frauen sogar um fast 6% jährlich.

Abbildung 2: Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) im zeitlichen Verlauf [4] 
Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) im zeitlichen Verlauf 4
Abbildung 3: Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) im zeitlichen Verlauf [4] 
Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) im zeitlichen Verlauf 4
Abbildung 4: Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) im zeitlichen Verlauf [4] 
Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) im zeitlichen Verlauf 4

Der Anstieg der Fallzahlen ist stärker als der der Erkrankungs-/Sterberaten. Die Zahl der Neuerkrankungen von mBT der intrahepatischen Gallengänge hat bei Männern in den letzten Jahren um durchschnittlich 5,5% pro Jahr zugenommen, Abbildung 5, 6 und 7. Dies ist unter anderen auf die Verschiebung der Altersstruktur zu einer älteren Gesellschaft und des Erreichens der erkrankungswahrscheinlichen Altersjahrgänge der geburtenstarken Jahrgänge zurückzuführen.

Während sowohl bei den intra- als auch bei den extrahepatischen mBT die Erkrankungswahrscheinlichkeiten (Raten) und aufgrund der demografischen Situation auch die Neuerkrankungszahlen steigen, ist der Trend bei den Malignomen der Gallenblase rückläufig. Hier führt der derzeitige Bevölkerungsaufbau dazu, dass der Rückgang der Neuerkrankungs- und Sterbezahlen geringer ausfällt als die altersstandardisierten Raten anzeigen.

Abbildung 5: Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Zahl der Neuerkrankungen und der Sterbefälle im zeitlichen Verlauf [4] 
Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Zahl der Neuerkrankungen und der Sterbefälle im zeitlichen Verlauf 4
Abbildung 6: Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Zahl der Neuerkrankungen und der Sterbefälle im zeitlichen Verlauf [4] 
Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Zahl der Neuerkrankungen und der Sterbefälle im zeitlichen Verlauf 4
Abbildung 7: Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Zahl der Neuerkrankungen und der Sterbefälle im zeitlichen Verlauf [4] 
Inzidenz und Mortalität maligner biliärer Tumoren in Deutschland – Zahl der Neuerkrankungen und der Sterbefälle im zeitlichen Verlauf 4

Die mBT weisen ein hohes Erkrankungsalter auf, wenn man das mediane Erkrankungsalter für Krebs insgesamt mit 70 Jahren für Männer und 69 Jahren für Frauen berücksichtigt. Hierbei liegen die mBT zwischen zwei (Männer, intrahepatische mBT, 72 Jahre) und neun Jahren (Frauen, Gallenblase, 78 Jahre) über dem mittleren Erkrankungsalter von Krebs gesamt [5].

Die Verteilung der Neuerkrankungen nach Alter zeigt Abbildung 8, 9, 10, wobei zwischen der registrierten Erkrankungszahl Abbildung 8, 9, 10 (Balken) sowie den Erkrankungen bezogen auf die zugrundeliegende Bevölkerung, also die altersspezifischen Erkrankungsraten Abbildung 8, 9, 10 (Linien) unterschieden wird. Mit zunehmendem Alter nimmt auch der Unterschied zwischen den Geschlechtern zu.

Abbildung 8: Altersverteilung der Inzidenz maligner biliärer Tumoren in Deutschland (Diagnosejahre 2012-2014) [6] 
Altersverteilung der Inzidenz maligner biliärer Tumoren in Deutschland (Diagnosejahre 2012-2014) 6
Abbildung 9: Altersverteilung der Inzidenz maligner biliärer Tumoren in Deutschland (Diagnosejahre 2012-2014) [6] 
Altersverteilung der Inzidenz maligner biliärer Tumoren in Deutschland (Diagnosejahre 2012-2014) 6
Abbildung 10: Altersverteilung der Inzidenz maligner biliärer Tumoren in Deutschland (Diagnosejahre 2012-2014) [6] 
Altersverteilung der Inzidenz maligner biliärer Tumoren in Deutschland (Diagnosejahre 2012-2014) 6

Die Prognose biliärer Malignome ist ungünstig. Die absolute 5-Jahres-Überlebensrate liegt zwischen 10% (C22, Frauen) und 17% (C23+C24, Männer), die relative 5-Jahres-Überlebensrate, die die Sterblichkeit in der Allgemeinbevölkerung berücksichtigt, liegt zwischen 11% (C22, Frauen) bzw. 21% (C23+C24, Männer), Tabelle 1. Die obere Zeile in der Tabelle 1 schließt die Leberzellkarzinome mit ein – detailliertere Angaben für Deutschland stehen nicht zur Verfügung.

Eine Auswertung des Tumorregisters München zeigt aber, dass die Überlebensraten für die Karzinome der intrahepatischen Gallengänge sich nicht unterscheiden [7]. Bereits die 1-Jahres-Überlebensrate von nur 41% (intrahepatische Gallengänge) bzw. 49% (Gallenblase und extrahepatische Gallengänge) zeigt die ungünstige Prognose bei Diagnose. Die relativen Überlebensraten, die die Sterblichkeit in der Allgemeinbevölkerung mitberücksichtigen, unterscheiden sich nur gering von den absoluten Überlebensraten, was die hohe tumorbedingte Übersterblichkeit aufzeigt. Die relativen 10-Jahres-Überlebensraten liegen für Lebertumoren und Malignome der intrahepatischen Gallengänge in Deutschland bei 10% (Männer) bzw. 9% (Frauen), bei den Malignomen der Gallenblase und der extrahepatischen Gallengänge bei 17% (Männer) bzw. 16% (Frauen).

Tabelle 1: Absolutes und relatives Überleben nach Diagnose (Angaben in %) 

absolute
5-Jahres-Überlebensrate

relative
5-Jahres-Überlebensrate

Männer

Frauen

Männer

Frauen

Leber inklusive intrahepatische Gallengänge
(ICD-10: C22) [5]

12

10

14

11

nur Intrahepatische Gallengänge
(ICD-10: C22.1) [7]

12

13

Gallenblase und extrahepatische Gallengänge (ICD-10: C23 und C24) [5]

17

15

21

18

Legt man die aktuelle Erkrankungshäufigkeit und die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (V1) zugrunde, kann in den nächsten 25 Jahren, allein aufgrund der Verschiebung der Altersstrukturen in der Bevölkerung, mit einem Anwachsen der Fallzahlen um mehr als 30% von heute (2014) rund 8.200 auf etwa 10.700 (2040) Neuerkrankungsfälle gerechnet werden. Der demographiebedingte Anstieg unterscheidet sich dabei nach den Entitäten. Aufgrund des höheren Erkrankungsalters ist der relative Anstieg bei den Malignomen der Gallenblase am höchsten [8].

2.4Pathogenese

Karzinome der Gallengänge entstehen typischerweise sporadisch und - in Analogie zu den Karzinomen des übrigen Verdauungstrakts - sequentiell in mehrstufigen Prozessen über präkanzeröse Zwischenstufen von der intraepithelialen Dysplasie über Carcinoma in situ zum invasiven Karzinom.

Prinzipiell kann die Karzinogenese von verschiedenen Zellen ausgehen, einschließlich der Cholangiozyten, peribiliären Drüsen, Hepatozyten oder hepatischen Stammzellen [2]. Hierbei kann unter anderem eine Aktivierung des Notch-Signalwegs eine Transformation von Hepatozyten in biliäre Vorläuferzellen begünstigen. Parallel erfolgt eine Aktivierung des peritumorösen Stromas. Typischerweise aktivierte Signalwege sind RAS/RAF/MEK/ERK, PIK3-mTor und STAT3 sowie ERBB2/MET [9].

Häufig auftretende Mutationen finden sich in KRAS, TP53, SMAD, ARID1A, BAP1, PBMR1. KRAS Mutationen finden sich häufiger in perihilären Karzinomen, IDH1/2 und FGFR Mutationen/Translokationen häufiger bei intrahepatischen [10].

2.4.1Präkanzerosen

Präkanzerosen der Gallenblase sind Adenome (aber nicht andere benigne Polypen der Gallenblase wie Fibrome, Lipome, Hämangiome oder die einfachen Cholesterolpolypen), bei denen eine maligne Transformation bei einem sessilen Wachstumsmuster und einer Größe von mehr als 1 cm wahrscheinlich ist [1112] sowie die biliäre intraepitheliale Neoplasie (BilIN), die intrazystische papilläre Neoplasie und muzinös zystische Neoplasie.

In den extrahepatischen Gallengängen werden BilIN-Läsionen und intraduktale papilläre Neoplasien (IPN) als Präneoplasien beobachtet, letztere in biliärer (häufigster Typ), intestinaler, onkozytärer oder gastrischer Differenzierung.

Die entsprechenden Vorläuferläsionen der intrahepatischen mBT umfassen die Läsionen der häufig zu beobachtenden BilIN sowie die biliären IPN.

2.5Risikofaktoren

Die Risikofaktoren unterscheiden sich in Abhängigkeit von der Lokalisation. Grundsätzlich bleibt ein erhöhtes Lebensalter in Deutschland der Hauptrisikofaktor, um an einem mBT zu erkranken.

Die Hauptrisikofaktoren für die intrahepatischen Karzinome der Gallengänge entsprechend denen des hepatozellulären Karzinoms, d.h. vor allem Leberzirrhose sowie aktive Hepatitis B oder C. Für das extrahepatische Karzinom der Gallengänge sind chronische Entzündungen der Gallegänge als Risikoerkrankungen identifiziert, insbesondere die primär sklerosierende Cholangitis und (andere) Strikturen der Gallenwege bei Gallenwegszysten und Caroli-Syndrom, sowie in Südostasien die u.g. parasitären Infektionen.

Das Risiko, an einem Karzinom der Gallengänge zu erkranken, ist mit folgenden Faktoren assoziiert [13]:

  • Chronische Infektionen, Parasitenbefall (Opisthorchis viverrini, Clonorchis sinensis)

  • Primär sklerosierende Cholangitis: jährliches Risiko 0,5-1,5%, Lebenszeitrisiko 5-10%

  • Hepatolithiasis, Choledocholithiasis

  • Choledochuszysten

  • Caroli-Syndrom

  • Thorotrast als Röntgenkontrastmittel (heute nicht mehr im Einsatz)

Als mögliche Risikofaktoren für intrahepatisches Karzinome der Gallengänge gelten zusätzlich aktive Hepatitis B und C, Leberzirrhose, Alkohol- und Nikotinkonsum, Steatosis hepatis sowie Diabetes mellitus.

Das Risiko, an einem Gallenblasenkarzinom zu erkranken, wird durch folgende Faktoren erhöht [14]:

  • Cholezystolithiasis (deutlich erhöhtes Risko ab einer Steingröße von > 3 cm, bei Cholesterinhaltigen Steinen ggf. schon ab > 1,5 cm)

  • Porzellangallenblase

  • Polypen der Gallenblase (ab ≥ 1 cm)

  • Primäre sklerosierende Cholangitis

  • Chronische Infektionen wie Salmonellen-Dauerausscheider

  • Malformationen der Gallenwege (z.B. Mirizzi-Syndrom)

  • Übergewicht

3Vorbeugung und Früherkennung

3.1Vorbeugung

Die Empfehlungen zur Vorbeugung eines mBT beziehen sich auf die bisher identifizierten erworbenen Risikofaktoren.

3.2Früherkennung

Für die asymptomatische Bevölkerung sind in Deutschland keine Früherkennungsmaßnahmen etabliert.

Eine Porzellangallenblase und auch ein Caroli-Syndrom stellen als definierte Präkanzerosen anerkannte Indikationen für prophylaktische chirurgische Resektionen dar.

Bei Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis kann eine Screeningstrategie mit CA 19-9 Bestimmung und MRT/MRCP alle 6-12 Monate erwogen werden [15].

Bei Patienten mit Gallenblasenpolypen mit einer Größe von 6 bis 9 mm sollte mindestens eine jährliche sonographische Kontrolle durchgeführt werden. In der ESMO-Leitlinie „Biliary Cancer“ wird ab einer Größe von 10 mm und bei einer Größenzunahme eine prophylaktische Cholezystektomie empfohlen, prospektive Studiendaten liegen dazu nicht vor [1].

Bei Gallensteinen empfiehlt die S3- Leitlinie zur Therapie von Gallensteinen [16] folgendes Procedere:

  • asymptomatische Patienten mit Porzellangallenblase: Cholezystektomie

  • asymptomatische Patienten mit Gallenblasensteinen > 3 cm Durchmesser: Cholezystektomie erwägen

  • Patienten mit Gallenblasensteinen und Gallenblasenpolypen ≥ 1 cm: Cholezystektomie unabhängig von der Symptomatik.

4Klinisches Bild

4.1Symptome

Insbesondere intrahepatische mBT bleiben lange symptomlos, die folgenden Symptome treten häufig erst bei lokal fortgeschrittenen Tumoren und/oder metastasierten Karzinomen auf:

  • Ikterus, Cholangitis

  • Erbrechen, Übelkeit, Inappetenz

  • Oberbauchschmerzen, häufig rechtsseitig

  • Tastbare Raumforderung im rechten Oberbauch (Courvoisier Zeichen)

  • Gewichtsverlust, Asthenie, Fatigue

  • Aszites

Extrahepatische mBT verursachen frühzeitig eine Galleabflussstörung, hier führt häufig ein schmerzloser Ikterus zur Diagnosestellung.

5Diagnose

5.1[Kapitel nicht relevant]

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

Die kontrastmittelgestützte Schnittbilddiagnostik (MRT und/oder CT) ist die Methode der ersten Wahl zur (weiteren) Abklärung eines klinischen Verdachts und ermöglicht häufig auch bereits das Staging bzw. die Ausbreitungsdiagnostik [1], siehe Tabelle 2.

Eine invasive Diagnostik mittels ERC sowie Zangen- und Bürstenzytologie oder endoskopische Ultraschalluntersuchung (EUS) mit Feinnadelaspirationszytologie bleibt nicht eindeutigen Fällen oder Patienten mit Cholestase und Cholangitis und dadurch erforderlicher Dekompression der Gallenwege vorbehalten. Allerdings sollte bei nicht fernmetastasierten perihilären Tumoren eine invasive Diagnostik mittels ERC erst nach chirurgischer Vorstellung und Festlegung der gesamten interdisziplinären, hier dann vorwiegend operativen Therapiestrategie erfolgen.

Bei Patienten ohne relevante Cholestase und mit hochgradigem Verdacht auf ein mBT in der Schnittbilddiagnostik sollte auf diese invasiven Maßnahmen verzichtet und die Indikation zur chirurgischen Exploration großzügig gestellt werden.

Bei prinzipiell operablen Tumoren sollte in Abhängigkeit vom Tumorausmaß und den jeweiligen Vorerkrankungen die Leberfunktion weiter abgeklärt werden. Bei einer intrahepatischen Tumorlokalisation mit geplanter partieller Hepatektomie ist dies obligat.

Bei inoperablen mBT ist eine histologische Sicherung vor Therapieeinleitung obligat.

Einen Überblick über die diagnostischen Verfahren gibt Tabelle 2.

Tabelle 2: Diagnostik und Staging  

Untersuchung

Anmerkung

Körperliche Untersuchung

Labor (Blut)

  • Blutbild, Leber- und Nierenfunktionsparameter, Gerinnung, TSH

  • Tumormarker CA 19-9, CEA

  • IgG4 zur Differentialdiagnose einer Autoimmunen Cholangitis

Endoskopische retrograde Cholangio (Pankreatiko-) graphie (ERCP) + Bürstenzytologie/Feinnadelpunktion

  • Ggf. diagnostisch zur Klärung des Ausbreitungsmusters und ggf. zytologischen Sicherung

  • Therapeutisch bei Cholestase/Cholangitis

  • Bei nicht fernmetastasierten Fällen ohne Cholangitis erst nach Rücksprache mit einem hepatobiliären Chirurgen

CT Thorax, Abdomen mit Kontrastmittel

  • Methode der ersten Wahl

  • Erhebung intra-/extrahepatischer Tumormanifestationen

  • Vor geplanter Resektion zu Gefäßdarstellung

Sonographie Abdomen

  • Ergänzend zur CT und MRT, häufig primäres Diagnoseverfahren

EUS, Endosonographie

  • Fakultativ zur Bestimmung des Lymphknotenstatus

  • Ggf. diagnostisch bei abgrenzbarer Raumforderung entlang der extrahepatischen Gallenwege zur gezielten Biopsie.

Cholangioskopie

  • In Einzelfällen zur diagnostischen/histologischen Sicherung

MRT Abdomen (ggf. + leberspezifisches Kontrastmittel)

  • Methode der ersten Wahl zur Darstellung der Gallenwege sowie zur Erfassung der Tumorausbreitung

MRCP

 

  • Fakultativ als Ergänzung zur MRT und ERCP

  • V.a. bei Klatskintumoren

  • Bei perihilären Tumoren während der Evaluierung einer chirurgischen Therapie vor Durchführung einer ERCP

PET-CT

  • In Einzelfällen zur Diagnosesicherung und Staging

Laparoskopie mit Histologie/Zytologie

  • Fakultativ zur Therapieplanung bei resektabler Erkrankung und V.a. Peritonealkarzinose

  • Fakultativzur Beurteilung der Leber (insbesondere bei intrahepatischem mBT oder PSC)

Limax, Elastographie (Fibroscan®) der Leber

  • Zur Abklärung der Leberfunktion bzw. einer Leberfibrose/-zirrhose gemeinsam mit Lebersyntheseparametern

Volumetrie der Leber

  • Zur Abschätzung der Restleber nach Resektion

Gastroskopie / Koloskopie

  • Bei intrahepatischen mBT zum Ausschluss der Differentialdiagnose „Lebermetastase bei gastrointestinalem Primarius“

CT – Computertomographie; ERCP – Endoskopische retrograde Cholangio -Pankreatikographie ; EUS – Endoskopische Ultraschalluntersuchung; MRT – Magnetresonanztomographie; MRCP – Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie; PET-CT – Positronen-Emissions-Tomographie-Computertomographie

Bei potentiell resektablen mBT kann eine weitere Abklärung der Leberfunktion mittels Spezialverfahren wie Volumetrie, Limax®-Test und Elastographie (Fibroscan®) für die Operationsplanung erforderlich sein.

Bei den intrahepatischen Karzinomen ist in der Bildgebung eine progressive Kontrastmittel-Aufnahme typisch.Diese ermöglicht eine bildmorphologische Unterscheidung zum HCC, für das eine frühe arterielle Kontrastmittelaufnahme und „wash out“ in der venösen Kontrastmittel-Phase typisch sind.

5.3Klassifikation

5.3.1Einteilung nach Lokalisation

Die aktuelle TNM-Klassifikation 8. Auflage [17] unterscheidet in Abhängigkeit von der Lokalisation in Karzinome der

  • Intrahepatischen Gallengänge

  • Karzinome der Gallenblase und des Ductus cysticus

  • Karzinome der perihilären Gallengänge (Klatskintumoren)

  • Karzinome der distalen extrahepatischen Gallengänge

  • Karzinome der Ampulla vateri (siehe Kapitel 6.3.1)

5.3.1.1Perihiläre/Klatskintumoren: Einteilung nach Bismuth-Corlette

Diese Einteilung wurde zur Beurteilung des Ausmaßes der Infiltration der Hepatikusgabel und damit der Resektabilität entwickelt. Sie bezieht sich allerdings nur auf die Längsausdehnung der Manifestation im Gallenwegssystem, siehe Tabelle 3. Diese Angabe reicht aber für die Beurteilung der Resektabilität nicht aus, so dass die Resektabilität nur in Kombination mit einer kontrastmittelbasierten Schnittbildgebung (CT / MRT) eingeschätzt werden kann.

Mit den aktuell verfügbaren diagnostischen Methoden (MRCP und ERC) ist das Tumorausmaß häufig unter-, aber auch überschätzt (je 20-30%). Daher ist auch ein Typ IV bei unsicheren und grenzwertigen Befunden per se keine Kontraindikation für eine Exploration mit ggf. anschließender Resektion. Darüber hinaus können durch moderne Operationsverfahren heute auch Bismuth Typ IV Tumoren in vielen Fällen R0-reseziert werden, so dass das Stadium Bismuth-Corlette IV keine zwingende Kontraindikation zur Operation darstellt. Lokale Kontraindikationen ergeben sich am häufigsten aus einer Beteiligung von arteriellen Gefäßen.

Tabelle 3: Perihiläre/Klatskintumoren: Einteilung nach Bismuth-Corlette 

Typ

Beschreibung

I

Tumor betrifft den Ductus hepaticus communis, jedoch nicht die Hepatikusgabel

II

Tumor befällt zusätzlich die Hepatikusgabel

IIIa

IIIb

Tumor befällt Hepatikusgabel sowie den rechten Hauptast

Tumor befällt Hepatikusgabel sowie den linken Hauptast

IV

Tumor befällt Hepatikusgabel und beide Hauptäste

5.3.1.2Perihiläre/Klatskintumoren: Jarnagin-Blumgart/MSK-Klassifikation

Weder die TNM/UICC-Klassifikation noch die Bismuth-Corlette-Klassifikation sind ausreichend geeignet, um die Resektabilität der extrahepatischen Gallengänge abschließend beurteilen zu können. Hier ist die von Jarnagin-Blumgart entwickelte Memorial-Sloan-Kettering-Klassifikation (MSK) der extrahepatischen Gallengangstumoren praktikabler. In dieser gelten MSK T3 Tumoren als nicht mehr resektabel, siehe Tabelle 4.

Tabelle 4: Perihiläre/Klatskintumoren: Jarnagin-Blumgart Klassifikation [18] 

Tumor

T1

Ausbreitung unilateral bis in die Gallengänge 2. Ordnung

T2

Ausbreitung unilateral bis in die Gallengänge 2. Ordnung

und ipsilaterale Pforaderbeteiligung oder Atrophie

T3

Ausbreitung unilateral bis in die Gallengänge 2. Ordnung

oder Ausbreitung unilateral bis in die Gallengänge 2. Ordnung und kontralaterale Pfortaderbeteiligung oder Atrophie

oder Beteiligung de Pfortaderhauptstamms

5.3.2Stadien und Stadieneinteilung/TNM

Die Klassifikation der Ausdehnung des Primärtumors und der Metastasierung erfolgt auf der Basis der UICC/AJCC-TNM Kriterien. Seit dem 1. Januar 2017 wird in Europa die 8. Edition verwendet [18]. Die TNM-Kriterien sind in Tabelle 5, 7, 9, 11, 13 die Stadieneinteilung in Tabelle 6, 8, 10, 12, 14 zusammengefasst.

5.3.2.1Intrahepatische Gallengänge C22.1

Als regionäre Lymphknoten gelten

  • für die rechte Leberseite: hiläre entlang Ductus choledochus, A. hepatica communis, V. portae und Ductus cysticus, periduodenale und peripankreatische Lymphknoten

  • für die linke Leberseite: hiläre und gastrohepatischen Lymphknoten

Lymphknoten-Metastasen zöliakal und/oder paraaortal und paracaval gelten als Fernmetastasen.

Tabelle 5: TNM Klassifikation –Karzinome der intrahepatischen Gallengänge [Wittekind, TNM 8. Auflage] 

Klassifikation

Tumor

T

Tis

T1a

T1b

T2

 

T3

T4

Primärtumor

Carcinoma in situ (intraduktaler Tumor)

Solitärer Tumor ≤ 5 cm in größter Ausdehnung ohne Gefäßinvasion

Solitärer Tumor > 5 cm in größter Ausdehnung ohne Gefäßinvasion

Solitärer Tumor mit intrahepatischer Gefäßinvasion oder multiple Tumoren mit oder ohne Gefäßinvasion

Tumor(en) mit Perforation des viszeralen Peritoneums

Tumor mit direkter Invasion extrahepatischer Strukturen

N

N0

N1

Regionäre Lymphknoten

Keine regionären Lymphknotenmetastasen

Regionäre Lymphknotenmetastasen

M

M0

M1

Fernmetastasen

Keine Fernmetastasen

Fernmetastasen

Regionäre Lymphadenektomie und histologische Sicherung erfolgt üblicherweise von 6 oder mehr Lymphknoten
Tabelle 6: klinische Stadieneinteilung nach UICC - Karzinome der intrahepatischen Gallengänge  

Stadium

T

N

M

I

T1

N0

M0

Ia

T1a

N0

M0

Ib

T1b

N0

M0

II

T2

N0

M0

IIIa

T3

N0

M0

IIIb

T4

N0

M0

jedes T

N1

M0

IV

Jedes T

Jedes N

M1

5.3.2.2Gallenblase und Ductus cysticus C23.0 und C24.0

Als regionäre Lymphknoten gelten die

  • hilären entlang des Ductus choledochus, des Ductus cysticus, der A. hepatica, der V. portae

  • zöliakalen

  • entlang der A. mesenterica superior

Tabelle 7: TNM Klassifikation –Karzinome der Gallenblase und Ductus cysticus 

Klassifikation

Tumor

T

Tis

T1a

T1b

T2a

 

T2b

 

T3

 

 

T4

Primärtumor

Carcinoma in situ

Tumor infiltriert Schleimhaut

Tumor infiltriert muskuläre Wandschicht

Tumor infiltriert perimuskuläres Bindegewebe auf der peritonealen Seite, aber keine Ausbreitung jenseits der Serosa

Tumor infiltriert perimuskuläres Bindegewebe auf der Leberseite, aber keine Ausbreitung in die Leber

Tumor perforiert Serosa (viszerales Peritoneum) und/oder infiltriert direkt die Leber und/oder ein(e) Nachbarorgan/-struktur, z.B. Magen, Duodenum, Kolon, Pankreas, Netz, extrahepatische Gallengänge

Tumor infiltriert Stamm der V. portae oder A. hepatica oder infiltriert 2 oder mehr Nachbarorgane/-strukturen.

N

N0

N1

N2

Regionäre Lymphknoten

Keine regionären Lymphknotenmetastasen

Metastasen in 1-3 regionären Lymphknoten

Metastasen in 4 oder mehr regionären Lymphknoten

M

M0

M1

Fernmetastasen

Keine Fernmetastasen

Fernmetastasen

Regionäre Lymphadenektomie und histologische Sicherung erfolgt üblicherweise von 6 oder mehr Lymphknoten
Tabelle 8: klinische Stadieneinteilung nach UICC - Karzinome der Gallenblase und Ductus cysticus 

Stadium

T

N

M

Ia

T1a

N0

M0

Ib

T1b

N0

M0

IIa

T2a

N0

M0

IIb

T2b

N0

M0

IIIa

T3

N0

M0

IIIb

T1, T2, T3

N1

M0

Iva

T4

N0, N1

M0

IVB

Jedes T

N2

M0

Jedes T

Jedes N

M1

5.3.2.3Perihiläre Gallengänge C24.0

Perihiläre Karzinome der Gallengänge sind in den extrahepatischen Gallengängen bis zur Einmündung des Ductus cysticus lokalisiert.

Als regionäre Lymphknoten gelten die

  • hilären

  • pericholedochalen im Ligamentum hepatoduodenale

Tabelle 9: TNM Klassifikation –Karzinome der perihilären Gallengänge 

Klassifikation

Tumor

T

Tis

T1

 

T2a

T2b

T3

T4

 

 

Primärtumor

Carcinoma in situ

Tumor auf Gallengang beschränkt mit Ausdehnung bis in die muskuläre Wandschicht oder fibröse Schicht.

Tumor infiltriert jenseits des Gallengangs in das benachbarte Weichgewebe

Tumor infiltriert das benachbarte Leberparenchym

Tumor infiltriert unilaterale Äste der V. portae oder A. hepatica

Tumor infiltriert den Hauptast der V. portae oder bilaterale Äste; oder die A. hepatica communis oder Äste 2. Ordnung bilateral; oder unilaterale Äste 2. Ordnung des Gallengangs mit Infiltration von kontralateralen Ästen der V. portae oder A. hepatica

N

N0

N1

N2

Regionäre Lymphknoten

Keine regionären Lymphknotenmetastasen

Metastasen in 1-3 regionären Lymphknoten

Metastasen in 4 oder mehr regionären Lymphknoten

M

M0

M1

Fernmetastasen

Keine Fernmetastasen

Fernmetastasen

Regionäre Lymphadenektomie und histologische Sicherung erfolgt üblicherweise von 15 oder mehr Lymphkoten
Tabelle 10: klinische Stadieneinteilung nach UICC - Karzinome der perihilären Gallengänge 

Stadium

T

N

M

I

T1a

N0

M0

II

T2a, T2b

N0

M0

IIIa

T3

N0

M0

IIIb

T4

N0

M0

IIIc

Jedes T

N1

M0

Iva

Jedes T

N2

M0

IVB

Jedes T

Jedes N

M1

5.3.2.4Distale extrahepatische Gallengänge C24.0

Hierzu zählen die Karzinome der Gallengänge, die distal der Einmündung des Ductus cysticus lokalisiert sind. Die Karzinome des Ductus cysticus werden unter den Gallenblasenkarzinomen klassifiziert.

Als regionäre Lymphknoten gelten die

  • entlang des Ductus choledochus und der A. hepatica,

  • in Richtung des Truncus coeliacus

  • anterioren und posterioren pankreaticoduodenalen

  • entlang der V. und A. mesenterica superior

Tabelle 11: TNM Klassifikation –Karzinome der distalen extrahepatischen Gallengänge 

Klassifikation

Tumor

T

Tis

T1

T2

T3

T4

Primärtumor

Carcinoma in situ

Tumor infiltriert die Wand des Gallengangs ≤ 5 mm

Tumor infiltriert die Wand des Gallengangs 6-12 mm

Tumor infiltriert die Wand des Gallengangs >12 mm

Tumor infiltriert Truncus coeliacus, A. mesenterica sup. und/oder A. hepatica communis

N

N0

N1

N2

Regionäre Lymphknoten

Keine regionären Lymphknotenmetastasen

Metastasen in 1-3 regionären Lymphknoten

Metastasen in 4 oder mehr regionären Lymphknoten

M

M0

M1

Fernmetastasen

Keine Fernmetastasen

Fernmetastasen

Regionäre Lymphadenektomie und histologische Sicherung erfolgt üblicherweise von 12 oder mehr Lymphknoten
Tabelle 12: klinische Stadieneinteilung nach UICC - Karzinome der distalen extrahepatischen Gallengänge 

Stadium

T

N

M

Ia

T1

N0

M0

IIa

T1

N1

M0

T2

N0

M0

IIb

T2

N1

M0

T3

N0, N1

M0

IIIa

T1, T2, T3

N2

M0

IIIb

T4

Jedes N

M0

IV

Jedes T

Jedes N

M1

5.3.2.5Ampulla vateri C24.1

Die regionären Lymphknoten entsprechen denen des Pankreaskopfs, gelegen an

  • Ductus choledochus

  • A. hepatica communis und V. portae

  • pylorisch, infrapylorisch, subpylorisch

  • proximale mesenteriale, zöliakal

  • posteriore und anteriore pankreaticoduodenal

  • V. mesenterica superior

  • rechter lateraler Wand der A. mesenterica superior

Lymphknoten des Milzhilus und am Pankreasschwanz gelten nicht als regionär und werden als Fernmetastasen klassifiziert.

Tabelle 13: TNM Klassifikation –Karzinome der Ampulla vateri  

Klassifikation

Tumor

T

Tis

T1a

T1b

 

T2

T3a

T3b

 

T4

Primärtumor

Carcinoma in situ

Tumor begrenz auf Ampulla Vateri oder Oddi-Sphincter

Tumor infiltriert jenseits des Oddi-Sphincter (perisphinkterische Invasion) und/oder in die Submucosa des Duodenum

Tumor infiltriert in die Muscularis propria des Duodenum

Tumor infiltriert in Pankreas ≤ 0,5 cm

Tumor infiltriert in Pankreas > 0,5 cm oder infiltriert das peripankreatische Weichgewebe ohne Beteiligung des Truncus coeliacus oder der A. mes. sup.

Tumor mit Beteiligung der Gefäßwände des Truncus coeliacus oder der A. mes. sup. oder A. hep. communis

N

N0

N1

N2

Regionäre Lymphknoten

Keine regionären Lymphknotenmetastasen

Metastasen in 1-2 regionären Lymphknoten

Metastasen in 3 oder mehr regionären Lymphknoten

M

M0

M1

Fernmetastasen

Keine Fernmetastasen

Fernmetastasen

Regionäre Lymphadenektomie und histologische Sicherung erfolgt üblicherweise von 12 oder mehr Lymphknoten
Tabelle 14: klinische Stadieneinteilung nach UICC - Karzinome der Ampulla Vateri  

Stadium

T

N

M

Ia

T1a

N0

M0

Ib

T1b, T2

N0

M0

IIa

T3a

N0

M0

IIb

T3b

N0

M0

IIIa

T1a, T1b, T2, T3

N1

M0

IIIb

Jedes T

N2

M0

T4

Jedes N

M0

IV

Jedes T

Jedes N

M1

5.3.3Histologische Subtypen

5.3.3.1Gallenblasenkarzinome und Karzinome der extrahepatischen Gallengänge

80% der Gallenblasenkarzinome sind im Fundus/Korpusbereich lokalisiert.

Histologisch handelt es sich bei den Gallenblasenkarzinomen überwiegend um Adenokarzinome, diese unterteilen sich in Adenokarzinome vom biliären (häufigste Differenzierung), intestinalen und gastrisch-foveolären Typ.

Wesentlich seltenere histologische Subtypen sind

  • Adenosquamöses Karzinom

  • Karzinosarkom

  • Kribriformes Karzinom

  • Klarzelliges Karzinom

  • Hepatoides Karzinom

  • Muzinöses Karzinom

  • Siegelringzellkarzinom

  • Plattenepithelkarzinom

  • Undifferenzierte Karzinom

Die entsprechenden histologischen Subtypen sind mit teilweise sehr unterschiedlicher Prognose assoziiert.

In der Gallenblase kommen sehr selten neuroendokrine Neoplasien (auch gemischt mit Adenokarzinomen als MANEC), mesenchymale Tumoren sowie Lymphome als Primärtumoren vor. Diese Tumoren sind jedoch nicht Gegenstand dieser Leitlinie.

Die in den extrahepatischen Gallengängen vorkommenden histologischen Subtypen entsprechen denen der Gallenblase. Auch in den extrahepatischen Gallengängen ist das Adenokarzinom mit biliärer Differenzierung der mit Abstand häufigste Subtyp.

5.3.3.2Intrahepatische mBT

Das konventionelle (tubuläre) Adenokarzinom ist der mit weitem Abstand häufigste histologische Typ bei intrahepatischen mBT. Je nach Grad der tubulären Differenzierung erfolgt eine Einstufung in gut, mäßig und niedrig differenzierte Adenokarzinome. Gut differenzierte Tumoren weisen bisweilen fokal auch eine mikropapilläre Differenzierung auf, mäßig differenzierte Tumoren beinhalten auch kribriforme und strangartig differenzierte Tumoranteile und schlecht differenzierte Neoplasien wachsen häufig dominant strangförmig mit erheblicher zellulärer Pleomorphie.

Neben dem klassischen Adenokarzinom kommen auch bei den intrahepatischen mBT seltene histologische Varianten vor, diese umfassen

  • Adenosquamöses Karzinom

  • Plattenepithelkarzinom

  • Muzinöses Karzinom

  • Siegelringzellkarzinom

  • Klarzelliges Karzinom

  • Lymphoepitheliomartiges Karzinom

  • Mukoepidermoides Karzinom

  • Sarkomatoides Karzinom

5.3.3.3Karzinome der Ampulla vateri, Papillenkarzinome

Karzinome der Ampulla vateri (Papillenkarzinome, carcinoma of the ampullary region) stellen aufgrund ihres ampullären Ursprungsortes in der Grenzzone zwischen duodenaler Schleimhaut und Gallengang sowie Pankreasgang eine Besonderheit dar. Nur solche Tumoren, die ihren Ursprungsort in der Ampulle selbst nehmen oder diese komplett ummauern bzw. destruieren, werden als Karzinome der Ampulla vateri/Papillenkarzinome klassifiziert. Tumoren des Duodenums, des distalen Gallengangs oder des Pankreaskopfes, die die Ampulle sekundär infiltrieren fallen formal-pathologisch nicht in diese Kategorie.

Die beiden wesentlichen Histotypen des ampullären Adenokarzinoms umfassen – in Analogie zu den Gallengangstumoren - das intestinale und das pankreatobiliäre Adenokarzinom. Als Besonderheit ist zu vermerken, dass an dieser Lokalisation, im Gegensatz zu allen anderen Lokalisationen im Gallengangssystem Tumoren mit intestinaler Differenzierung über Tumoren mit pankreatobiliärer Differenzierung dominieren (ca. 3:1). Mischtypen kommen selten vor. Pankreatikobiliäre Karzinome haben eine deutlich schlechtere Prognose (16 vs. 115 Monate; p<0.001) [19].

Als (seltene) Varianten sind beschrieben

  • Adenosquamöses Karzinom

  • Klarzelliges Karzinom

  • Hepatoides Karzinom

  • Muzinöses Karzinom

  • Plattenepithelkarzinom

  • Siegelringzellkarzinom

  • Invasives papilläres Karzinom

  • Undifferenziertes Karzinom (mit/ohne osteoklastenartige Riesenzellen)

Auch Mischtumoren (MANEC) mit partieller neuroendokriner Differenzierung kommen hier vor (ebenso wie rein neuroendokrin differenzierte Neoplasien, die nicht Gegenstand dieser Leitlinie sind).

6Therapie

6.1Therapiestruktur

Aufgrund der komplexen Therapiemöglichkeiten und der Seltenheit der Erkrankungen sollten Empfehlungen stets multidisziplinär diskutiert und entschieden werden.

Ein Therapiealgorithmus ist in Abbildung 11 dargestellt.

Abbildung 11: Algorithmus für die Primärtherapie beim mBT 
kurative Therapie; palliative Therapie; 1 AZ – Allgemeinzustand; 2 R - Klassifikation des Zustands nach chirurgischer Resektion des Primärtumors; 3 BSC - Best Supportive Care

Gallenblasenkarzinome sind in 2/3 aller Fälle Zufallsbefunde nach einer Cholezystektomie, die aus benignen Indikationen erfolgte (sog. inzidentelle Gallenblasenkarzinome), siehe hierzu Abbildung 12

Abbildung 12: Algorithmus für die Primärtherapie beim Gallenblasenkarzinom  
kurative Therapie; palliative Therapie; 1 AZ – Allgemeinzustand; 2 R - Klassifikation des Zustands nach chirurgischer Resektion des Primärtumors; 3 BSC - Best Supportive Care

6.1.1Stadium I-III

6.1.1.1Resektion Stadium I-III

Die komplette chirurgische Resektion bietet den einzigen kurativen Therapieansatz. Ziel des Eingriffs muss eine R0 Resektion sein. Hierbei lassen sich in Abhängigkeit vom Stadium und der Patientenselektion 5-Jahres-Überlebensraten von 20-50% erzielen [10]. Kontraindikationen für eine operative Resektion können eine bilaterale oder multifokale Manifestation mit nicht-kurativem Ansatz sowie Komorbiditäten sein. Im Einzelfall sollte die Therapieentscheidung aber nur im Rahmen einer multidisziplinären Tumorkonferenz, unter Beteiligung eines erfahrenen hepatobiliären Chirurgen, getroffen werden. Auch wenn der Befall von regionären Lymphknoten mit einer ungünstigeren Prognose assoziiert ist, stellt dieser keine Kontraindikation für eine Resektion dar.

Eine präoperative histologische Sicherung ist bei resektablen Tumoren mit klinisch und bildgebend eindeutigem Befund nicht erforderlich. Diese ist vor allem bei perihilären Tumoren oft schwierig, da sich eine hohe Rate falsch negativer Befunde ergibt. Allerdings sind Differentialdiagnosen wie die seltene IgG4-assozierte Cholangitis zu berücksichtigen.

Die Resektabilität perihilärer Tumoren wird anhand der Gallengangsdiagnostik (MRCP, ggf. ERC) und der lokalen Situation im MRT/CT (Gefäßbeteiligung, Atrophie eines Leberlappens) eingeschätzt. Weder die UICC-Klassifikation noch die Bismuth-Corlette-Klassifikation sind geeignet, um die Resektabilität abschließend beurteilen zu können. Hier ist die von Janargin-Blumgart entwickelte Memorial-Sloan-Kettering-Klassifikation (MSK) der extrahepatischen Gallengangstumoren praktikabler. In dieser gelten MSK T3 Tumoren als nicht mehr resektabel (siehe Tabelle 4)

Die Art und das Ausmaß der Operation sowie der zugehörigen Lymphknotendissektion richtet sich nach der jeweiligen Lokalisation des Tumors und eventuell befallener Lymphknoten, siehe hierzu Kapitel 6.2.1 Therapiemodalitäten – Resektion [20].

  • Bei intrahepatischen Tumoren ist eine Leberteilresektion durch Segmentresektion, Hemihepatektomie oder erweiterte Hemihepatektomie Methode der Wahl. Bei ausgedehnten Tumoren, deren Resektion zu einer deutlichen Reduktion des verbleibenden Lebervolumens führt, kann eine ipsilaterale präoperative Pfortaderembolisation zur Augmentation des verbleibenden Lebergewebes erforderlich sein.

  • Bei perihilären Karzinomen erfolgen zumeist Hemihepatektomien oder erweiterte Hemihepatektomien, häufig auch in Verbindung mit einer präoperativen Pfortaderembolisation. Die Frage des genauen Ausmaßes einer Infiltration der Gallenwege ist häufig erst im Rahmen der Operation zu klären (mittels Schnellschnittuntersuchung des Gallengangs-Schnittrandes). Allerdings ist die histologische Klärung (R0 oder R1) oft erst in einem Stadium möglich, wo die Resektion schon erfolgt ist. Ist bei R1-Resektion am Gallengang eine Nachresektion möglich, sollte diese erfolgen.

  • Für extrahepatische distale mBT ist eine pyloruserhaltende Pankreatikoduodenektomie (PPPD) oder eine konventionelle Pankreaskopfresektion nach Kausch-Whipple das Standardtherapieverfahren.

  • Bei inzidentellen Gallenblasenkarzinomen sollte ab einem Stadium ≥ T1b innerhalb der nächsten 45 Tage eine onkologische Nachresektion durchgeführt durchgeführt werden [21]. Diese radikale Cholezystektomie umfasst eine Leberresektion, zumeist als Wedge-Resektion des Gallenblasenbetts mit einem Sicherheitsabstand von 3 cm in der Leber oder einer anatomischen Resektion von Lebersegmenten IVb/V als sog. Bisegmentektomie. Diese Technik ist gerade bei T1b und T2-Tumoren ausreichend radikal, bei T3-Tumoren sind meist größere Resektionen erforderlich ). Darüber hinaus muss eine Dissektion der lokoregionären Lymphknoten im Ligamentum hepatoduodenale durchgeführt werden. Vor der onkologischen Nachresektion sollte ein komplettes Staging zum Ausschluss von Fernmetastasen erfolgen.

In den letzten Jahren konnten die postoperative Morbidität und Mortalität auf unter 5% gesenkt werden. Hauptsächliche Komplikationen sind das Auftreten von Gallefisteln, intraabdominellen Abszedierungen und Leberinsuffizienz.

Laparoskopische Operationen haben bei hepatischen Resektionen aufgrund vergleichbarer Mortalität und reduzierter Krankenhausverweildauer, Transfusionshäufigkeit sowie Komplikationsrate [22] in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dies gilt nicht für operative Eingriffe am Pankreaskopf und Leberoperationen mit Notwendigkeit einer komplexen Gallenwegsrekonstruktion.

Der Stellenwert einer präoperativen Galleableitung bei Cholestase mittels ERC ist nicht abschließend geklärt, aber vor allem bei perihilärer Tumorlokalisation mit dann erforderlicher erweiterter partieller Hepatektomie häufig unumgänglich. Diese sollte bei einer Hyperbilirubinämie (> 10 mg/dl), Sekundärkomplikationen wie Cholangitis oder einer nicht zeitnah durchführbaren Operation erwogen werden [1]. Eine PTCD sollte nur in Ausnahmefällen erfolgen, um die Gefahr der Tumorzellverschleppung zu minimieren.

6.1.1.2Adjuvante Therapie

Der Nutzen einer adjuvanten Therapie bei malignen biliären Tumoren wird weiterhin kontrovers diskutiert. Als relevante Risikofaktoren für das Auftreten eines Rezidivs gelten Lymphknotenmetastasen, R1-Status und niedriger Differenzierungsgrad (G3). Daten aus einer Metaanalyse an mehr als 6000 Patienten aus Registern oder überwiegend einarmigen Studien (nur eine randomisierte Studie) zeigten für Patienten mit einem dieser Risikofaktoren einen Nutzen von einer adjuvanten Therapie [23]. Weitere Metaanalysen überwiegend observationeller Daten zeigen keine eindeutigen Ergebnisse, unterstützen aber die Daten zur Effektivität einer adjuvanten Chemotherapie [24].

Basierend auf den aktuell verfügbaren Daten der BILCAP_Studie, siehe Kapitel 6.1.1.2.1 sollte Patienten nach kompletter kurativ intendierter Resektion (R0/1) eines mBT eine adjuvante Therapie mit Capecitabin über 6 Monate angeboten werden.

6.1.1.2.1Adjuvante Chemotherapie

Durch die BILCAP-Studie liegen erstmalig Daten aus einer randomisierten Phase III Studie vor, die den Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie gegenüber einer reinen Nachsorge belegen: Für die ITT-Population wurde zwar eine Verlängerung des Gesamtüberlebens gezeigt, dieser war jedoch statistisch nicht signifikant (median 15 Monate; HR 0.80; p = 0.097) [25]. Allerdings konnte in der Sensitivitätsanalyse nach Adjustierung für Geschlecht, Lymphknotenstatus und Differenzierungsgrad durch die postoperative Behandlung mit Capecitabin über 6 Monate eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (median 17 Monate, HR 0.71; p=0.01) gezeigt werden.

Demgegenüber zeigte sich in einer französischen randomisierten Phase III Studie (PRODIGE-12-ACCORD 18-UNICANCER GI), in die 196 Patienten ebenfalls mit intra-und extrahepatischen Tumoren und Gallenblasenkarzinomen eingeschlossen wurden, durch eine adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin plus Oxaliplatin im Vergleich zur alleinigen Nachbeobachtung keine Verbesserung des Überlebens [26].

In einer weiteren kürzlich publizierten randomisierten Studie (BCAT) wurden 225 Patienten mit extrahepatischen mBT mit Gemcitabin behandelt oder einer reinen Nachsorge zugeführt. Hierbei zeigte sich nach 6,6 Jahren medianem Follow-Up kein Unterschied im Gesamtüberleben (HR 1.01, p=0,964) [27].

Die Daten der aktuell noch rekrutierenden ACTICCA-Studie (NCT02170090 Gemcitabin/Cisplatin versus Capecitabin adjuvant) sowie der japanischen ASCOT/JCOG1202 Studie (UMIN000011688; S1 vs. Observation allein) werden wichtige Informationen ergänzen, um den Standard für eine adjuvante Chemotherapie bei Patienten mit mBT weiter zu definieren.

6.1.1.2.2Adjuvante Radio-(Chemo) Therapie

Daten aus randomisierten Phase III Studien stehen weiterhin nicht zur Verfügung, so dass aktuell außerhalb von klinischen Studien keine Indikation für eine adjuvante Strahlentherapie besteht. Einen Überblick über die aktuell verfügbaren, überwiegend retrospektiven Daten findet sich unter Kapitel 6.2.2. Therapiemodalitäten - Strahlentherapie.

6.1.1.3Neoadjuvante/präoperative Therapie

Neoadjuvante Therapiestrategien sind aktuell Teil individueller Therapiekonzepte und werden im Rahmen von klinischen Studien weiter untersucht. Gegenwärtig startet die deutsche GAIN-Studie zur perioperativen (neoadjuvanten/ggf. adjuvanten) Chemotherapie von Gallenblasenkarzinomen und intra- und extrahepatischen mBT (NCT03673072).In retrospektiven Auswertungen konnte gezeigt werden, dass durch eine präoperative Chemotherapie irresektable oder grenzwertig resektable Fälle sekundär einer kurativen Resektion zugeführt werden konnten. In der bisher größten Fallserie konnten 39 von 74 primär inoperablen intrahepatischen mBT (cM0) nach unterschiedlichen peräoperativen Therapien reseziert werden. Das Gesamtüberleben dieser Gruppe unterschied sich nicht von der primär resektablen Gruppe [28].Daher kann in geeigneten Fällen eine initiale Chemotherapie im Sinne einer Konversionstherapie erwogen werden, bzw. sollte unter der Chemotherapie das Ansprechen und die Möglichkeit einer sekundären Resektion regelmäßig überprüft werden. Dies betrifft aktuell hauptsächlich Patienten mit grenzwertig resektablem Tumorstatus, ohne dass dafür aktuell eine genaue Definition vorliegt.

6.1.2Stadium IV

Die Therapieintention ist palliativ. Therapie der 1. Wahl ist eine systemische Therapie, ggf. ergänzt durch lokale und symptomatische Therapiemaßnahmen. Ein Algorithmus ist in Abbildung 13 dargestellt.

Eine histologische oder zytologische Bestätigung der Diagnose ist vor Therapieeinleitung erforderlich.

Abbildung 13: Algorithmus für die Therapie im Stadium IV 
palliative Therapie; 1 AZ – Allgemeinzustand; 2 BSC - Best Supportive Care

6.1.2.1Medikamentöse Tumortherapie - Stadium IV
6.1.2.1.1Erstlinientherapie

Bei der Indikationsstellung zur systemischen Therapie sind der Allgemeinzustand des Patienten, die Komorbiditäten, die Patientenpräferenzen sowie die Toxizität der geplanten Schemata zu berücksichtigen. Eine Resektion des Primärtumors bei metastasierter Situation ist nicht empfohlen [1]. Das Ansprechen auf die Chemotherapie sollte mittels Bildgebung, in der Regel CT-Thorax und -Abdomen oder anderen geeigneten Schnittbildverfahren, regelmäßig überprüft werden.

Für die palliative First-line Therapie bei europäischen Patienten ist der Behandlungsstandard durch die britische ABC-02 Studie definiert. In dieser bislang einzigen Phase III Studie für Patienten in der Erstlinientherapie mit mBT (intra/extrahepatische, Gallenblasen- und Ampullenkarzinome) führte eine Kombinations-Chemotherapie aus Gemcitabin und Cisplatin zu einer signifikanten Verbesserung des Gesamtüberlebens (Median 3,6 Monate; HR 0,64; p<0,001). Hierbei wurde mit der Kombination von Gemcitabin 1000 mg/m² und Cisplatin 25 mg/m² an den Tagen 1,8 mit Wiederholung an Tag 22 ein besonders gut verträgliches Therapieschema verwendet. So zeigte sich kein Unterschied in beiden Therapiegruppen in Bezug auf das Auftreten von schwergradigen (CTCAE Grad 3 und 4) Nierenfunktionsstörungen (Gemcitabin/Cisplatin vs Gemcitabin 1,5 % vs 1%; p=0.83) sowie von Übelkeit (4,0% vs 3,5%; p=0,78) und Erbrechen (5.1 vs 5,5%; p=0.65) [29]. Diese Daten werden durch die Ergebnisse einer randomisierten japanische Phase II Studie untermauert (3,5 Monate, HR 0,69, p=0.139) [30].

Bei Patienten mit einem reduzierten Allgemeinzustand (ECOG ≥2) kann alternativ eine Gemcitabin Monotherapie erfolgen [1].

Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann Oxaliplatin statt Cisplatin eingesetzt werden [1].

6.1.2.1.2Zweitlinientherapie

Für die Zweitlinientherapie steht aktuell kein evidenzbasierter Standard zur Verfügung, da randomisierte Studien fehlen. Wenn immer möglich, sollten Patienten im Rahmen klinischer Studien therapiert werden.

Prinzipiell kann eine Monotherapie (5-FU/Capecitabin oder Irinotecan) oder Kombinationstherapien bestehend aus 5-FU oder Capecitabin in Kombination mit Irinotecan oder Oxaliplatin [31], aber auch in Kombination mit Docetaxel und Mitomycin [32] eingesetzt werden. Für diese Therapieregime liegen bisher nur Daten aus retrospektiven Auswertungen vor.

In einer Metaanalyse an mehr als 700 Patienten zeigte sich ein moderater Nutzen für eine Zweitlinientherapie mit einem medianen progressionsfreien Überleben von 3 Monaten und einem Gesamtüberleben von 7 Monaten. Die Ansprechrate betrug in dieser Auswertung 8%, die „disease control rate“ 50% [33].

In einer retrospektiven kanadischen Fallserie erhielten von 378 Patienten 96 (25%) eine Zweitlinientherapie. Unter diesen fanden sich mehr Frauen als Männer, mehr jüngere Patienten (< 60 Jahre) und diejenigen mit einem progressionsfreien Überleben von mehr als 6 Monaten. Als positive prognostische Faktoren zeigten sich in dieser Auswertung eine Kombinationschemotherapie sowie ein guter Allgemeinzustand (ECOG <2) [34]. In einer aktuellen Auswertung an ca. 800 Patienten mit mBT, die zwischen 2003 und 2016 eine Second-line Chemotherapie erhalten hatten, bestätigte sich ein guter Performance Status als positiver prognostischer Faktor sowie ergänzend die Wirksamkeit der First-line Therapie, CA 19-9 und vorangegangene Tumorchirurgie [35].

6.1.2.1.3Drittlinientherapie

Es stehen keine evidenzbasierten Daten zur Verfügung. Therapieentscheidungen müssen individuell getroffen werden.

6.1.2.1.4Zielgerichtete Therapieansätze

Bisher konnte sich keine zielgerichtete „targeted therapy“ in der Therapie von mBT etablieren.

Vielversprechende Therapieansätze liegen bei Mutationen von IDH1 vor, die in bis zu 20% aller intrahepatischen mBT vorliegen [36]. Ivosidenib (AG-120) zeigte als selektiver oraler IDH1 Inhibitor in der Monotherapie erste vielversprechende Ergebnisse bei vorbehandelten soliden Tumoren mit IDH-1 Mutationen. Seine Effektivität bei Karzinomen der Gallengänge wird aktuell in einer randomisierten Phase II Studie untersucht (NCT02989857).

Ca. 15% der intrahepatischen mBT weisen Mutationen des Fibroblast-growth-factor-receptor (FGFR) auf, die zur Aktivierung verschiedener tumorimmanenter Signalwege wie MAPK, PIK3/AKT/MTOR und JAK/STAT führen. Hierbei zeigte sich die Wirksamkeit von FGFR-Inhibitoren bisher vor allem bei FGFR-2 Translokationen. Selektive FGFR-Inhibitoren wie Infigratinib (BGJ398) und Pemigatinib (INCB054828) zeigten bei vorbehandelten Patienten mit Translokationen von FGFR-2 Ansprechraten bis zu 40% und eine Krankheitsstabilisierung (disease control rate) in 83% der Patienten [3738]. Ein weiterer vielversprechender FGFR-Inhibitor ist Erdafitinib. Mehrere Phase I-III Studien sind für diese Subgruppe von Patienten mit mBT aktiv oder in Vorbereitung (z.B. NCT02924376, NCT02052778).

10-27% der extrahepatischen Gallengangs- und Gallenblasenkarzinome zeigen eine Überexpression von HER2/neu, so dass hier eine HER2-Blockade als potentiell effektiver Therapieansatz in aktuellen Studienkonzepten untersucht wird, erste vielversprechende Daten aus retrospektiven und prospektiven Untersuchungen liegen bereits vor [40].

Bei BRAF mutierten mBT (ca. 5%, insbesondere intrahepatische mBT) konnte in einem Kongressbeitrag für die Kombination aus MEK- und BRAF-Inhibition (Trametinib und Dabrafenib) in 33 Patienten, von denen 78% ≥2 Vortherapien erhalten hatten, eine klinische relevante Effektivität mit einer ORR von 41% (13/32) und einem mPFS von 7,2 Monaten und mOS von 11,3 Monaten gezeigt werden [41].

In Analogie zu anderen gastrointestinalen Tumoren sprechen Patienten mit dem Vorliegen einer Mikrosatelliteninstabilität (mismatch-repair deficiency) bei Progress unter Chemotherapie sehr gut auf eine Inhibition von PD-L1 mit Pembrolizumab an [42], allerdings liegt diese nur bei ca. 1 % der mBT vor.

Darüber hinaus liegen Kongressbeiträge einarmiger prospektiver Kohorten für den Biomarker-unabhängigen Einsatz von

  • Nivolumab (n=34, ≥2 Vortherapien bei 41%): ORR 17% (5/29) und SD 38% (11/29), mPFS 3,5 Monate, mOS nicht erreicht [43]

  • Pembrolizumab (n=104, ≥2 Vortherapien bei 52%): ORR 5,8%, SD 16%, mPFS 2.0 Monate, mOS 9,1 Monate [44]

  • Pembrolizumab (n=24, PD-L1 positiv, ≥1 Vortherapie, 38% ≥3 Vortherapien): ORR 17% [45]

vor, die eine moderate Effektivität der Immuntherapie beim fortgeschrittenen mBT zeigen.

In prospektiven Studien wie der MOSCATO-01 Studie konnten bei bis zu 70% der Patienten genetische Alterationen nachgewiesen werden, die potentiell für zielgerichtete Therapien in Frage kommen [46]. Zu den relevanten Alterationen gehören neben MSI, Her2 und BRAF, insbesondere auch FGFR2 und NTRK Fusionen und IDH und BRCA1/2 Mutationen. Daher sollten Patienten ein molekulares Profiling angeboten werden sowie ggf. eine Vorstellung in Studienzentren oder Zentren mit einem molekularem Tumorboard, um potentielle zielgerichtete Therapieoptionen zu evaluieren.

6.2Therapiemodalitäten

6.2.1Resektion

Prinzipiell muss aufgrund der verschiedenen Lokalisationen von mBT zwischen Resektionen im Bereich der Leber bzw. intra- und/oder hepatischen Gallengänge und/oder des Pankreaskopfes unterschieden werden [2047].

6.2.1.1Resektion der intrahepatischen Gallengänge und Leber
  • Atypische Resektionen/Enukleationen: diese orientieren sich nur am pathologischen Befund ohne Berücksichtigung anatomischer Grenzen. So können oberflächliche kleine Herde durch muldenförmige Ausschälungen (Wedge-Resektionen) oder randständige Tumoren durch Keilresektionen parenchymsparend reseziert werden. Vorteil der atypischen Resektion ist der geringe Verlust funktionsfähigen Leberparenchyms, so dass diese Technik bei kleinen Tumoren und einer vorgeschädigten Leber zum Einsatz kommt.

  • Anatomische Resektionen: um eine potentielle embolische Verschleppung von Tumorzellen in die zugehörigen Segmente mit zu resezieren, gelten anatomische Resektionen bei Malignomen der Leber als Methode der Wahl. Dies bezeichnet die komplette Entfernung anatomisch/funktionell autonomer Parenchymbezirke, die von einem zugehörigen Pedikel (Ast der V. portae, der A. hepatica und des D. hepaticus) versorgt werden. Hierbei wird zwischen sektororientierten (Hemihepatektomie rechts oder links, linkslaterale und rechtsposteriore Sektorektomie, zentrale Sektorektomie und rechts- bzw. linksseitige Trisektorektomie) und Segmentresektionen (Mono-, Bi- und Polysegmentektomien, verschiedene Kombinationen) unterschieden [48].

6.2.1.2Resektion der extrahepatischen Gallengänge und des Pankreaskopfes

Die partielle Duodenopankreatektomie ist der Standardeingriff bei resektablen Karzinomen der Papille oder des distalen Ductus choledochus und des Pankreaskopfes.

Hierbei stehen als Operationstechniken die klassische Operation nach Kausch-Whipple sowie die pyloruserhaltende Duodenopankreatektomie nach Traverso-Longmire (PPPD) zur Verfügung. Die En-bloc Resektion umfasst den Pankreaskopf zusammen mit dem Ductus choledochus und der Gallenblase, das Duodenum mit den proximalen 5 cm des Jejunums sowie die Lymphknoten peripankreatisch, am Lig. duodenale und rechtsseitig der A. mesenterica superior sowie bei Kausch-Whipple-Operation den distalen Magen. Aus funktionellen Gründen erfolgt eine initiale Cholezystektomie.

Eine erweiterte Lymphadenektomie (paraaortal bzw. linksseitig der A. mes. sup.) hat keinen positiven Einfluss auf das Gesamtüberleben, erhöht jedoch die Morbidität.

Beide Operationsverfahren gelten in Bezug auf die onkologische Radikalität und damit die Gesamtprognose sowie die postoperative Mortalität und Morbidität als gleichwertig.

Vorteile des Pyloruserhalts und damit der PPPD sind

  • eine verkürzte Operationszeit und Rekonvaleszenz

  • weniger postoperative funktionelle Beschwerden wie Dumping-Syndrom, Diarrhoe und Dyspepsie

Bei großen Tumoren mit Infiltration des Pylorus oder bei tumorsuspekten Lymphknoten im Bereich der großen oder kleinen Magenkurvatur (selten) ist eine Operation nach Kausch-Whipple indiziert, ansonsten wird aus funktionellen Gründen die pyloruserhaltende Operation bevorzugt.

Folgende Kriterien, die gegen eine Resektion des Primarius sprechen, sollten initial mittels einer explorativen Laparatomie (die bei bestätigter Resektabilität direkt in den definitiven Eingriff erweitert werden kann) überprüft werden:

  • Fernmetastasen, insbesondere des Peritoneums und der Leber sowie Lymphknoten paraaortal

  • Infiltration der Mesenterialwurzel

  • Ummauerung des Truncus coeliacus und/oder der A. mesenterica superior

Suspekte Befunde sollten mittels einer histologischen Schnellschnittuntersuchung abgeklärt werden. Dies gilt nicht für eine Biopsie regionärer Lymphknoten, da deren Befall die Operationstaktik/-technik nicht beeinflusst.

6.2.1.3Lebertransplantation

Eine Lebertransplantation ist keine Standardtherapie [1]. Ein multidisziplinäres Konzept nach dem sogenannten Mayo Protokoll umfasst bei perihilären Tumoren eine neoadjuvante Radiochemotherapie (Fluoropyrimidin basiert) als Kombination externer Strahlentherapie und interner Brachytherapie vor Lebertransplantation. Für Patienten mit inoperablen Klatskintumoren im UICC Stadium I und II zeigte sich darunter ein 5-Jahres-Überleben von 82% und eine Rate von kompletten Remissionen von 42% (16/38 Patienten). Allerdings konnten nur ca. 50% der neoadjuvant behandelten Patienten auch transplantiert werden bei einer deutlich erhöhten Mortalität [49].

Bei entsprechenden Selektionskriterien (N0, cM0V0, Tumorgröße < 3 cm, CA 19-9 < 1000 U/ml) konnten durch eine alleinige Lebertransplantation auch ohne neoadjuvante Therapie vergleichbare Überlebensraten gezeigt werden [50]. Daten aus randomisierten Studien fehlen weiterhin, so dass aktuell im Eurotransplant-Raum eine Lebertransplantation bei mBT nur im Rahmen von Studien möglich ist.

Hierbei besteht in Deutschland für Patienten mit einem nicht-resektablen Klatskintumor (Tumorausdehnung < 3 cm, CA 19-9<1000 U/ml, Ausschluss von Lymphknoten- und Fernmetastasen) die Möglichkeit an der pro-duct002-Studie (DRKS00013276) teilzunehmen.

6.2.1.4Metastasenresektion

Aktuell gibt es keinen evidenzbasierten Nutzennachweis für die Resektion von Metastasen eines mBT. In Einzelfällen kann bei Oligometastasierung eine Metastasenresektion erwogen werdenDeren Nutzen sollte aber in Studien weiter untersucht werden.

6.2.2Strahlentherapie

Für den routinemäßigen Einsatz der Strahlentherapie stehen keine ausreichend evidenzbasierten Daten zur Verfügung. Publizierte Daten weisen auf eine Reduktion von Lokalrezidiven nach adjuvanter Radio(Chemo-) therapie alleine hin, allerdings bleibt der Unterschied im Überleben unklar, da prospektive randomisierte Studien fehlen [14].

In einer Metaanalyse an mehr als 6000 Patienten aus Registern oder überwiegend einarmigen Studien (nur eine randomisierte Studie) zeigte sich ein Nutzen für eine adjuvante Radiochemotherapie oder Chemotherapie im Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie, wobei die Patienten mit positivem Lymphkontenstatus (OR 0,49; p = 0,004) von einer adjuvanten Chemotherapie und die Patienten nach R1 Resektion von einer adjuvanten Radiochemotherapie profitierten (OR 0,36; p = 0,002) [23].

In der einarmigen SWOG S0809 Studie zeigte sich bei 79 auswertbaren Patienten mit extrahepatischen mBT oder Gallenblasenkarzinomen nach einer adjuvanten Chemotherapie mit Gemcitabin und Capecitabin sowie anschließender Radiochemotherapie mit Capecitabin ein 2 Jahres Überleben von 65% sowie ein medianes Gesamtüberleben von 35 Monaten. Relevante Nebenwirkungen Grad 3/4 waren Neutropenie, Hand-Fuß-Syndrom und Diarrhoe [51].

In einer retrospektiven Auswertung an 63 Patienten zeigte sich eine Verbesserung des Überlebens für R1 resezierte Patienten mit einem perihilären mBT. Hierbei führte die adjuvante Radiotherapie zu einer Verbesserung des 5-Jahres-Überlebens mit 33,9% gegenüber 13,5% nach alleiniger Resektion (p = 0,0141). Allerdings zeigte sich in anderen retrospektiven Auswertungen uneinheitliche Ergebnisse in Bezug auf den Nutzen einer alleinigen Strahlentherapie bei extrahepatischen perihilären mBT [52].

Bei lokal fortgeschrittenen mBT musste eine randomisierte Phase II Studie, die eine Chemotherapie (Gemcitabin plus Cisplatin) mit einer Radiochemotherapie (Cisplatin + 5-FU) verglich, wegen schlechter Rekrutierung abgebrochen werden. Insgesamt konnten nur bei 32 Patienten Daten ausgewertet werden, die keinen Zusatznutzen für die Radiochemotherapie ergaben [53]. Vielversprechende erste Ergebnisse liegen für den Einsatz einer Präzisionsbestrahlung vor [54].

Eine palliative Strahlentherapie kann zur Symptomkontrolle z.B. bei ossären Metastasen eingesetzt werden.

6.2.3Interventionelle lokale Therapieverfahren

In Analogie zum HCC können bei auf die Leber/Gallengänge beschränkten inoperablen mBT lokale Therapieverfahren eingesetzt werden [55]. Hierbei stehen prinzipiell zur Verfügung:

  • Direkte ablative Verfahren

    • Radiofrequenzablation (RFA)

    • Mikrowellenablation (MWA)

    • CT-gesteuerte Hochdosis-Brachytherapie (CT-HDRBT): Methode, bei der die Strahlenquelle direkt in das betroffene Gewebe eingebracht wird. Indikationsgebiet sind Tumoren mit einer Größe > 3 cm sowie gefäß- bzw. gallengangsnahe Tumoren (Kontraindikationen für RFA)

  • Transarterielle Verfahren

    • Transarterielle Chemoembolisation (TACE)

    • Selektive interne Radiotherapie (SIRT)

    • Intraarterielle Chemotherapie (HAI)

    • Chemosaturation

Für keines diese Verfahren stehen ausreichend evidenzbasierte Daten zur Verfügung, um es als Standardverfahren zu implementieren. Die Wahl der Methode beruht auf der jeweiligen Tumorlokalisation und Gesamtsituation sowie auf der Expertise des jeweiligen behandelnden Zentrums.

Randomisierte klinische Studien zum Vergleich dieser Methoden mit medikamentöser Tumortherapie liegen ebenfalls nicht vor. Deswegen sollten sie in der Regel als Ergänzung zur systemischen Therapie eingesetzt werden. Die Indikationsstellung sollte in der interdisziplinären Tumorkonferenz unter Berücksichtigung des Gesamttherapiekonzepts und der potentiellen Toxizität besprochen werden.

In einer retrospektiven Auswertung an 198 Patienten mit einem intrahepatischen mBT, die zwischen 1992 und 2012 mit einem lokalen Therapieverfahren behandelt wurden, wurden die folgenden Therapieverfahren eingesetzt: Transarterielle Chemoembolisation (TACE) bei 64,7 %, Drug-Eluting Beads (DEB) bei 5,6 %, eine reine Embolisation (TAE) bei 6,6 % sowie eine Yttrium-90 SIRT bei 23,2 % der Patienten. Hierbei zeigte sich bei 25,5 % eine komplette oder partielle Remission, 61.5 % erreichten eine Krankheitsstabilisierung bei einem medianen Gesamtüberleben von 13,2 Monaten ohne relevante Unterschiede zwischen den verschiedenen Therapieverfahren (TACE, 13,4 Monate; DEB 10,5 Monate; TAE 14,3 Monate, SIRT 11,3 Monate; p= 0,46). Bei Patienten mit einer kompletten oder partiellen Remission zeigte sich ein positiver Einfluss auf das Gesamtüberleben (nach mRECIST komplette/partielle Remission HR 0,49; p=0,001). Schwerwiegende Grad 3/4 Komplikationen traten bei 16 (8%) der Pateinten auf [56].

In einer Metaanalyse an 224 Patienten, die mit einer SIRT behandelt wurden, zeigten sich 1, 2, 3 Jahresüberlebensraten von 56%, 33% und 20%. Hierbei zeigten sich die besten therapeutischen Ergebnisse für Patienten mit einem sogenannten „mass forming intrahepatischen mBT“ (medianes Überleben 19,1 Monate versus 8,1 Monate beim infiltrativen Typ; p=0,002) sowie für diejenigen, die die SIRT als Erstlinien-Therapie (medianes Überleben 24 Monate versus 11,5 Monate für die vorbehandelten Patienten; p=0,048) und mit einer begleitenden Chemotherapie (medianes Überleben 19,5 Monate versus 5,5 Monate für Patienten ohne begleitenden Chemotherapie; p=0,042) erhalten hatten [57]. Ähnliche Ergebnisse liegen aus einer weiteren retrospektiven gepoolten Datenanalyse vor: hier zeigte sich an 298 Patienten ein medianes Überleben mit 15,5 Monaten sowie als häufigste Nebenwirkung Fatigue (33%), abdominelle Schmerzen (28%) und Übelkeit (25%). Erwähnenswert ist, dass in einer Subgruppenanalyse 7/73 Patienten (10%) sekundär reseziert werden konnten [58].

Eine randomisierte Phase III Studie, die die Rolle der SIRT als Ergänzung zur systemischen Chemotherapie in einem randomisierten Design untersucht, rekrutiert im europäischen Ausland und soll auch in Deutschland initiiert werden (NCT02807181).

Wenn immer möglich, sollten Patienten mit lokal fortgeschrittenen mBT im Rahmen von Studien behandelt werden.

6.2.4Medikamentöse Tumortherapie

6.2.4.1adjuvante Chemotherapie

Nach makroskopisch kompletter Resektion (R0/R1) sollte Patienten eine Chemotherapie mit Capecitabin über 6 Monate angeboten werden, siehe auch Kapitel 6.1.1.2 Adjuvante Therapie.

6.2.4.2Palliative Chemotherapie

Eine Chemotherapie mit Gemcitabin/Cisplatin ist Standardtherapie in der Erstlinientherapie bei metastasierten Tumoren oder eine Option zur symptomatischen Behandlung bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen mBT, bei denen weder einer Resektion noch eine lokale (-ablative) Therapie der Leber durchgeführt werden kann.

Für eine Zweitlinientherapie existieren aktuell aufgrund fehlender evidenzbasierter Daten keine standardisierten Empfehlungen. Therapieentscheidungen müssen individuell unter Berücksichtigung der patienten- und tumorspezifischen Faktoren und unter Einbeziehung der jeweiligen Patientenpräferenz getroffen werden. Prinzipiell kann – auch in Abhängigkeit von der Vorbehandlung – eine Monotherapie (5-FU/Capecitabin oder Irinotecan) oder Kombinationstherapien bestehend aus 5-FU oder Capecitabin in Kombination mit Irinotecan oder Oxaliplatin [31], aber auch in Kombination mit Docetaxel und Mitomycin [32] eingesetzt werden.

In prospektiven Studien wie der MOSCATO-01 Studie konnten bei bis zu 70% der Patienten genetische Alterationen nachgewiesen werden, die potentiell für zielgerichtete Therapien in Frage kommen [46]. Zu den relevanten Alterationen gehören neben MSI, Her2 und BRAF, insbesondere auch FGFR2 und NTRK Fusionen und IDH und BRCA1/2 Mutationen. Daher sollten Patienten ein molekulares Profiling angeboten werden sowie ggf. eine Vorstellung in Studienzentren oder Zentren mit einem molekularem Tumorboard, um potentielle zielgerichtete Therapieoptionen zu evaluieren.

Eine Übersicht über die verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten findet sich unter Kapitel 6.1.2.1 Medikamentöse Tumortherapie sowie zu den einzelnen Substanzen im nächsten Abschnitt 6.2.4.3

6.2.4.3Medikamentöse Tumortherapie - Substanzen
6.2.4.3.1Capecitabin

Capecitabin ist ein orales Fluoropyrimidin, das im Körper zu 5-FU metabolisiert wird. In klinischen Vergleichsstudien ist es mindestens so effektiv wie 5-FU / Folinsäure. Es kann in der palliativen Therapie anstelle von 5-FU eingesetzt werden. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5 % der Patienten in den Zulassungsstudien auftraten, sind Diarrhoen und ein Hand-Fuß-Syndrom.

6.2.4.3.2Cisplatin

Platinderivate gehören zu den wirksamsten Einzelsubstanzen. In Kombination mit anderen Zytostatika ist Cisplatin Bestandteil des medikamentösen Standards in der palliativen Therapie. Spezifische schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4) sind Übelkeit und Erbrechen, Nephrotoxizität, Polyneuropathie, Ototoxizität, Hämatotoxizität und Elektrolytverschiebungen und Diarrhoen.

6.2.4.3.3Gemcitabin

Gemcitabin ist ein Nukleosid-Analogon. Es wird intrazellulär phosphoryliert und anstelle von Cytidin in die DNS eingebaut. Gemcitabin ist bei unterschiedlichen soliden Tumoren und bei hämatologischen Neoplasien wirksam. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5 % der Patienten in den großen randomisierten Phase 3 Studien auftraten, sind Neutropenie (10-30%), Thrombozytopenie (5-10%), Fatigue (5-20%), Anämie (5-10%), Übelkeit / Erbrechen (5%) und laborchemische Hepatotoxizität mit Erhöhung von Bilirubin und/oder Transaminasen (5%). Gemcitabin wird intravenös appliziert.

6.2.4.3.4 5-Fluorouracil

5-Fluorouracil ist ein Fluoropyrimidin, dessen Wirksamkeit durch die Kombination mit Folinsäure gesteigert wird. Eine Alternative ist die orale Therapie mit Capecitabin. Schwere Nebenwirkungen sind Diarrhoe und Stomatitis. Patienten mit funktionell relevanten Polymorphismen der Gene des Abbaus von 5-FU, v.a. Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD-) Mutation, haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen einschl. Neutropenie und neutropenischem Fieber.

6.2.4.3.5Irinotecan

Irinotecan ist ein Topoisomerase I Inhibitor. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), sind Diarrhoe, Übelkeit / Erbrechen, Neutropenie und neutropenisches Fieber. Die Substanz kann wöchentlich, zwei- oder dreiwöchentlich appliziert werden.

6.2.4.3.6Oxaliplatin

Oxaliplatin ist ein Platinderivat. Es ist hoch wirksam in Kombination mit Fluoropyrimidinen (5-FU/Folinsäure, Capecitabin). Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Patienten in den Zulassungsstudien auftraten, waren Übelkeit / Erbrechen, Diarrhoe, Mukositis und Polyneuropathie. Klinisch besonders relevant ist das Auftreten der Polyneuropathie, die die Therapiedauer limitiert. Die intravenöse Gabe von Calcium und Magnesium kann das Polyneuropathie-Risiko nicht reduzieren.

6.3Besondere Therapiesituationen

6.3.1Karzinome der Ampulla vateri

6.3.1.1Nomenklatur

Karzinome der Ampulla vateri sind eine seltene Entität und eine Subgruppe (5-10%) der periampullären Tumoren.

Zu den periampullären Karzinomen gehören die Karzinome

  • Der Ampulla vateri (Papillenkarzinome)

  • Des Pankreaskopfs

  • Des distalen Ductus choledochus (extrahepatische distale mB, siehe Klassifikation Kapitel 5.3)

  • Des peripapillären Duodenums

Die Abgrenzung der Karzinome der Ampualla vateri von den anderen periampullären Karzinomen ist prinzipiell aufgrund einer besseren Prognose und unterschiedlichen Therapieverfahren von Bedeutung. Dies zeigt sich auch in einer eigenen TNM-Klassifikation (C24.1, Karzinome der Ampulla vateri), siehe Kapitel 5.3.2.5 Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren kann diese Abgrenzung allerdings nicht immer eindeutig erfolgen, so dass hier der Begriff „periampulläres Karzinom“ gerechtfertigt ist [59].

Bei Patienten mit einer familiären adenomatösen Polyposis coli (FAP) treten bei 50-90% der Patienten auch Adenome im Duodenum bzw. der Ampulle auf. Das Risiko eine maligne Entartung ist im Vergleich zur Normalbevölkerung bis zu 200-fach erhöht, das Lebenszeitrisiko bei Menschen mit FAP, an einem periampullären Karzinom zu erkranken, beträgt 12% [59].

6.3.1.2Diagnostik

Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel aufgrund der klinischen Symptomatik (Ikterus/Cholestase) früher, ca. 50% der Patienten befindet sich bei Diagnosestellung in einem resektablen Stadium [6061].

Zur Differentialdiagnose zwischen pankreatikobiliärem und intestinalen Subtyp der Karzinome der Ampulla vateri kommen neben der konventionellen Histologie (intestinale Wuchsform und Zellbild versus pankreatobiliäre Wuchsform und Zellbild) immunhistologische Zusatzuntersuchungen zum Einsatz. Typischerweise spricht der immunhistochemische Nachweis von Mucin-2 (MUC-2) und caudal homeobox gene transcription factor-2 (CDX2) sowie von Zytokeratin 20 für den intestinalen Typ, während die Expression von Mucin-1 (MUC-1) und Zytokeratin 7 für den pankreatobiliären Subtyp spricht [6263].

6.3.1.3Therapie

Einen Überblick zum Therapiealgorithmus gibt Abbildung 14.

Abbildung 14: Algorithmus für die Therapie von Karzinomen der Ampulla vateri 
kurative Therapie; palliative Therapie;1 CDX2 positiv, MUC2 positiv; 2 CDX2 negativ, MUC1 positiv; 3 R - Klassifikation des Zustands nach chirurgischer Resektion des Primärtumors; 4 siehe Leitlinie Onkopedia Kolonkarzinom; 5 siehe Kapitel 6.1.1.2; 6 siehe Kapitel 6.1.2 ; 7 siehe Leitlinie Onkopedia Pankreaskarzinom

T1 Karzinome <1 cm weisen lediglich ein minimales Metastasierungsrisiko auf, so dass hier eine lokale Resektion ausreichend sein kann.

Bei resektablen Tumoren ≥ 1 cm ist eine Pankreatikoduodenektomie Methode der Wahl, zu den verschiedenen Operationsverfahren siehe Therapiemodalitäten – Resektion, Kapitel 6.2.1 [59].

Daten aus der ESPAC-3 Studie „periampullary trial“ (Differenz 8 Monate, p=0.25) [64] und der CONKO-001 Studie [65] weisen auf Verbesserung des Überlebens durch eine adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin hin. Eine ergänzende Strahlentherapie führt zu keiner Verbesserung des Überlebens (ESPAC-1) [66].

Eine Wahl der adjuvanten Therapie nach dem histologischen Subtyp erscheint sinnvoll, so dass Karzinome des intestinalen Subtyps (CDX2 positiv) in Analogie zur adjuvanten Therapie des Kolonkarzinoms und Karzinome des pankreatikobiliären Subtyps (MUC1 positiv) in Analogie zur Therapie des mBT oder des Pankreaskarzinoms behandelt werden sollten.

Bei inoperablen lokal fortgeschrittenen und/oder metastasierten Tumoren steht eine systemische Therapie an erster Stelle, diese ist palliativ und kann ggf. durch lokale Maßnahmen ergänzt werden.

5% (n= 20) der Patienten in der ABC-02 Studie hatten ein periampulläres Karzinom („ampullary cancer“) [29]. Eine palliative Chemotherapie mit Gemcitabin und Cisplatin zeigte auch bei diesen Patienten eine signifikante Verbesserung des Überlebens (siehe Medikamentöse Tumortherapie, Kapitel 6.1.2.1.1) Damit liegen Daten aus einer Subgruppenanalyse einer randomisierten Phase III Studie vor, allerdings keine Informationen zu den jeweiligen histologischen Subtypen.

Prinzipiell sollte sich auch bei fortgeschrittenen inoperablem Karzinomen der Ampulla vateri die Wahl der Chemotherapie nach dem histologischen Subtyp richten, so dass Karzinome des intestinalen Subtyps (CDX2 positiv) in Analogie zum kolorektalen Karzinom (siehe Onkopedia Leitlinie Kolonkarzinom) und Karzinome des pankreatikobiliären Subtyps (CDX2 negativ, MUC1 positiv) in Analogie zu mBT (siehe Abbildung 12 dieser LL) oder zum Pankreaskarzinom (siehe Onkopedia Leitlinie Pankreaskarzinom) behandelt werden.

6.3.2Symptomatische Cholestase

Eine klinisch relevante Cholestase tritt im Krankheitsverlauf bei bis zu 50% der Patienten mit einem fortgeschrittenen mBT, insbesondere bei einer extrahepatischen Lokalisation, auf. Hierbei dient die Wiederherstellung des Galleabflusses neben der Besserung eines obstruktiven Ikterus einer Stabilisierung der Leberfunktion, der Vermeidung von Cholangitiden und damit der Beibehaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität.

Technisch stehen die endoskopische retrograde Cholangiographie (ERC) mit Stentimplantation oder die perkutane transhepatische Cholangiodrainage (PTCD) zur Verfügung. Zur dauerhaften internen Galleableitung mittel perkutanem Katheter kann die Einlage einer Yamakwa-Drainage sinnvoll sein. Bei Patienten mit rezidivierenden Stentverschlüssen und einer Lebenserwartung von > 3 Monaten sollte die Implantation von selbstexpandierenden und vollummantelten Metallstents (SEMS) bei Lokalisation der führenden Tumorstenose im Ductus choledochus erwogen werden.

Ergänzend können in spezialisierten Zentren interventionelle Verfahren, wie die intraluminale RFA [67] oder Brachytherapie [68] ergänzt werden, um die Offenheitsrate der Stents bzw. Drainage zu verbessern.

Der Nutzen einer photodynamischen Therapie bleibt trotz einer Vielzahl von kleineren und in der Regel retrospektiven Studien unklar. Bei diesem Verfahren werden photosensibilisierende Substanzen appliziert, die sich im Tumorgewebe anreichern und durch Radikalbildung zur Gewebezerstörung führen. Nachteil ist die geringe Eindringtiefe sowie eine allgemeine Phototoxizität, die das Meiden von Lichtexposition erforderlich macht. In einer aktuellen Metaanalyse [69] an 402 Patienten zeigte sich ein Nutzen in Bezug auf Überleben und Stent-Offenheitsraten gegenüber einer reinen Stenttherapie. Daten aus randomisierten Studien, insbesondere bei gleichzeitig durchgeführter systemischer Chemotherapie, fehlen weiterhin.

7Rehabilitation

Die Tumorerkrankung selbst sowie die erforderlichen Therapien - operativ als auch medikamentös - führen zum Teil zu erheblichen Folgestörungen wie Gewichtsabnahme, Maldigestion, Neuropathie und einer reduzierten Belastbarkeit. Begleitend bestehen häufig Einschränkungen durch eine tumor- und/oder operationsbedingte chronische Cholestase und deren ggf. erforderliche dauerhafte Ableitung.

Viele Patienten sind zusätzlich auch psychisch beeinträchtigt und weisen ein Fatigue-Syndrom auf.

Daher sind gezielte rehabilitative Maßnahmen erforderlich. Diesen sollten möglichst zügig nach Abschluss der Primärtherapie erfolgen.

Bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung ist eine Zulassung der Institution für Patienten mit Tumorerkrankungen durch die Kostenträger (Rentenversicherung, Krankenversicherung) zwingende Voraussetzung, zusätzlich sollte dem Wunsch- und Wahlrecht des Patienten gemäß §9 SGB IX Rechnung getragen werden.

Während der Rehabilitation sollte eine umfassende Ernährungsberatung erfolgen, die Patienten in die Lehrküche einbezogen werden, die Möglichkeit bestehen, alle wissenschaftlich anerkannten Kostformen, von der normalen Vollkost bis zur kompletten parenteralen Ernährung, zu verabreichen. 

Jedem Patienten sollte eine psychoonkologische Betreuung angeboten werden.

Rehabilitationseinrichtungen sollen in der Lage sein, ggf. medikamentöse Tumortherapien fortzusetzen.

Patienten, die das gesetzliche Rentenalter noch nicht erreicht haben, sollten im Rahmen der Medizinisch-Beruflich Orientierten Rehabilitation (MBOR) über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben informiert werden.

8Verlaufskontrolle und Nachsorge

8.1Verlaufskontrolle

Während laufender Chemotherapie sollten das allgemeine Befinden des Patienten und die Körper- bzw. Organfunktionen in der Regel alle 1-2 Wochen geprüft werden. Hierbei sollten laborchemisch Blutbild, Leber- und Nierenwerte sowie in Abhängigkeit von der klinischen Symptomatik ggf. weitere Parameter bestimmt werden. Bildmorphologische Verlaufsuntersuchungen sind ebenfalls regelmäßig indiziert, um negative Entwicklungen der Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und Patienten unwirksamen Therapien nicht unnötig lange auszusetzen bzw. die Chance auf wirksamere Therapien zu eröffnen.

8.2Nachsorge

Es gibt keine prospektiven Daten, auf deren Grundlage ein bestimmtes Nachsorgeschema empfohlen kann. In vergangenen und laufenden Studien hat sich das Schema aus Tabelle 13 etabliert (siehe auch ESMO Leitlinie 2016) [1]:

Tabelle 15: Strukturierte Verlaufskontrolle und Nachsorge bei kurativer Therapie 

Untersuchung

nach Therapieabschluss (Monate)

3

6

9

12

15

18

21

24

30

36

42

48

54

60

Körperliche Untersuchung

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Labor:

Leberwerte, LDH, CA 19-9, CEA

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Bildgebung:

Sonographie Abdomen und/oder

CT Thorax/Abdomen/Becken

und/oder MRT Abdomen

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

9Literatur

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10[Kapitel nicht relevant]

11[Kapitel nicht relevant]

12[Kapitel nicht relevant]

13[Kapitel nicht relevant]

14[Kapitel nicht relevant]

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Dirk Arnold
Asklepios Tumorzentrum Hamburg
Asklepios Klinik Altona
Onkologie und Palliativmedizin, mit Sektionen
Hämatologie und Rheumatologie
Paul-Ehrlich-Str. 1
22763 Hamburg
Prof. Dr. med. Markus Borner
ONCOCARE am Engeriedspital
Riedweg 15
CH-3012 Bern
Prof. Dr. med. Karel Caca
Klinikum Ludwigsburg
Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hämato-Onkologie
Posilipostr. 4
71640 Ludwigsburg
Prof. Dr. Dr. Thorsten Oliver Götze
Krankenhaus Nordwest
Institut für Klinisch-Onkologische Forschung
Steinbacher Hohl 2-26
60488 Frankfurt
PD Dr. med. Jens Ricke
Klinikum der Universität München
Klinik und Poliklinik für Radiologie
Marchioninistraße 15
81377 München
Prof. Dr. med. Daniel Seehofer
Universitätsklinikum Leipzig
Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Transplantations-,
Thorax- und Gefäßchirurgie
Bereich Hepatobiliäre Chirurgie & Viszerale Transplantation
Liebigstraße 20
04103 Leipzig
PD Dr. med. Marianne Sinn
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
II. Medizinische Klinik und Poliklinik
Onkologie, Hämatologie, KMT mit Sektion Pneumologie
Martinistr. 52
20246 Hamburg
PD Dr. med. Alexander Stein
Hämatologisch-Onkologische Praxis Eppendorf
Eppendorfer Landstr. 42
20249 Hamburg
Prof. Dr. med. Arndt Vogel
Medizinische Hochschule Hannover
Klinik für Gastroenterologie,
Hepatologie und Endokrinologie
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
Prof. Dr. med. Henning Wege
Klinikum Esslingen
Klinik für Allgemeine Innere Medizin,
Onkologie / Hämatologie, Gastroenterologie und Infektiologie
Hirschlandstr. 97
73730 Esslingen
Prof. Dr. med. Wilko Weichert
Institut für Allgemeine Pathologie
der Technischen Universität München
Arcisstr. 21
80333 München
PD Dr. Thomas Winder
Klinik Hirslanden
Witellikerstr. 40
CH-8032 Zürich

16Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten

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Reference:

Quellenangabe:

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