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Inhaltsverzeichnis

Magenkarzinom

ICD-10 C16.-
Stand Dezember 2018
Dies ist nicht die aktuelle Version. Siehe: Magenkarzinom

1Zusammenfassung

Das Magenkarzinom gehört zu den häufigen malignen Erkrankungen. Wie in anderen Teilen der westlichen Welt nimmt die Inzidenz auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich ab. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Eine kleine Gruppe von Patienten hat ein hereditäres Risiko. Zu den erworbenen Risikofaktoren gehört eine Helicobacter-pylori-Infektion der Magenschleimhaut. Ein bevölkerungsbezogenes endoskopisches Screening zum Nachweis von Magenfrühkarzinomen wird für Deutschland derzeit nicht empfohlen.

Die Prognose der Patienten wird vor allem vom Stadium, aber auch von Histologie, Allgemeinzustand und Komorbidität bestimmt. In frühen und lokal begrenzten Stadien ist der Therapieanspruch kurativ, im metastasierten Stadium palliativ. Therapiemodalitäten sind vor allem Operation und medikamentöse Tumortherapie. Trotz einiger Fortschritte in den letzten 10 Jahren ist die krebsspezifische Mortalität mit 70% sehr hoch.

Diese Leitlinie bezieht sich auf das Adenokarzinom des Magens. Empfehlungen zu selteneren, nicht-epithelialen Tumoren des Magens finden sich in Onkopedia Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) oder Onkopedia Extranodale Marginalzonenlymphome.

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformationen

Magenkarzinome entstehen in den proximalen Abschnitten des Magens (subkardial), im mittleren Drittel (Fundus und Korpus) sowie im distalen Magen (Antrum). Bei den subkardial entstehenden Magenkarzinomen besteht oftmals ein anatomischer Bezug zum ösophago-gastralen Übergang und sie werden dann auch als Adenokarzinome des ösophago-gastralen Übergangs Typ III (nach Siewert) bezeichnet.

Die hier vorgestellte Leitlinie bezieht sich auf Magenkarzinome nach der aktuell gültigen, 8. Edition der TNM/UICC-Klassifikation. Die Besonderheiten der Adenokarzinome des ösophago-gastralen Übergangs Typ I und Typ II nach Siewert, die nach aktueller TNM/UICC-Klassifikation als Ösophaguskarzinome kategorisiert werden, werden hier nur kursorisch angesprochen, soweit die klinischen Algorithmen vom Magenkarzinom abgegrenzt werden müssen.

2.2Epidemiologie

Fast eine Million (951.600) Magenkarzinome wurden global im Jahr 2012 neu diagnostiziert und 723.100 Todesfälle waren auf ein Magenkarzinom zurückzuführen [104]. In Deutschland werden jährlich knapp 10.000 Neuerkrankungsfälle bei Männern und ca. 6.800 Neuerkrankungsfälle bei Frauen diagnostiziert. Die absolute 5-Jahres-Überlebensrate wird mit 26% (Männer) bzw. 28% (Frauen) angegeben, die relative 5-Jahres-Überlebensrate, die die Sterblichkeit in der Allgemeinbevölkerung berücksichtigt, liegt bei 32% (Männer) bzw. 33% (Frauen). Die relative 10-Jahres-Überlebensrate liegt bei 29% (Männer) bzw. 31% (Frauen) [38].

Die altersstandardisierten Erkrankungsraten sind, ebenso wie Sterberaten, seit Jahren rückläufig, siehe Abbildung 1. In den letzten 10 Jahren verringerten sich die Inzidenzraten um jährlich durchschnittlich 2,0% (Männer) bzw. 2,3% (Frauen). Der Rückgang bei der Mortalität war noch größer. Hier verringerten sich die altersstandardisierten Raten um jährlich durchschnittlich 3,3% (Männer) bzw. 3,5% (Frauen). Diese epidemiologischen Daten stimmen mit jenen in der Schweiz [97] und in Österreich [96] weitgehend überein. In der Schweiz lag die Anzahl der Neuerkrankten bei 873 [97], in Österreich im Jahr 2014 bei 1.172, weniger als die Hälfte der im Jahr 1983 Neuerkrankten [96].

Abbildung 1: Neuerkrankungs- und Sterberaten (altersstandardisiert, Europastandard) des Magenkrebses in Deutschland im zeitlichen Verlauf 
Neuerkrankungs- und Sterberaten (altersstandardisiert, Europastandard) des Magenkrebses in Deutschland im zeitlichen Verlauf
Inzidenz und Mortalität des Magenkrebses – Altersstandardisierte Raten
Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V., Sonderauswertung

Auch die Zahl der Neuerkrankungen und Todesfällen ist in den letzten 10 Jahren etwas zurückgegangen, siehe Abbildung 2. Allerding fiel der Rückgang hier geringer als bei den Neuerkrankungs- und Sterberaten aus. Das beruht auf der Veränderung des Bevölkerungsaufbaus mit einer Zunahme von Personen im höheren Alter. (Erkrankungsfälle: Männer: -0,3%/Jahr, Frauen: -1,6%/Jahr; Todesfälle: Männer: -1,0%/Jahr, Frauen: -2,4%/Jahr im Durchschnitt).

Abbildung 2: Neuerkrankungs- und Sterbefälle des Magenkrebses in Deutschland im zeitlichen Verlauf 
Neuerkrankungs- und Sterbefälle des Magenkrebses in Deutschland im zeitlichen Verlauf
Inzidenz und Mortalität des Magenkrebses – Fallzahlen
Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V., Sonderauswertung

Das mittlere (mediane) Erkrankungsalter beträgt bei Diagnose bei Männern 72 Jahre, bei Frauen 76 Jahre und liegt damit 2 Jahre (Männer) bzw. 7 Jahre (Frauen) über dem mittleren Erkrankungsalter für Krebs insgesamt. Das mediane Sterbealter liegt bei 75 Jahren (Männer) bzw. 79 Jahren (Frauen). Die meisten Erkrankungsfälle treten bei Männern in der Altersgruppe 70 bis 79 Jahre auf. Bei Frauen findet sich die höchste Zahl an Neuerkrankungen hingegen in der Altersgruppe 85 Jahre und älter. Bezogen auf die zugrundeliegende Bevölkerung liegen die höchsten Erkrankungsraten bei beiden Geschlechtern in der Altersgruppe über 85 Jahre, siehe Abbildung 3. In allen Altersgruppen liegt die Erkrankungsrate von Männern über der von Frauen.

Abbildung 3: Altersspezifische Erkrankungszahlen (Balken, linke Y-Achse) und altersspezifische Erkrankungsraten (Linien, rechte Y-Achse) des Magenkrebses in Deutschland 
Altersspezifische Erkrankungszahlen (Balken, linke Y-Achse) und altersspezifische Erkrankungsraten (Linien, rechte Y-Achse) des Magenkrebses in Deutschland
Altersverteilung der Inzidenz des Magenkrebses – altersspezifische Fallzahlen und Raten
Quelle: Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V., Sonderauswertung

Legt man die aktuelle Erkrankungshäufigkeit und die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (V1) zugrunde, dann kann in den nächsten 25 Jahren, allein aufgrund der Verschiebung der Altersstrukturen in der Bevölkerung, mit einem Anwachsen der Fallzahlen um rund 40% auf etwa 21.800 Neuerkrankungsfälle (2040) gerechnet werden.

Epidemiologisch unterscheidet sich das klassische Magenkarzinom von den Karzinomen des ösophago-gastralen Übergangs, die eine steigende Inzidenz aufweisen [80].

2.3Pathogenese

Magenkarzinome entwickeln sich - in Analogie zu den Karzinomen des übrigen Verdauungstrakts - sequentiell in mehrstufigen Prozessen über präkanzeröse Zwischenstufen und histologisch definierte Läsionen [32]. Anders als für den diffusen Typ nach Laurén ist dieser Stufenprozess für den intestinalen Typ gut charakterisiert [22]. Die klinische Beobachtung, dass Magenkarzinome in bis zu 30% heterogen sind, d.h. sowohl intestinale als auch diffuse Anteile besitzen, unterstreicht die Bedeutung lokaler Faktoren der zellulären Mikroumgebung und der genetischen bzw. epigenetischen Heterogenität. Als allgemein akzeptierte, histologisch fassbare Bestandteile der sequentiellen Entstehung des Magenkarzinoms gelten: Helicobacter-pylori-Infektion, atrophische Gastritis, intestinale Metaplasie, intraepitheliale Neoplasie (low- und high-grade) und das in der westlichen Hemisphäre seltene Magenadenom.

2.4Risikofaktoren

Das Risiko, an einem Adenokarzinom des Magens zu erkranken, wird durch folgende Faktoren erhöht [31]

  • genetisch

    • hereditäres kolorektales Karzinom ohne Polyposis (HNPCC, Lynch Syndrom [77]

    • hereditäres diffuses Magenkarzinom (HDGC) mit Mutationen im Cadherin 1- (CDH-) Gen [78110]

    • Peutz-Jeghers Syndrom

    • Verwandte ersten Grades mit einem Magenkarzinom

    • männliches Geschlecht (Inzidenz Männer:Frauen etwa 2:1)

    • Blutgruppe A

  • erworben

    • Helicobacter-pylori-Infektion der Magenschleimhaut

    • inhalativer Tabakkonsum

    • atrophische Gastritis

    • partielle Gastrektomie

    • Morbus Ménétrier

Die Risikofaktoren unterscheiden sich für die unterschiedlichen anatomischen Lokalisationen. Distale Magenkarzinome finden sich häufig assoziiert mit Helicobacter-pylori-Infektion der Magenschleimhaut, salzreicher Nahrungsaufnahme und geringer Obst- und Gemüsezufuhr. Karzinome des ösophago-gastralen Übergangs hingegen sind häufiger assoziiert mit Adipositas und gastro-ösophagealem Säurereflux.

3Vorbeugung und Früherkennung

3.1Vorbeugung

Das Magenkarzinom ist eine multifaktorielle Erkrankung, bei der die Infektion der Magenschleimhaut mit Helicobacter pylori einen wesentlichen Risikofaktor darstellt. Die Helicobacter-pylori-Eradikation mit dem Ziel der Magenkarzinomprophylaxe kann bei Risikopersonen durchgeführt werden. Derzeit wird angenommen, dass der Zeitpunkt der Behandlung entscheidend ist für die Effizienz der Helicobacter-pylori-Eradikation zur Prävention des Magenkarzinoms. Diese sollte zu einem Zeitpunkt geschehen, an dem noch keine präneoplastischen Veränderungen entstanden sind [9]. Daten randomisierter Interventionsstudien liegen nicht vor.

Für eine Chemoprävention des Magenkarzinoms, zum Beispiel mit nicht-steroidalen Antirheumatika, selektiven Cyclooxygenase-2-Inhibitoren oder Acetylsalicylsäure, gibt es derzeit keine ausreichende Evidenz [8].

3.2Früherkennung

3.2.1Bevölkerung

Aufgrund der geringeren Inzidenz des Magenkarzinoms in Deutschland erscheint es unwahrscheinlich, dass ein Massenscreening kosteneffektiv wäre. Eine Studie, die die Kosteneffizienz explizit unter den Bedingungen in Deutschland prüft, wurde allerdings bislang nicht durchgeführt. Ein bevölkerungsbezogenes endoskopisches Screening zum Nachweis von Magenfrühkarzinomen wird für Deutschland derzeit nicht empfohlen.

3.2.2Risikopersonen

Ist mehr als ein Verwandter ersten Grades an einem Magenkarzinom erkrankt, so ist das Risiko etwa 10-fach erhöht [89]. Eine Empfehlung zu Screening-Untersuchungen (Gastroskopie) bei Personen mit positiver Familienanamnese kann dennoch nicht gegeben werden. Es existiert derzeit keine wissenschaftliche Evidenz für einen Nutzen spezieller vorsorgender Maßnahmen bei nahen Verwandten von Patienten mit Magenkarzinom [10].

Personen mit Nachweis von Mutationen im CDH1-Gen soll bei positiver Familienanamnese für ein hereditäres, diffuses Magenkarzinom eine prophylaktische Gastrektomie empfohlen werden [10].

4Klinisches Bild

4.1Symptome

Magenfrühkarzinome sind in aller Regel symptomlos. Die folgenden Symptome treten häufig erst bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Karzinomen auf [114]:

  • Dysphagie

  • Dyspepsie

  • Rezidivierendes Erbrechen

  • Inappetenz

  • Frühes Sättigungsgefühl

  • Gewichtsverlust

  • Zeichen einer gastrointestinalen Blutung

Das Magenkarzinom kann mit den unterschiedlichsten paraneoplastischen Syndromen einhergehen, wobei kutane paraneoplastische Erscheinungen häufiger als andere Paraneoplasien sind [46].

5Diagnose

5.1[Kapitel nicht relevant]

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

Die Endoskopie ist als die sensitivste und spezifischste diagnostische Methode zur Diagnose eines Magenkarzinoms anzusehen. Mittels hochauflösender Videoendoskopie ist es möglich, auch diskrete Änderungen in der Farbe, dem Relief und der Architektur der Magenmukosa zu erkennen. Die endoskopische Entdeckung früher Läsionen kann durch Chromoendoskopie verbessert werden.

Ziele der weiteren Diagnostik sind die Festlegung des Krankheitsstadiums und die Therapievorbereitung, siehe Tabelle 1.

Tabelle 1: Diagnostik und Staging beim Magenkarzinom 

Untersuchung

Anmerkung

Körperliche Untersuchung

Labor (Blut)

Blutbild, Leber- und Nierenfunktionsparameter, Gerinnung, TSH

Endoskopie oberer Gastrointestinaltrakt

fakultativ Ergänzung durch Chromoendoskopie

Endoskopische Ultraschalluntersuchung (EUS) 1

zur Therapieplanung bei lokalisierter Erkrankung

Computertomographie Thorax, Abdomen und Becken mit Kontrastmittel

Sonographie Abdomen

ergänzend zur Computertomographie

Sonographie Hals

bei Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs (AEG)

Laparoskopie mit Zytologie2

fakultativ zur Therapieplanung bei resektabler Erkrankung (cT3/cT4)

Positronenemissionstomographie (PET) 3

fakultativ bei Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs (AEG) zur Therapieplanung bei resektabler Erkrankung

1 siehe Kapitel 5.3.2.1
2 Die Laparoskopie mit zytologischer Untersuchung des Lavageats hilft, eine klinisch okkulte Metastasierung des Peritoneums bei lokal resektablen Tumoren zu detektieren. Der Nachweis einer makroskopischen Peritonealkarzinose hat unmittelbare Auswirkungen auf die Therapieplanung [49]. Laparoskopisch auffällige Befunde werden häufiger bei T3/T4 klassifizierten Tumoren gefunden [59].
3 Die Positronenemissionstomographie (PET) kann anderweitig unentdeckte Fernmetastasen detektieren und damit das therapeutische Vorgehen bei ansonsten resektabel erscheinendem Primärtumor modifizieren. In Deutschland wird die PET in dieser Situation aufgrund eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesauschuss nicht regelhaft vergütet. Magenkarzinome vom muzinösen oder diffusen Typ zeigen häufig keine ausreichende Anreicherung des PET-Tracers 18F-Fluorodeoxyglucose (FDG).

5.3Klassifikation

5.3.1Histologie und Subtypen

Die Diagnose des Magenkarzinoms soll aus einer gastroskopisch oder chirurgisch gewonnenen Biopsie erfolgen, welche durch zwei erfahrene Pathologen beurteilt wird [10].

5.3.1.1Laurén Klassifikation

Histologisch zeichnet sich das Magenkarzinom durch eine starke Heterogenität aus, oftmals existieren in einem Tumor mehrere unterschiedliche histologische Elemente. Über die letzten 5 Jahrzehnte basierte die histologische Einordnung vor allem auf der Laurén Klassifikation [57]:

  • intestinaler Typ, ca. 54%

  • diffuser Typ, ca. 32%

  • unbestimmbar, ca. 15%

Der diffuse Subtyp wird mehr bei Frauen und Menschen jüngeren Lebensalters gefunden, während der intestinale Typ häufiger bei Männern und Menschen älteren Lebensalters anzutreffen ist und mit intestinaler Metaplasie und Helicobacter-pylori-Infektion einhergeht [74].

5.3.1.2World Health Organization (WHO) Klassifikation

Die World Health Organization (WHO) Klassifikation von unterscheidet vier maßgebliche Typen des Magenkarzinoms [103]

  • tubulär

  • papillär

  • muzinös

  • gering kohäsiv (einschließlich des Siegelringzellkarzinoms)

Die Klassifikation basiert auf dem prädominant vorliegenden histologischen Muster des Karzinoms, welches oftmals mit weniger dominanten Elementen oder anderen histologischen Mustern koexistiert.

5.3.1.3The Cancer Genome Atlas (TCGA) Klassifikation

Jüngste Studien unterteilen das Magenkarzinom in vier molekulare Subtypen basierend auf Untersuchungen des Genoms, Transkriptoms, Epigenoms und Proteoms [100]. Die Einteilung in vier Subtypen

  • chromosomal instabil – CIN

  • Epstein-Barr-Virus-assoziiert – EBV

  • Mikrosatelliten-instabil – MSI

  • genomisch stabil – GS

hat derzeit noch keine Auswirkungen auf die Auswahl der Behandlung.

5.3.2Stadien und Stadieneinteilung

5.3.2.1TNM Staging

Die Klassifikation der Ausdehnung des Primärtumors und der Metastasierung erfolgt auf der Basis der UICC/AJCC-TNM Kriterien [25893]. Seit dem 1. Januar 2017 wird in Europa die 8. Edition verwendet [8999]. Die TNM-Kriterien sind in Tabelle 2, die Stadieneinteilung in Tabelle 3 zusammengefasst.

Tabelle 2: UICC-TNM Klassifikation – Magenkarzinom [93103] 

Klassifikation

Tumor

T

T1

T1a

T1b

T2

T3

T4a

T4b

Primärtumor

Oberflächlich infiltrierender Tumor

Tumor infiltriert Lamina propria oder Muscularis Mucosae

Tumor infiltriert Submucosa

Tumor infiltriert Muscularis propria

Tumor infiltriert Subserosa ohne Invasion des viszeralen Peritoneums

Tumor perforiert Subserosa (viszerales Peritoneum)

Tumor infiltriert benachbarte Strukturen

N

N0

N1

N2

N3a

N3b

Regionale Lymphknoten

Keine regionalen Lymphknotenmetastasen

Metastase in 1 – 2 Lymphknoten

Metastasen in 3 – 6 Lymphnoten

Metastasen in 7 – 15 Lymphknoten

Metastasen in 16 oder mehr Lymphknoten

M

M0

M1

Fernmetastasen

Keine Fernmetastasen

Fernmetastasen oder positive peritoneale Zytologie

Tabelle 3: Klassifikation der Tumorstadien [93103] 

UICC Stadium

Primärtumor

Lymphknoten

Fernmetastasen

0

Tis

N0

M0

IA

T1a

T1b

N0

N0

M0

M0

IB

T2

T1

N0

N1

M0

M0

IIA

T3

T2

T1

N0

N1

N2

M0

M0

M0

IIB

T4a

T3

T2

T1

N0

N1

N2

N3

M0

M0

M0

M0

IIIA

 

 

T4a

T3

T2

N1

N2

N3

M0

M0

M0

IIIB

T4b

T4a

T3

N0/1

N2

N3

M0

M0

M0

IIIC

T4b

T4a

N2/3

N3

M0

M0

IV

jedes T

jedes N

M1

Die geeignetste Untersuchung zur Feststellung der klinischen T-Kategorie ist die EUS, da sie am besten die unterschiedlichen Wandschichten des Magens auflösen kann.

Die Identifikation maligner Lymphknoten im CT kann den folgenden Charakteristika folgen [21]:

  • kurze Achse: Diameter ≥6-8 mm in perigastrischen Lymphknoten

  • runde Form

  • zentrale Nekrose

  • Verlust des Fetthilus

  • Heterogene oder verstärkte Kontrastmittelaufnahme

Die Sensitivität des CT für das Lymphknotenstaging wird in der Literatur mit 62,5% - 91,9% in systematischen Reviews variabel eingeschätzt [54].

EUS verbesserte die akkurate Bestimmung der T und N Kategorie und kann helfen, das proximale und distale Ende des Tumors zu bestimmen. Bei Tumoren des Antrums ist der EUS weniger genau. EUS ist genauer als das CT für die Diagnosis maligner Lymphknoten: Anzeichen für Malignität im EUS beinhalten [18]

  • Hypoechogenität

  • runde Form

  • scharfe Abgrenzung zur Umgebung

  • Größe im längsten Durchmesser >1cm

6Therapie

6.1Therapiestruktur

Eine multidisziplinäre Planung ist für jede initiale Behandlungsempfehlung erforderlich. Sie sollte in einem qualifizierten multidisziplinären Tumorboard erarbeitet werden. Zu den Kernmitgliedern des multidisziplinären Boards zählen: Viszeralchirurgie, Medizinische Onkologie, Radioonkologie, Gastroenterologie, Radiologie und Pathologie. Wenn immer möglich, sollen Patienten im Rahmen klinischer Studien behandelt werden.

Die Behandlung erfolgt Stadien-adaptiert. Ein Therapiealgorithmus für die Erstlinientherapie ist in Abbildung 4 dargestellt.

Abbildung 4: Algorithmus für die Primärtherapie 
kurative Therapie; palliative Therapie;
1adjuvante Chemotherapie oder Radiochemotherapie, falls eine präoperative Chemotherapie nicht durchgeführt wurde (z. B. durch fehleingeschätztes Tumorstadium vor Chirurgie)
² Best Supportive Care

6.1.1Stadium IA – T1a (Frühkarzinom)

Da die Wahrscheinlichkeit einer Lymphknotenmetastasierung beim mukosalen Magenkarzinom (T1a) sehr gering ist, kann eine endoskopische Resektion (ER) als ausreichend angesehen werden [16]. Falls die histopathologische Aufarbeitung nach endoskopischer Resektion ergibt, dass die Tumorinfiltration bis in die Submukosa reicht (T1b), soll eine chirurgische Resektion mit systematischer Lymphadenektomie erfolgen, da dann in bis zu 30% der Fälle bereits Lymphknotenmetastasen vorliegen.

Als pT1acN0cM0 klassifizierte Magenkarzinome können unter Berücksichtigung der an Deutschland adaptierten japanischen Kriterien mit einer endoskopischen Resektion behandelt werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind [1099]:

  • Läsionen einer Größe von <2 cm in erhabenen Typen

  • Läsionen einer Größe von <1 cm in flachen Typen

  • Histologischer Differenzierungsgrad gut oder mäßig (G1/G2)

  • Keine makroskopische Ulzeration

  • Invasion begrenzt auf die Mukosa

  • Kein Residualtumor nach endoskopischer Resektion

Die ER von Magenfrühkarzinomen erfolgt als En-bloc-Resektion. Sie erlaubt eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder. Die empfohlenen endoskopischen Kontrollintervalle liegen bei 3 Monaten im ersten und 6 Monaten im zweiten Jahr. Danach sollten Kontrollen jährlich stattfinden. Lokalrezidive nach ER eines Frühkarzinoms des Magens können endoskopisch behandelt werden, wenn erneut ein rein mukosaler Befall (rT1aN0M0) vorliegt. Ein (begrenztes) chirurgisches Vorgehen stellt eine Alternative dar.

6.1.2Stadium IA – T1b

Bei Magenkarzinomen im Stadium IA mit Infiltration der Submucosa liegt das Risiko von Lymphknotenmetastasen bei 25-28%. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt in der SEER Datenbank für das gesamte Stadium IA bei 70,8% [68], die krebsspezifische Überlebensrate nach 10 Jahren in der italienischen IRGGC Analyse bei 93%. Therapie der Wahl im Stadium T1b ist die limitierte chirurgische Resektion mit Dissektion der perigastrischen Lymphknoten und lokaler N2 Lymphknoten.

Der Wert einer perioperativen oder einer adjuvanten Chemotherapie ist für Patienten im Stadium IA (T1b) nicht belegt.

6.1.3Stadium IB – III

Die perioperative Chemotherapie mit Anthrazyklin, Platinderivat und einem Fluoropyrimidin führte in der MAGIC-Studie bei Patienten mit resektablem Magenkarzinom zu einer Verlängerung der Überlebenszeit [23] Der Effekt einer Intensivierung der peri-operativen Chemotherapie des Magenkarzinoms war bislang unklar. Beim Ösophaguskarzinom zeigte eine Intensivierung von 12 gegenüber 6 Wochen präoperativer Chemotherapie und Hinzunahme von Epirubicin zu Cisplatin und Capecitabin eine Zunahme der histopathologischen Responserate, allerdings nicht des Gesamtüberlebens [7]. Da diese Studie allerdings keine Patienten mit Magenkarzinom einschloss und eine postoperative Chemotherapie nicht vorgesehen war, sind die Kenntnisse aus dieser Studie auf die Situation des Magenkarzinoms nur eingeschränkt übertragbar.

Aktuell wurde gezeigt, dass die Behandlung nach dem FLOT-Schema (5-Fluorouracil/Folinsäure/Oxaliplatin/Docetaxel) bei Patienten im Stadium ≥cT2 und/oder cN+ zu einer weiteren Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (Hazard Ratio 0,75; Median 12 Monate) und der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,77; Median 15 Monate) führt, siehe auch Kapitel 6.2.3.1 Die relative Wirksamkeit von FLOT zeigte sich konsistent über relevante Subgruppen wie Alter, Histologie, Siegelringzellkarzinom und Lokalisation. Die Rate an perioperativen Komplikationen war in beiden Armen vergleichbar [6].

Im Stadium IB – III soll die Operation aus einer radikalen Gastrektomie in Kombination mit einer D2 Lymphadenektomie bestehen, siehe Kapitel 6.2.1.2

Eine subtotale Gastrektomie kann durchgeführt werden, wenn eine proximale Tumorfreiheit zwischen dem Oberrand des Tumors und dem ösophago-gastralen Übergang von mindestens 5 cm erreicht werden kann. Bei Karzinomen vom diffusen Typ wird ein Sicherheitsabstand von 8 cm empfohlen. In allen anderen Fällen ist eine totale Gastrektomie indiziert.

Für Patienten mit einem Magenkarzinom ≥ Stadium IB, die eine Resektion ohne vorherige Chemotherapie erhielten (z.B. durch fehleingeschätztes Tumorstadium vor Chirurgie) kann eine adjuvante Radiochemotherapie oder Chemotherapie empfohlen werden, siehe Kapitel 6.2.3.1

Nach R1 Resektion kann eine adjuvante Radiochemotherapie durchgeführt werden, siehe Kapitel 6.2.2.1

6.1.4Stadium IV

6.1.4.1Medikamentöse Tumortherapie

Die Therapie ist palliativ. An erster Stelle steht die systemische Therapie, ggf. ergänzt durch lokale Therapiemaßnahmen. Ein Algorithmus ist in Abbildung 5 dargestellt.

Abbildung 5: Algorithmus für die Therapie im Stadium IV 
palliative Therapie;
1 Monotherapie – ein antineoplastisches Arzneimittel, Doublet – Kombination aus 2 antineoplastischen Arzneimitteln, Triplet – Kombination von 3 antineoplastischen Arzneimitteln;
2 FP – Fluoropyrimidin (5-Fluorouracil + Folinsäure, Capecitabin, S-1); Platin – Platinderivat (Cisplatin, Oxaliplatin)
6.1.4.1.1Erstlinientherapie
6.1.4.1.1.1Karzinome ohne HER2-Expression

Eine palliativ intendierte Chemotherapie verlängert die Überlebenszeit von Patienten mit Magenkarzinom im Stadium IV im Vergleich zu ausschließlich supportiver Therapie und stabilisiert die Lebensqualität [41112]. Bei der Indikationsstellung zur Chemotherapie sind der Allgemeinzustand des Patienten, die Komorbidität, die Patientenpräferenzen sowie die Toxizität der geplanten Schemata zu berücksichtigen. Eine Resektion des Primärtumors bei metastasierter Situation ist nicht zu empfehlen [36]. Das Ansprechen auf die Chemotherapie wird mittels Bildgebung, in der Regel CT Thorax und Abdomen oder andere geeignete Schnittbildverfahren, in 6-12 wöchigen Intervallen überprüft.

Doublet-Chemotherapien auf der Basis von Platin und einem Fluoropyrimidin sind der empfohlene Standard. Der Nutzen von Triplets wird kontrovers bewertet. Der höheren Wirksamkeit von Triplets steht eine vermehrte Therapie-bedingte Toxizität gegenüber. Sowohl in Doublet- als auch in Triplet-Therapien kann Cisplatin durch Oxaliplatin ohne Verlust an Wirksamkeit ersetzt werden [324]. Aus dem Wechsel ergibt sich ein anderes Toxizitätsspektrum; Cisplatin verursacht mehr Übelkeit, Erbrechen und renale Toxizität, während Oxaliplatin mehr Neuropathie hervorruft. Betreffend des Fluoropyrimidins zeigen Studien im direkten Vergleich, dass Capecitabin intravenöses 5-FU ersetzen kann [2470]. Eine weitere Option ist die Kombination von oralem S-1 und i.v. Cisplatin [1].

Auch Docetaxel-haltige Regime sind eine Evidenz-basierte Wahl für die Erstlinienchemotherapie. In einer randomisierten Phase-3-Studie führte die Hinzunahme von Docetaxel zu Cisplatin/5-FU zu einem verbesserten Überleben, aber auch zu signifikant mehr Nebenwirkungen, insbesondere hämatologischer und gastrointestinaler Toxizität [108]. Mehrere Phase II Studien zeigten ein verbessertes Toxizitätsprofil Docetaxel-haltiger first-line Triplet-Regime bei guter Wirksamkeit [36188109]. Aufgrund des vergleichsweise ungünstigen Nebenwirkungsprofils wird bei Anwendung eines Docetaxel-haltigen Triplet-Regimes in der Regel auf das klassische dreiwöchentliche DCF-Regime [108], welches allerdings die stärkste wissenschaftliche Evidenz hat, verzichtet und dafür trotz der kleineren Studien auf dem Boden der klinischen Erfahrung eines der modifizierten Protokolle angewendet.

Als eine Alternative zu Platin-basierter Therapie kann (jenseits von Zulassungsfragen) Irinotecan plus 5-FU/Folinsäure (FOLFIRI) gesehen werden, welches in randomisierten Studien als zumindest gleich wirksam wie Cisplatin-basierte Doublet- oder Triplet-Therapie untersucht wurde [2543].

Ältere Patienten mit Magenkarzinom sind in Studien unterrepräsentiert. Einige Oxaliplatin-haltige Schema wurden jedoch spezifisch bei n Patienten in Phase-2-Studien untersucht und erwiesen sich als wirksam, insbesondere Capecitabin/Oxaliplatin [115] und modifiziertes FOLFOX [519].

Eine gepoolte Analyse aus Phase-3-Studien verglich Patienten ≥ 70 Jahre mit jüngeren Patienten und zeigte keine Unterschiede der Responseraten und des Überlebens der älteren im Vergleich zur jüngeren Altersgruppe [106]. Für ältere Patienten ≥ 65-70 Jahre gibt es keine Indikation zu einer intensivierten Erstlinienchemotherapie mit einer Docetaxel-haltigen Triplet-Kombination. Generell ist in dieser Altersgruppe die Anwendung eines geriatrischen Screenings zur Detektion und besonderen Berücksichtigung von Komorbidität zu empfehlen, siehe Wissensdatenbank Geriatrische Onkologie.

6.1.4.1.1.2Karzinome mit HER2-Expression

Magenkarzinome haben eine starke molekulare Diversität und oftmals auch eine hohe intratumorale Heterogenität. Bei einigen Magenkarzinomen sind relevante genetische oder epigenetische Treiber der Tumorpathogenese bekannt. Bei HER2-positiven Karzinomen, welche 10%-15% der Gesamtfälle darstellen, hat in der Phase III ToGA (trastuzumab for gastric cancer) Studie die Hinzunahme von Trastuzumab zu einer Cisplatin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie eine signifikante Verbesserung der Responserate, des progressionsfreien und des Gesamtüberlebens bewirkt (medianes Überleben 13,8 versus 11,1 Monate, HR 0,74, (95% KI 0,60 – 0,91); p = 0,0048) [12]. Der durch Trastuzumab bewirkte Prognosezuwachs war besonders ausgeprägt, wenn HER-2 positive Subgruppen entsprechend Immunhistochemie (IHC) 2+/Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)-positiv oder IHC 3+ definiert wurden. Bei diesen Patienten war das Gesamtüberleben von median 11,8 Monaten mit alleiniger Chemotherapie auf 16,0 Monate mit Trastuzumab verlängert [HR 0,65 (95% KI 0,51–0,83)]. Entsprechend der ToGA Studie wurde Trastuzumab in Europa zur Behandlung von Patienten mit HER-2 positiven Magenkarzinomen (IHC3+ oder 2+/FISH-positiv) in Kombination mit Capecitabin oder 5-FU und Cisplatin zugelassen. Dieses Schema stellt nun den empfohlenen Behandlungsstandard dar. Mittlerweile gibt es moderate wissenschaftliche Evidenz aus prospektiven Phase 2 und retrospektiven Fallkontrollstudien, dass Trastuzumab auch in Kombination mit Oxaliplatin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie wirksam ist, so dass diese Kombination bei entsprechender Kontraindikation gegen eine Cisplatin-basierte Chemotherapie ebenfalls empfohlen werden kann [428295].

Die klinische Prüfung weiterer HER2-gerichteter Medikamente verlief bisher ohne Wirksamkeitsnachweis. Dies gilt insbesondere für Lapatinib [446285] und Trastuzumab-Emtansin (TDM-1) [98]. Daten zu dem HER2/HER3 gerichteten monoklonalen Antikörper Pertuzumab beschränken sich bislang auf pharmakokinetische und Dosisfindungsstudien [53]. HER2 gerichtete Therapeutika jenseits Trastuzumab in erster Behandlungslinie für das Stadium IV sollen deshalb zum aktuellen Zeitpunkt außerhalb klinischer Studien nicht eingesetzt werden.

6.1.4.1.2Zweitlinientherapie

Bei Patienten mit adäquatem Allgemeinzustand (in den Studien definiert als ECOG Performance Status 0-1 oder 0-2) führt eine Zweitlinientherapie zur Verlängerung der Überlebenszeit, besserer Symptomkontrolle und einer verlängerten Zeit bis zur Verschlechterung von Allgemeinzustand und Lebensqualität [49]. Die chemotherapeutischen Behandlungsoptionen umfassen Irinotecan, Docetaxel und Paclitaxel, jeweils als Monotherapie [3052101]. Die in einer Metaanalyse aggregierte Evidenz dieser Studien bestätigt die signifikante Überlebensverlängerung (Hazard Ratio 0,63) [50]. Eine randomisierte Phase-3-Studie zeigte einen gleich großen Benefit für Irinotecan im Vergleich zu Paclitaxel [47].

Der gegen VEGFR-2 gerichtete monoklonale Antikörper Ramucirumab bewirkte als Monotherapie eine Verlängerung des Überlebens im Vergleich zu Placebo in der zweiten Behandlungslinie nach Platin und einem Fluoropyrimidin (Medianes Überleben 5,2 Monate versus 3,8 Monate, HR 0,776, 95% KI 0,603–0,998; p=0,047) [33]. Die Wirksamkeit von Ramucirumab mono scheint in etwa vergleichbar mit einer Mono-Chemotherapie. In Kombination mit Paclitaxel war Ramucirumab in der Zweitlinie wirksamer als Paclitaxel und Placebo (medianes Überleben 9,6 Monate versus 7,4 Monate, HR 0,807 [95% CI 0,678–0,962]; p=0,017) [113].

Als Alternative zur Einleitung einer Zweitlinientherapie mit neuen Medikamenten kann bei Patienten, die eine Progression mehr als 3 Monate nach Ende einer Erstlinientherapie zeigen, eine Reexposition mit der gleichen Medikamentenkombination durchgeführt werden [71][]

Eine Studie, welche die Immuncheckpoint-Blockade (Pembrolizumab) in der zweiten Therapielinie mit Standardchemotherapie vergleicht, zeigt keinen generellen Vorteil für die Immuncheckpointblockade [90]. Pembrolizumab oder andere Immuncheckpointinhibitoren sollen deshalb nach aktuellem Wissensstand außerhalb klinischer Studien nicht statt Chemotherapie in der Zweitlinientherapie zum Einsatz kommen.

Eine europäische Zulassung für den Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren beim Magenkarzinom liegt derzeit noch nicht vor. Biomarker zur Selektion der geeigneten Patienten für eine Immuncheckpointblockade werden gesucht.

6.1.4.1.3Drittlinientherapie

Trifluridine/Tipiracil (TAS-102) wurde in einer 2:1 randomisierten und placebo-kontrollierten Phase III Studie bei 507 Patienten mit einem ECOG Performancestatus 0 oder 1 und mindestens zwei vorausgegangenen Therapielinien und radiologischer Tumorprogression untersucht. Trifluridine/Tipiracil verbesserte signifikant das Gesamtüberleben (2,1 Monate; HR 0,69; p<0.001) und wurde zufriedenstellend toleriert: Grad ≥3 unerwünschte Ereignisse traten bei 267 (80%) Patienten in der Trifluridine/Tipiracil Gruppe und bei 97 (58%) in der Placebo Gruppe auf. Die häufigsten Grad ≥3 Nebenwirkungen waren Neutropenie (n=114 [34%]) und Anämie (n=64 [19%]) in der Trifluridine/Tipiracil Gruppe sowie abdominelle Schmerzen (n=15 [9%]) und Verschlechterung des Allgemeinzustands (n=15 [9%]) in der Placebo Gruppe. Schwere unerwünschte Ereignisse wurden bei 143 (43%) Patienten in der Trifluridine/Tipiracil Gruppe und bei 70 (42%) in der Placebo Gruppe berichtet [91]. Abhängig von den Entscheidungen der europäischen Zulassungsbehörden kann Trifluridin/Tipiracil eine neue Standardoption nach Versagen von mindestens zwei vorausgegangenen Therapielinien sein.

Eine neue Option zeichnet sich auch beim Magenkarzinom durch die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren PD(L)-1-Inhibitoren ab. In einer Phase-III-Studie aus dem asiatischen Raum führte Nivolumab bei 493 Patienten mit Magenkarzinom oder Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs nach Chemotherapie-Versagen zu einer Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (Hazard Ratio 0,60; Median 0,2 Monate) und der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,63; Median 1,14 Monate). Die Remissionsrate lag bei 11,2% [54].

Ähnliche Ergebnisse wurden in einer Phase-II-Studie mit Pembrolizumab bei 259 Patienten mit Magenkarzinom oder Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs erzielt. 11,6% der Patienten erreichten eine partielle oder komplette Remission [34], das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 2 Monaten, die mediane Gesamtüberlebenszeit bei 5,6 Monaten. Die Ansprechrate war höher bei Patienten mit PD-L1+ Karzinomen und vor allem bei Patienten mit Nachweis einer Mikrosatelliten-Instabilität (MSI), bei allerdings sehr geringer Patientenzahl (n=7).

Allerdings zeigte sich auch in der dritten Therapielinie eine Immuncheckpoint-Blockade (PD-L1 Blocker Avelumab) einer Chemotherapie (Paclitaxel oder Irinotecan) im Endpunkt Gesamtüberlebens nicht überlegen [91]. Validierte Biomarker zur Selektion von Patienten, die von einer Immuncheckpoint-Blockade besonders profitieren, liegen noch nicht vor. Vielversprechende Kandidaten sind die Expression von PD-L1 in Tumor und Stroma (kombinierter Positivitätsscore), Epstein-Barr-Virus-Assoziation und insbesondere Mikrosatelliteninstabilität [90] [55].

6.1.4.2Metastasenresektion

Aktuell gelten weder die Resektion von Metastasen eines Magenkarzinoms noch die Gastrektomie bei Vorliegen eines Stadium IV als ausreichend durch Daten gesichert. Unkontrollierte retrospektive Fallserien lassen allerdings ein verlängertes Überleben für selektionierte Patienten vermuten, die sich einer Metastasenresektion in Leber, Lunge oder von Krukenbergtumoren unterziehen [646586]. Eine kürzlich in Deutschland initiierte prospektiv randomisierte Phase 3-Studie (FLOT-5, NCT02578368) evaluiert, ob perioperative Chemotherapie plus Metastasektomie im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie die Prognose bei limitierter Metastasierung eines Magenkarzinoms verbessert.

6.2Therapiemodalitäten

6.2.1Resektion

6.2.1.1Endoskopische Resektion

Die endoskopische Resektion ist ein minimal-invasives Verfahren zur Resektion von Frühkarzinomen. Methoden sind die endoskopische Mukosaresektion (EMR) und die endoskopische Submukosadissektion (ESD). Die EMR von Magenfrühkarzinomen erfolgt als En-bloc-Resektion. Sie erlaubt eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder. Die empfohlenen endoskopischen Kontrollintervalle liegen bei 3 Monaten im ersten und 6 Monaten im zweiten Jahr. Danach sollten Kontrollen jährlich stattfinden. Lokalrezidive nach ER eines Frühkarzinoms des Magens können endoskopisch behandelt werden, wenn erneut ein rein mukosaler Befall (rT1aN0M0) vorliegt. Ein (begrenztes) chirurgisches Vorgehen stellt eine Alternative dar.

6.2.1.2Gastrektomie und Lymphadenektomie

Die Operation des Primärtumors ist zentrales Element der kurativen Therapie. Ziel der Operation ist das Erreichen einer R0 Situation.

Betreffend des Ausmaßes der Lymphadenektomie wurde in der westlichen Welt ein Konsens erzielt, dass Patienten mit normalen operativen Risiken eine D2 Lymphadenektomie erhalten sollten. D1 Resektion beinhaltet die Entfernung der perigastrischen Lymphknoten und bei D2 Lymphadenektomie werden zusätzlich die Lymphknoten entlang der Arteria gastrica sinistra, Arteria hepatica communis, Arteria splenica und der zoeliakalen Achse entfernt [51]. Langzeitergebnisse einer randomisierten Studie aus den Niederlanden zeigten eine niedrigere lokale Rezidivrate und ein besseres Krebs-spezifisches Überleben nach D2 versus D1 Lymphadenektomie [94]. Die aktuelle UICC/AJCC TNM (8. Edition) Klassifikation empfiehlt die Entfernung und Untersuchung von mindestens 15 Lymphknoten für ein verlässliches Staging [103]. In der aktuellen S3 Leitlinie zum Magenkarzinom wird die Entfernung von mindestens 25 Lymphknoten als adäquat betrachtet [10].

Die Operation sollte an einem spezialisierten high-volume Zentrum mit ausreichender chirurgischer Expertise und perioperativer Betreuung durchgeführt werden soll [10].

Zahlreiche Studien belegen eine bessere kurzfristige Überlebenschance für Patienten, die an Zentren mit ausgewiesener Expertise behandelt werden. Auch die Langzeitüberlebenschancen sind signifikant besser [151627]. Die perioperative Morbidität und Letalität soll nicht über 15% bzw. 3% liegen [26]. Das Konzept der „enhanced recovery“ wird in den Enhanced Recovery After Surgery (ERAS®) Society Guidelines dargestellt und umfasst alle Aspekte einer optimierten perioperativen Betreuung [67].

6.2.2Bestrahlung

6.2.2.1Adjuvante Radiochemotherapie

Die nordamerikanische Intergroup-0116 Studie zeigte, dass eine adjuvante Therapie mit 5- FU/Leucovorin plus konventionell fraktionierter Radiotherapie (45 Gy in 25 Fraktionen) das Gesamtüberleben gegenüber alleiniger Chirurgie verbessert (50% vs. 41% 3-Jahresüberleben [6392]). Diese Therapie ist als ein Behandlungsstandard in Nordamerika empfohlen. In Deutschland und Europa findet sie keine weite Akzeptanz wegen Bedenken vor langfristigen Nebenwirkungen und der mäßigen chirurgischen Qualität innerhalb der angesprochenen INT-0116-Studie. Diese Zurückhaltung wird gerechtfertigt durch eine holländische Studie, die nahelegt, dass eine adjuvante Radiochemotherapie die Lokalrezidivrate nach D1 Resektion senkt, hingegen keinen Benefit nach D2 Resektion aufweist [28]. Die koreanische ARTIST-Studie hingegen legt einen Benefit für adjuvante Radiochemotherapie auch nach D2 Lymphadenektomie nahe, allerdings nur in der Subgruppe von Patienten mit positivem Nodalstatus und intestinalem Tumortyp [6073].

Die jüngst präsentierten Ergebnisse der holländisch-skandinavischen CRITICS-Studie zeigen, dass eine adjuvante Radiochemotherapie nach neoadjuvanter Chemotherapie und qualitätsgesicherter Chirurgie keinen Überlebensvorteil bringt [111]

Bei Patienten mit R1 Resektion legen retrospektive Studien nahe, dass eine adjuvante Radiochemotherapie eine Verbesserung des Überlebens bringt [2798].

Wenn man derzeit eine postoperative Radiochemotherapie anwendet, sollte man bevorzugt Fluoropyrimdin (5-FU oder Capecitabin) konkomittierend zu 45 Gy in 25 Fraktionen von 1,8 Gy, 5 Fraktionen/Woche mittels Intensitäts—modulierter Radiatio (IMRT) anwenden [105]. Das klinische Targetvolumen umfasst den Magenrest, wenn vorhanden, die Anastomosen und die drainierenden Lymphabflusswege [73118].

6.2.3Medikamentöse Tumortherapie

6.2.3.1Perioperative Chemotherapie

Die UK MRC MAGIC Studie zeigte eine Verbesserung des 5-Jahresüberlebens von 23% auf 36% für Patienten mit resektablen Magenkarzinomen der klinischen Stadien II und III durch perioperative Chemotherapie mit ECF (Epirubicin, Cisplatin und 5-FU) gegenüber alleiniger Chirurgie [Cunningham 2006]. Es wurden 3 Zyklen präoperativ (9 Wochen) und 3 Zyklen postoperativ (9 Wochen) verabreicht. Eine gleichzeitig durchgeführte französische Studie verwendete ein 28- Tage Regime von Cisplatin und 5-FU (2 Zyklen entsprechend 8 Wochen präoperative Behandlungsdauer) und berichtete vergleichbare Ergebnisse [117]. Die MAGIC Studie rekrutierte vor allem Patienten mit Magenkarzinom, während die französische Studie mehrheitlich Patienten mit Tumoren des ösophago-gastralen Übergangs einschloss. Eine perioperative Chemotherapie kann deshalb für beide Lokalisationen als wissenschaftlich begründet angesehen werden. Eine Studie der EORTC, in welche Patienten zu Chirurgie mit oder ohne neoadjuvante zweiwöchentliche Cisplatin und wöchentliche 5-FU/Leuvovorin Chemotherapie (PLF-Regime) randomisiert wurden, zeigte eine erhöhte R0 Resektionsrate nach Chemotherapie, schloss aber vorzeitig die Rekrutierung und war daher nicht gepowert, einen Überlebensunterschied darzustellen [87].

Die kürzlich präsentierte deutsche FLOT-4-Studie verglich das FLOT Regime (5-FU, Leucovorin, Oxaliplatin, Docetaxel) mit ECF/X und zeigte eine höhere histopathologische Ansprechrate für FLOT (15,6% vs. 5,8%), eine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (Hazard Ratio 0,75; Median 12 Monate) und eine Erhöhung der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,77; Median 15 Monate) [5675]. FLOT war wirksamer als ECF/X in allen untersuchten Subgruppen, u.a. proximale und distale Tumorlokalisation, intestinaler und diffuser Subtyp nach Laurén, Patienten < und ≥ 70 Jahre, sowie über alle inkludierten T und N-Kategorien. Die postoperative Morbidität und Letalität war im FLOT und im ECF/X-Arm vergleichbar. FLOT 4 x prä- und 4 x postoperativ sollte deshalb als der bevorzugte Therapiestandard bei Magenkarzinomen in den Stadien IB-IIIC verwendet werden. Im Falle unzumutbarer Toxizitätsrisiken wird empfohlen, auf 5-FU/Platin (ohne Docetaxel), z. B. entsprechend dem modifizierten FOLFOX zurückzugreifen.

Das Ansprechen auf die präoperative Chemotherapie bestimmt nach aktueller Datenlage nicht die Wahl der postoperativen Chemotherapie, weder in Bezug auf ihre Durchführung noch auf eine Intensivierung oder einen Medikamentenwechsel. Einzig bei Progress unter der präoperativen Therapie soll diese Therapie nicht fortgesetzt werden

Es gibt derzeit auch keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz für die Integration von biologisch zielgerichteten Substanzen in die perioperative Therapie, auch nicht für Trastuzumab bei HER2- positiven Karzinomen. Patienten mit lokalisierten HER2-positiven Adenokarzinomen des Magens und des ösophago-gastralen Übergangs sollten im Rahmen der laufenden Studien behandelt werden.

In Einzelfällen, wenn beispielsweise durch ein fehlerhaftes präoperatives Under-Staging keine perioperative Therapie durchgeführt wurde, ergibt sich eine postoperative Risikosituation, insbesondere N+ Status, die eine adjuvante Chemotherapie rechtfertigen kann [72111]. In diesen begründeten Ausnahmesituationen kann eine adjuvante Chemotherapie mit Oxaliplatin und einem Fluoropyrimidin für eine Gesamtdauer von 6 Monaten entsprechend der koreanischen CLASSIC Studie empfohlen werden [1369]. Als Alternative kann auf der Basis asiatischer Studien eine Behandlung mit einem oralen Fluoropyrimidin über 12 Monate diskutiert werden [8182].

6.2.3.2Medikamentöse Tumortherapie - Substanzen

Capecitabin

Capecitabin ist ein orales Fluoropyrimidin, dass im Körper zu 5-FU metabolisiert wird. In klinischen Vergleichsstudien ist es mindestens so effektiv wie 5-FU / Folinsäure. Es kann in der palliativen Therapie anstelle von 5-Fluorouracil eingesetzt werden. In Kombination mit Platinderivaten werden Remissionsraten bis zu 45% erreicht. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3 / 4), die bei mehr als 5 % der Patienten in den Zulassungsstudien auftreten, sind Diarrhoe und Hand – Fuß – Syndrom.

Cisplatin

Platinderivate gehören zu den wirksamsten Einzelsubstanzen. In Kombination mit anderen Zytostatika ist Cisplatin Bestandteil des medikamentösen Standards in der perioperativen und der palliativen Therapie. In der palliativen Therapie erreicht Cisplatin in Kombination mit Fluoropyrimidinen Remissionsraten von bis zu 30%. Spezifische schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4) sind Übelkeit und Erbrechen, Nephrotoxizität, Polyneuropathie, Ototoxizität, Hämatotoxizität, Elektrolytverschiebungen und Diarrhoe.

Docetaxel

Docetaxel gehört zu den Taxanen. Docetaxel ist ein wirksamer Kombinationspartner von Fluoropyrimidinen und Platinderivaten in der perioperativen und der palliativen Therapie, und Bestandteil des FLOT-Schemas [456]. Schwere Nebenwirkungen im Grad 3/4 sind Infektionen, Nagelveränderungen, Stomatitis und Diarrhoe, zu den belastenden Nebenwirkungen im Grad 2 gehört die Alopezie. Besonders belastend ist eine z. T. irreversible Polyneuropathie. Häufige Nebenwirkungen wie Übelkeit/Erbrechen und allergische Reaktionen können durch adäquate supportive Therapie verhindert werden, siehe Onkopedia Antiemese.

Epirubicin

Epirubicin gehört zu den Anthrazyklinen. In der Dreifachkombination mit Cisplatin und 5-FU führte es gegenüber Mitomycin zu einer Verlängerung der Überlebenszeit [81]. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4) sind Mukositis und hämatologische Toxizität (Neutropenie, Thrombozytopenie, Anämie), zu den belastenden Nebenwirkungen im Grad 2 gehört die Alopezie. Seltenere kritische Komplikation von Anthrazyklinen ist die linksventrikuläre Herzinsuffizienz aufgrund von Kardiomyopathie oder Rhythmusstörungen, diese ist nicht reversibel. Das Risiko kardialer Komplikation ist geringer bei Epirubicin als bei Doxorubicin. Übelkeit und Erbrechen können durch adäquate supportive Therapie verhindert werden, siehe Onkopedia Antiemese. Angesichts der aktuellen Daten ist fraglich, ob Anthrazykline beim Magenkarzinom noch eine Rolle spielen.

5-Fluorouracil

5-Fluorouracil kommt in fast in allen Formen der medikamentösen Tumortherapie von Patienten mit Magenkarzinom vor. Die Wirksamkeit wird durch Kombination mit Folinsäure gesteigert. Eine Alternative ist die orale Therapie mit Capecitabin. Schwere Nebenwirkungen sind Diarrhoe und Stomatitis. Patienten mit funktionell relevanten Polymorphismen der Gene des 5-FU Abbaus haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen einschl. Neutropenie und neutropenischem Fieber.

Irinotecan

Irinotecan ist ein Topoisomerase I Inhibitor. In Kombination mit Fluoropyrimidinen betragen die Remissionsraten bis zu 40%. FOLFIRI ist bezüglich des progressionsfreien Überlebens und der Gesamtüberlebenszeit mindestens so wirksam wie Cisplatin-basierte Therapien. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3 / 4), die bei mehr als 5 % der Patienten in den Zulassungsstudien auftraten, sind Diarrhoe, Übelkeit / Erbrechen, Neutropenie und neutropenisches Fieber. Die Substanz kann als Monotherapie wöchentlich, zwei- oder dreiwöchentlich appliziert werden.

Oxaliplatin

Dieses Platinderivat ist wirksam in Kombination mit Fluoropyrimidinen (5-FU/Folinsäure, Capecitabin). In der Erstlinientherapie im Stadium IV steigert es die Remissionsraten auf 45%. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3 / 4), die bei mehr als 5 % der Patienten in den Zulassungsstudien auftraten, sind Übelkeit / Erbrechen, Diarrhoe, Mukositis und Polyneuropathie. Oxaliplatin ist Teil des perioperativ empfohlenen FLOT Regimes.

Paclitaxel

Paclitaxel gehört zu den Taxanen. Paclitaxel ist wirksam als Monotherapie in der palliativen Zweitlinientherapie. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4) sind Infektionen, Stomatitis und Diarrhoe und allergische Reaktionen auf das enthaltene Lösungsmittel Cremophor, zu den belastenden Nebenwirkungen im Grad 2 gehört die Alopezie. Besonders belastend ist eine z. T. irreversible Polyneuropathie. Häufige Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen können zum Teil durch adäquate supportive Therapie verhindert werden.

Ramucirumab

Ramucirumab ist ein VEGF-Rezeptor2-Antikörper, der die Neoangiogenese hemmt. In Kombination mit Paclitaxel führt Ramucirumab gegenüber einer Paclitaxel-Monotherapie zur Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (Hazard Ratio 0,64; median 1,5 Monate), zur Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,81; median 2,2 Monate) sowie zu einer Steigerung der Remissionsrate. Bei Patienten, die für eine Paclitaxel-Therapie nicht geeignet sind, führt die Monotherapie mit Ramucirumab gegenüber Placebo ebenfalls zur Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (Hazard Ratio 0,48; Median 0,8 Monate) und der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,78; Median 1,4 Monate). Die einzige Nebenwirkung im CTCAE Grad 3/4, die bei mehr als 5% der Patienten in der Monotherapie mit Ramucirumab auftrat, war eine arterielle Hypertonie. Häufigere Nebenwirkungen in der Kombinationstherapie waren Fatigue (12%), Neuropathie (8%) und abdominelle Schmerzen (6%).

Trastuzumab

Trastuzumab ist der erste monoklonale Antikörper, der spezifisch mit dem HER2/neu-Rezeptor interferiert und für die Behandlung von Patienten mit HER2-Überexpression oder –Genamplifikation zugelassen wurde. Er ist wirksam in der palliativen Situation. Bei HER2-positivem Magenkarzinom führt Trastuzumab in Kombination mit einem Fluoropyrimidin und Cisplatin gegenüber alleiniger Chemotherapie zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit (Hazard Ratio 0,74; Median 2,7 Monate). Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4) sind selten.

6.3Besondere Situationen

6.3.1Peritonealkarzinose

Mehrere kleinere randomisierte Studien aus Asien legen einen Überlebensvorteil für eine adjuvante hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) bei Patienten mit kurativ resezierten Magenkarzinomen mit hohem Rezidivrisiko nahe [3536]. Die laufende randomisierte GASTRICHIP Studie versucht, die Wirksamkeit dieses Ansatzes in einer europäischen Patientenpopulation zu klären [39]. Für Patienten mit peritonealer Metastasierung existieren ebenfalls kleinere randomisierte Studien aus Asien, die einen Vorteil für zytoreduktive Chirurgie und HIPEC nahelegen [116]. Eine größere multizentrische Fallserie aus Frankreich zeigte ein medianes Überleben für Chirurgie plus HIPEC von 9,2 Monaten, mit einem 5-Jahres-Überleben von 13% für alle Patienten und 23% für Patienten mit vollständiger Zytoreduktion [39]. Der Ansatz der Peritonektomie plus HIPEC plus perioperative Chemotherapie wird derzeit in Deutschland in der multizentrischen prospektiv-randomisierten GASTRIPEC-Studie mit einer Peritonektomie ohne HIPEC plus perioperative Chemotherapie verglichen.

Auf dem aktuellen Wissensstand sind die adjuvante hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) und die Peritonektomie keine Standardtherapien.

6.3.2Siegelringzellkarzinom

Magenkarzinome mit Siegelringzellen sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert. Diese geht zumindest teilweise auf eine spätere Diagnosestellung mit Auftreten höherer Tumorstadien bei Erstdiagnose zurück [76]. Retrospektive Fallserien legen nahe, dass Siegelringkarzinome schlechter auf Chemotherapie und Radiochemotherapie ansprechen [2045]. Eine retrospektive Studie aus einem nationalen französischen Register, allerdings ohne zentrales histopathologisches Review der Befunde, legt eine schlechtere Prognose für Patienten mit Siegelringkarzinomen nahe, die zusätzlich zur Resektion eine perioperative Chemotherapie erhalten [66]. Die Evidenz aus diesen Studien ist allerdings nicht ausreichend für konkrete Therapieempfehlungen. Eine französische Studie (PRODIGE 19 - FFCD1103 - DCI002, NCT01717924) adressiert derzeit die Frage der perioperativen Chemotherapie bei resektablen Siegelringkarzinomen des Magens und vergleicht diesen Standard mit alleiniger adjuvanter Chemotherapie [79]. In der deutschen Studie FLOT-4 war die Remissionsrate unter FLOT und unter ECF/ECX gleich, allerdings war in einer Subgruppenanalyse die Gesamtüberlebenszeit im FLOT-Arm auch bei Patienten mit Siegelringzellkarzinom signifikant verlängert [6].

7Rehabilitation

Die Magenkarzinomerkrankung sowie die Therapien, sowohl operativ als auch medikamentös, führen zu zum Teil erheblichen Folgestörungen wie Gewichtsabnahme bis zur Tumorkachexie, Maldigestion, Neuropathie und ähnlichen.

Weiterhin sind die Patienten sehr häufig psychisch beeinträchtigt und weisen ein Fatigue-Syndrom auf.

Daher sind gezielte rehabilitative Maßnahmen erforderlich. Diesen sollten möglichst zügig nach Abschluss der Primärtherapie erfolgen.

Bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung ist die Zulassung der Klinik für Magenkarzinom-Patienten durch die Kostenträger (Rentenversicherung, Krankenversicherung) zwingende Voraussetzung, zusätzlich sollte dem Wunsch- und Wahlrecht des Patienten gemäß §9 SGB IX Rechnung getragen werden.

Während der Rehabilitation sollte eine umfassende Ernährungsberatung erfolgen, die Patienten in die Lehrküche einbezogen werden, die Möglichkeit bestehen, alle wissenschaftlich anerkannten Kostformen, von der normalen Vollkost bis zur kompletten parenteralen Ernährung, zu verabreichen. 

Jedem Patienten sollte eine psychoonkologische Betreuung angeboten werden.

Rehabilitationseinrichtungen sollen in der Lage sein, ggf. medikamentöse Tumortherapien fortzusetzen.

Patienten, die das gesetzliche Rentenalter noch nicht erreicht haben, sollten im Rahmen der Medizinisch-Beruflich Orientierten Rehabilitation (MBOR) über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben informiert werden.

Sozialmedizinische Fragen sowie die eventuell erforderliche weitere Betreuung der Patienten sollten während der Rehabilitation geklärt werden.

8Verlaufskontrolle und Nachsorge

8.1Verlaufskontrolle

Während laufender Chemotherapie sollten das allgemeine Befinden des Patienten und vitale Körperfunktionen in der Regel einmal wöchentlich geprüft werden, bei Bedarf auch häufiger [10]. Bildmorphologische Verlaufsuntersuchungen, bevorzugt mittels Computertomographie, sind alle 6-12 Wochen indiziert, um negative Entwicklungen der Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und Patienten unwirksamen Therapien nicht unnötig lange auszusetzen, bzw. die Chance auf wirksamere Therapien zu eröffnen.

8.2Nachsorge

Es gibt keine prospektiven Daten, auf deren Grundlage ein bestimmtes Nachsorgeschema empfohlen kann. Im Vordergrund soll die klinische Kontrolle und die Behandlung Therapie-bedingter Beschwerden stehen; regelmäßige endoskopische und bildgebende Untersuchungen können erwogen werden. In vergangenen und laufenden Studien hat sich das Schema aus Tabelle 4 etabliert.

Tabelle 4: Strukturierte Verlaufskontrolle und Nachsorge bei kurativer Therapie 

Untersuchung

nach Therapieabschluss (Monate)

(3)

6

(9)

12

(15)

18

(21)

24

(30)

36

(42)

48

54

60

Körperliche Untersuchung

X

X

X

X

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Labor:

Blutbild und Serumroutine

 

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Bildgebung:

Ultraschall
oder ggf.
CT Thorax/

Abdomen/

Becken

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X

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X

X

X

X

9Literatur

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10[Kapitel nicht relevant]

12Therapieprotokolle

13Studienergebnisse

14Zulassungsstatus

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Dirk Arnold
Asklepios Tumorzentrum Hamburg
Asklepios Klinik Altona
Onkologie und Palliativmedizin, mit Sektionen
Hämatologie und Rheumatologie
Paul-Ehrlich-Str. 1
22763 Hamburg
Prof. Dr. med. Markus Borner
ONCOCARE am Engeriedspital
Riedweg 15
CH-3012 Bern
Univ. Prof. Dr. med. Christiane J. Bruns
Universitätsklinikum Köln (AöR)
Klinik und Poliklinik für
Allgemein-, Viszeral- & Tumorchirurgie
Kerpener Str. 62
50937 Köln
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Eisterer
Allgemein öffentliches Klinikum
Klagenfurt am Wörthersee
Innere Medizin 1
St. Veiter Str. 47
A-9020 Klagenfurt
Dipl.-Med. Gerhard Faber
Celenus Teufelsbad Fachklinik
Abteilung Onkologie
Michaelstein 18
38889 Blankenburg
Prof. Dr. med. Susanna Hegewisch-Becker
Onkologische Schwerpunktpraxis Hamburg Eppendorf
Eppendorfer Landstr. 42
20249 Hamburg
Prof. Dr. med. Florian Lordick
Universitätsklinikum Leipzig Klinik und Poliklinik für Onkologie, Gastroenterologie, Hepatologie, und Pneumologie
Comprehensive Cancer Center Central Germany (CCCG)
Liebigstr. 22
04103 Leipzig
Prof. Dr. med. Markus Möhler
Universitätsklinik Mainz
I. Medizinische Klinik und Poliklinik
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
Dr. Ron Pritzkuleit
Institut für Krebsepidemiologie
Krebsregister Schleswig-Holstein
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Michael Stahl
PD Dr. med. Peter Thuss-Patience
Vivantes Klinikum im Friedrichshain
Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin
Landsberger Allee 49
10249 Berlin
Prof. Dr. Ewald Wöll
Krankenhaus St. Vinzenz
Sanatoriumstr.
A-6511 Zams

16Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten

nach den Regeln der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie und den Empfehlungen der AWMF (Version vom 23. April 2010) und internationalen Empfehlungen

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Reference:

Quellenangabe:

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