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Inhaltsverzeichnis

Kolonkarzinom

ICD-10 C18.-
Stand Februar 2022
Dies ist nicht die aktuelle Version. Siehe: Kolonkarzinom

1Zusammenfassung

Das kolorektale Karzinom ist bei Frauen der zweit- und bei Männern der dritthäufigste maligne Tumor in den deutschsprachigen Ländern. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 70-75 Jahren. Personen mit genetischer Belastung können schon im frühen Erwachsenenalter erkranken.

Für die Früherkennung stehen nicht-invasive Untersuchungsverfahren auf Blut im Stuhl als Trigger für die Durchführung einer endoskopischen Untersuchung oder die direkte Durchführung einer flexiblen endoskopischen Untersuchung des Dickdarms zur Verfügung. Beide Verfahren senken die krebsspezifische Mortalität. In Deutschland wird die Vorsorge-Koloskopie bevorzugt empfohlen.

Die Prognose von Patient*innen mit Kolonkarzinom ist abhängig vom Krankheitsstadium bei Erstdiagnose und weiteren biologischen Risikofaktoren. Die Therapie orientiert sich an den Stadien. Bei lokal begrenztem Kolonkarzinom in den Stadien I-III steht die Operation an erster Stelle. Im Stadium III und in Subgruppen des Stadiums II senkt eine adjuvante Chemotherapie das Rückfallrisiko.

Für die Mehrzahl von Patient*innen im Stadium IV ist das primäre Therapieziel die Kontrolle der Tumorerkrankung, d.h. die Linderung oder Vermeidung von Symptomen und die Verlängerung der Überlebenszeit. Bei einer Subgruppe von Patient*innen ist jedoch auch in dieser Situation, insbesondere durch konsequente Metastasenchirurgie, eine Heilung möglich. Für die medikamentöse Therapie im Stadium IV stehen sehr unterschiedliche Substanzen aus dem Bereich der Zytostatika, der monoklonalen Antikörper und der gezielten Therapie zur Verfügung. Die optimale Kombination und Sequenz ist Gegenstand der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion.

Die Fortschritte in der Diagnostik und Therapie der kolorektalen Karzinome haben in den vergangenen 10 Jahren zu einer kontinuierlichen Abnahme der Sterblichkeit geführt.

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformationen

Die UICC definiert Rektumkarzinome als Tumoren, deren aboraler Rand (Unterrand) bei der Messung mit dem starren Rektoskop 16 cm oder weniger von der Anokutanlinie entfernt ist [1]. Die weiter proximal gelegenen Karzinome bis einschließlich der Ileozökalklappe werden als Kolonkarzinom definiert. Der ESMO Consensus schlägt eine neue Definition unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Messergebnisse in den bildgebenden Verfahren vor [2]. Empfehlungen zur Therapie von Patient*innen mit Lokalisation des Karzinoms im oberen Rektumdrittel finden sich in der Onkopedia Leitlinie Rektumkarzinom.

Histologisch liegt bei über 95 % der Patient*innen ein Adenokarzinom vor. Andere seltene Tumoren im Kolon sind neuroendokrine Tumoren, Lymphome, Sarkome oder Plattenepithelkarzinome.

Kolon- und Rektumkarzinom haben viele Gemeinsamkeiten in Ätiologie und Histologie. Sie unterscheiden sich allerdings in der präoperativen, der operativen und der adjuvanten Therapiestrategie. In den Onkopedia - Leitlinien werden diese getrennt behandelt. Thema dieser Leitlinie ist das Adenokarzinom des Kolons. Es macht in Deutschland 60-70% der kolorektalen Karzinome aus.

2.2Epidemiologie

Jährlich werden knapp 40.000 Neuerkrankungsfälle mit einer bösartigen Neubildung des Kolons in Deutschland diagnostiziert (Männer: 20.000, Frauen 18.500), jährlich versterben etwa ca. 16.000 an Darmkrebs [3]. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Männern bei 74 Jahren und bei Frauen bei 77 Jahren.

Die altersstandardisierten Erkrankungsraten – also die Erkrankungswahrscheinlichkeit –, ebenso wie die altersstandardisierten Sterberaten – die Sterbewahrscheinlichkeit –, sinken über die vergangen 15 Jahre sowohl bei Männern als auch bei Frauen, siehe Abbildung 1. Dieses bestätigt auch eine Joinpoint-Analyse [45], nach der die Raten der Männer um durchschnittlich 2,0% pro Jahr sinken, die der Frauen sogar um 2,2% (Inzidenz).

Abbildung 1: Geschätzte Inzidenz und Mortalität der bösartigen Neubildungen des Kolons (ICD 10: C18) in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard) 
Geschätzte Inzidenz und Mortalität der bösartigen Neubildungen des Kolons (ICD 10: C18) in Deutschland – Altersstandardisierte Raten (alter Europastandard)
Quelle: Zentrum für Krebsregisterdaten, Datenbankabfrage [3]

Während die altersstandardisierten Neuerkrankungsraten ein Maß für die Erkrankungswahrscheinlichkeit darstellen und weitgehend unabhängig vom Bevölkerungsaufbau sind, hängt die Anzahl der Neuerkrankungsfälle zusätzlich auch von der Altersstruktur und der Bevölkerungsgröße ab. Trotz sinkender Erkrankungs- und Sterberaten ist deswegen bei einer älter werdenden Gesellschaft die Zahl der Neuerkrankungen bei Männern, ebenso wie die der Sterbefälle, mit Todesursache Darmkrebs seit 2003 nahezu konstant. Für Frauen werden, wie bei den Raten auch, sinkende Fallzahlen bei Inzidenz und Mortalität beobachtet, allerdings ist der Rückgang mit 1,3% pro Jahr (Inzidenz) und 2,2% pro Jahr (Mortalität) geringer als bei den Raten (Abbildung 2). Diese epidemiologischen Daten stimmen mit jenen in Österreich und der Schweiz überein [78]. In Österreich ging die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate in den letzten 10 Jahren um 25%, die Sterberate sogar um annähernd 30% zurück.

Abbildung 2: Geschätzte Inzidenz und Mortalität der bösartigen Neubildungen des Kolons (ICD 10: C18) in Deutschland – Fallzahlen 
Geschätzte Inzidenz und Mortalität der bösartigen Neubildungen des Kolons (ICD 10: C18) in Deutschland – Fallzahlen
Quelle: Zentrum für Krebsregisterdaten, Datenbankabfrage [3]

Bis zum 45. Lebensjahr spielen Tumoren des Kolons praktisch keine Rolle. Ab dann steigen die Erkrankungsraten bei beiden Geschlechtern stetig an und erreichen in der höchsten Altersgruppe (85 Jahre und älter) ihren Höchststand (siehe Abbildung 3 [Linien]). Die Rate der Männer liegt dabei ab dem 35. Lebensjahr immer über der der Frauen. Die Fallzahlen stellen sich aufgrund der Bevölkerungsverteilung etwas anders dar. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt bis zur Altersgruppe 75 – 79 Jahre an (siehe Abbildung 3 [Balken]). Die höchste Zahl an Neuerkrankungen wird bei Männern über 75 Jahren und bei Frauen über 85 Jahren beobachtet.

Abbildung 3: Altersverteilung der Inzidenz der bösartigen Neubildungen des Kolons (ICD 10: C18) – altersspezifische Fallzahlen und Raten 
Altersverteilung der Inzidenz der bösartigen Neubildungen des Kolons (ICD 10: C18) – altersspezifische Fallzahlen und Raten
Quelle: Zentrum für Krebsregisterdaten, Datenbankabfrage [3]

Die Prognose von Darmkrebs befindet sich im mittleren Bereich aller Krebserkrankungen: 54% der Männer und 59% der Frauen leben noch fünf Jahre nach Diagnose. Wegen des relativ hohen Erkrankungsalters zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen absoluter Überlebensrate – also dem prozentualen Anteil an Patient*innen, die eine bestimmte Zeit überleben – und relativer Überlebensrate – ergo dem Verhältnis aus absolutem Überleben und dem erwarteten Überleben in der Allgemeinbevölkerung (Abbildung 4).

Abbildung 4: Absolute und relative Überlebensraten bei bösartigen Neubildungen des Kolons und des Rektums (ICD 10: C18-C20 
Absolute und relative Überlebensraten bei bösartigen Neubildungen des Kolons und des Rektums (ICD 10: C18-C20
Quelle: Zentrum für Krebsregisterdaten, Datenbankabfrage [3]

Legt man die aktuelle Erkrankungshäufigkeit und die 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (G2L2W2, moderate Entwicklung) zugrunde, dann kann in den nächsten 30 Jahren, allein aufgrund der Verschiebung der Altersstrukturen in der Bevölkerung, mit einem Anwachsen der Fallzahlen um rund 33% auf mehr als 52.500 Neuerkrankungen (2050) gerechnet werden.

2.3Pathogenese

Das kolorektale Karzinom ist biologisch heterogen. Der „klassische“ Weg der Adenom-Karzinom-Sequenz ist molekularbiologisch mit primären Mutationen im APC-Gen und chromosomaler Instabilität assoziiert. Ein anderer Entstehungsweg geht über die sogenannten serratierten Adenome mit epigenetischen Promotor-(CpG)-Methylierungen und hoher Mikrosatelliten-Instabilität, daneben gibt es Mischformen. Innerhalb dieser Gruppen gibt es eine breite biologische Vielfalt, auch abhängig von der anatomischen Lokalisation innerhalb des Dickdarms.

2.4Risikofaktoren

Das Risiko, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken, wird durch folgende Faktoren erhöht:

  • definierte genetische Krankheitsbilder (etwa 3% der Neuerkrankungen)

    • Hereditäres kolorektales Karzinom ohne Polyposis (HNPCC, Lynch Syndrom [OMIM ID # 120435] [9] mit Mutationen in den Genen:

      • MSH2 (HNPCC1): etwa 60 % der Patient*innen

      • MLH1 (HNPCC2): etwa 30 % der Patient*innen

      • PMS1 (HNPCC3), PMS2 (HNPCC4), MSH6 (HNPCC5), TFGBR2 (HNPCC6), MLH3 (HNPCC7)

    • Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP) mit Keimbahnmutationen innerhalb des APC Gens (1%) (OMIM ID #175100) [9]

    • Attenuierte Familiäre Adenomatöse Polyposis (AAPC) mit Keimbahnmutationen im 5‘ Ende des APC Gens und komplettem Funktionsverlust [OMIM ID # 175100] [9]

    • Peutz - Jeghers - Syndrom mit Keimbahnmutationen im STK11 Gen

    • Cowden - Syndrom mit Keimbahnmutationen in PTEN Genen

  • anamnestisch genetische Belastung

    • Erkrankung bei einem oder mehreren Verwandten ersten Grades vor dem 50. Lebensjahr

  • kolorektale Adenome als Vorläufer sporadischer Karzinome (Adenom-Karzinom-Sequenz)

  • chronisch entzündliche Darmerkrankungen

    • Colitis ulcerosa

    • Morbus Crohn

  • toxisch*

    • hoher Alkoholkonsum

    • Rauchen

  • Ernährung*

    • ballaststoffarm

    • fettreich

    • hoher Anteil an rotem Fleisch und verarbeiteten Wurstwaren

    • geringer Anteil an Gemüse

  • Lebensstil*

    • Adipositas

    • Bewegungsmangel

Aufgrund methodischer Einschränkungen (Studiendesign, unterschiedliche Kultur- und Lebenskreise, Selbsteinstufung der Teilnehmer, multifaktorielles Geschehen u. a.) haben die Daten zu toxischen, Ernährungs- und Lebensstil-assoziierten Risikofaktoren (*) nicht dieselbe Wertigkeit wie die Daten zu den anderen aufgeführten Risikofaktoren.

3Vorbeugung und Früherkennung

3.1Vorbeugung

Die Empfehlungen zur Vorbeugung eines kolorektalen Karzinoms beziehen sich auf die bisher identifizierten erworbenen Risikofaktoren:

  • Abtragung von Adenomen

    • Die Abtragung von Adenomen ist eine Vorbeugungsmaßnahme durch die Entfernung von Vorläuferstufen des Karzinoms. Dieser Eingriff wird im Rahmen der endoskopischen Früherkennungsmaßnahmen vorgenommen.

  • Lebensgewohnheiten

    • Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Personen

    • regelmäßige, körperliche Bewegung

    • Verzicht auf exzessiven Alkoholkonsum

    • Verzicht auf Tabakkonsum

  • Ernährung

    • ballaststoffreich (30 g/Tag)

    • reich an Folsäure, Kalzium und Vitamin B6

    • vermehrter Konsum von Obst und Gemüse

    • rotes bzw. verarbeitetes Fleisch nicht täglich

Die umfangreichsten Daten für die medikamentöse Prävention liegen zu Acetylsalicylsäure (ASS) vor. Bei regelmäßigen Konsumenten von ASS in einer Dosis von ≥75 mg / Tag ist die Rate kolorektaler Karzinome um 25-50% niedriger als in Vergleichsgruppen [10]. Der Benefit einer regelmäßigen ASS Einnahme zeigte sich auch in einer jüngst publizierten Kohortenanalyse nach zumindest 6 Jahren Einnahme, wobei bei einer längerfristigen Einnahme (mindestens 10 Jahre) möglicherweise geringere Dosen notwendig sind [4142]. Bei HNPCC Genträgern senkt die tägliche Einnahme von 300-600 mg ASS das kolorektale Karzinomrisiko um 37%, siehe Studienergebnisse kolorektales Karzinom.

Diese und zahlreiche weitere Studien zur Assoziation von kolorektalem Karzinom und bestimmten Formen oder Bestandteilen der Ernährung, zu Mikronährstoffen, Elektrolyten wie Kalzium oder Magnesium oder zu Medikamenten wie COX-2 Inhibitoren sind bisher nicht ausreichend validiert für eine spezifische positive Empfehlung zur Prävention [11].

3.2Früherkennung

3.2.1Bevölkerung (Screening)

Der in der Regel lange zeitliche Verlauf zwischen dem Auftreten von Polypen und ihrer malignen Transformation bietet die Chance zur Früherkennung und Vorbeugung. Die Untersuchung des Stuhls auf okkultes Blut mittels des Gujaktests (gFOBT) senkt die krebsspezifische Mortalität [11]. Immunchemische Tests auf okkultes Blut (iFOBT) haben eine höhere Sensitivität. In Deutschland wird der gFOBT seit dem 1. Januar 2017 durch den iFOBT ersetzt. Ein Multi-Test auf DNS-Veränderungen und auf menschliches Hämoglobin führt zu einer weiteren Steigerung der Sensitivität aber auch zu einer Rate falsch positiver Ergebnisse.

Die Sigmoidoskopie mit prophylaktischer Polypektomie senkt die krebsspezifische Mortalität [11]. Der Effekt ist stärker als der Effekt der Untersuchung des Stuhls auf okkultes Blut. Die totale Koloskopie steigert die Detektionsrate von Karzinomen und präkanzerösen Veränderungen, wurde aber bisher nicht prospektiv mit dem Endpunkt Mortalität validiert. Die Akzeptanz der Endoskopie ist deutlich geringer als die Akzeptanz nicht-invasiver Testverfahren. Die Gesamtmortalität wird durch das Screening nicht gesenkt.

Risiken des Screenings sind Belastungen und Komplikationen durch die Endoskopie insbesondere bei der Durchführung von Polypektomien, falsch negative Ergebnisse der Stuhluntersuchungen und Überdiagnostik bei Personen mit niedrigem Erkrankungsrisiko.

Aufgrund ihrer hohen Sensitivität und Spezifität wird die totale Koloskopie in Deutschland, Österreich und der Schweiz als Standardverfahren empfohlen. Die Empfehlungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Darmkrebs-Screening 

 

Untersuchung

Deutschland

Österreich

Digitale Rektale Untersuchung

jährlich ab dem 50. Lj.

jährlich ab dem 40. Lj.

Test auf okkultes Blut im Stuhl

(immunchemisch, iFOBT)

jährlich zwischen dem 50. und 54. Lj.;

zweijährlich ab dem 55. Lj. als Alternative zur Koloskopie

jährlich ab dem 40. Lj.

Totale Koloskopie

Männer ab dem 50. LJ (D), Frauen ab dem 55. LJ (D)

Wiederholung nach 10 Jahren bei unauffälligem Befund*

ab dem 50. Lj., bei unauffälligem Befund alle 10 Jahre

* Weitere, individuelle Vorgaben zur Wiederholung der Koloskopie werden vom Untersucher gegeben.

Eine ausführlichere Darstellung von Chancen und Risiken der Früherkennung beim kolorektalen Karzinom findet sich in der Wissensdatenbank, eine Auflistung der Ergebnisse randomisierter Studien unter Studienergebnisse kolorektales Karzinom.

3.2.2Risikogruppen

3.2.2.1Verwandte von Patient*innen mit kolorektalem Karzinom

Verwandte ersten Grades sollten erstmals in einem Alter koloskopiert werden, das 10 Jahre vor der Erkrankung der Patient*innen liegt, spätestens aber im Alter von 50 Jahren [1112]. Diese Empfehlung gilt auch für Verwandte ersten Grades von Patient*innen, bei denen vor dem 50. Lebensjahr kolorektale Adenome diagnostiziert wurden. Bei unauffälligem Befund sollte die Koloskopie in dieser Risikogruppe spätestens nach 10 Jahren wiederholt werden.

3.2.2.2Hereditäre kolorektale Karzinome

Die Diagnostik soll entsprechend den Richtlinien zur Diagnostik der genetischen Disposition für Krebserkrankungen der Bundesärztekammer in Deutschland, jenen der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie & Hepatologie (ÖGGH) in Österreich bzw. den ESMO Guidelines [212] erfolgen. Die spezifische genetische Aberration bestimmt das Erkrankungsrisiko und ist Basis des individualisierten Früherkennungs- und Vorbeugungsplans.

3.2.2.3Colitis ulcerosa

Zur Prophylaxe kann Aminosalicylat eingesetzt werden, Ergebnisse randomisierter Studien mit dem primären Endpunkt der Verhinderung kolorektaler Karzinome liegen nicht vor. Die Empfehlungen zur Früherkennung richten sich nach der Ausdehnung der Kolitis und der Erkrankungszeit. Bei Patient*innen mit Pankolitis über >8 Jahre oder mit einer linksseitigen Kolitis >15 Jahre soll eine komplette Koloskopie mit Stufenbiopsien jährlich erfolgen. Bei Patient*innen mit high-grade Dysplasien ist die restaurative Proktokolektomie eine effektive prophylaktische Maßnahme.

3.2.2.4Morbus Crohn

Für diese Patient*innen kann zurzeit keine spezielle Empfehlung bezüglich Prophylaxe und Früherkennung gegeben werden.

4Klinisches Bild

4.1Symptome

Charakteristische Frühsymptome fehlen. Die Beschwerden können folgendermaßen klassifiziert werden:

Lokale Symptome

  • Blut im Stuhl

  • Änderungen der Stuhlgewohnheiten

  • Schmerzen, Krämpfe

  • Ileus

Allgemeinsymptome

  • ungewollte Gewichtsabnahme

  • Leistungsknick

  • Symptome der Anämie

  • paraneoplastische Syndrome

Weitere Symptome aufgrund von Metastasen sind Ikterus und Leberinsuffizienz bei fortgeschrittener Lebermetastasierung, Husten und Dyspnoe bei pulmonaler und / oder pleuraler Metastasierung, seltener Knochenschmerzen bei Skelettmetastasen oder neurologische Symptome bei zerebraler Metastasierung.

5Diagnose

5.1[Kapitel nicht relevant]

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

Der erste Schritt ist die Bestätigung der klinischen und / oder bildgebenden Verdachtsdiagnose, gefolgt von der Ausbreitungsdiagnostik (Staging) bei gesicherter Diagnose, siehe Tabelle 2.

Tabelle 2: Diagnostik bei neu aufgetretenen Symptomen und zur Ausbreitungsdiagnostik (Staging) 

Diagnostik

Untersuchung

Anmerkung

neu aufgetretene Symptome

digitale rektale Untersuchung

komplette Koloskopie mit Biopsie

spätestens postoperativ, falls präoperativ nicht durchführbar

Rektoskopie / Sigmoidoskopie mit Biopsie

bei nicht durchführbarer Koloskopie

virtuelle Koloskopie

bei nicht durchführbarer Koloskopie

Ausbreitung / Therapieplanung

Sonographie Abdomen

Empfehlung S3 Leitlinie

CT Abdomen oder MRT Abdomen

zusätzlich empfohlen bei sonographischem v.a. Lebermetastasen oder bei nicht optimaler Beurteilbarkeit in der Sonographie

Röntgen Thorax in 2 Ebenen

in der S3 Leitlinie empfohlen [11]

CT Thorax

zusätzlich empfohlen

CEA

Die Positronenemissionstomographie (PET) gehört nicht zum Standard in der Primärdiagnostik des Kolonkarzinoms.

5.3Klassifikation

Die Klassifikation der Größe des Primärtumors und der Metastasierung erfolgt auf der Basis der TNM Kriterien. Die Einteilung der Union Internationale Contre le Cancer (UICC) [1] fasst diese Kriterien in Stadien zusammen, siehe Tabelle 3.

Tabelle 3: Klassifikation der Tumorstadien (UICC) [1] 

Stadium

Primärtumor

Lymphknotenstatus

Fernmetastasen

0

Tis

N0

M0

I

T1, T2

N0

M0

IIA

T3

N0

M0

IIB

T4a

N0

M0

IIC

T4b

N0

M0

IIIA

T1 – 2

N1 (1-3 betroffene LK)

M0

T1

N2a (4-6 betroffene LK)

M0

IIIB

T3 – 4

N1 (1-3 betroffene LK)

M0

T2-3

N2a (4-6 betroffene LK)

M0

T1-2

N2b (≥ 7 betroffene LK)

M0

IIIC

T4a

N2a (4-6 betroffene LK)

M0

T3-T4a

N2b (≥ 7 betroffene LK)

M0

T4b

N1-2

M0

IVA

jedes T

jedes N

M1a (Fernmetastasen in einem Organ oder einer Lokalisation ohne Peritonealbefall)

IVB

jedes T

jedes N

M1b (Fernmetastasen in zwei oder mehr Organen oder Lokalisationen ohne Peritonealbefall)

IVC

jedes T

jedes N

M1c (Peritonealbefall mit oder ohne Fernmetastasen in anderen Organen oder Lokalisationen)

5.4Prognostische Faktoren

Neben dem TNM-Stadium gibt es zahlreiche biologische Faktoren, die einen Einfluss auf die Prognose haben, aber bisher nicht prädiktiv für den Einsatz spezifischer Therapiemaßnahmen sind. Neu sind die Daten zur Relevanz der Lokalisation des Primärtumors. Patient*innen mit rechtsseitigem Kolonkarzinom, d. h. oral der Flexura coli sinistra, haben im Stadium III und IV eine ungünstigere Prognose als Patient*innen mit linksseitigem Kolonkarzinom. Rechtsseitige Karzinome zeigen häufiger eine Hypermethylierung mit dem CpG Island Methylator Phenotype (CIMP), Hypermutationen aufgrund von Mikrosatelliteninstabilität (MSI), und BRAF Mutationen. In den Stadien I und II sind die prognostischen Unterschiede weniger deutlich.

5.5[Kapitel nicht relevant]

5.6Allgemeinzustand und Komorbidität

Zur objektiven Erfassung des Allgemeinzustands wird die Verwendung von Instrumenten des Geriatrischen Assessment empfohlen, siehe Wissensdatenbank Geriatrisches Assessment. Besonders geeignet sind Tests zur Objektivierung von Mobilität und Komorbidität. Die Indikation zur Durchführung weiterer Tests orientiert sich am klinischen Eindruck und an der geplanten Behandlung. Studien zum prädiktiven Wert von Instrumenten des Geriatrischen Assessments für bestimmte Therapiemodalitäten liegen beim kolorektalen Karzinom bisher nicht vor.

6Therapie

6.1Therapiestruktur

Grundlage der Behandlungsempfehlung für den Patient*innen ist die qualitätsgesicherte Erhebung der relevanten Risikofaktoren [211]. Therapie - Algorithmen sind in Abbildung 5 und Abbildung 6 und Abbildung 7 dargestellt.

In Deutschland und Österreich muss vor einer 5-Flurouracil- (5-FU)-haltigen Chemotherapie eine Mutation in den vier wichtigsten Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) Gen-Loci ausgeschlossen werden. Empfehlungen für das sich aus dieser Mutationsanalyse ergebende Vorgehen, d.h. das Ausmaß der Dosisreduzierung von 5-FU im Falle heterozygoter DPD-Mutationen und der Verzicht auf 5-FU bei homozygoten DPD-Mutationen, wurden in einem Konsensus-Paper unter Beteiligung einer Vielzahl von Fachgesellschaften und Arbeitsgemeinschaften dargestellt. Auf diese online verfügbare Publikation sei aufgrund der Komplexizität hier verwiesen [39].

Abbildung 5: Therapiestruktur beim Kolonkarzinom 
1 RF – Risikofaktoren, siehe Kapitel 6.1.2;
2 Beratung über möglichen Nutzen, ggf. unter Berücksichtigung des MSI Status: Patient*innen mit MSS (Mikrosatelliten-Stabilität) haben eine ungünstigere Prognose und profitieren eher von einer adjuvanten Chemotherapie; Patient*innen mit MSI (Mikrosatelliten-Instabilität) haben eine günstigere Prognose und haben nur einen marginalen Benefit von einer adjuvanten Chemotherapie;
3 Cap – Capecitabin, FP – Fluoropyrimidin: infusionales 5-FU/Folinsäure oder Capecitabin; Ox – Oxaliplatin
4 Die Wirksamkeit von Oxaliplatin bei Älteren ist umstritten. Der Einsatz dieser Substanz sollte bei Patient*innen mit höherem biologischen Alter im Einzelfall kritisch abgewogen werden. Ein dezidierter Alters-cut-off existiert nicht.

6.1.1Stadium I

Der Therapieanspruch im Stadium I ist kurativ. Entscheidende Maßnahme ist die komplette chirurgische Resektion des Primärtumors. Die einzelnen Elemente der radikalen chirurgischen Resektion beim Kolonkarzinom sind nicht durch randomisierte klinische Studien belegt. Sie beruhen auf großen retrospektiven Analysen und internationaler Konsensbildung [1113].

Onkologische Grundsätze sind:

  • Entfernung des regionären Lymphabflussgebiets mit Entfernung von ≥12 Lymphknoten (totale mesokolische Exzision)

  • angemessener Sicherheitsabstand zum gesunden Gewebe

  • En – Bloc – Resektion von tumoradhärenten Organen

Als Regel für die Resektion gilt ein Abstand von mindestens 10 cm vom mikroskopischen Tumorrand, wobei die Ausdehnung der Darmresektion im Wesentlichen durch die Lymphadenektomie mit zentralem Absetzen der arteriellen Gefäße bedingt wird. Ziel der Lymphknotenanalyse ist die Vermeidung von lymphogenen Lokalrezidiven und die prognostisch und therapeutisch relevante Differenzierung der Stadien II und III. Mikrometastasen (Durchmesser <2 mm) gehen in die N - Klassifikation ein. Der Nachweis isolierter Tumorzellen ist kein Kriterium der N - Klassifikation.

Details des operativen Vorgehens sind in Kapitel 6.2.1 dargestellt.

Eine adjuvante medikamentöse Tumortherapie verbessert die Prognose nicht und ist nicht indiziert.

6.1.2Stadium II

Der Therapieanspruch im Stadium II ist kurativ. Eine Auswertung der GEKID Cancer Survival Working Group ergab für den Zeitraum von 2002-2006 eine relative, altersadaptierte 5-Jahres-Überlebensrate für die lokal begrenzten Stadien I+II von 89,5% [6]. Zentrales Element ist die komplette, chirurgische Resektion des Primärtumors. Die Lokalrezidivrate ist niedrig nach radikaler chirurgischer Resektion entsprechend den onkologischen Grundsätzen, siehe Kapitel 6.1.1 Details des operativen Vorgehens sind in Kapitel 6.2.1 dargestellt.

Im Stadium II führt die adjuvante medikamentöse, fluoropyrimidinbasierte Tumortherapie zu einer Reduktion der Rezidivrate und zu einer Erhöhung der Überlebensrate nach 5 Jahren. Die Unterschiede zu den Beobachtungsgruppen liegen im Bereich von 3-5%, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Die MOSAIC-Studie zum Nutzen von Oxaliplatin zusätzlich zu 5-FU zeigte bei der Gesamtgruppe von Patient*innen im Stadium II eine Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens, aber keinen Überlebensgewinn und wird daher bei Patient*innen ohne klinische Risikofaktoren nicht empfohlen.

Bei Patient*innen sollte der potentielle Gewinn gegen die Chemotherapie-assoziierte Morbidität und die damit verbundene mögliche Beeinträchtigung der Lebensqualität abgewogen werden. Insbesondere bei Subgruppen von Patient*innen mit höherem klinischen Rezidivrisiko ist die adjuvante Chemotherapie empfehlenswert. Zu den diskutierten klinischen Risikofaktoren zählen unter anderem:

  • T4 Stadium

  • Tumorperforation

  • intraoperativer Tumoreinriss

  • Operation unter Notfallbedingungen

  • weniger als 12 untersuchte Lymphknoten

  • histopathologisch dokumentierte Lymph- oder Blutgefäßinfiltration, undifferenzierter Tumor (G3, nicht bei MSI)

Bei etwa 20 % der Patient*innen mit Kolonkarzinom im Stadium II ist eine sporadische Mikrosatelliten-Instabilität (MSI) im Tumorgewebe nachweisbar. Dieser genetische Marker korreliert mit Lokalisation im rechten Kolon, schlechter histologischer Differenzierung und dem Subtyp des muzinösen Adenokarzinoms. Patient*innen mit Mikrosatelliten-Instabilität haben eine bessere Prognose. Der potenzielle Gewinn einer adjuvanten Chemotherapie ist zudem geringer als bei Patient*innen ohne MSI. Bei Patient*innen im Stadium II ohne Risikofaktoren kann das Fehlen einer Mikrosatelliten-Instabilität als Argument für, im Umkehrschluss der Nachweis einer Mikrosatelliten-Instabilität als Argument gegen, eine adjuvante Chemotherapie herangezogen werden. Ergebnisse prospektiv randomisierter Studien auf der Basis der Mikrosatelliten-Instabilität liegen indes nicht vor.

6.1.3Stadium III

Auch im Stadium III ist der Therapieanspruch kurativ. Eine Auswertung der GEKID Cancer Survival Working Group ergab für den Zeitraum von 2002-2006 eine relative, altersadaptierte 5-Jahres-Überlebensrate für lokal fortgeschrittene Stadien von 65,4% [6]. An erster Stelle der Therapie steht die chirurgische Resektion. Die Lokalrezidivrate ist nach radikaler chirurgischer Resektion entsprechend den onkologischen Grundsätzen niedrig, siehe Kapitel 6.1.1. Details des operativen Vorgehens sind in Kapitel 6.2.1 dargestellt.

Im Stadium III führt die adjuvante medikamentöse Tumortherapie zu einer signifikanten Reduktion der Rezidivrate und zu einer signifikanten Erhöhung der Überlebensrate nach 5 Jahren. Biomarker haben keinen Einfluss auf die Empfehlung zur adjuvanten Therapie. Klinische Risikofaktoren, insbesondere Komorbidität und Alter, beeinflussen die Wahl der Medikamente und die Intensität der Behandlung. Die Daten der randomisierten klinischen Studien einschl. IDEA-Analyse können folgendermaßen zusammengefasst werden, siehe auch Studienergebnisse Kolorektales Karzinom:

  • Die erste wirksame Substanz in der adjuvanten Therapie von Patient*innen mit Kolonkarzinom war 5-Fluorouracil.

  • Die Modulation des 5-FU Metabolismus durch Folinsäure steigert die Wirksamkeit.

    • Capecitabin ist (mindestens) so effektiv wie 5-FU/Folinsäure.

    • Die Kombination von 5-FU/Folinsäure mit Oxaliplatin führt zu einer weiteren Steigerung der Rate langfristig rezidivfreier Patient*innen und zu einer Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkeit. Sie ist heute ein Therapiestandard. Eine Therapie mit Capecitabin/Oxaliplatin (CAPOX) und 5-FU/Folinsäure/Oxaliplatin (FOLFOX) ist (mindestens) äquieffektiv. Infusionsprotokolle mit 5-FU-Gabe über 46 - 48 Stunden in einer Pumpe wie FOLFOX6 sollten gegenüber FOLFOX4 bevorzugt eingesetzt werden.

    • Bei Patient*innen mit niedrigem Rezidivrisiko (T1-3 und N1-Stadium) ist eine 3-monatige oxaliplatinhaltige Therapie in Kombination mit Capecitabin (CAPOX) einer 6-monatigen, oxaliplatinhaltigen Therapie mit Fluoropyrimidinen in Bezug auf das krankheitsfreie Überleben nicht unterlegen, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Bevorzugt sollte demnach ein Schema mit Capecitabin/Oxaliplatin (CAPOX) eingesetzt werden. Die verkürzte adjuvante Therapie reduziert die Toxizität, vor allem die Langzeit-Neurotoxizität.

    • Bei Patient*innen mit hohem Rezidivrisiko (N2-Stadium) konnte die Nicht-Unterlegenheit einer dreimonatigen Therapie in der IDEA Analyse nicht gezeigt werden, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Insbesondere für die N2-Tumoren kann jedoch – da sie eine mit N1-Tumoren nahezu identische HR in der finalen Analyse der IDEA-Studie zeigen – eine 3-monatige CAPOX-Therapie für ausreichend erachtet werden. Die kumulative (Neuro-)Toxizität sollte engmaschig gegen den therapeutischen Nutzen abgewogen werden [14].

    • Bei Patient*innen mit Kontraindikationen gegen Oxaliplatin wird die adjuvante Chemotherapie mit 5-FU/Folinsäure oder mit Capecitabin empfohlen. 5-FU wird als infusionales 5-FU verabreicht, siehe Therapieprotokolle Kolorektales Karzinom.

    • Eine obere Altersbegrenzung existiert nicht. Es liegen jedoch nur wenige Daten für Patient*innen im Alter über 75 Jahre vor. Insbesondere der Einsatz von Oxaliplatin ist bei Patient*innen über 70 Jahre umstritten. Der Nutzen ist bei diesen Patient*innen geringer als bei jüngeren Patient*innen. Hier sollten das physiologische Alter und Komorbiditäten berücksichtigt werden.

Weitere Informationen zu den eingesetzten Medikamenten sind in Kapitel 6.2.3 , in Therapieprotokolle und Zulassungsstatus zusammengefasst.

Zahlreiche weitere Substanzen aus der Gruppe der Zytostatika, der Immuntherapie oder der neueren monoklonalen Antikörper wurden und werden auch in der adjuvanten Situation evaluiert. Bisher hat sich für keine weitere Substanz ein signifikanter Vorteil gegenüber dem Chemotherapie–Standard mit 5-FU/Folinsäure (bzw. Capecitabin) und Oxaliplatin gezeigt.

Eine Kombination von Protonenpumpen-Inhibitoren mit einer Capecitabin-haltigen Therapie, z.B. im CAPOX oder XELOX Schema sollte vermieden werden, da in mehreren retrospektiven Datensätzen negative Effekte auf die Capecitabin-Wirksamkeit nachweisbar waren [4344].

6.1.4Stadium IV

Das Therapieziel von Patient*innen im Stadium IV galt früher ausschließlich als palliativ. In den letzten 20 Jahren ist deutlich geworden, dass bei bis zu 25 % der Patient*innen mit synchron hepatisch metastasiertem, kolorektalem Karzinom ein kuratives Potential besteht [1516]. Ein kuratives Potential besteht auch bei Patient*innen mit hepatischem Rezidiv oder isolierter pulmonaler Metastasierung (siehe Kapitel 6.1.4.1 und Kapitel 6.1.4.2), siehe Abbildung 6 und Abbildung 7.

Abbildung 6: Therapiestruktur im Stadium IV 
1 der Stellenwert einer perioperativen medikamentösen Therapie ist weiterhin nicht eindeutig geklärt, siehe hierzu auch Kapitel 6.1.4.1.4

In früheren Versionen der S3- und EMSO Leitlinien wurde eine Einteilung von Patient*innen im Stadium IV in Gruppen vorgeschlagen [2], orientiert an der primären Zielsetzung ihrer Therapie. In aktuellen Leitlinien wird eine solche Einteilung zugunsten eines Algorithmus verlassen, der in verschiedenen Hierarchie-Ebenen Patient*innen -individuelle Charakteristika, Therapieziele und molekulare Faktoren (MSI, RAS- und BRAF Mutationen etc.) als Kriterium der Therapieauswahl berücksichtigt [17]. Alle diese Einteilungen erlauben eine pragmatische Orientierung, sind aber in ihren Kriterien nicht prospektiv validiert. Insbesondere die Lage des Primarius (sogenannte sidedness) ist als wichtiges prädiktives Kriterium für den Einsatz von Anti-EGFR Antikörpern zu berücksichtigen [18].

6.1.4.1Stadium IV mit resektablen Metastasen
6.1.4.1.1Resektabilität

Die krankheitsfreie Überlebensrate von Patient*innen mit resektablen Leber- oder Lungenmetastasen beträgt bis zu 50% nach 5 Jahren. Als Kriterium für die technische Resektabilität von Metastasen gilt das Erreichen einer R0-Situation.

Neben der technischen Frage der Resektabilität von Metastasen haben Kriterien der Tumorbiologie einen wesentlichen Einfluss auf die Rezidivrate. Bei Patient*innen mit Lebermetastasen eines kolorektalen Karzinoms wurden verschiedene Modelle zur Berechnung und zur prognostischen Bewertung von Risikofaktoren entwickelt. Weit verbreitet ist die Anwendung der Kriterien nach Fong [19], siehe Tabelle 4. Sie beruhen auf Daten primär chirurgisch behandelter Patient*innen ohne perioperative medikamentöse Tumortherapie. Der Risiko-Score unterstützt eine Nutzen-Risiko-Abschätzung. Er ist kein statisches Instrument zur Festlegung von Kontraindikationen. Neuere retrospektive Analysen zeigen, dass diese Kriterien auch bei Resektion nach perioperativer Chemotherapie Gültigkeit besitzen [20].

Tabelle 4: Risiko – Score [19] 
  • nodal positives Karzinom bei Erstdiagnose

  • krankheitsfreies Intervall zwischen Resektion des Primärtumors und der Diagnose der Lebermetastasen < 12 Monate

  • > 1 Lebermetastase in der präoperativen Bildgebung

  • CEA präoperativ > 200 ng / ml

  • größter Metastasendurchmesser > 5 cm in der präoperativen Bildgebung

Jedem Risikofaktor wird ein Punkt gegeben, ein Score fasst dies zusammen:

Anzahl von Risikofaktoren

Rezidivrisiko

5-Jahres-Überlebensrate in % [1516]

0

niedrig

60 – 75

1 – 2

intermediär

40 – 45

3 – 5

hoch

15 – 30

Entscheidungen über die Resektabilität von Leber- und Lungenmetastasen sind die Aufgabe interdisziplinärer Tumorkonferenzen. Details zur Resektabilität und zur Operationstechnik sind in Kapitel 6.2.1.2 dargestellt.

6.1.4.1.2Resektion von Lebermetastasen

Die Resektion der Metastasen ist zentraler Bestandteil des kurativen Konzeptes. Eine einheitliche Festlegung von Kriterien für die Resektabilität von Lebermetastasen gibt es nicht. Folgende Bedingungen sollten erfüllt sein:

  • Ausschluss nicht resektabler, extrahepatischer Metastasen

  • > 30 % funktionsfähiges, residuales Lebergewebe postoperativ

  • ausreichender Sicherheitsabstand zu kritischen Lebergefäßen

  • keine hepatische Insuffizienz, keine Leberzirrhose Child B oder C

  • ECOG 0 – 2

  • keine schwere Komorbidität

Entscheidungen über die Resektabilität von Lebermetastasen sind die Aufgabe interdisziplinärer Tumorkonferenzen.

Standard bei der lokalen Therapie von Lebermetastasen ist die offene chirurgische Resektion mit oder ohne perioperative medikamentöse Tumortherapie. Die laparoskopische Resektion reduziert die Morbidität ohne Einfluss auf die 90-Tage-Mortalität, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Weniger invasive, ablative Verfahren sind die Radiofrequenzablation, die Lasertherapie oder die stereotaktische Bestrahlung. Für diese Behandlungsformen liegen nur sehr wenige Daten zum Gesamt-Überleben vor. Vergleichende, randomisierte Studien zur onkologischen Gleichwertigkeit dieser Therapieansätze gibt es nicht. Sie werden bei kurativen Konzepten außerhalb klinischer Studien nicht empfohlen.

6.1.4.1.3Resektion von Lungenmetastasen

Isolierte Lungenmetastasen sind seltener. Die Kriterien für die Resektabilität von Lungenmetastasen sind nicht eindeutig definiert. Folgende Bedingungen sollten erfüllt sein:

  • Ausschluss nicht resektabler, extrapulmonaler Metastasen

  • R0 Resektion möglich

  • ausreichendes pulmonales Residualvolumen postoperativ

  • ECOG 0 – 2

  • keine schwere Komorbidität

Entscheidungen über die Resektabilität von Lungenmetastasen sind die Aufgabe interdisziplinärer Tumorkonferenzen.

Standard bei der lokalen Therapie von Lungenmetastasen war die offene chirurgische Resektion. Eine Alternative sind minimal invasive Resektionen mittels Video–unterstützter Thorakoskopie (wobei hierbei der intraoperative Ausschluss okkulter Lungenmetastasen kritisch zu bewerten ist) oder radiotherapeutische Verfahren (wie die SBRT).

6.1.4.1.4Perioperative medikamentöse Tumortherapie primär resektabler Metastasen

Indikation und optimale Behandlungsschemata der perioperativen medikamentösen Tumortherapie sind nach wie vor Gegenstand kontroverser Diskussionen und müssen im Einzelfall und unter Berücksichtigung der Tumorbiologie im Tumorboard diskutiert werden. Die Möglichkeit der Behandlung im Rahmen einer Studie sollte überprüft werden.

Als medikamentöse Tumortherapie bei resektablen Lebermetastasen kann basierend auf den Daten der Phase III EORTC 40983 Intergroup Studie [15] eine perioperative Therapie mit FOLFOX, jeweils 3 Monate prä- und postoperativ, eingesetzt werden. Daten, die den Einsatz einer molekular gezielten Therapie in der Situation resektabler Metastasen rechtfertigen, existieren indes nicht. Der Einsatz von Cetuximab in diesem Behandlungssetting hat die Therapieergebnisse sogar verschlechtert. FOLFOX perioperativ sollte tendentiell eher Patient*innen mit einem höheren Risiko angeboten werden bzw. Patient*innen, bei denen nach interdisziplinärer Abstimmung ein „biologisches Fenster“ zur Beobachtung der Tumorbiologie sinnvoll erscheint.

Wenn eine perioperative Chemotherapie nicht erfolgt/realisiert wurde, kann postoperativ eine Chemotherapie, ebenfalls präferenziell mit einem Fluoropyrimidin und Oxaliplatin, erfolgen, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Insbesondere in Situationen, in denen ein niedriges Rezidivrisiko nach Metastasenresektion anzunehmen ist, erscheint eine additive bzw. „sekundär adjuvante“ Chemotherapie aufgrund der insgesamt geringen Effekte auf Überlebensparameter verzichtbar. Neuere Daten aus einer randomisierten japanischen Studie zeigten zwar eine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens durch eine 6-monatige Chemotherapie mit FOLFOX, aber einen Nachteil in Bezug auf das Gesamtüberleben [22].

6.1.4.2Konversionstherapie potentiell resektabler Metastasen

Durch eine sogenannte Konversionstherapie kann die Gruppe der Patient*innen mit potentiell resektablen Metastasen vergrößert werden. Ziel dieser Therapie ist es, durch Verkleinerung (Downsizing) der Metastasen eine technische Resektabilität zu erreichen. Entsprechend werden Therapieprotokolle mit hohen Ansprechraten und der Chance auf größere volumetrische Schrumpfung der Metastasen empfohlen. In randomisierten und nicht-randomisierten Phase-II Studien wurden Zweifachkombinationen plus Antikörper oder Dreifachkombinationen ± Antikörper aus der palliativen Situation eingesetzt, siehe Kapitel 6.2.3 und Kapitel 6.1.4.3. Die auf der ASCO Jahrestagung 2018 vorgestellte METHEP Studie, die als Konversionstherapie Doublet versus Triplet, jeweils + mAb (Maßgabe des RAS Status) randomisiert überprüft hatte, fand keine statistisch signifikante Verbesserung der R0/R1 Resektionsraten; auch Disease-free- und Overall-survival, waren nicht signifikant unterschiedlich. In der kleineren OLIVIA Studie (80 Patient*innen) [22] mit klarer definierten und hinsichtlich Irresektabilität strengeren Einschlusskriterien fand sich indes ein Benefit für eine Triplet Therapie + Bevacizumab versus FOLFOX + Bevacizumab. Insofern sollte im Einzelfall im Tumorboard entschieden werden, ob Triplet + mAb oder Doublet + mAb zum Einsatz kommen sollte. In der VOLFI Studie, einer randomisierten Phase II Studie, führte bei tendenziell jüngeren Patient*innen die Addition von Panitumumab zu einer Dosis-reduzierten Chemotherapietriplette zu hohen Remissionsraten und konsekutiv verbesserten Resektionsraten. Eine Verbesserung des Gesamtüberlebens wurde nicht gezeigt Diese Therapie ist relativ toxisch und sollte nur ausgewählten Patient*innen angeboten werden [23].

In Studien mit unselektierten Patient*innen waren zwischen 5 und 25%, bei ausschließlicher Lebermetastasierung bis zu 40%, der initial nicht resektablen Patient*innen in der Folge sekundär resektabel. Empfohlen wird eine Therapiedauer von 2 bis 4, ggf. auch bis zu 6 Monaten, in Abhängigkeit vom Ansprechen. Nach Erreichen der technischen Operabilität sollte die Operation baldmöglichst erfolgen, nicht erst nach Erreichen der maximalen Remission. So kann eine Verstärkung der Lebertoxizität mit konsekutiver Steigerung der chirurgischen Morbidität vermieden werden. Bei einer Konversionstherapie sollte alle 8-10 Wochen ein Restaging durchgeführt werden mit Diskussion der CT- oder MRT Bilder in der interdisziplinären Tumorkonferenz. Die Operation sollte 4 Wochen nach Ende der medikamentösen Tumortherapie durchgeführt werden, bei Bevacizumab-haltiger Therapie nach 6 Wochen. Der Stellenwert einer Fortsetzung der Chemotherapie nach einer R0 oder R1 Resektion, im Sinne einer Komplettierung der Chemotherapie über 6 Monate gesamter Therapiedauer, ist nicht gesichert. Wichtige Faktoren sind auch die Toxizität der bisherigen Therapie und die Komorbidität sowie das histopathologische Ansprechen. Der zusätzliche Stellenwert lokal wirksamer Therapieverfahren bei R1 Resektion ist Gegenstand klinischer Studien.

6.1.4.3Therapie primär nicht resektabler Metastasen

Trotz effektiver Primärtherapie und Fortschritten in der adjuvanten Behandlung treten bei etwa 35-45% der Patient*innen Fernmetastasen auf. Die Rückfallrate ist am höchsten in den ersten beiden Jahren nach Erstdiagnose, nach mehr als 5 Jahren sind Rückfälle selten. Bei einer Subgruppe von Patient*innen ist auch in dieser Situation eine Heilung möglich, siehe die Kapitel 6.1.4.1 und 6.1.4.2. Zum Therapiealgorithmus siehe Abbildung 7.

Abbildung 7: Therapiestruktur im Stadium IV bei primär nicht resektablen Metastasen 
1 Doublet – Kombination von Fluoropyrimidin plus entweder Oxaliplatin oder Irinotecan;,
2 Triplet – Kombination von Fluoropyrimidin plus Oxaliplatin und Irinotecan;
3 mAB – monoklonarer Antikörper,
4 BSC – Best Supportive Care

Bei der Mehrzahl der Patient*innen im Stadium IV ist die Therapieintention palliativ und beinhaltet die Behandlung körperlicher und psychischer Beschwerden. Sie erfolgt interdisziplinär. Die Notwendigkeit und die Möglichkeiten supportiver Maßnahmen sollen frühzeitig und umfassend mit allen Betroffenen besprochen werden.

Die Auswahl der Therapiestrategie und der dafür günstigsten Medikamentenkombinationen werden durch zahlreiche Faktoren bestimmt. Entscheidend sind:

  • mit dem Patient*innen festgelegte Behandlungsziele

  • bisheriger Verlauf der Erkrankung

  • Biologie der Erkrankung, z. B. RAS- und BRAF-Mutations- und BRAF-Status sowie Lokalisation des Primärtumors

  • vorherige Therapie, z. B. präoperative oder adjuvante Chemotherapie

  • therapiebedingte Faktoren, d. h. Toxizität, Lebensqualität

  • erkrankungsunabhängige Faktoren, wie das biologische Alter und Komorbidität

Biologische Testverfahren für die Auswahl der optimalen Therapie, z. B. Gensignaturen oder in-vitro Sensitivität, sind bisher nicht ausreichend prospektiv validiert. Auch das Monitoring mittels der Bestimmung zirkulierender Tumorzellen oder zirkulierender DNS ist kein Standardverfahren.

6.1.4.3.1Induktionstherapie

Die Ziele der Induktionstherapie sind abhängig vom Status der Erkrankung (siehe Kapitel 6.1.4) und von der Komorbidität. Der Therapie-Algorithmus ist in Abbildung 6 dargestellt, die publizierten Ergebnisse randomisierter klinischer Studien sind in Studienergebnisse Kolorektales Karzinom zusammengestellt.

Bei Patient*innen, die aufgrund ihres Allgemeinzustands (keine schwere Komorbidität) eine intensive Chemotherapie erhalten können, kann diese durchgeführt werden als

  • Doublet (Zweifachkombination): Fluoropyrimidin (5-FU mit Folinsäure, oder Capecitabin) plus ein weiteres Zytostatikum (Irinotecan oder Oxaliplatin) oder

  • Triplet (Dreifachkombination): Fluoropyrimidin (5-FU mit Folinsäure, oder Capecitabin) plus Irinotecan und Oxaliplatin.

  • Die Hinzunahme eines monoklonalen Antiköpers zur Kombinationschemotherapie steigerte in vielen Studien die Remissionsraten, das progressionsfreie Überleben, teilweise auch das Gesamtüberleben. Durch die Kombination von Chemotherapie und Antikörpern kann eine mediane progressionsfreie Überlebenszeit von etwa 10 Monaten und eine mediane Gesamtüberlebenszeit von etwa 30 Monaten erreicht werden [1819]. Aufgrund des Wirkmechanismus der Anti-EGFR-Antikörper orientiert sich die Wahl der Medikamente am RAS- und BRAF-Mutationsstatus sowie am Sitz des Primärtumors.

Anti-EGFR-Antikörper wurden in Kombination mit Doublet-Chemotherapie getestet, siehe Kapitel 6.1.4.3.1.1 Daten zur Triplet-Chemotherapie mit Cetuximab oder Panitumumab liegen aus kleineren randomisierten Studien mit selektierten Patient*innen vor, in denen eine bessere Konversionstherapie bei Vorliegen primär nicht resektablen Leberfiliae dokumentiert ist [23]. Die Größe der Studien erlauben keine eindeutigen Aussagen hinsichtlich des Langzeitüberlebens. In Kombination mit Bevacizumab führt die Triplet-Chemotherapie zu einem längeren progressionsfreien Überleben (PFÜ/PFS) als ein Doublet + Bevacizumab [24]. Eine Verlängerung der Zeit bis zur Progression, damit ggf. zu Symptomatik und erneuter intensiver Therapie, ist auch für Patient*innen in eindeutig palliativer Indikation ein klinisch relevantes Therapieziel.

Eine bessere Effektivität der Triplet-Chemotherapie im Vergleich zur Doublette hat sich für Patient*innen mit BRAF-V600E-mutierten Tumoren in einer Metaanalyse nicht bestätigt [25]. In der FIRE 4.5 Studie zeigte die Addition von Cetuximab zu einer Chemotherapie-Triplette darüber hinaus für Patient*innen, deren Tumor eine BRAF-Mutation zeigt, keinen Benefit im Vergleich mit einer Triplette plus Bevacizumab [26]. Insofern erscheint für diese Patient*innen derzeit eine Doublet-Chemotherapie mit Angiogenesehemmer eine sinnvolle Primärtherapie (z.B. FOLFOX/CAPOX + Bevacizumab)

Das Zurückhalten bzw. „Reservieren“ von Medikamenten für eine eventuelle Zweitliniensequenz- oder Eskalationstherapie wird aufgrund des Verlusts von 25-30% Patient*innen pro Therapielinie nicht empfohlen.

6.1.4.3.1.1RAS Wildtyp (RASwt)

Die intakte Signalübertragung über die RAS Moleküle ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Anti-EGFR-Antikörper Cetuximab und Panitumumab. Patient*innen mit Tumoren, in denen eine Mutation in einem der RAS-Gene nachgewiesen wurden, (d. h. KRAS Exon 2-4 und NRAS Exon 2-4), sollen nicht mit einem der Anti-EGFR-Antikörper behandelt werden.

Die Frage, ob bei Patient*innen mit RAS Wildtyp primär ein Anti-EGFR-Antikörper eingesetzt werden sollte, wurde in randomisierten Studien untersucht. Dabei wurde die Sequenz Doublet + Cetuximab versus Doublet + Bevacizumab in der Erstlinie einschließlich einem im Protokoll vorgesehenen Crossover zu dem jeweils anderen Antikörper bei Rezidiv/Refraktarität eingesetzt. In der ersten Studie [27] fand sich eine signifikant längere Überlebenszeit für die Sequenz Cetuximab in der Erstlinie, gefolgt von Bevacizumab in der Zweitlinie, mit einer Hazard Ratio von 0,7. In einer zweiten Studie [28] konnte dieser Unterschied nicht nachvollzogen werden, siehe auch Stellungnahme der AIO [29]. Diese Daten sind mittlerweile vor dem Hintergrund der „sidedness“-Debatte weniger relevant. In einer gepoolten Analyse von sechs prospektiven Studien wurde der Einfluss der rechtshemikolischen Lage des Primärtumors, d. h. proximal/oral der Flexura coli sinistra, versus der linkshemikolischen Lage, d. h. distal/aboral auf die Therapieergebnisse bei Patient*innen mit einem RASwt-Tumor untersucht [18]. Hier zeigte sich zum einen eine signifikant schlechtere Prognose für Patient*innen mit rechtshemikolischem Primärtumor hinsichtlich des Gesamtüberlebens. Zum anderen fand sich für Patient*innen mit linkshemikolischem Primärtumor ein deutlicher Benefit durch die Therapie mit Anti-EGFR-Antikörpern gegenüber dem Kontrollarm mit Chemotherapie +/- Bevacizumab (Hazard Ratio 0,75 für Gesamtüberleben; 0,78 für progressionsfreies Überleben). Patient*innen mit Tumorsitz im rechten Hemikolon hatten trotz RASwt keinen Benefit von der Gabe von Anti-EGFR-Antikörpern hinsichtlich progressionsfreiem- und Gesamtüberleben. Für die Erstlinientherapie von Patient*innen mit einem RASwt Tumor und einem Primärtumor im linksseitigen Kolon wird derzeit die Kombination aus Anti-EGFR-Antikörper und Kombinationschemotherapie empfohlen. Bei Patient*innen mit RASwt und einem rechtsseitigen Sitz des Primärtumors besteht kein Nutzen eines Anti-EGFR-Antikörpers gegenüber einer Chemotherapie oder einer Bevacizumab-Kombination in der Erstlinientherapie [29].

6.1.4.3.1.2RAS-Mutationen

Bei Patient*innen mit definierten RAS-Mutationen sollte in der Erstlinientherapie Bevacizumab als monoklonaler Antikörper eingesetzt werden. Eine Kombination der Chemotherapie mit Bevacizumab führte gegenüber einer alleinigen Chemotherapie zu signifikanten Verbesserungen der Remissionsraten und des progressionsfreien Überlebens, in einigen Studien auch der Gesamtüberlebenszeit, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Die Kombination mit einem Triplet (5-FU, Folinsäure, Irinotecan, Oxaliplatin) führt im Vergleich zu einem Doublet (5-FU, Folinsäure, Irinotecan) zu etwas höheren Remissionsraten und zu einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens [24].

6.1.4.3.1.3MSI high/dMMR

Für Patient*innen, in deren Tumorgewebe eine Mikrosatelliteninstabilität vorliegt, wurde in der KEYNOTE-177 Studie Pembrolizumab mit verschiedenen „Standard of care“ Regimen verglichen. Hierbei zeigte sich eine klinisch bedeutsame und signifikante Verlängerung des PFS (Hazard ratio 0.6 (0.45 – 0.80)) bei deutlich reduzierter Toxizität (22% statt 6% Grad 3-4 Nebenwirkungen). Das Gesamtüberleben (als sekundärer Endpunkt) ist klinisch relevant, jedoch statistisch nicht signifikant verlängert (bei hoher Rate an „cross-over“ innerhalb und außerhalb der Studie). Pembrolizumab ist seit Februar 2021 von der EMA für die Therapie von metastasierten kolorektalen Tumoren, die eine MSI aufweisen, zugelassen. Der Nachweis der MSI kann immunhistochemisch erfolgen [30].

6.1.4.3.2Erhaltungstherapie

Bei der Entscheidung über eine Erhaltungstherapie werden die mögliche Verlängerung der progressionsfreien- und der Gesamtüberlebenszeit unter Inkaufnahme von Nebenwirkungen gegen eine therapiefreie Zeit unter engmaschiger Beobachtung und Einleitung der erneuten Therapie bei Krankheitsprogress abgewogen.

In randomisierten Studien nach einer Doublet-Induktion mit Oxaliplatin plus Bevacizumab führte eine Erhaltungstherapie mit einem Fluoropyrimidin + Bevacizumab zu einer statistisch signifikanten Verlängerung der Zeit bis zur Tumorprogression im Vergleich zu einer watch-and-wait Strategie. (siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom.) Die Monotherapie mit Bevacizumab wird nicht empfohlen. Patient*innen, die eine Therapieunterbrechung wünschen bzw. bei denen diese sinnvoll erscheint, kann demnach ohne signifikante Verschlechterung der Überlebenswahrscheinlichkeit nach einer 6-monatigen Therapie zu einer Pause geraten werden. Auf die signifikant kürzere, progressionsfreie Überlebenszeit sollte hingewiesen werden. Engmaschige Verlaufskontrollen werden in dieser Situation empfohlen. Eine unmittelbare Re-Induktion nach erster Progression unter einer Erhaltungstherapie ist nur bei der Minderheit der Patient*innen durchführbar. Dennoch sollte die Re-Induktionstherapie im weiteren Gesamttherapieverlauf unbedingt berücksichtigt werden, siehe Kapitel 6.1.4.3.3

Eine ausführliche Darstellung der drei großen, randomisierten Studien zur Erhaltungstherapie mit Bevacizumab findet sich in der Stellungnahme der AIO [29].

Da in allen Studien Oxaliplatin-haltige Induktionstherapien untersucht wurden, ist unklar, ob die beschriebenen Ergebnisse auf eine Irinotecan-haltige Induktion übertragbar wären.

Was die Erhaltungstherapie mit EGFR-Inhibitoren angeht, so wird nach Daten der PANAMA Studie nach einer 3-monatigen Induktionschemotherapie die Fortführung von 5-FU und dem Anti-EGFR-Antikörper empfohlen [31]. Die Nicht-Unterlegenheit einer Erhaltung mit einer Panitumumab Monotherapie versus Panitumumab + 5-FU wurde in einer italienischen randomisierten Studie nicht gezeigt, so dass eine Monotherapie mit Anti-EGFR-Antikörper allein nicht als Erhaltungstherapie empfohlen wird [32]. Es kann anhand der bisher publizierten Studien jedoch bislang keine Aussage gemacht werden, wann und inwiefern bei Patient*innen, die eine Anti-EGFR-Antikörper Therapie erhalten, Therapiepausen erfolgen können, so dass hierüber im Einzelfall entschieden werden muss.

6.1.4.3.3Zweit-, Dritt- und Viertlinientherapie

Für Patient*innen, deren Tumorerkrankung nach einer Erstlinientherapie fortschreitet, wird die weitere Behandlung von der Vortherapie, vom Therapieziel, dem BRAF- sowie dem RAS-Status und dem MSI-Status bestimmt. Die Zweit, Dritt- oder Viertlinientherapie erfolgt individualisiert. Folgende Grundsätze sollten Beachtung finden:

  • Nach Therapie mit einer Irinotecan-basierten Erstlinientherapie sollte Oxaliplatin in Kombination mit einem Fluoropyrimidin eingesetzt werden.

  • Nach Vortherapie mit Oxaliplatin sollte Irinotecan mit einem Fluoropyrimidin kombiniert werden.

  • Sollte in der Erstlinientherapie eine Bevacizumab-freie Irinotecan-basierte Therapie gewählt worden sein, sollte in der Zweitlinientherapie FOLFOX+ Bevacizumab Einsatz finden.

  • Eine Fortführung von Bevacizumab über den Progress in der Erstlinientherapie hinaus führt zu einer signifikanten Verlängerung der Gesamt-Überlebenszeit.

  • Für Patient*innen, die zuvor mit einer Oxaliplatin-basiertenTherapie behandelt wurden, kann eine FOLFIRI-Chemotherapie mit dem antiangiogenetisch wirksamen Aflibercept kombiniert werden. Dies führt zu einer statistisch signifikanten Verlängerung der Überlebenszeit.

  • In der Zweitlinientherapie führt die Kombination des antiangiogenetisch wirksamen Antikörpers Ramucirumab mit FOLFIRI bei Patient*innen, die mit einer Oxaliplatin- und Bevacizumab-basierten Erstlinientherapie behandelt worden waren, zu einer Verlängerung der Überlebenszeit.

  • Ramucirumab oder Aflibercept sollten bei Patient*innen mit einem nur kurzen first line PFS unter einer Bevacizumab-haltigen Therapie präferiert werden.

  • Patient*innen mit RAS Wildtyp, die in der Erstlinientherapie keinen Anti-EGFR-Antikörper erhalten haben und für die Zweitlinientherapie einen Remissionsdruck aufweisen, sollten mit einer Kombination aus Anti-EGFR-Antikörper plus Chemotherapie behandelt werden, siehe Medikamentöse Tumortherapie - Protokolle. Das schließt auch einen Wechsel des Zytostatikums ein.

  • Cetuximab und Panitumumab sollten bevorzugt in der first line Therapie eingesetzt werden. Wenn ein erstmaliger Einsatz bei Chemotherapie-refraktären Patient*innen erfolgt, so sind beide Substanzen äquieffektiv. Der Einsatz von Panitumumab nach Versagen von Cetuximab-basierten Schemata stellt keinen Therapiestandard dar, das gilt auch vice versa. Eine Re-Challenge von Cetuximab oder Panitumumab sollte nur bei Patient*innen erfolgen, bei denen im Rahmen einer liquid biopsy keine RAS (und/oder BRAF Mutationen) nachweisbar sind.

  • Bei Patient*innen mit BRAF-V600E-Mutation führt der zulassungskonforme Einsatz einer Kombination aus Encorafenib und Cetuximab in der Zweit- und Drittlinientherapie zu einer Verlängerung des progressionsfreien und des Gesamtüberlebens siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom und Zulassung Kolorektales Karzinom [33].

  • Nach Vorbehandlung mit einer Chemotherapie kann bei Patient*innen mit MSI-Tumoren zulassungskonform die Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab eingesetzt werden [34].

  • Bei Versagen aller etablierten Chemotherapien und monoklonalen Antikörper führen der orale Multikinase-Inhibitor Regorafenib oder Trifluridin/Tipiracil zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom.

  • Für Patient*innen mit HER2-Positivität (insbesondere nach anti-EGFR Therapie und bei linksseitigen Tumoren) besteht eine Therapieoption mit Trastuzumab/Lapatinib, Trastuzumab/Pertuzumab oder Trastuzumab-Deruxtecan. Zulassungen dieser Medikamente für diese Behandlungssituation stehen aber aus; siehe Zulassung Kolorektales Karzinom.

  • Patient*innen, deren Tumor eine NTRK Fusion aufweist, können zulassungskonform mit den Tyrosinkinasehemmern Larotrectinib und Entrectinib behandelt werden.

Für alle Phasen der medikamentösen Tumortherapie gilt, dass das Auftreten unerwünschter Wirkungen regelmäßig, d. h. bei jedem Therapiezyklus, durch Anamnese, klinische Untersuchung und Laboranalysen überwacht werden sollte. Das Ansprechen auf die medikamentöse Tumortherapie wird alle 2 bis 3 Monate mittels klinischer Untersuchung und gezielter, bildgebender Diagnostik kontrolliert.

6.1.4.3.4Resektion eines asymptomatischen Primärtumors

Ob in einer reinen Palliativsituation ein asymptomatischer Primärtumor reseziert werden sollte, ist bisher unklar. Mehrere Metaanalysen zeigen, dass die Entfernung eines asymptomatischen Primärtumors möglicherweise mit einer Prognoseverbesserung assoziiert ist, wobei diese Ergebnisse sehr wahrscheinlich durch Selektionsphänomene beeinflusst wurden. Die einzige bisher publizierte randomisiete Studie aus Japan zeigte keinen Benefit der Resektion eines asymptomatischen Primarius [21]. Die Synchronous-Studie (www.synchronous-trial.de) hat die Rekrutierung beendet, Ergebnisse stehen aus.

6.1.4.3.5Lokale Therapie bei Oligometastasierung

Auch in der palliativen Situation kann eine lokale Therapie von Metastasen, vor allem von Lebermetastasen, sinnvoll sein. Entscheidungen über systemische versus lokale Maßnahmen und ggf. über Sequenz- bzw. Kombinationstherapien sind die Aufgabe interdisziplinärer Tumorkonferenzen.

Für die lokale Therapie von irresektablen Lebermetastasen sind unterschiedliche Verfahren vornehmlich in Fallserien beschrieben worden. Am besten evaluiert ist die intraarterielle Leberperfusion. Im Vergleich zur intravenösen Therapie mit 5-FU/Folinsäure führt sie zu höheren Remissionsraten, aber nicht zu einer Verlängerung der Überlebenszeit. Besser belegt ist die Wirkung der systemischen Chemotherapie [35].

Weitere Ansätze sind Radiofrequenzablation, Lasertherapie, stereotaktische Radiotherapie oder SIRT (selective internal radiation therapy). Randomisierte klinische Studien zum Vergleich dieser Methoden mit medikamentöser Tumortherapie liegen bislang kaum vor. Als ergänzende Maßnahmen zur systemischen Chemotherapie sind sie im Einzelfall zu prüfen. Die zusätzliche Durchführung einer selektiven internen Radiotherapie (SIRT) in Verbindung mit einer Erstlinienchemotherapie zeigte in einer großen, gepoolten ITT-Analyse weder einen Einfluss auf das progressionsfreie noch auf das Gesamtüberleben, und wird daher nicht empfohlen, [36] (siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom). Die Indikationsstellung soll in der interdisziplinären Tumorkonferenz unter Berücksichtigung des Gesamttherapiekonzepts und der potentiellen, z. T. erheblichen Toxizität besprochen werden.

6.1.4.3.6Peritonealkarzinose

Die mittlere Überlebenszeit von Patient*innen mit nachgewiesener Peritonealkarzinose ist signifikant schlechter als bei anderen Metastasenmanifestationen. Dennoch zeigte sich in der PRODIGE-7 Studie bei Patient*innen mit einer isolierten Peritonealkarzinose für die Kombination aus systemischer Chemotherapie und zytoreduktiver chirurgischer Intervention (CRS) ein medianes Gesamtüberleben von 41 Monaten. In dieser randomisierten Studie (CRS +/-HIPEC) konnte allerdings der Zusatznutzen durch eine ergänzende hyperthermische intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) mit Oxaliplatin nicht gezeigt werden [37]. Insofern kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine HIPEC mit Oxaliplatin nach einer CRS nicht mehr empfohlen werden. Die alleinige zytoreduktive Chirurgie kann als eine Basis-Standardtherapieoption an spezialisierten Zentren angesehen werden. Die Kriterien sind guter Allgemeinzustand, lokalisierte und ausschließlich peritoneale Metastasierung (PCI max 15), sowie potenzielle CC0-Resektabilität. Bezüglich der Indikation zur HIPEC besteht derzeit kein Konsens, sie sollte entweder im Rahmen klinischer Studien oder als Individualentscheidung unter Verwendung von Mitomycin C über 60-90 Minuten erfolgen.

6.2Therapiemodalitäten

6.2.1Operation

6.2.1.1Primärtumor

Grundlage der Therapie des Kolonkarzinoms ist die radikale chirurgische Resektion. Die Qualität der Chirurgie hat einen unmittelbaren Einfluss auf das Langzeitüberleben der Patient*innen. Bezüglich der onkologischen Grundsätze der chirurgischen Therapie des Kolonkarzinoms siehe Kapitel 6.1. Art und Ausmaß der Resektion werden durch die Lokalisation, die versorgenden Gefäße und das hierdurch definierte Lymphabflussgebiet vorgegeben. Die Operationstechnik ist abhängig von der Lokalisation des Primärtumors, siehe Tabelle 5.

Tabelle 5: Chirurgische Eingriffe  

Lokalisation

Operation

Zökum

Hemikolektomie rechts

Kolon ascendens

Hemikolektomie rechts

rechte Flexur

erweiterte Hemikolektomie rechts

Kolon transversum, proximal

erweiterte Hemikolektomie rechts

Kolon transversum, mittleres Drittel

Transversumresektion,

ggfs. erweiterte Hemikolektomie rechts

Kolon transversum, distal

erweiterte Hemikolektomie links

linke Flexur

erweiterte Hemikolektomie links

Kolon descendens

Hemikolektomie links

Sigma, proximal

Hemikolektomie links

Sigma, mittel und distal

onkologische Sigmaresektion

6.2.1.2Operativer Zugang

Die Operation kann bei entsprechender Expertise offen, laparoskopisch und vermutlich auch robotisch durchgeführt werden. Vorteil der offenen Operation ist die kürzere Operationszeit. Vorteile der laparoskopischen Operation sind das kosmetische Ergebnis, der geringere Blutverlust und potenziell eine schnellere postoperative Regeneration. Die onkologischen Langzeitergebnisse der beiden Zugänge sind vermutlich gleich [38], siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom.

6.2.1.3Besondere Situationen

Besondere lokale Situationen sind Ileus, Tumorperforation, Darmperforation oder Infiltration in benachbarte Organe. Bei obstruktiv wachsenden Karzinomen kann die Operation zweizeitig mit Anlage eines passageren Anus praeter oder einzeitig mit subtotaler Kolektomie erfolgen. Bei Patient*innen mit hereditärer Erkrankung sind die Art der genetischen Belastung, Voroperationen und das Gesamtkonzept der Betreuung zu berücksichtigen.

6.2.2[Kapitel nicht relevant]

6.2.3Medikamentöse Tumortherapie - Substanzen

Die Ergebnisse von randomisierten klinischen Studien mit den einzelnen Substanzen und den Kombinationen sind in Studienergebnisse Kolorektales Karzinom zusammengefasst.

6.2.3.1Aflibercept

Aflibercept ist ein rekombinantes, antiangiogenetisch wirksames Fusionsprotein. In der Zulassungsstudie wurde bei Patient*innen, die zuvor mit einer Oxaliplatin-basierten Therapie behandelt worden waren, durch die Zugabe von Aflibercept zu FOLFIRI die Hazard Ratio signifikant verbessert. Das Gesamtüberleben wurde um 1,4 Monate verlängert, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Auch die progressionsfreie Überlebenszeit und die Ansprechrate waren im Aflibercept-Arm besser. Substanzspezifische Nebenwirkungen im CTCAE Grad 3/4 entsprechen denen antiangiogen wirksamer Substanzen: Hypertonie (+17,8%), Blutungen (+1,3%) (insbesondere Epistaxis), arterielle (+1,3%) und venöse Thromboembolien (+1,6%) sowie Proteinurie (+6,6%). Seltene kritische Komplikationen sind arterielle, thromboembolische Ereignisse und Perforationen im Gastrointestinaltrakt.

6.2.3.2Bevacizumab

Bevacizumab ist ein monoklonaler, antiangiogenetisch wirksamer Antikörper. In Kombination mit 5-FU / Folinsäure, Capecitabin, Irinotecan oder Oxaliplatin werden Remissionsraten um 50% und eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens erreicht. In Kombination mit Irinotecan und 5-FU Bolus-Protokollen wurde auch eine Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit erreicht. Bevacizumab ist sowohl in der Erstlinien- als auch in der Zweitlinientherapie effektiv. Eine Fortsetzung der Bevacizumab-Therapie über den Progress hinaus führte in zwei randomisierten klinischen Studien zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit. In der größeren Studie wurde eine signifikante Verbesserung der Hazard Ratio auf 0,81 erreicht. Im Median war die Gesamtüberlebenszeit um 1,4 Monate verlängert, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5 % der Patient*innen in den Zulassungsstudien auftraten, waren Hypertonie und Proteinurie. Seltenere kritische Komplikationen sind arterielle thromboembolische Ereignisse und Perforationen im Gastrointestinaltrakt.

6.2.3.3Capecitabin

Basismedikament in der medikamentösen Tumortherapie von Patient*innen mit kolorektalem Karzinom ist 5-Fluorouracil. Capecitabin ist ein orales Fluoropyrimidin, das enzymatisch durch den Tumor zu 5-FU metabolisiert wird. In klinischen Vergleichsstudien war es mindestens so effektiv wie die 5-FU Bolus / Folinsäure Therapie. In der Monotherapie werden Remissionsraten bei bis zu 25%, in Kombination mit Irinotecan oder Oxaliplatin bei bis zu 45% der Patient*innen erzielt. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5 % der Patient*innen in den Zulassungsstudien auftraten, waren Diarrhoe und Hand – Fuß – Syndrom. Die Kombination von Protonenpumpen-Inhibitoren mit einer Capecitabin-haltigen Therapie sollte vermieden werden, da in mehreren retrospektiven Untersuchungen negative Effekte auf die Capecitabin-Wirksamkeit nachweisbar waren. Vor einer 5-FU haltigen Chemotherapie muss eine Mutation in den vier wichtigsten Dihydropyrimidine Dehydrogenase (DPD) Gen-Loci ausgeschlossen werden [39].

6.2.3.4Cetuximab

Cetuximab ist ein monoklonaler Antikörper gegen den EGF-Rezeptor. Die Remissionsrate als Monotherapie in der Zweitlinie liegt bei 8 %. In der Erstlinientherapie bei Patient*innen mit KRAS Wildtyp werden Remissionsraten von 55 – 65% erzielt, jeweils in Kombination mit 5-FU / Folinsäure und Irinotecan oder Oxaliplatin. Die progressionsfreie Überlebenszeit wird verlängert. Die Daten zum Gesamtüberleben sind uneinheitlich. Patient*innen mit definierten RAS-Mutationen (KRAS Gene Exon 2-4, NRAS Gene Exon 2-4) haben keinen Nutzen von der Therapie und in einigen Chemotherapiekombinationen sogar einen Trend zu kürzerer Überlebenszeit. Da es Hinweise auf eine bislang nicht verstandene negative Interaktion mit Capecitabin und Bolus 5-FU Protokollen gibt, wird die Kombination von Cetuximab mit oralen Fluoropyrimidinen und Bolus 5-FU Protokollen nicht empfohlen, siehe auch Zulassung Kolorektales Karzinom. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Patient*innen in den Zulassungsstudien auftrat, waren eine akneiforme Dermatitis und Infusionsreaktionen. Eine prophylaktische Therapie der akneiforme Dermatitis sollte mit Doxycylin oder Minocyclin erfolgen. Eine zusätzliche prophylaktische Lokaltherapie mit Vitamin K1 Creme (Reconval K1) kann bei Frauen erwogen werden. Medikamente zur Prophylaxe von Infusionsreaktionen sind Kortikosteroide und H1-Blocker. Die zweiwöchentliche Gabe (500 mg/m²) war der wöchentlichen Cetuximab-Gabe (400 / 250 mg/m²) in einer randomisierten Studie gleichwertig, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom.

6.2.3.5Encorafenib

Encorafenib ist ein oraler hochselektiver RAF-Kinase-Inhibitor. In Kombination mit Cetuximab verlängert es die Überlebenszeit bei BRAF-V600E-mutierten KRK nach der Erstlinientherapie gegenüber einer Chemotherapie plus Cetuximab. Die häufigsten Nebenwirkungen in der Zulassungsstudie waren Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen und akneiforme Dermatitis, davon schwerwiegend (≥ Grad 3) Fatigue (4%), Anämie (4%) und Diarrhoe (2%). Eine weitere typische Nebenwirkung ist das palmar-plantare Erythrodysästhesie-Syndrom (PPES) bei 4% der Patient*innen (bei <1% schwerwiegend).

6.2.3.6 5-Fluorouracil

5-Fluorouracil kommt in fast in allen Formen der medikamentösen Tumortherapie von Patient*innen mit kolorektalem Karzinom vor. Das beste Risiko-Nutzen-Verhältnis hat die intravenöse Dauerinfusion über 24 – 48 Stunden nach einer vorherigen Gabe von Folinsäure. Die Remissionsraten betragen bis zu 30%. Schwere Nebenwirkungen (Grad3/4) sind Diarrhoe und Stomatitis. Patient*innen mit funktionell relevanten Polymorphismen der Gene des 5-FU Abbaus haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen einschl. Neutropenie, neutropenischem Fieber, schwerer ulzeröser Mukosits u. a..

Vor einer 5-FU haltigen Chemotherapie muss eine Mutation in den vier wichtigsten Dihydropyrimidine Dehydrogenase (DPD) Gen-Loci ausgeschlossen werden [39].

6.2.3.7Ipilimumab

Ipilimumab ist ein Medikament aus der Gruppe der monoklonalen Antikörper. Es blockt den inhibitorischen T-Zell-Regulator CTLA-4 und verstärkt dadurch die autologe Immunantwort. Es ist zugelassen in Kombination mit Nivolumab nach Vorbehandlung und Therapieversagen mit/unter einer fluoropyrimidinhaltigen Kombinationschemotherapie für Patient*innen im Stadium IV mit MSI/dMMR. Die Overall response rate (ORR) für diese Kombination lag in der Zulassungsstudie Checkmate-142 bei 55%, Überlebensraten nach 9 und 12 Monaten lagen bei 87% and 85%. Bei 32% der Patient*innen kam es zu therapieassoziierten Grad 3 - 4 Toxizitäten: Erhöhung von AST und/oder ALT (11%), Erhöhung der Lipase (4%), Anämie (3%), Kolitis (3%).

6.2.3.8Irinotecan

Irinotecan ist ein Topoisomerase I Inhibitor. In Kombination mit 5-FU / Folinsäure betragen die Remissionsraten 40 - 50%. Das progressionsfreie Überleben und die Gesamtüberlebenszeit werden gegenüber einer Fluoropyrimidin-Therapie signifikant verlängert. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Patient*innen in den Zulassungsstudien auftraten, waren Diarrhoe, Übelkeit / Erbrechen, Neutropenie und neutropenisches Fieber. Die Substanz kann wöchentlich, zwei- oder dreiwöchentlich appliziert werden.

6.2.3.9Mitomycin

Mitomycin ist ein zytostatisch wirkendes Antibiotikum. In Kombination mit 5-FU steigert es die Remissionsraten und verlängert die progressionsfreie Überlebenszeit. Schwere Nebenwirkung (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Patient*innen auftraten, war Thrombozytopenie. Seltene kritische Komplikation sind ein hämolytisch-urämisches Syndrom und Lungenfibrose. Mitomycin wurde in den vergangenen Jahren hauptsächlich in Kombination mit 5-FU Derivaten in der Chemotherapie-refraktären Situation eingesetzt. Die Ergebnisse in dieser Situation sind indes jüngeren Analysen zufolge kaum besser als Best Supportive Care, so dass der Einsatz dieser Substanz nicht mehr empfohlen wird.

6.2.3.10Nivolumab

Nivolumab ist ein monoklonaler Anti-PD-1-Antikörper und gehört zur Substanzklasse der Immuncheckpoint-Inhibitoren. Es ist zugelassen in Kombination mit Ipilimumab nach Vorbehandlung und Therapieversagen mit/unter einer Chemotherapie für Patient*innen im Stadium IV mit MSI/dMMR, nach einer Vorbehandlung mit Fluoropyrimidinen. Die Overall response rate (ORR) für diese Kombination lag in der Zulassungsstudie Checkmate-142 bei 55%, Überlebensraten nach 9 und 12 Monaten lagen bei 87% and 85%. Bei 32% der Patient*innen kam es zu therapieassoziierten Grad 3 - 4 Toxizitäten: Erhöhung von AST und/oder ALT (11%), Erhöhung der Lipase (4%), Anämie (3%), Kolitis (3%).

6.2.3.11Oxaliplatin

Oxaliplatin ist ein Platinderivat. Es ist hoch wirksam in Kombination mit Fluoropyrimidinen (5-FU/Folinsäure (FS), Capecitabin). In der Erstlinientherapie steigert es die Remissionsraten auf 40 - 60% und verlängert das progressionsfreie Überleben gegenüber 5-FU/FS. Schwere Nebenwirkungen (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Patient*innen in den Zulassungsstudien auftraten, waren Übelkeit / Erbrechen, Diarrhoe, Mukositis und Polyneuropathie. Die intravenöse Gabe von Calcium und Magnesium kann das Polyneuropathie-Risiko nicht reduzieren.

6.2.3.12Panitumumab

Panitumumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen den EGF Rezeptor. Bei Patient*innen mit KRASwt-Tumoren lag die Remissionsrate in der Zweitlinientherapie bei 10% für die Monotherapie und bei 35% für die Kombination mit FOLFIRI nach Versagen von Oxaliplatin ± Bevacizumab. Das Ansprechen auf Panitumumab ist abhängig von Mutationen in den RAS-Genen. In der Zulassungsstudie zeigte sich bei Patient*innen mit RASwt eine statistisch signifikant längere Überlebenszeit für die Kombination Panitumumab / Chemotherapie gegenüber dem reinen Chemotherapiearm, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Bei Patient*innen, die bei Vorliegen einer Mutation in einem der RAS-Gene mit Panitumumab behandelt worden waren, waren progressionsfreie und Gesamtüberlebenszeit schlechter. Schwere Nebenwirkung (Grad 3/4), die bei mehr als 5% der Patient*innen in den Zulassungsstudien auftrat, war eine akneiforme Dermatitis. Eine prophylaktische Therapie der akneiforme Dermatitis sollte mit Doxycylin oder Minocyclin erfolgen. Eine zusätzliche prophylaktische Lokaltherapie mit Vitamin K1 Creme (Reconval K1) kann bei Frauen erwogen werden.

6.2.3.13Pembrolizumab

Pembrolizumab ist ein monoklonaler Anti-PD-1-Antikörper und gehört zur Substanzklasse der Immuncheckpoint-Inhibitoren. Bei Patient*innen mit dMMR/MSI KRK führte Pembrolizumab in der Erstlinientherapie zu einer Verbesserung der Überlebenszeit bei einer besseren Verträglichkeit gegenüber einer Doublet-Chemotherapie mit oder ohne VEGFR- bzw. EGFR-Antikörper. Toxizitäten ≥ Grad 3 traten bei 56% der Patient*innen unter Pembrolizumab und 78% in der Chemotherapie-Gruppe auf. Klinisch relevant (≥Grad 3) waren Diarrhoe (6%) und Hypertension (7%), immunvermittelte Hepatitis (3%), Kolitis (3%), Hauttoxizität und Nebenniereninsuffizienz (jeweils 1 %).

6.2.3.14Ramucirumab

Ramucirumab ist ein humaner IgG1-Antikörper, der spezifisch an den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor Rezeptor-2 (VEGFR2) bindet. Zugelassen ist er für die Zweitlinientherapie bei Patient*innen mit Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs. Bei Patient*innen mit metastasiertem kolorektalem Karzinom im Rezidiv oder bei Refraktarität nach Therapie mit einem Fluoropyrimidin, Oxaliplatin und Bevacizumab wurde es in einer Phase-III-Studie in Kombination mit FOLFIRI getestet. Die Hinzunahme von Ramucirumab führte zu einer statistisch signifikanten Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit von 4,7 auf 5,7 Monate mit einer Hazard Ratio von 0,77 und zur Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit von 11,7 auf 13,3 Monate mit einem Hazard Ratio von 0,84, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Nebenwirkungen CTCAE Grad 3/4, die in der Zulassungsstudie bei mehr als 5% der mit Ramucirumab in der Kombinationstherapie behandelten Patient*innen und häufiger als in der Kontrollgruppe auftraten, waren Neutropenie (28%) und Hypertonie (11%). Fatigue (12%) und Diarrhoe (10%) waren nicht signifikant häufiger als in der Chemotherapie-Kontrolle. Informationen zum Zulassungsstatus sind in Kolorektales Karzinom Zulassung zusammengefasst.

6.2.3.15Regorafenib

Regorafenib ist ein oraler Multikinasehemmer, der die Aktivität multipler Proteinkinasen blockiert, u.a. solcher, die an der Regulation der Tumorangiogenese, der Onkogenese sowie des Mikroenvironments beteiligt sind. Bei Patient*innen nach Versagen aller etablierten Chemotherapien wurde in zwei Phase-III Studien gezeigt, dass eine Regorafenib-Monotherapie im Vergleich mit Best Supportive Care die Gesamtüberlebenszeit statistisch signifikant in der Metaanalyse mit einer Hazard Ratio von 0,76 verbessert, siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Regorafenib führt bei vielen Patient*innen zu Therapiebeginn zu symptomatischer Toxizität. Nebenwirkungen CTCAE Grad 3/4, die bei mehr als 5% der mit Regorafenib behandelten Patient*innen in der Zulassungsstudie und signifikant häufiger im Therapie- als im Placebo-Arm auftraten, waren Fatigue (+6%), Diarrhoe (+4%), Hand-Fuß-Syndrom (+17%) und Hypertonie (+6%). Nebenwirkungen treten im Median nach 14 Tagen auf und erfordern daher zu Therapiebeginn ein engmaschiges Monitoring (z. B. wöchentlich) und ggf. eine konsequente Dosisreduktion. Informationen zum Zulassungsstatus sind in Kolorektales Karzinom Zulassung zusammengefasst.

6.2.3.16TAS-102

TAS-102 ist ein neues orales Zytostatikum. Es besteht aus Trifluridin, einem Thymidin-Analogon, und Tipiracilhydrochlorid, einem Thymidinphosphorylase-Inhibitor. Die zytotoxische Komponente ist Trifluridin; Tipiracil hemmt ihren raschen Abbau. In einer Phase-III-Studie an rezidivierten oder refraktären Patient*innen mit metastasiertem kolorektalem Karzinom nach mindestens zwei Standardchemotherapien führte TAS-102 zu einer statistisch signifikanten Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (HR 0,48; Median 0,3 Monate) und zu einer Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit (HR 0,68, Median 1,7 Monate), siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom. Die Remissionsrate lag bei 1,6%. TAS-102 wird über jeweils 5 Tage in zwei aufeinanderfolgenden Wochen eingenommen, gefolgt von 2 Wochen Pause. Nebenwirkungen CTCAE Grad 3/4, die bei mehr als 5% der mit TAS-102 behandelten Patient*innen in der Zulassungsstudie auftraten, waren Neutropenie (38%), Leukozytopenie (21%), Anämie (18%) und Thrombozytopenie (5%). Febrile Neutropenie trat bei 4% der Patient*innen auf. Diese Komplikationen erfordern engmaschiges Monitoring des Blutbildes und ggf. eine Dosisreduktion. Informationen zum Zulassungsstatus sind in Kolorektales Karzinom Zulassung zusammengefasst.

7Rehabilitation

Sowohl die Grunderkrankung als auch die Therapien (systemisch, chirurgisch, radiologisch, strahlentherapeutisch) können bei den Patient*innen mit Kolonkarzinomen zu sehr unterschiedlich ausgeprägten Folgestörungen führen und damit die Lebensqualität, die Selbständigkeit und ggf. auch die Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen.

Die medizinische Rehabilitation, sowohl stationär als auch ambulant, kann diese Folgestörungen beheben oder zumindest lindern.

Daher sollte allen Patient*innen nach durchgeführter Primärtherapie eine Rehabilitation angeboten werden. Beabsichtigte chirurgische und strahlentherapeutische Maßnahmen müssen dafür abgeschlossen sein. Medikamentöse Tumortherapien können auch während der Rehabilitation stattfinden.

Zu den Inhalten der Rehabilitation gehören die umfassende Information des Patient*innen zur Grunderkrankung sowie allen Diagnostik- und Therapiemodalitäten. Der Patient sollte im Umgang mit Folgen der Krankheit und der Therapie (z.B. Versorgung eines Anus praeter, Minderung der Neuropathie) geschult werden.

Die medikamentöse Therapie sollte in der Rehaklinik ggf. optimiert werden. Die Einrichtung sollte in der Lage sein, medikamentöse Tumortherapien entsprechend den Vorgaben des vorbehandelnden Tumorzentrums während der Reha fortzusetzen, um Therapieunterbrechungen oder -verzögerungen zu vermeiden.

Es ist eine psychologische Erstuntersuchung zu fordern, um Defizite bei der Krankheitsverarbeitung oder reaktive Verstimmungen zu erkennen und weitere Maßnahmen einzuleiten.

Diätberatungen sind durchzuführen, um Patient*innen bei einer erforderlichen Änderung der Ernährungsgewohnheiten und des „lifestyle“ zu unterstützen.

Umfassende Trainingstherapien sollen den Patient*innen bei der Wiedererlangung der muskulären Kraft und Ausdauer helfen und ihn motivieren, auch nach der Rehabilitation physisch aktiv zu bleiben.

Sozialmedizinisch müssen Patient*innen im arbeitsfähigen Alter über die Möglichkeiten zum Wiedereinstieg ins Arbeitsleben (stufenweise Wiedereingliederung, innerbetriebliche Umsetzung, Vermittlung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes, Umschulung) informiert und dabei unterstützt werden. Weiterhin ist, bei einer entsprechenden Notwendigkeit, die Unterstützung am Heimatort sowohl bei den Aktivitäten des täglichen Lebens oder der pflegerischen Versorgung zu organisieren.

Die Rehaklinik sollte ebenfalls, sofern dieses nicht geregelt ist, die medizinische Weiterbetreuung des Patient*innen organisieren.

Den Patient*innen sollte eine Anbindung an Selbsthilfegruppen angeboten werden.

Grundsätzlich ist bei der Auswahl der Reha-Einrichtung das Wunsch-und Wahlrecht des Patient*innen zu respektieren.

Allerdings können hierbei nur Einrichtungen berücksichtigt werden, die in der Lage sind, Patient*innen mit Kolonkarzinomen fachgerecht zu betreuen, somit Kliniken mit gastro-enterologischem oder onkologischem Schwerpunkt, die regelmäßig zertifiziert werden und an standardisierten Qualitätssicherungsprogrammen teilnehmen.

8Nachsorge

Die Nachsorge von Patient*innen mit kolorektalem Karzinom erfolgt strukturiert. Ziele der Nachsorge sind die frühzeitige Diagnose eines Rezidivs mit dem Ziel der Verlängerung der Überlebenszeit / Erhöhung der Heilungschance, die Erkennung von Nebenwirkungen der Therapie und Vorsorge. Bei Patient*innen mit kolorektalem Karzinom kann die intensive, strukturierte Nachsorge zu einer Verlängerung der Überlebenszeit führen [41], siehe Studienergebnisse Kolorektales Karzinom.

Zusätzlich ist nach Abschluss der Primärtherapie eine Koloskopie erforderlich, falls sie präoperativ nicht durchgeführt wurde.

Die Nachsorge erfolgt stadien- und risikoadaptiert, siehe Tabelle 6.

Tabelle 6: Strukturierte Nachsorge des Kolonkarzinoms 

Untersuchung

Monate

3

 

6

 

9

 

12

 

15

 

18

 

21

 

24

 

27

 

30

 

33

 

36

 

42

 

48

 

54

 

60

Anamnese,

körperliche Untersuchung

 

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Sonographie Abdomen

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CT Abdomen / Thorax

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Koloskopie

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X

X

X

 

X

X

X

 

X Empfehlungen in Deutschland;
X Empfehlungen in Österreich;
X Empfehlungen in der Schweiz

9Literatur

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10Aktive Studien

11Medikamentöse Tumortherapie - Protokolle

12Studienergebnisse

13Zulassungsstatus

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Dirk Arnold
Asklepios Tumorzentrum Hamburg
Asklepios Klinik Altona
Onkologie und Palliativmedizin, mit Sektionen
Hämatologie und Rheumatologie
Paul-Ehrlich-Str. 1
22763 Hamburg
Prof. Dr. med. Markus Borner
ONCOCARE am Engeriedspital
Riedweg 15
CH-3012 Bern
Dipl.-Med. Gerhard Faber
Celenus Teufelsbad Fachklinik
Abteilung Onkologie
Michaelstein 18
38889 Blankenburg
Prof. Dr. med. Gunnar Folprecht
Universitätsklinikum Carl-Gustav Carus der TU Dresden
Medizin Klinik und Poliklinik I
Fetscherstr. 74
01307 Dresden
Prof. Dr. med. Ullrich Graeven
Kliniken Maria Hilf, Mönchengladbach
Innere Medizin I
Klinik für Hämatologie, Onkologie
Viersener Str. 450
41063 Mönchengladbach
PD Dr. Birgit Grünberger
Landesklinikum Wiener Neustadt
Abteilungsvorstand Abteilung für Innere Medizin, Hämatologie und intern. Onkologie
Corvinusring 3-5
A-2700 Wiener Neustadt
Prof. Dr. med. Holger Hebart
Stauferklinikum Schwäbisch Gmünd
Zentrum Innere Medizin
Wetzgauer Str. 85
73557 Mutlangen
Prof. Dr. med. Susanna Hegewisch-Becker
Onkologische Schwerpunktpraxis Hamburg Eppendorf
Eppendorfer Landstr. 42
20249 Hamburg
Prof. Dr. med. Volker Heinemann
Universität München, Klinikum Großhadern
III. Medizinische Klinik
Abteilung Hämatologie und Onkologie
Marchioninistr. 15
81377 München
Prof. Dr. med. Ralf-Dieter Hofheinz
Universitätsmedizin Mannheim
Mannheim Cancer Center
Theodor-Kutzer-Ufer 1-3
68167 Mannheim
Dr. Ron Pritzkuleit
Institut für Krebsepidemiologie
Krebsregister Schleswig-Holstein
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
PD Dr. med. Holger Rumpold
Ordensklinikum Linz
Viszeralonkologisches Zentrum
Fadingerstr.1
A-4020 Linz
PD Dr. med. Marianne Sinn
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
II. Medizinische Klinik und Poliklinik
Onkologie, Hämatologie, KMT mit Sektion Pneumologie
Martinistr. 52
20246 Hamburg
Prim. Univ.-Prof. Dr. Josef Thaler
Klinikum Kreuzschwestern Wels GmbH
IV. Interne Abteilung
Grieskirchnerstr. 42
A-4600 Wels
Prof. Dr. med. Jürgen Weitz
Uniklinik Carl-Gustav-Carus Dresden
Klinik und Poliklinik
f. Viszeral-, Thorax- u. Gefäßchirurgie
Fetscherstr. 74
01307 Dresden
Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann
Amb. Gesundheitszentrum der Charité
Campus Virchow-Klinikum
Med. Klinik m.S. Hämatologie & Onkologie
Augustenburger Platz 1
13344 Berlin

16Erklärungen zu möglichen Interessenkonflikten

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Reference:

Quellenangabe:

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