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Graft-versus-Host Erkrankung, akut

Stand März 2018
Dies ist nicht die aktuelle Version. Siehe: Graft-versus-Host Erkrankung, akut

1Zusammenfassung

Die akute Graft-versus-host Erkrankung ist eine systemische entzündliche Erkrankung, die bei 30-60% der Patienten nach allogener Blutstammzelltransplantation oder Knochenmarktransplantation auftritt. Hauptmanifestationsstellen im Körper sind Darm, Haut und Leber.

Entscheidend für Ausprägung und Prognose der GvHD ist die medikamentöse Prophylaxe. Wahl der Medikamente, Dosis und Dauer orientieren sich an individuellen Risikofaktoren wie Grad der HLA Kompatibilität zwischen Spender und Empfänger, Remissionsstand der Grunderkrankung und Alter des Empfängers.

Die Therapie einer akuten GvHD richtet sich nach deren Schweregrad. Bei Vorliegen eines Schweregrades II oder höher ist eine systemische immunsuppressive Therapie auf der Basis von Kortikosteroiden indiziert.

2Grundlagen

2.1Definition

Die akute Graft-versus-host Erkrankung ist eine systemische, entzündliche Erkrankung, die nach allogener Blutstammzelltransplantation oder Knochenmarktransplantation auftritt und zur Schädigung insbesondere von Darm, Haut und Leber führt. Die aktuell gültige Definition des National Institute of Health unterscheidet

  • klassische akute GvHD bis Tag 100

  • „late-onset“ akute GvHD (nach 100 Tagen)

  • persistierende und rekurrierende akute GvHD.

2.2Epidemiologie

Die akute GvHD entsteht bei 30% - 60% der Patienten die eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT) erhalten und trägt zu 15-30% der Todesfälle bei [1]. Ihre Inzidenz ist bei HSZT mit einem unverwandten Spender höher als bei Verwendung eines verwandten Stammzellspenders.

2.3Pathogenese

Die akute GVHD entsteht, wenn T-Zellen des Spenders Gewebe des Empfängers als fremd erkennen und schädigen. Dies geschieht in der HLA kompatiblen Situation (10/10 Gewebemerkmale passend) durch Erkennung von Minor Histokompatibilitätsantigenen durch die Spender T-Zellen mit dem passenden T-Zell Rezeptor. So führte die Depletion von T-Zellen aus dem Transplantat zur Vermeidung von GvHD, war jedoch wegen der Beeinträchtigung des Graft-versus-Leukämie-Effektes mit erhöhten Rezidivraten assoziiert. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass neben T-Zellen auch Zellen des angeborenen Immunsystems eine Rolle bei der GvHD Pathophysiologie spielen [2]

3[Kapitel nicht relevant]

4Klinisches Bild

4.1Symptome

4.1.1Darm-GvHD

Typische klinische Zeichen der Darm-GvHD sind profuse wässrige Diarrhoen in Verbindung mit schmerzhaften abdominellen Krämpfen (Tenesmen). Die Patienten sind durch den Flüssigkeitsverlust sowie die Translokation intestinaler Bakterien mit nachfolgender Sepsis akut gefährdet, und erleiden eine Malabsorption mit konsekutivem, ausgeprägtem Gewichtsverlust. Bei ausschließlichem Befall des oberen Magen-Darm-Traktes sind Anorexie, Dyspepsie und Gewichtsverlust typisch. Diagnostik der Darm-GvHD siehe Kapitel 5.2.1.1

4.1.2Haut-GvHD

Das klinische Bild der Haut-GvHD ist ein makulopapulöses Exanthem sowie Erythrodermie, die häufig durch Juckreiz begleitet wird. Prädilektionsstellen, die intensiv untersucht werden sollen, sind lichtexponierte Hautareale wie Dekolleté, Nacken, Unterarme und Gesicht. Diagnostik der Haut-GvHD siehe Kapitel 5.2.1.2

4.1.3Leber-GvHD

Charakteristisch für die akute GvHD der Leber ist klinisch der Ikterus durch den Anstieg von Bilirubin. Sind toxische oder infektiöse Ursachen für den Bilirubin Anstieg ausgeschlossen und besteht möglichweise auch eine GvHD-Manifestation an den Organen Haut oder Darm, ist eine Leberbiopsie zur Diagnose nicht erforderlich. Diagnostik der Leber-GvHD siehe Kapitel 5.2.1.3

5Diagnose

5.1[Kapitel nicht relevant]

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

5.2.1.1Darm GvHD

Bei Verdacht auf Darm-GvHD sollte eine histologische Sicherung aus dem oberen oder unteren Gastrointestinaltrakt, je nach klinischer Symptomatik erfolgen. Wichtig bei V.a. GvHD des unteren Gastrointestinaltraktes ist die Untersuchung des terminalen Ileums im Rahmen der Koloskopie, da hier GvHD gehäuft zu finden ist [4]. Histologische Kriterien für das Vorliegen einer GvHD (Tabelle 1) sind Anzahl der Apoptosen, Kryptenabszesse und Epithelverlust [5].

Tabelle 1: Histologisches Grading der akuten gastrointestinalen GvHD [5] 

Grad

Beschreibung

I

Einzelzellnekrosen und/oder Apoptosen des Kryptenepithels, fakultativ Kryptendilatation ohne Verlust von Krypten

II

Grad I mit Nekrose und Untergang vollständiger Einzelkrypten

III

Grad II mit Verlust zusammenhängender Krypten, fokale mikroskopische Mukosadefekte

IV

Diffuse mikroskopische Mukosadefekte bis zum vollständigen Epithelverlust

Differenzialdiagnostisch kommen für Durchfälle und abdominelle Schmerzen nach Transplantation infektiöse Ursachen in Frage. Bakterielle Infektionen wie Salmonellen, C. difficile, Campylobacter, virale Infektionen wie Noroviren, Rotaviren, Adenoviren oder Cytomegalievirus (CMV) sollten ausgeschlossen werden, da sich diese Erkrankungen durch die zusätzliche Immunsuppression zur Therapie der GvHD verschlimmern könnten. Ebenfalls kommen differenzialdiagnostisch Chemotherapie-Nebenwirkung und hoch dosierte Magnesium Gabe in Frage. Weiterhin kann eine Toxizität von Mycophenolat eine milde GvHD klinisch und teilweise auch histologisch imitieren.

5.2.1.2Haut-GvHD

Bei relevanten Differenzialdiagnosen der Haut GvHD sollte eine histologische Sicherung erwogen werden, um Arzneimittelexantheme oder toxische Schädigung der Haut auszuschließen und das Ausmaß der kutanen Schädigung histologisch beurteilen zu können [6] (Tabelle 2).

Tabelle 2: Histologischer Schweregrad der Haut-GvHD 

Grad

Beschreibung

I

Vakuoläre Degeneration der basalen Keratinozyten

II

Vakuoläre Degeneration der Keratinozyten mit Spongiose und Dyskeratose bzw. zytoiden Einschlusskörperchen, sog. „Civatte bodies“

III

Grad II und zusätzlich Epidermolyse mit Blasenbildung

IV

Vollständiger Untergang des Epithels

Eine hyperakute Form der GvHD mit generalisierter Erythrodermie und Desquamation kann in der Zeit von 7-14 Tagen nach Transplantation auftreten. Die GvHD kann auch die Schleimhäute (oral, genital, anal und okulär) betreffen. Die orale GvHD kann sich als schmerzhafte Mukositis manifestieren, differenzialdiagnostisch kommen eine Herpes-simplex-virus (HSV)-Mukositis, oder Chemotherapie Nebenwirkungen z.B. durch MTX, Thiotepa oder Busulfan in Frage. Bei Augen-GvHD berichten die Patienten über erhöhte Lichtempfindlichkeit und Fremdkörpergefühl. Eine Vorstellung beim Augenarzt zum Ausschluss von CMV, Adenoviren oder HSV als Ursache sollte erfolgen.

5.2.1.3Leber-GvHD

Besteht eine isolierte Erhöhung der Leberwerte und/oder führt die initiale immunsuppressive Therapie nicht zu einer Besserung der Symptome sollte eine Biopsie durchgeführt werden. Dabei lässt sich die Leber-GvHD durch die histologischen Kriterien wie lobuläre Hepatitis, Cholestase, Apoptosen der Gallengangsepithelien, mit Zelltrümmern gefüllte, proliferierende Ductuli, periduktale lymphozytäre Infiltration und segmentale Nekrosen identifizieren [7] Anhand der Prozentzahl der betroffenen interlobulären Gallengänge wird der histologische Schweregrad der Leber GvHD festgelegt (Tabelle 3).

Tabelle 3: Histologischer Schweregrad der Leber-GvHD [6] 

Grad

Beschreibung: Pathologische Veränderungen in den kleinen interlobulären Gallengängen

1

< 25 %

2

25-50 %

3

50-75 %

4

>75 %

Differenzialdiagnostisch kommen lebertoxische Medikamente (z.B. Voriconazol, Fluconazol, u.a.), ein sinusoidales Obstruktionssyndrom (SOS, früher Veno-occlusive disease; VOD) oder Infektionen (z.B. Hepatitis B oder Hepatitis C Reaktivierung) in Frage.

5.3Klassifikation

Die GvHD wird nach Ausprägung und Anzahl der befallenen Organe in vier Schweregrade eingeteilt. Die Ermittlung des Stadiums der GvHD erfolgt aufgrund einer Einteilung nach Schweregraden für jedes einzelne Organ, die Kriterien für das jeweilige Stadium sind in Tabelle 4 dargestellt.

Tabelle 4: Organstadien der aktuen GvHD [9] 

Haut

Leber

Darm

Schweregrad

Klinisches Bild

Diarrhoe ml/Tag

Bilirubin mg/dl

0

Kein Erythem/Exanthem

Diarrhoe <500 ml/Tag

Kinder: <10ml/kg/d oder < 4x/d

Bilirubin <2 mg/dl

 

1

Makulopapulöses Exanthem

<25% der Körperoberfläche1

Diarrhoe 500-1000 ml/Tag2

oder 3 – 6 Stühle/Tag oder Übelkeit3

Kinder: 10-19,9ml/kg/d oder 4-6x/Tag

Bilirubin 2 – 3 mg/dl

 

2

Makulopapulöses Exanthem

25-50% der Körperoberfläche

Diarrhoe 1000-1500 ml/Tag oder > 6 Stühle/Tag3

Kinder: 20-30ml/kg/d oder 7-10x/Tag

Bilirubin 3 -6 mg/dl

3

Generalisiertes Exanthem

Diarrhoe >1500 ml/Tag

Kinder: >30ml/kg/d oder > 10x /Tag

Bilirubin 6 - 15 mg/dl

4

Generalisiertes Exanthem mit

Blasenbildung und

Desquamation > 5% KO

„akuter Bauch“ mit oder ohne

paralytischen Ileus

blutige Diarrhoe

Bilirubin >15 mg/dl

1Berechnung der Körperoberfläche (KO) nach 9er-Regelung Kopf 9 %, je Arm 9 %, Vorder- oder Rückseite des Stammes je 18 %, je Bein 18 %; 2Stuhlmenge pro Stuhlgang mindestens 100-200ml; 3anhaltende Übelkeit mit histologischen Zeichen einer GVHD in Magen- oder Duodenalbiopsien.

Nach Schweregradbeurteilung der einzelnen Organe erfolgt dann die Einstufung des GvHD Gesamtschweregrades, siehe Tabelle 5.

Tabelle 5: Gesamtschweregrad der akuten GvHD (mod. nach Glucksberg [3] 

Grad

Haut

Leber

Darm

Karnofsky (%)

0

0

0

0

100

I (leicht)

1 – 2

0

0

80

0

0 -1

0 -1

II* (moderat)

0

0 -1

1

70

1 – 3

1

0 - 1

3

0

0

III (schwer)

2 – 3

2 – 3

2 - 3

60

IV (lebensbedrohlich)

2 – 4

2 - 4

2 - 4

40-50

* meist Multiorganbefall; auch GvHD des oberen Gastrointestinaltraktes

Nach Möglichkeit sollte die Diagnose einer akuten GvHD histologisch bestätigt werden.

5.4Risikofaktoren

Multiple Risikofakten die das Auftreten einer akuten GvHD wahrscheinlicher machen sind beschrieben worden und können zu Entscheidung beitragen, wie schnell eine GvHD-Prophylaxe mit immunsuppressiver Medikation reduziert werden sollte.

Folgende Risikofaktoren sind beschrieben:

  • Grad der HLA-Klasse I- und II-Identität zwischen Spender und Empfänger

  • Geschlechts-Mismatch: weibliche Spenderin für männlichen Empfänger (T-Zellen erkennen Genprodukte des Y Chromosoms)

  • Weiblicher Spender mit vorangegangener Schwangerschaft

  • Stammzellquelle: Blutstammzellen (PBSZ) > Knochenmark (KM) > Nabelschnurblut

  • Anzahl der T-Lymphozyten im Transplantat bei HLA-mismatch Situation

  • Reduzierte immunsuppressive Prophylaxe: <80 % der Zieldosis von Methotrexat (MTX) oder Abfall des Cyclosporin (CyA)–Spiegels <200 ng/ml in den ersten Wochen nach Transplantation

  • zunehmendes Alter des Empfängers und Spenders

  • Ganzkörperbestrahlung

  • Infektionen

  • UV-Exposition

6Prophylaxe und Therapie

6.1Prophylaxe

Ziel der GvHD-Prophylaxe ist es, das Auftreten einer GvHD zu verhindern. Die Intensität und Dauer der GvHD-Prophylaxe wird angepasst an mehrere Faktoren wie beispielsweise den Remissionsstand der Grunderkrankung, das Alter des Empfängers und den Grad der HLA Kompatibilität zwischen Spender und Empfänger. Die in Deutschland am häufigsten genutzte Standardprophylaxe der GvHD ist die Kombination eines Calcineurin-Inhibitors wie Cyclosporin A (CyA) oder Tacrolimus mit Methotrexat (MTX) oder Mycophenolat Mofetil (MMF). Für die Wirksamkeit von Cyclosporin A, Tacrolimus, MTX und MMF besteht der Evidenzlevel IIb und III (Phase II Studien, Fall-Kontroll-Studien), wobei die beste Evidenz für die GvHD-Prophylaxe mit Cyclosporin und MTX besteht. Eine neuere Studie zeigte, dass die Kombination MMF/CyA bei myeloablativer Blutstammzelltransplantation der MTX/CyA Kombination nicht unterlegen war und mit[einem früheren Engraftment, jedoch auch mit mehr CMV Reaktivierungen einherging [10].

Für den zusätzlichen Einsatz von ATG zur Reduktion von GvHD bei Transplantationen mit unverwandten Spendern besteht Evidenzlevel Ib (Phase III, randomisiert, multizentrisch) [11]. Im Folgenden werden einige wesentliche Komponenten der Immunsuppression sowie deren mögliche Dosierung und Anwendung zur GvHD Prophylaxe beschrieben. Ein orientierender Algorithmus ist in Abbildung 1, die zugrundeliegende Evidenz in Tabelle 6 dargestellt.

Abbildung 1: Orientierender Algorithmus zur GvHD Prophylaxe 
Tabelle 6: Studien zur GvHD-Prophylaxe 

Familienspender / Fremdspender

 

Immunsuppressiva

Art der Studie

Fazit

Referenz

Familienspender ohne Mismatch

CyA / MTX versus CyA alleine

Phase II, randomisiert,

unizentrisch

CyA/MTX ist besser als CyA alleine

[15]

Familienspender ohne Mismatch

Tacrolimus/Sirolimus versus Tacrolimus/MTX

Phase III, randomisiert

Multizentrisch

Tac/Sir ist vergleichbar mit Tac/MTX

[22]

Familienspender und Fremdspender

Tac/MMF versus Tac/MTX

Phase II, randomisiert, unizentrisch

MMF ist weniger toxisch als MTX

[16]

Fremdspender ohne Mismatch

CyA/MTX mit/ohne ATG-F

Phase III, randomisiert, multizentrisch

Hinzunahme von ATG-F führte zu weniger aGvHD und cGvHD

[11]

Familienspender und Fremdspender

Alemtuzumab allein

Retrospektiv, multizentrisch

Geringe Rate cGvHD

[23]

Familienspender und Fremdspender, nur Knochenmark

Cyclophosphamid nach Transplant allein

Prospektiv,

unizentrisch

CY Tag 3/4 post Tx ist wirksam

[24]

Abkürzungen: CyA: Cyclosporin A, MTX: Methotrexat, Tac: Tacrolimus, Sir: Sirolimus, MMF: Mycophenolat mofetil, ATG-F: Antithymozytenglobulin (anti-Jurkat ATG-Fresenius), CY: Cyclophosphamide.

6.1.1Arzneimittel

6.1.1.1Cyclosporin A

Um zum Zeitpunkt der Transplantation bereits einen wirksamen CyA Spiegel zu erreichen, sollte bereits vor Transplantation mit der Medikation begonnen werden. Beschrieben wird eine Dosierung von 2 x 2,5 mg/kg/Tag i.v. über 4 Std. Die erste Spiegelbestimmung soll am Tag 0 erfolgen mit einem Zielspiegel >250 ng/ml. Eine Umstellung auf oral soll erfolgen, wenn die Nahrungsaufnahme möglich ist. Zu beachten ist die Interaktion von CyA mit anderen Medikamenten [12] CyA wird über Cytochrom P-450 abgebaut (Isoenzym P-3A4) und die Induktion dieses Enzyms führt zur Senkung des CyA-Spiegels. Die maximale Wirkung der Enzyminduktion durch Ko-Medikation erfolgt nach 1 – 2 Wochen und der CyA Spiegel kann bis auf die Hälfte fallen. Hemmung des P450-Enzyms führt zur Erhöhung des CyA-Spiegels. Im Gegensatz zur Induktion wirkt sich die Hemmung schon mit der ersten Dosis aus.

6.1.1.2Tacrolimus

Tacrolimus wird in vielen Zentren alternativ zu CyA verwendet [13]. Der angestrebte Talspiegel liegt bei 6-12 ng/ml. Obwohl sich das Toxizitätsprofil von Tacrolimus und CyA sehr ähnlich ist, kann es insbesondere bei Lebertoxizität sinnvoll sein, von CyA auf Tacrolimus zu wechseln. Eine gefürchtete Nebenwirkung ist das Auftreten von transplant-assoziierter Mikroangiopathie (TAM) unter Calcineurin-Inhibitoren, die besonders bei Kombination mit mTOR Inhibitoren beschrieben wurde [14]

6.1.1.3Methotrexat

MTX ist seit den 1980er Jahren eine Komponente der akuten GvHD Prophylaxe, meist in Kombination mit CyA. Eine Nebenwirkung der MTX-Gabe ist die Mukositis [15] Kontraindikationen für den Einsatz von MTX sind eine Niereninsuffizienz sowie Pleuraergüsse oder Aszites.

6.1.1.4Mycophenolatmofetil / Mycophenolsäure (MMF)

MMF ist neben MTX ein weiterer wesentlicher Kombinationspartner zu CyA oder Tacrolimus in der GvHD Prophylaxe. Als Vorteil gegenüber MTX wurde eine geringere Mukositis-Häufigkeit und raschere hämatopoetische Regeneration beschrieben, dagegen scheint die prophylaktische Wirkung gegenüber MTX etwas geringer zu sein [1617].

6.1.1.5Anti T Zell-Immunglobulin

ATG-Fresenius wird basierend auf einer randomisierten Phase-III-Zulassungsstudie [11] in vielen Institutionen zusätzlich zur Standard-Immunsuppression bei unverwandten Spendern verwendet. In dieser Studie zum Fremdspender wurde ATG-F in einer Dosierung von 3 x 20mg/kg verteilt auf 3 Tage vor Transplantation gegeben. Andere Dosierungen, insbes. im Kontext reduzierter Konditionierung, werden z.B. mit 3 x 10mg/kg verwendet. Ein Einsatz ist auch möglich, wenn bei der Transplantation von Zellen eines Geschwisterspenders ein erhöhtes GvHD-Risiko vorliegt. Beispiele für erhöhtes Risiko sind Patientenalter größer 50 Jahre oder weiblicher Spender bei männlichem Empfänger.

Mögliche Dosierungen:

Fremdspender: 20 mg/kg/ Tag für Tag -3 bis -1 mit "Vorphase" 100 mg abs. an Tag -4

Geschwisterspender: 10 mg/kg/Tag für Tag -3 bis -1

Thymoglobulin wird im Gegensatz zu ATG-F durch Immunisierung mit Thymozyten gewonnen und ist nicht für die Indikation der GvHD Prophylaxe zugelassen. Hier ist die Dosierung die üblicherweise verwendet wird: 1,5 bis 2,5 mg/kg/Tag (Evidenzlevel II-III)

6.1.1.6mTOR-Inhibitoren (Sirolimus, Everolimus)

Eine Reihe von Phase-II-Studien haben mTOR-Inhibitoren anstelle von MTX oder MMF in Kombination mit Calcineurin-Inhibitoren oder Tacrolimus [14] untersucht. Neben einer reduzierten Toxizität wurde zum Teil eine höhere Wirksamkeit postuliert. Letzteres wurde aber in einer aktuellen randomisierten Phase III Studie nicht bestätigt [18]. Die Rate von SOS und Mikroangiopathie, die in einer Phase II Studie 25% bzw. 29% betragen hatte [19] lag in der Phase III Studie bei 11% bzw. 5% und war nicht signifikant höher als im Vergleichsarm [18]. Beide Substanzen liegen nur für die orale Gabe als Tabletten bzw. Lösung vor. Der angestrebte Talspiegel im Serum beträgt für Sirolimus 4-12 ng/ml und für Everolimus 5-10 ng/ml. Da sowohl Sirolimus als auch Everolimus über CYP 3A4 abgebaut werden, aber das Enzym gleichzeitig auch hemmen, kommt es zu einer wesentlichen gegenseitigen Beeinflussung der Spiegel durch mTOR-Inhibitoren und Calcineurin-Inhibitoren. Daher müssen die Spiegel beider Substanz-Gruppen engmaschig überwacht werden, insbesondere bei einer Dosisänderung.

6.1.1.7Cyclophosphamid

Die Gabe von Cyclophosphamid an den Tagen 3 und 4 nach Transplantation wurde zunächst in Ergänzung zu einer zweifach-GvHD-Prophylaxe bei haploidenter Transplantation eingeführt. Es zeigte sich dann, dass sie auch erfolgreich als alleinige GvHD-Prophylaxe nach HLA-kompatibler Knochenmarktransplantation eingesetzt werden kann [20]. Bei Verwendung von PBSZ wurde post-Transplant Cyclophosphamid erfolgreich in Kombination mit Sirolimus als GvHD-Prophylaxe verwendet [21].

6.2Therapie

Die Therapie der akuten GvHD richtet sich nach deren Schweregrad. Bei Vorliegen eines Schweregrades II oder mehr soll eine systemische immunsuppressive Therapie verabreicht werden. Eine Umfrage zum Einsatz verschiedener Immunsuppressiva bei akuter GvHD, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt wurde, zeigte, dass die häufigste Primärtherapie Kortikosteroide sind [25] mit einem Evidenzlevel IIb. Als Zweitlinientherapie werden am häufigsten MMF und extrakorporale Photopherese angewendet [25]. Insgesamt ist die Zweitlinientherapie der akuten GvHD heterogen, die Evidenzlevel für verschiedene Immunsuppressiva liegen bei IIb bis III. Ein orientierender Therapiealgorithmus ist in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung 2: Orientierender Algorithmus zur Therapie der akuten GvHD 

Im Folgenden werden die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten dargestellt.

6.2.1Erstlinientherapie

6.2.1.1Immunsuppression
  • Immunsuppressive Prophylaxe (CyA, MMF) auf intravenöse Gabe umstellen (insbesondere bei Darm-GvHD)

  • CyA Spiegel im Bereich über 200 ng/ml halten.

  • Prednisolon 2 mg/kg/Tag i.v. Tag 1-4
    bei Response innerhalb 4 Tagen: Fortführen Prednisolon bis Tag +7, dann 20 % Dosisreduktion alle 5 Tage
    kein Response (= Progression nach 3 Tagen oder keine Veränderung nach 7 Tagen oder kein Abklingen der GvHD nach 14 Tagen): Zweitlinientherapie erforderlich

6.2.1.2Supportive Maßnahmen
  • Flüssigkeitssubstitution

  • Parenterale Zusatzernährung

  • Antibiotische / antivirale / antimykotische Therapie (insbesondere bei Infekt-getriggerter GvHD)

  • Antimykotische Prophylaxe (z.B. mit Posaconazol [26]

  • Posaconazol zeigte im Vergleich mit Fluconazol bei Patienten mit GvHD eine geringere Rate an invasiven Aspergillosen und ein niedrigeres Risiko an einer Pilzinfektion zu versterben [26]

  • Schmerztherapie

  • Magenschutz

6.2.1.3Darm-GvHD:
  • Die akute Darm GvHD stellt eine vitale Bedrohung dar und erfordert eine stationäre Aufnahme in einem transplantationserfahrenen Zentrum.

  • Zusätzlich zur Immunsuppression antimykotische Medikation (Posaconazol [26], liposomales Amphotericin oder Voriconazol). Neue Daten weisen darauf hin, dass durch Antibiose das Mikrobiom ungünstig verändert wird und GvHD eventuell gefördert wird [27]. Daher Antibiose nur bei Hinweis auf bakterielle Infektion.

  • >Grad III Nahrungskarenz, ansonsten Koststufe I + Budesonid p.o., Sonden- oder Trinknahrung, Laktose-freie Kost

  • Bei ausgeprägtem Flüssigkeitsverlust: Somatostatin-Perfusor oder Loperamid

6.2.1.4Haut-GvHD:
  • Hautpflege: OHNE Urea, z.B. DAC Basiscreme, oder Bepanthenol Lotio

  • Steroid-haltig: z.B. Advantan Milch

  • Immunsuppressiva lokal: Pimecrolimus, Tacrolimus nur lokal- z.B. Gesicht, Körperfalten, genital.

6.2.2Zweitlinientherapie

Verschiedene Τherapie - Ansätze und deren mögliche Dosierung bei Patienten, die nicht auf Prednison ansprechen. Die aktuelle Praxis der Behandlung der akuten GvHD in der Zweitlinie wurde in folgenden Übersichten für Deutschland [25]und die USA [28] erfasst. Die Optionen sind in Tabelle 7 zusammengestellt.

Tabelle 7: Optionen der Zweitlinientherapie 

Arzneimittel

Präparat

Dosierung/Applikation

Anmerkung

Referenz

Mycophenolatmofetil (MMF)

Cellcept®

3 x 1g/Tag i. v.

Mycophenolat (MPA)

Myfortic®

2 x 720 mg p.o.

Extrakorporale Photophorese (ECP)

initial 3x/Woche, dann 2x/Woche bis zur Resolution

möglichst zeitnah

[29]

Psoralen- und Ultraviolet A-Bestrahlung (PUVA) oder UVB-Bestrahlung

nur bei isolierter Haut-GvHD indiziert

Basiliximab

Simulect®

40 mg/Woche i.v.

[30]

Daclizumab

Zenapax®

1,5 mg/kg KG Tag 1

1 mg/kg KG Tag 4, 8, 15, 22

[31]

ATG

ATG Fresenius®

5 x 5 mg/kg KG i.v., über eine Woche verteilt

Etanercept

Enbrel®

25 mg 2x/Woche s.c.

Darm- und/oder Haut-GvHD

[42]

Sirolimus

Rapamune®

1 mg jeden 2. Tag für 5 Tage dann 1 mg /Tag p.o.; bei weiter guter Verträglichkeit Dosissteigerung unter Wirkspiegelkontrolle (Zielspiegel 4-12 ng/ml) bis 2 mg/Tag (CAVE: Abstand zu Calcineurin Inhibitoren mindestens 4 Stunden; Gefahr der TAM)

Everolimus

Certican®

2 x 0,5 mg/Tag p.o., Zielspiegel 5-10 ng/ml

Pentostatin

Nipent®

1,4 mg/m2 für 3 Tage i.v.

Kasuistiken

[32]

Ruxolitinib

Jakavi®

2 x 10 mg täglich p.o.

Kasuistiken

[3334]

Mesenchymale Stromazellen (MSCs)

[4041]

6.3Risiko-Scores und Biomarker zum Ansprechen der akuten GvHD auf Kortikosteroide

Eine wichtige Frage im therapeutischen Algorithmus der akuten GvHD ist, ob der Patient auf Cortikosteroide ansprechen wird. Eine GvHD-Arbeitsgruppe aus Minnesota hat einen GvHD Risiko-Score beschrieben, über den Patienten mit Hochrisiko-aGvHD, die wahrscheinlich nicht auf Kortikosteroide ansprechen, bereits bei Krankheitsbeginn identifiziert werden können [3536]. In die Hochrisiko-Gruppe fallen Patienten mit einem der folgenden Charakteristika ihrer akuten GvHD:

  • Haut GvHD 4. Grades

  • GvHD des unteren Gastrointestinaltraktes 3. oder 4. Grades

  • Leber GvHD 3. oder 4. Grades

  • Haut ≥ 3°+ unterer Gastrointestinaltrakt ≥ 3°,

  • Haut ≥ 3°+ Leber ≥ 2° [35]

Patienten in dieser Hochrisikogruppe haben eine schlechte Prognose und benötigen wahrscheinlich bereits initial eine alternative Therapie neben den Kortikosteroiden. Es gibt zunehmend Hinweise, dass auch Biomarker wie ST2 [37] TNFR1 und Reg3α [38] im Serum oder Single-nucleotid Polymorphismen (SNPs) innerhalb des Thrombomodulin Gens [39] zur Identifikation von Patienten mit Kortikosteroid-refraktärer GvHD genutzt werden können.

7[Kapitel nicht relevant]

8[Kapitel nicht relevant]

9Literatur

  1. Ferrara JL, Levine JE, Reddy P, Holler E: Graft-versus-host disease. Lancet 373:1550-1561, 2009. DOI:10.1016/S0140-6736(09)60237-3

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10 [Kapitel nicht relevant]

11Therapieprotokolle

12Zulassung

13[Kapitel nicht relevant]

15Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. med. Peter Dreger
Universitätsklinikum Heidelberg
Medizinische Klinik und Poliklinik V
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
Prof. Dr. med. Jürgen Finke
Universitätsklinikum Freiburg
Medizinische Klinik I
Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie
Hugstetter Str. 55
79106 Freiburg
Prof. Dr. med. Hildegard Greinix
Medizinische Universität Graz
Klinische Abteilung für Hämatologie
Auenbruggerplatz 38D
A-8036 Graz
Prof. Dr. med. Ernst Holler
Klinikum der Universität Regensburg
Hämatologie und Onkologie
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93042 Regensburg
Prof. Dr. med. Thomas Luft
Universitätsklinikum Heidelberg
Medizinische Klinik und Poliklinik V
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christoph Scheid
Universitätsklinikum Köln
Klinik I für Innere Medizin
Kerpener Str. 62
50937 Köln
Prof. Dr. med. Daniel Wolff
Universitätsklinikum Regensburg
Klinik für Innere Medizin III
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93053 Regensburg
Univ.-Prof. Dr. Robert Zeiser
Universitätsklinikum Freiburg
Klinik für Innere Medizin 1
Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie
Hugstetter Str. 55
79106 Freiburg

16Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten

nach den Regeln der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie und den Empfehlungen der AWMF (Version vom 23. April 2010) und internationalen Empfehlungen

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Reference:

Quellenangabe:

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