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Budwig-Diät

Die Inhalte der Leitlinie wurden von CAM Cancer und dem Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON) erarbeitet, begutachtet und freigegeben. Sie liegen auf Onkopedia in deutscher und auf dem Informationsportal von CAM Cancer in englischer Sprache vor.

Stand Oktober 2021
Dies ist die aktuell gültige Version des Dokuments

1Zusammenfassung

Die Budwig-Diät entspricht einer speziellen laktovegetarischen Ernährungsweise, deren Kernelement eine Öl-Eiweißmischung aus Leinöl mit Hüttenkäse bzw. Quark ist. Allgemeine Regeln der Diät sind Naturbelassenheit der Nahrungsstoffe, reichlich Fett in Form von kaltgepresstem Leinöl und einem Streichfett auf Leinölbasis, dazu Eiweiß in Form von Quark. Zusätzlich sollen frisch gepresste Säfte und Kräutertees eingesetzt werden.

Diese diätetische Kost wurde von Dr. Johanna Budwig (1908-2003), einer deutschen Biochemikerin, entwickelt und bei allen Krankheiten empfohlen. Auch beim Gesunden soll sie und insbesondere der regelmäßige Genuss von Leinöl und Quark die Gesundheit erhalten. Budwigs Theorie zufolge hat die Kombination von mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit Sulfhydryl-haltigen Proteinen Einfluss auf die Entstehung und das Wachstum von malignen Tumoren. Diese Theorie entspricht nicht mehr dem aktuellen Kenntnisstand der Ernährungsforschung und der Krebsprävention.

  • In der wissenschaftlichen Fachliteratur sind keine klinischen Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit Budwig-Diät veröffentlicht.

Da entsprechende Studien fehlen, lässt sich auch nicht sicher sagen, dass eine solche Diät zumindest nicht schadet. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht besteht als Hauptkritikpunkt an der Budwig Diät, dass der Energie- und Fettgehalt deutlich über den von Fachgesellschaften empfohlenen Mengen liegen.

2Beschreibung des Verfahrens

2.1Begriffsklärung und Definition

Die Budwig-Diät entspricht im Prinzip einer laktovegetarischen Ernährungsweise mit Obst und Gemüse, Vollkorn und Nüssen und hat als weiteren Grundbestandteil eine spezielle Mischung aus frisch geschroteten Leinsamen (Samen des Flachses [Linum usitatissimum), Leinöl und fettarmem Hüttenkäse oder Quark. Nach den Diätvorschriften sollen die Nahrungsmittel frisch sein, vorzugsweise aus biologischem Anbau stammen und nach Möglichkeit roh oder nur sanft gegart verzehrt werden. Raffinierter Zucker, Fleisch, Fisch, gehärtete und tierische Fette, Spirituosen, Koffein, Weißmehl und behandelte Getreideprodukte, Konservierungsstoffe, industriell verarbeitete Lebensmittel und Rauchen sind nicht erlaubt. Die Budwig-Diät ist in mehreren von Johanna Budwig verfassten Büchern beschrieben [56], von denen drei auch ins Englische übersetzt wurden [679].

2.2Herkunft und Verbreitung

In den 1950er Jahren entwickelte die deutsche Pharmazeutin und Biochemikerin Johanna Budwig (1908-2003) eine Diät, deren Grundbestandteil von einer speziellen Kombination mehrfach ungesättigter Fettsäuren aus Leinsamen mit Sulfhydryl-haltigen Proteinen aus Hüttenkäse oder Quark gebildet wird.  Budwig war überzeugt, mit ihrer Öl-Eiweiß-Kost Krebs therapieren zu können. [58]

Derzeit gibt es zahlreiche Websites und Blogs, die diese Diätform propagieren. Diesen zufolge soll es mit der Budwig-Diät möglich sein, die meisten Tumorerkrankungen erfolgreich rückgängig zu machen. Diese Aussagen lassen sich jedoch so gut wie nie auf die ursprünglichen Quellen zurückverfolgen.

2.3Wirkprinzipien

Budwig behauptete, bei der Behandlung von Tumorerkrankungen mit ihrem Vorgehen eine hohe Erfolgsquote erzielt zu haben, legte jedoch keine wissenschaftlichen Belege vor, die ihre Behauptungen stützten.

Nach der zugrundeliegenden Theorie von Budwig, werden Tumorerkrankungen u.a. von „mangelhafter Zellreifung und unvollständigem Zellwachstum“ bzw. einer „eingeschränkten Zellatmung“ verursacht. Budwig ging außerdem davon aus, dass industriell verarbeitete Fette und Öle eine wichtige Rolle bei der Kanzerogenese spielen. Die spezielle Mischung mehrfach ungesättigter Fettsäuren aus Leinsamen mit Sulfhydryl-haltigen Proteinen aus Hüttenkäse oder Quark, die den Kern ihrer Diät bilden, soll das normale Zellwachstum und die normale Funktion geschädigter Zellen wiederherstellen können, indem die geschädigten Gewebe „reoxygeniert“ werden. [48] Die Theorie Budwigs basierte auf inzwischen überholten Ergebnissen ihrer Grundlagenforschung zu Fettsäuren [2]

Die Budwig-Diät ist eine laktovegetarische Ernährungsweise, die zahlreiche Nahrungsbestandteile wie komplexe Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe enthält. Damit entspricht sie in Teilen den internationalen Empfehlungen, die zu einer ausgewogenen und abwechslungsreichen (ovo)-lakto-vegetarischen Ernährung als Dauerkost raten. Der hohe Gehalt an Nährstoffen, Ballaststoffen (und daher gleichzeitig wenig Stärke) in einer solchen Kost führt zu einem hohen Sättigungsgrad und kann das Risiko für viele ernährungsbedingte Krankheiten mindern [18]

Gegenüber diesen Empfehlungen weist die Budwig-Diät jedoch, vor allem durch den Anteil an Leinöl, eine deutlich höhere Energiedichte auf. Leinöl ist eine wichtige Quelle für essentielle, langkettige Omega-3-Fettsäuren, deren wichtigste Vertreter die die Alpha-Linolensäure (ALA), die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA) sind. Für die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren wird für Erwachsene empfohlen, dass ca. 0,5 % der täglich aufgenommenen Gesamtenergie in Form von Omega-3-Fettsäuren aufgenommen werden sollte [16].

Die Ergebnisse epidemiologischer Studien legen nahe, dass ein höherer Anteil von EPA und DHA in der Ernährung gegenüber anderen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren das Erkrankungsrisiko für Brust-, Darm- und Prostatakrebs mindert. Dies gilt insbesondere Omega-3-Fettsäuren aus Kaltwasserfischarten. Als mögliche Wirkmechanismen werden eine Reduktion proinflammatorischer Lipidmetaboliten (Prostaglandin E2) und NF-κB induzierter Zytokine sowie eine verminderte Aktivität von Wachstumsrezeptoren durch alterierte Membranlipide diskutiert. Die anabolen und Insulin-sensitivierenden Wirkungen von EPA and DHA werden als therapeutische Ansätze für die Vermeidung des Muskelabbaus und des Gewichtsverlustes während der onkologischen Therapie diskutiert [1213].

2.4Art der Anwendung und Anbieterqualifikation

Die Budwig-Diät kann zu Hause durchgeführt werden, z. B. unter Begleitung von sogenannten “Dr. Budwig Beratern/innen”. Die Dr. Johanna Budwig Stiftung bietet Web-Seminare an, in denen sie Heilpraktiker/innen, Ernährungsberater/innen und naturheilkundliche Ärzt/innen zu zertifizierten Dr. Budwig Berater/innen asusbildet. 

Videoanleitungen zur Zubereitung von Mahlzeiten nach den Vorschriften der Budwig-Diät sind online abrufbar. (Budwig-videos.com 2021).

Die Kosten entsprechen den durchschnittlichen Ausgaben für die Ernährung oder liegen darunter, da Grundnahrungsmittel wie Fleisch, Fisch, Zucker, Weißmehl, verarbeitete Lebensmittel, Margarine und Butter, und auch Alkohol nicht erlaubt sind. Diese werden ersetzt durch Gemüse aus biologischem Anbau, Vollkornprodukte, Hüttenkäse oder Quark und Leinsamen.

Die Kosten für eine „Budwig-Kur” in einer Spezialklinik können sich jedoch auf mehrere Tausend Euro belaufen.

3Klinische Wirksamkeit

In der Fachliteratur wurden keine klinischen Studien oder Kasuistiken zur Budwig-Diät in der Krebsprävention oder -therapie veröffentlicht, so dass eine Aussage zur Wirksamkeit und Sicherheit nicht möglich ist.

3.1Antitumoröse Therapie

3.1.1Leitlinien

-

3.1.2Klinische Studien

3.2Supportive/palliative Therapie

-

3.2.1Leitlinien

-

3.2.2Klinische Studien

-

4Sicherheit

Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten nur sehr geringe Mengen an Vitamin B12. Eine ovo-lakto-vegetarische Ernährung enthält mit Eiern und Käse zwei Quellen für Vitamin B12, die allerdings einen erhöhten Bedarf nicht abdecken können. Da eine vegetarische Kost reich an Folaten ist, können die Auswirkungen eines Vitamin B12 Mangels oft maskiert werden, bis neurologische Symptome auftreten [11]. Aus diesen Gründen sollten Menschen, die sich vegetarisch, oder nach einer ähnlichen Kostform, wie bspw. der Budwig-Diät ernähren, auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 durch Nahrungsergänzungsmittel achten [17].

4.1Unerwünschte Wirkungen

Durch die Schleimstoffe in den Schalen binden Leinsamen im Darm Wasser, wirken als als Quellmittel und haben laxierende Effekte. Daher ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten.

Leinsamen enthält zyanogene Glykoside, die nach Hydrolyse im Darm Blausäure freisetzen können. Bei Aufnahme normaler Mengen von Leinsamen ist die resorbierte Menge von Blausäure jedoch als unbedenklich einzuschätzen [119].

Allergien gegen Inhaltstoffe von Leinsamen wurden berichtet, sind aber sehr selten [14].

4.2Kontraindikationen

Bei Ileus oder Stenosen im Gastrointestinaltrakt sind Leinsamen kontraindiziert.

4.3Interaktionen

Leinsamen können, oral eingenommen, Medikamente adsorbieren und damit die Wirkung beeinflussen. Aus diesem Grund sollte Leinsamenschrot (nicht Leinöl) nur deutlich zeitversetzt zu Medikamenten eingenommen warden [2].

4.4Sonstiges/Warnungen

Da die aktuellen Kenntnisse für eine positive Assoziation zwischen der Energiedichte der Nahrung und dem Körpergewicht sprechen, kann ein Ernährungsmuster mit hoher Energiedichte zu Übergewicht führen. Fachgesellschaften empfehlen, dass Maßnahmen zur Gewichtskontrolle die Energiedichte der Nahrung berücksichtigen sollten.

5Literatur

  1. Barthet VJ, Bacala R. Development of optimized extraction methodology for cyanogenic glycosides from flaxseed (Linum usitatissimum). J AOAC Int 2010;93(2):478-84. PMID:20480892

  2. Basch E, Bent S, Collins J, Dacey C, Hammerness P, Harrison M, et al. Flax and flaxseed oil (Linum usitatissimum): a review by the Natural Standard Research Collaboration. J Soc Integr Oncol 2007;5(3):92-105. DOI:10.2310/7200.2007.005

  3. Bechthold A. Food energy density and body weight. A scientific statement from the DGE. Ernahrungs Umschau 2014: 61(1): 2–11.

  4. Budwig J. Cancer: The Problem and the Solution. Nexus GmbH; 2008.

  5. Budwig J. Das Fettsyndrom. Auflage 4A. Freiburg i. B.: Hyperion Verlag; 1996.

  6. Budwig J. Krebs, ein Fettproblem. Richtige Wahl und Verwendung der Fette. Freiburg i. B.: Hyperion Verlag; 2000.

  7. Budwig J. The oil protein diet cookbook. Vancouver: Apple Publishing; 1994.

  8. Budwig J. Cytostatic or cytodynamic treatment of cancer. Hippokrates. 1956;19:605-12.

  9. Budwig J. Flax oil as a true aid against arthritis, heart, infarction, cancer and other diseases. 3rd Edition. Vancouver: Apple Publishing; 1994.

  10. Budwig-videos.com [Website]. Available online, accessed 31st May 2021.

  11. Craig WJ. Nutrition concerns and health effects of vegetarian diets. Nutr Clin Pract 2010;25(6):613-20. DOI:10.1177/0884533610385707

  12. Fabian CJ, Kimler BF, Hursting SD: Omega-3 fatty acids for breast cancer prevention and survivorship. Breast Cancer Res 2015; 17:62. DOI:10.1186/s13058-015-0571-6

  13. Fabian CJ, Kimler BF: Marine-derived omega-3 fatty acids: fishing for clues for cancer prevention. Am Soc Clin Oncol Educ Book 2013;97-101. DOI:10.14694/EdBook_AM.2013.33.97

  14. Fremont S, Moneret-Vautrin DA, Franck P, Morisset M, Croizier A, Codreanu F, Kanny G. Prospective study of sensitization and food allergy to flaxseed in 1317 subjects. Eur Ann Allergy Clin Immunol. 2010;42(3):103-11. PMID:20648772

  15. Hales KH, Speckman SC, Kurrey NK, Hales DB: Uncovering molecular events associated with the chemosuppressive effects of flaxseed: a microarray analysis of the laying hen model of ovarian cancer. BMC Genomics 2014; 15:709. DOI:10.1186/1471-2164-15-709

  16. National Institute of Health Office of Dietary Supplements. Omega-3 Fatty Acids: What the Science Says [online document].

  17. Vegan Society: What Every Vegan Should Know About Vitamin B12. Available online, accessed 31st May 2021.

  18. World Cancer Research Fund / American Institute for Cancer Research. Food, Nutrition, Physical Activity, and the Prevention of Cancer: a Global Perspective. Washington DC: AICR, 2007.

  19. Yang QY, Song L, Zhang JF, Shen ZF, Liu Q, Liu SN, Zheng WS, Yao CS. Cyanogenetic glycosides and simple glycosides from the linseed meal.Fitoterapia. 2015 Oct;106:78-83. DOI:10.1016/j.fitote.2015.08.008

6 [Kapitel nicht relevant]

7[Kapitel nicht relevant]

8[Kapitel nicht relevant]

9[Kapitel nicht relevant]

10Anschriften der Experten

CAM-Cancer Consortium
NAFKAM - The National Research Center
in Complementary and Alternative Medicine
UiT The Arctic University of Norway
NO 9037 Tromsø
Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie - KOKON
Klinik für Innere Medizin 5, Schwerpunkt Onkologie/Hämatologie
Universitätsklinik der Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Klinikum Nürnberg
Prof.-Ernst-Nathan-Str. 1
90419 Nürnberg

11Erklärungen zu möglichen Interessenskonflikten

KOKON wurde gefördert durch die Deutsche Krebshilfe und wird gefördert durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)

CAM-Cancer erhält finanzielle Unterstützung von der Krebsliga Schweiz und der Stiftung Krebsforschung Schweiz für die deutschen Übersetzungen.

12Mitwirkung

Dieser Fachtext wurde auf der Basis einer übersetzten Monographie des europäischen Projektes CAM Cancer erstellt. Die Monographien von CAM Cancer fassen den aktuellen Kenntnisstand zu Grundlagen, klinischer Wirksamkeit und Sicherheit von Verfahren aus dem Bereich der Komplementärmedizin in der Onkologie zusammen. Sie werden von Expertinnen und Experten des Fachbereichs erstellt, sind systematisch recherchiert, folgen den Kriterien der evidenzbasierten Medizin und werden fachlich begutachtet (Peer Review). Die Bearbeitung der Übersetzungen erfolgte in Abstimmung mit den Schriftleitungen von CAM-Cancer und des Kompetenznetzes Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON).

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