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Budwig-Diät

Die Kapitel zu komplementären und alternativen Therapieverfahren wurden auf der Grundlage von Übersetzungen der evidenzbasierten Zusammenfassungen (CAM Summaries) des europäischen Projektes CAM Cancer erstellt. Diese sind strukturierte Übersichtsarbeiten, in denen Daten zu Grundlagen und Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren in Form von kurzen Monographien aufbereitet wurden.

Stand März 2016
Dies ist die aktuell gültige Version des Dokuments

1Zusammenfassung

Die Budwig-Diät entspricht einer speziellen laktovegetarischen Ernährungsweise, deren Kernelement eine Öl-Eiweißmischung aus Leinöl mit Hüttenkäse bzw. Quark ist.

Allgemeine Regeln der Diät sind Naturbelassenheit der Nahrungsstoffe, reichlich Fett in Form von kaltgepresstem Leinöl und einem Streichfett auf Leinölbasis, dazu Eiweiß in Form von Quark. Zusätzlich sollen frisch gepresste Säfte und Kräutertees eingesetzt werden.

Diese diätetische Kost wird von Dr. J. Budwig (1908-2003), einer deutschen Pharmazeutin, bei allen Krankheiten empfohlen. Auch beim Gesunden soll sie und insbesondere der regelmäßige Genuß von Leinöl und Quark die Gesundheit erhalten. Nach Ansicht von Budwig, ist der Verzehr künstlich veränderter Fette die Hauptursache der meisten Krankheiten und insbesondere von Krebserkrankungen. Budwigs Theorie zufolge hat die Kombination von mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit Sulfhydryl-haltigen Proteinen Einfluss auf die Entstehung und das Wachstum von malignen Tumoren.

In der wissenschaftlichen Fachliteratur sind keine klinischen Studien oder Kasuistiken zur Budwig-Diät veröffentlicht und die Theorie entspricht nicht mehr dem aktuellen Kenntnisstand der Ernährungsforschung und der Krebsprävention. Da entsprechende Studien fehlen, lässt sich auch nicht sicher sagen, dass eine solche Diät zumindest nicht schadet. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht besteht als Hauptkritikpunkt an der Budwig Diät, dass der Energiegehalt und der Fettgehalt deutlich über den von Fachgesellschaften empfohlenen Mengen liegen.

2Grundlagen

2.1Beschreibung

Die Budwig-Diät ist in mehreren von Johanna Budwig verfassten Büchern beschrieben [15] von denen drei auch ins Englische übersetzt wurden [35].

2.2Terminologie

2.3Zusammensetzung

Die Budwig-Diät entspricht im Prinzip einer laktovegetarischen Ernährungsweise mit Obst und Gemüse, Vollkorn und Nüssen und hat als weiteren Grundbestandteil eine spezielle Mischung aus frisch geschroteten Leinsamen (Samen des Flachses [Linum usitatissimum]), Leinöl und fettarmem Hüttenkäse oder Quark. . Nach den Diätvorschriften sollen die Nahrungsmittel frisch sein, vorzugsweise aus biologischem Anbau stammen und nach Möglichkeit roh oder nur sanft gegart verzehrt werden. Raffinierter Zucker, Fleisch, Fisch, gehärtete und tierische Fette, Spirituosen, Koffein, Weißmehl und behandelte Getreideprodukte, Konservierungsstoffe, industriell verarbeitete Lebensmittel und Rauchen sind nicht erlaubt.

2.4Anwendung

2.5Geschichte

In den 1950er Jahren entwickelte die deutsche Chemikerin Johanna Budwig eine Diät, deren Grundbestandteil von einer speziellen Kombination mehrfach ungesättigter Fettsäuren aus Leinsamen mit Sulfhydryl-haltigen Proteinen aus Hüttenkäse oder Quark gebildet wird [56].

Nach der zugrundeliegenden Theorie von Budwig, werden Tumorerkrankungen u.a. von „mangelhafter Zellreifung und unvollständigem Zellwachstum“ bzw. einer „eingeschränkten Zellatmung“ verursacht. Budwig ging außerdem davon aus, dass industriell verarbeitete Fette und Öle eine wichtige Rolle bei der Kanzerogenese spielen. Die spezielle Mischung mehrfach ungesättigter Fettsäuren aus Leinsamen mit Sulfhydryl-haltigen Proteinen aus Hüttenkäse oder Quark, die den Kern ihrer Diät bilden, soll das normale Zellwachstum und die normale Funktion geschädigter Zellen wiederherstellen können, indem die geschädigten Gewebe „reoxygeniert“ werden [36].

Die Theorie Budwigs basierte auf inzwischen überholten Ergebnissen ihrer Grundlagenforschung zu Fettsäuren [7].

2.6Indikationen

Budwig behauptete, bei der Behandlung von Tumorerkrankungen mit ihrem Vorgehen eine hohe Erfolgsquote erzielt zu haben, legte jedoch keine wissenschaftlichen Belege vor, die ihre Behauptungen stützten.

Derzeit gibt es zahlreiche Websites und Blogs, die diese Diätform propagieren. Diesen zufolge soll es mit der Budwig-Diät möglich sein, die meisten Tumorerkrankungen erfolgreich rückgängig zu machen. Diese Aussagen lassen sich jedoch so gut wie nie auf ihre Quellen zurückverfolgen, sind von wechselnder Qualität und enthalten Mängel wie kurze Nachbeobachtungszeiten, subjektive Zielgrößen, gleichzeitige konventionelle Therapie etc. und sind daher nicht zuverlässig.

2.7Wirkmechanismen

Die Budwig-Diät ist eine laktovegetarische Ernährungsweise, die zahlreiche Nahrungsbestandteile wie komplexe Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe enthält.

Damit entspricht sie in Teilen den internationalen Empfehlungen, die zu einer ausgewogenen und abwechslungsreichen (ovo)-lakto-vegetarischen Ernährung als Dauerkost raten. Der hohe Gehalt an Nährstoffen, Ballaststoffen (und daher gleichzeitig wenig Stärke) in einer solchen Kost führt zu einem hohen Sättigungsgrad und mindert das Risiko für viele ernährungsbedingte Krankheiten [8].

Gegenüber diesen Empfehlungen weist die Budwig-Diät durch den Anteil an Leinöl eine deutlich höhere Energiedichte auf. Leinöl ist eine wichtige Quelle für essentielle, langkettige Omega-3-Fettsäuren, deren wichtigste Vertreter die die Alpha-Linolensäure (ALA), die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA) sind. Für die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren wird für Erwachsene empfohlen, dass ca. 0,5 % der täglich aufgenommenen Gesamtenergie in Form von Omega-3-Fettsäuren aufgenommen werden sollte [9].

Die Ergebnisse epidemiologischer Studien legen nahe, dass ein höherer Anteil von EPA und DHA in der Ernährung gegenüber anderen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren das Erkrankungsrisiko für Brust-, Darm- und Prostatakrebs mindert. Dies gilt insbesondere Omega-3-Fettsäuren aus Kaltwasserfischarten. Als mögliche Wirkmechanismen werden eine Reduktion proinflammatorischer Lipidmetaboliten (Prostaglandin E2) und NF-κB induzierter Zytokine sowie eine verminderte Aktivität von Wachstumsrezeptoren durch alterierte Membranlipiden diskutiert. Die anabolischen und Insulin-fördernden Wirkungen von EPA and DHA werden als Wirkmechanismen auf die Verminderung der Muskelmasse und des Gewichtsverlust angesehen [1011].

Als mögliche Wirkmechanismen der postulierten Effekte des Leinsamens können die im Tiermodell beschriebenen Wirkungen auf die Expression epithelialer Adhäsionsproteine (z.B. E-Cadherin) diskutiert werden [12].

2.8Verbreitung

Zur Prävalenz der Anwendung stehen keine genauen Daten zur Verfügung, aber die Budwig-Diät ist besonders in Europa und in den USA verbreitet.

2.9Zulassung

2.10Kosten

Die Kosten für die Durchführung der Budwig-Diät zu Hause entsprechen den durchschnittlichen Ausgaben für die Ernährung oder liegen darunter, da Grundnahrungsmittel wie Fleisch, Fisch, Zucker, Weißmehl, verarbeitete Lebensmittel, Margarine und Butter, und auch Alkohol nicht erlaubt sind. Diese werden ersetzt durch Gemüse aus biologischem Anbau, Vollkornprodukte, Hüttenkäse oder Quark und Leinsamen. Die Kosten für eine „Budwig-Kur in einer Spezialklinik können sich jedoch auf mehrere Tausend Euro belaufen.

Videoanleitungen zur Zubereitung von Mahlzeiten nach den Vorschriften der Budwig-Diät sind online abrufbar [13].

3Wirksamkeit

In der Fachliteratur wurden keine klinischen Studien oder Kasuistiken zur Budwig-Diät in der Krebsprävention oder -therapie veröffentlicht.

3.1Klinische Studien

3.2Fallserien/-studien

4Sicherheit

Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten nur sehr geringe Mengen an Vitamin B12. Eine ovo-lakto-vegetarische Ernährung enthält mit Eiern und Käse zwei Quellen für Vitamin B12, die allerdings einen erhöhten Bedarf nicht abdecken können. Da eine vegetarische Kost reich an Folaten ist, können die Auswirkungen eines Vitamin B12 Mangels oft maskiert werden, bis neurologische Symptome auftreten [14]. Aus diesen Gründen sollten Menschen, die sich vegetarisch, oder nach einer ähnlichen Kostform, wie bspw. der Budwig-Diät ernähren, auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 durch Nahrungsergänzungsmittel achten [15].

4.1Nebenwirkungen

Durch die Schleimstoffe in den Schalen binden Leinsamen im Darm Wasser, wirken als Quellmittel und haben laxierende Effekte. Daher ist auf eine adäquate Flüssigkeitszufuhr zu achten.

Leinsamen enthält zyanogene Glykoside, die nach Hydrolyse im Darm Blausäure freisetzen können. Bei Aufnahme normaler Mengen von Leinsamen ist die resorbierte Menge von Blausäure jedoch als unbedenklich einzuschätzen [1617].

Allergien gegen Inhaltstoffe von Leinsamen wurden berichtet, sind aber sehr selten [18].

4.2Kontraindikationen

Bei Ileus oder Stenosen im Gastrointestinaltrakt sind Leinsamen kontraindiziert.

4.3Interaktionen

Leinsamen können oral eingenommen Medikamente adsorbieren und damit die Wirkung beeinflussen. Aus diesem Grund sollte Leinsamenschrot (nicht Leinöl) nur deutlich zeitversetzt zu Medikamenten eingenommen werden [7].

4.4Warnung

Da die aktuellen Kenntnisse für eine positive Assoziation zwischen der Energiedichte der Nahrung und dem Körpergewicht sprechen, kann ein Ernährungsmuster mit hoher Energiedichte zu Übergewicht führen. Fachgesellschaften empfehlen, dass, dass Maßnahmen zur Gewichtskontrolle die Energiedichte der Nahrung berücksichtigen sollten.

5Literatur

  1. Budwig J: Das Fettsyndrom. Auflage 4A. Freiburg i. B.: Hyperion Verlag; 1996.

  2. Budwig J: Krebs, ein Fettproblem. Richtige Wahl und Verwendung der Fette. Freiburg i. B.: Hyperion Verlag; 2000.

  3. Budwig J: Cancer: The Problem and the Solution. Nexus GmbH, 2008.

  4. Budwig J: Flax oil as a true aid against arthritis, heart, infarction, cancer and other diseases. 3rd Edition. Vancouver: Apple Publishing; 1994.

  5. Budwig J: The oil protein diet cookbook. Vancouver: Apple Publishing; 1994.

  6. Budwig J: Cytostatic or cytodynamic treatment of cancer. Hippokrates. 19:605-612, 1956. PMID:13376028

  7. Basch E, Bent S, Collins J et al.: Flax and flaxseed oil (Linum usitatissimum): a review by the Natural Standard Research Collaboration. J Soc Integr Oncol, Summer 5:92-105, 2007. PMID:17761128

  8. World Cancer Research Fund / American Institute for Cancer Research. Food, Nutrition, Physical Activity, and the Prevention of Cancer: a Global Perspective. Washington DC: AICR, 2007

  9. https://nccih.nih.gov/health/providers/digest/omega3s-science

  10. Fabian CJ, Kimler BF: Marine-derived omega-3 fatty acids: fishing for clues for cancer prevention. Am Soc Clin Oncol Educ Book 2013:97-101, 2013. DOI:10.1200/EdBook_AM.2013.33.97

  11. Fabian CJ, Kimler BF, Hursting SD: Omega-3 fatty acids for breast cancer prevention and survivorship. Breast Cancer Res 17:62, 2015. DOI:10.1186/s13058-015-0571-6

  12. Hales KH, Speckman SC, Kurrey NK, Hales DB: Uncovering molecular events associated with the chemosuppressive effects of flaxseed: a microarray analysis of the laying hen model of ovarian cancer. BMC Genomics 15:709, 2014. DOI:10.1186/1471-2164-15-709

  13. Budwig-videos.com [Website]. Available from: http://www.budwig-videos.com , accessed 25th January 2016.

  14. Craig WJ: Nutrition concerns and health effects of vegetarian diets. Nutr Clin Pract 25: 613-620, 2010. DOI:10.1177/0884533610385707

  15. Vegan Society: What Every Vegan Should Know About Vitamin B12. http://www.vegansociety.com/resources/nutrition-and-health/vitamins-minerals-and-nutrients/vitamin-b12-your-key-facts

  16. Barthet VJ, Bacala R: Development of optimized extraction methodology for cyanogenic glycosides from flaxseed (Linum usitatissimum).J AOAC Int 93:478-484, 2010. PMID:20480892

  17. Yang QY, Song L, Zhang JF et al.: Cyanogenetic glycosides and simple glycosides from the linseed meal.Fitoterapia. 106:78-83, 2015. DOI:10.1016/j.fitote.2015.08.008

  18. Fremont S, Moneret-Vautrin DA, Franck P et al.: Prospective study of sensitization and food allergy to flaxseed in 1317 subjects. Eur Ann Allergy Clin Immunol 42:103-111, 2010. PMID:20648772

  19. Bechthold A: Food energy density and body weight. A scientific statement from the DGE. Ernahrungsumschau 61: 2–11, 2014. DOI:10.4455/eu.2014.002

6[Kapitel nicht relevant]

7[Kapitel nicht relevant]

8[Kapitel nicht relevant]

9[Kapitel nicht relevant]

10Anschriften der Experten

CAM-Cancer Consortium
NAFKAM - The National Research Center
in Complementary and Alternative Medicine
UiT The Arctic University of Norway
NO 9037 Tromsø
Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie - KOKON
Klinik für Innere Medizin 5, Schwerpunkt Onkologie/Hämatologie
Universitätsklinik der Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Klinikum Nürnberg
Prof.-Ernst-Nathan-Str. 1
90419 Nürnberg

11Erklärungen zu möglichen Interessenskonflikten

KOKON wird gefördert durch die Deutsche Krebshilfe.

CAM-Cancer erhält finanzielle Unterstützung von der Krebsliga Schweiz und der Stiftung Krebsforschung Schweiz für die deutschen Übersetzungen.

12Deutsche Übersetzung und Bearbeitung

Das Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie – KOKON koordinierte den Prozess der Fachübersetzung. Die englische Originalversion übersetzten Martha Bohus und Christa Heiß, Conference Consulting, Interpreting and Translations, Königsbrunn. Die Begutachtung und Bearbeitung der deutschen Version erfolgte durch KOKON und wurde durch CAM-CANCER freigegeben.

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Reference:

Quellenangabe:

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